Die Einwanderungspolitik der Ampel: unfähig zur Nüchternheit

Während die meisten anderen Länder Europas die Hürden für Armutsmigranten erhöhen, tut Deutschland das Gegenteil. Arbeitsagenturchefin Andrea Nahles fordert den "Spirit des Einwanderungslandes" und die Bundesregierung will mehr legale Migration aus Afrika ermöglichen.

IMAGO / Frank Ossenbrink
Andrea Nahles

Wenn es ein Politikfeld gibt, auf dem der Sonderweg Deutschlands innerhalb der Europäischen Union besonders ausgeprägt ist, so ist es die Einwanderungspolitik. Während in den meisten Nachbarländern der Wille zur Eindämmung von Wohlstandsmigration immer deutlicher wird, etwa in Italien, Dänemark, Schweden, Österreich, Frankreich und Großbritannien, arbeitet die Ampel daran, die ohnehin schon vergleichsweise überproportionalen Belastungen Deutschlands noch zu erhöhen. Mit dem Argument des „Fachkräftemangels“ werden neue legale Zuwanderungswege eröffnet, ohne die illegalen, die in den meisten Fällen im Sozialstaat enden, zu schließen. Wenn man überhaupt eine arbeitsmarktpolitische Strategie erkennen kann, dann lautet sie sinngemäß: Lasst so viele wie nur möglich einwandern, vielleicht sind dann auch ein paar Fachkräfte dabei. Das Ergebnis bislang: Wachsende Belastung der sozialen Sicherungssysteme bei anhaltendem Fachkräftemangel trotz enormer Zuwanderungszahlen.

Und weiterhin überwiegt in einwanderungspolitischen Äußerungen regierender Politiker ein moralisierend-menschelnder Ton die nüchterne Abwägung von sozialen und volkswirtschaftlichen Lasten und Nutzen.

Die Ex-Ministerin und nunmehr Arbeitsagentur-Chefin Andrea Nahles klagt angesichts von über einer Million Zuwanderern in diesem Jahr: „Der Spirit Einwanderungsland ist in Deutschland noch nicht da.“ Sie scheint sich ein Revival von 2015 zu wünschen, wenn sie wieder von „Willkommenskultur“ spricht und auch die Arbeitsmigration zu einer Art Projekt der Herzen erklärt: „Es kommen ja nicht Fachkräfte zu uns, sondern Menschen. Und deshalb brauchen wir auch die Bereitschaft, sie eben nicht nur als Fachkräfte zu sehen, sondern als Menschen willkommen zu heißen.“ Ausdrücklich kritisiert sie, dass legale Migranten vor Ihrer Zuwanderung Deutsch lernen müssten, als ob die eingeforderte Bereitschaft nichts mit der Fähigkeit überhaupt miteinander zu kommunizieren zu tun hätte. Hier offenbart sich die ganze Widersprüchlichkeit der deutschen Einwanderungspolitik, die auch da, wo es um ökonomische Erwägungen gehen sollte, nicht anders als moralisierend sprechen kann – als ginge es darum, sich gegenseitig nur möglichst herzlich in den Arm zu nehmen.

Nahles wünscht nur, aber die Bundesregierung handelt auch schon in diesem Sinne.  Die Bundesregierung will die legale, sogenannte Arbeitsmigration aus afrikanischen Ländern nach Deutschland fördern und dazu sogenannte „Zentren für Migration und Entwicklung“ ins Leben rufen, in denen es „Beratung und Qualifizierung für faire und ethische (Arbeits-)Migration nach Deutschland“ geben soll. Die sind Teil der neuen Fachkräftestrategie und der neuen Afrikastrategie der Bundesregierung, die unter Federführung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit erstellt wurde und über die das „Handelsblatt“ berichtet. So solle ein „Beitrag zur Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes“ geleistet werden, heißt es in dem Papier.

Die Bundesregierung verkauft ihre Afrikastrategie in der Öffentlichkeit als gegen China und Russland gerichtet. Aber noch wichtiger als der geo- und machtpolitische Aspekt scheint ihr – wenig überraschend – die moralisierende Grundierung: Man wolle bloß nicht als „paternalistisch“ wahrgenommen werden. Die „Reflexion der Folgen der Kolonialzeit“ steht natürlich auch auf dem Programm. Und so kann man wohl davon ausgehen, dass auch in den „Zentren für Migration und Entwicklung“ die ökonomischen Interessen Deutschlands allenfalls eine Nebenrolle spielen werden.

