Auch Friedrich Merz stellte Strafanträge, die in Hausdurchsuchungen mündeten

Robert Habeck, Annalena Baerbock – und nun auch Friedrich Merz: Sie alle stellten Strafantrag wegen Beleidigung. Bei Merz klingelte die Polizei in zwei Fällen die Angezeigten aus dem Bett. In Füssen geschah das einem Stadtrat der Freien Wähler, der gegen die AfD wetterte.

picture alliance / dts-Agentur | -

Nicht nur Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Außenminister Annalena Baerbock (beide Grüne) stellten Strafanträge, die im Zusammenhang mit Hausdurchsuchungen stehen – sondern auch CDU-Chef Friedrich Merz. Auch bei ihm war eine Beleidigung Ausgangspunkt.

Laut Stern kam es zu gleich zwei Hausdurchsuchungen. Eine X-Nutzerin hatte Merz im September 2023 als „Nazi“ bezeichnet. Sechs Monate später durchsuchte die Polizei ihr Haus. Nach eigenen Angaben fühlte sich die Frau eingeschüchtert und löschte danach ihren X-Account. „Ich habe in meinem ganzen Leben nie jemandem etwas getan“, sagte sie gegenüber dem Magazin.

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Der Anwalt der Frau erklärte, dass manche Aussagen zwar strafbar seien, betonte jedoch: „Die meisten Fälle sind aber Nichtigkeiten, hier sollte ein so mächtiger Politiker drüberstehen.“

Bei einem weiteren Fall war ein Mann aus Stuttgart betroffen, der einen Post von Merz mit „Fresse drecks suffkopf“ beantwortet hatte. Merz stellte Strafantrag. Weil der Beschuldigte die Aussage verweigerte, beantragte die zuständige Staatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung, die vom Amtsgericht genehmigt wurde.

Der Mann legte später Widerspruch gegen die Durchsuchung ein und bekam Recht. Die Durchsuchung war demnach rechtwidrig. Das Strafverfahren hält laut Stern-Informationen noch an. Der Strafverteidiger Konstantin Grubwinkler sagte: „Für die Betroffenen ist es ein extremer Fall, wenn die Polizei plötzlich im Schlafzimmer steht. Deshalb muss ein solcher Eingriff auch immer im Verhältnis zur Schwere der Tat stehen.“

Auch Grubwinkler betont weniger, dass es prinzipiell um Anzeigen wegen Beleidigungen ginge denn um die Verhältnismäßigkeit. „Wenn Kleinstfälle wie diese von Richtern durchgewunken werden, verschieben sich Grenzen. Wenn künftig bei jeder Beleidigung die Wohnung durchsucht wird, verlassen wir den Boden des Rechtsstaats.“

Vor wenigen Tagen war außerdem öffentlich geworden, dass eine Haudurchsuchung in Füssen gegen einen Stadtrat der Freien Wähler stattgefunden hat. Er hatte auf Facebook unter dem Vorstoß eines AfD-Kreisrates geschrieben: „FCK AfD von euch Pissern lassen wir uns nicht mundtot machen.“

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Kommentare ( 58 )

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HansKarl70
1 Monat her

Jawoll, hier muss man Flagge zeigen. Das Spielfeld kann man auf keinen Fall den „grünen“ überlassen. Hier kann man mal zeigen was so in einem steckt.

Freige Richter
1 Monat her

M.E. kann man mit dem §188 auch bequem Geld verdienen. Ein „schöner Nebeneffekt“, auf dem Weg zur Abschaffung der freien Meinungsäußerung. Der §188, als „Lizenz zum Gelddrucken“. Geschickt eingefädelt.

Perlentaucher10
1 Monat her

„Laut Stern …..“. Na, das ist ja mal eine seriöse Quelle.

Nibelung
1 Monat her

Die Anzeige ist es nicht, sondern das martialische drum herum, denn eine Beleidigung kann unter normaler Voraussetzung nicht Gegenstand von Hausdurchsuchungen sein und deshalt wird auf rechtlose Art und Weise im Zusammenspiel der Kräfte etwas inzeniert um den Mißmutigen zu beeindrucken oder gar zu zerstören, damit man das geschaftsschädigende Gebaren eventuell unterdrücken kann. Wenn nun ein Gewerkschaftsführer der Polizei erklärt, daß sie keine Belehrungen von der Innenministerin in Sachen Sicherheit benötigen, dann hat er vermutlich dabei übersehen, daß Teile seiner eigenen Truppe auch Mißbrauch betreiben, wenn sie sich vor den rechtlosen Karren der Politik spannen lassen und kein Wort zu… Mehr

HansKarl70
1 Monat her
Antworten an  Nibelung

Das mit dem „richten“ sehe ich noch nicht.

Jens Frisch
1 Monat her

„Laut Stern kam es zu gleich zwei Hausdurchsuchungen. Eine X-Nutzerin hatte Merz im September 2023 als „Nazi“ bezeichnet.“
In diesem speziellen Fall ich ich ausnahmsweise sogar dafür, dass Leute morgens um 6h Besuch von der Polizei bekommen: Alles und jeden als „Nazi“ zu diffamieren ist eine unentschuldbare Verharmlosung des NS Terrors – hier sollte der Staatsanwalt so lange durchgreifen, bis das endlich Mal aufhört.

Armin Reichert
1 Monat her
Antworten an  Jens Frisch

Das sehe ich komplett anders. Natürlich kann es nicht angehen, dass einerseits jeder AfD-Politiker und Wähler jeden Tag als „Nazi“ etc. diffamiert werden darf, während in der anderen Richtung für jeden Furz die Bürger dem Terror des Regimes ausgesetzt sind. Aber die Konsequenz sollte nicht sein, dass der Terror des Regimes dann ausgeweitet wird, sondern dass man die Bürger einfach in Ruhe lässt.

Raul Gutmann
1 Monat her
Antworten an  Jens Frisch

Sehr geehrter Herr Frisch, trotz Ihrer nachvollziehbaren Empörung gegenüber Herrn Merz‘ Titulierung, waren und sind es nicht vor allem Repräsentanten