Ohnehin hätte diese Strategie den Namen nur verdient, wenn mit der Erweiterung der legalen zugleich eine ernsthafte Reduzierung der illegalen Armutsmigration verbunden würde. Davon ist bislang wenig zu erfahren. Ob der neue Sonderbevollmächtigte Joachim Stamp (FDP) hier etwas leisten wird, scheint eher unwahrscheinlich. Jedenfalls zeigen seine grünen und sozialdemokratischen Koalitionspartner stets nur emigrationspolitischen Enthusiasmus, wenn es um zusätzliche Migration und die Verhinderung von Rückführungen geht. Die eigene Klientel in den sich dafür zuständig fühlenden NGOs ist längst eine der durchschlagsstärktsten Lobbys hierzulande.

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Kommentare ( 126 )

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Cethegus
1 Jahr her

DIe Definition von Wahnsinn ist: immer wieder das Gleiche zu tun und andere
Ergebnisse zu erwarten.
Seit 2015 (spätestens) bei der Bundesregierung zu besichtigen.

Klaus D
1 Jahr her

Wa soll man da noch sagen – DER deutsche wähler will es so?

Martin Bayer
1 Jahr her

Keine Einwanderung ins Sozialsystem Deutschland. Wie brauchen keine Millionen aus anderen Ländern, die noch nicht mal ein Duales Ausbildungssystem (Berufsschule + betriebliche Ausbildung ) haben. Diese Regierung muss weg.

Innere Unruhe
1 Jahr her

Nun ja, ganz abstrakt betrachtet kann man die Liebe der Deutschen zu ihrem Vaterland als geprägt von Katastrophen betrachten. In Serie.

Hieronymus Bosch
1 Jahr her

Deutschland ist kein Einwanderungsland, sondern ein Flüchtlingsland! Hierher kommen keine hochqualifizierten Fachkräfte, sondern sogenannte Schutzsuchende, mit geringer Bildung und unqualifizierten Berufsabschlüssen. Wie naiv muss man sein, um zu glauben, dass daraus Fachkräfte entstünden? Ob Nahles ihr hohles Gewäsch wohl selbst glaubt?

Demokrat1
1 Jahr her
Antworten an  Hieronymus Bosch

Der hiesige Wohnungsmarkt ist jetzt schon leergefegt, wo bitteschön gedenkt denn Frau Nahles die Zuwanderer zu beherbergen?

Britsch
1 Jahr her
Antworten an  Demokrat1

In Wohnungen die von der öffentlichen Hand erxtra gebaut werden und in Wohnungen wo Deutsche bzw. schon lange hier Lebende raus geworfen werden z.B. mit der Begründung die Wohnungen wären nicht mehr zumutbar. Sind die Wohnhnungen dann saniert oder abgerissen und neu gebaut dürfen die ehemaligen Bewohner nicht wieder einziehen ( sollen sehen, wo sie bleiben) sondern ausschließlich Zuwanderer. Nur am Rande bemerkt: Ein Ehemaliger Gastronom hat seine Lokalität geschlossen und zu 5 schönen Wohnungen umgebaut. Alle Wohnungen waren begehrt und schnell vermietet. Als die Behörde das „spitz kriegte“, daß zu Wohnungen umgebaut wurde, war der Amtsschimmel sofort tätig. Der… Mehr

Demokrat1
1 Jahr her

„Alles Fachkräfte, die der Deutsche Arbeitsmarkt dringend benötigt“ hieß es sinngemäß seitens der Bundesanstalt für Arbeit, als 2015 riesige Flüchtlingsströme zu uns kamen. Zwischenzeitlich wurden zur Integration derer enorme Summen ausgegeben. Als treuer Steuerzahler erwarte ich von der Politik eine ehrliche Antwort auf die Frage, was aus denen geworden ist, womit die ihren Lebenunterhalt bestreiten.

Kassandra
1 Jahr her
Antworten an  Demokrat1

Vor Zeiten gab es eine!!! Betrachtung im Merkur – und die ergab nicht, dass all das investierte Geld in „Integration“ auf Erfolge hoffen lässt. Ein Fehlschluss ist, das, was seit Jahren nicht klappt, zu erweitern. Ich glaube Einstein nannte „ein mehr desselben“ in solchen Fällen „irre“: Von 12 „Flüchtlingen“, die das Medium seit 2015 begleitete, kostete jeder den deutschen Steuerzahler in 3 Jahren mehr als 100.000 Euro, eher viel mehr, und nur einer hatte es damals seit Ankunft zu eigenem Brot in Arbeit geschafft: https://www.merkur.de/lokales/fuerstenfeldbruck/fuerstenfeldbruck-ort65548/zwoelf-junge-fluechtlinge-und-ihr-schicksal-9965648.html Wenn man bedenkt, dass Zahlungen in unbekannter Höhe seitdem weiter erfolgen, könnte einem schlecht werden.… Mehr

Innere Unruhe
1 Jahr her
Antworten an  Kassandra

Wieso tut man sich so schwer mit den Asylanten? Hatten Aussiedler oder Kontingentflüchtlilnge auch solch üppige Integrationsprogramme bekommen?
Nein. Es gab Kurse, Schulen und dann ging es ab in den Arbeitsmarkt. Kein Kuchenbacken oder privat organisiertes Deutschlernen für diese Gruppen.
Warum brauchen das die Asylanten?

wackerd
1 Jahr her

Mich erfreut, dass die Migrationspolitik der rot-grünen scheitern wird. Erstens wird die deutsche Bevölkerung immer ablehnender gegen die hunderttausenden aus prekären Verhältnissen und zweitens lehnen diese das rot-grüne (diverse, gendernde, klimaverrückte,..) Gesellschaftsmodell ab. Das bedeutet, dass Deutschland kein Vielvölkerstaat wird sondern gesellschaftlich kollabiert. Und dann kommt die Abrechnung, ein Umschwenken und die Politik ändert sich. Die Frage ist allerdings, ab wann das passieren wird.

Innere Unruhe
1 Jahr her
Antworten an  wackerd

Leider werden wir nicht in der Lage sein, diese illegalen Personen aus DE zu entfernen. Wir können wenigstens ein wenig Schadensbegrenzung betreiben, indem ihnen und ihren Nachkommen die Staatsangehörigkeit zu damit Zugang zu den Ämtern und Entscheidungspositionen verschlossen wird. Wir sollen uns auch noch die Frage stellen, was wir Kindern der illegal Eingereisten schuldig sind – im Sinne der Zukunftsprespektiven in der Bildung, Beruf, Immobilienerwerb. Ist es unsere Aufgabe, dem Kinder einer illegal gekommenen Mutter hier die Zukunft zu sichern? Sind wir für sein privates und berufliches Fortkommen zuständig? Wir sollten klar machen, dass das in der Verantwortung der Eltern… Mehr

Kassandra
1 Jahr her
Antworten an  wackerd

Aber, wie die Frau sagte: dann sind sie nun mal da!
Und werden uns, wie gewohnt, weiter auf der Tasche liegen wollen, nachdem „Tribut“ für alle mit dem ersten Schritt ins Land angesagt ist. Nur fürs anwesend sein, versteht sich.

Kassandra
1 Jahr her

Das Allerschlimmste ist die Lebens- und Weltunerfahrenheit, mit denen solche zu Werke gehen. Ich glaube, im ganzen Bundestag oder in Ämtern wie der Bundesnetzagentur oder der Arbeitsagentur sitzen keine, die die Welt außerhalb touristischer Pfade je beschritten haben. Und solche Erfahrungen wie die von PSL werden von ihnen nicht geachtet Inzwischen wissen sie dennoch, was da identitätslos wie illegal über unsere Grenze kommt – und machen es trotzdem immer schlimmer. . Vielfach sind es verkrachte Existenzen, wie sie schon Stefan Zweig in „Sternstunden der Menschheit“ in anderen Bezügen beschrieb. Wie das für die Indigenen in Süd-, Mittel- und Nordamerika ausging,… Mehr

Innere Unruhe
1 Jahr her
Antworten an  Kassandra

Man könnte sich fragen, wo in der Wirtschaft, in der Wertschöpfung, unser Außenministerin arbeiten könnte? Wo könnten eine Ricarda Lang oder unsere Innenministerin arbeiten?
Auf welcher Grundlage trefen diese Frauen Entscheidugen?

Waldorf
1 Jahr her

Bei über 50% Staat am BIP zählen Belange der Wirtschaft nur noch nachrangig, die Belange „des Staates“ überwiegen. Dieser wurde außer Rand und Band aufgebläht und will beschäftigt spinnend bleiben. Nur so kann er sich selbst ausreichende Legitimation verschaffen, als gigantische Betreuungs- und Wohlfahrtmaschine. Diese Wohlfahrtmaschine schafft sich Daseinberechtigung und Millionen Jobs, die direkt von staatlichen Zuwendungen abhängen. Die Zuwanderer sind nur die Kunden, Patienten, Subjekte dieser allumfassenden Wohlfahrtsmaschine. Jetzt schon ist der Staat mit über 4 Millionen Beschäftigten und Beamten mit Abstand der größte Arbeitgeber Deutschlands. Ihm folgt direkt die Wohlfahrtsindustrie aus Caritas, AWO, Diakonie etc, die auch ein… Mehr

Moonlightshadow
1 Jahr her
Antworten an  Waldorf

Treffender lässt es sich nicht zusammenfassen, aber leider ist vorerst keine Änderung in Sicht, eher im Gegenteil. Daher gilt: der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht! Es wird erst spannend werden, wenn in unserem Land die industrielle Basis in größerem Stil wegbricht (Stichwort: Deindustrialisierung), welche die Steuern generieren, die den primären und sekundären Staatsapparat (und damit die Migrationsindustrie) am laufen halten. Es wird spannend werden, aber ich befürchte, leider nicht zu unserem Gunsten…

Waldorf
1 Jahr her
Antworten an  Moonlightshadow

Neue Staatsschulden und Steuererhöhungen (auf Erbschaften und Immobilien) können diesen Irrsinn noch ein paar Jahre am Leben halten, natürlich auf unsere Kosten und was besonders mies ist, auf Kosten der jüngeren Generationen. Die leichtgläubigen Klimakids kriegen gerade ihre Zukunft verbrannt, ihre künftige Steuer- und Abgabenlast wächst von (Schulden) „Paket“ zu „Paket“ immer höher und höher. Zudem schlägt der demographische Wandel insb bei den Millenniels und Generation Z gnadenlos zu, die uns „Boomer“ noch bis ca 2050 durchfüttern müssen, bzw unsere Renten zahlen müssen. Das kann und wird nicht gutgehen, da die rechnerisch unvermeidlichen Abzüge vom Lohn jene berufliche Tätigkeit in… Mehr

Demokrat1
1 Jahr her

Wir sollten uns schämen: Eines der reichsten Lände der Erde beabsichtigt von den ärmsten Länder die Fachkräfte abzuwerben. Wäre es nicht bessetr, wir würden Endwicklungshelfer nach dorthin schicken?

Waldorf
1 Jahr her
Antworten an  Demokrat1

Keine Sorge, es kommen keine echten Fachkräfte aus Afrika. Die sind dort derart elitär, was wir ihnen nicht ansatzweise bieten könnten. Kein Arzt oder Ingenieur „im Busch“ käme auf die bescheuerte Idee, hier seinen Haushalt oder Garten selbst pflegen zu müssen, weil sein Einkommen nicht reicht, Personal damit zu beauftragen. In Entwicklungsländern hat jeder „Chef“ eine Handvoll Bediensteter, rührt selbst nach Möglichkeit keinen Finger. Das gilt von Indien bis Mali weltweit, nur in Deutschland nicht mehr. Selbst der Dienstleistungssektor um Haushalte der gehobenen Mittelschicht herum wurde hier so teuer, dass selbst viele Akademiker ihren Haushalt selber in Schuss halten müssen.… Mehr

Innere Unruhe
1 Jahr her
Antworten an  Demokrat1

Es wäre besser, wir würden uns einfach auf Handelsbeziehungen konzentrieren, und den Rest den besagten Ländern überlassen.

StefanH
1 Jahr her
Antworten an  Demokrat1

Machen sie doch! Die Deutschen, die was können, wandern in die nicht ganz so armen Länder, weil sie dort bessere Bedingungen bei geringeren Steuern und Abgaben vorfinden. Win-win also!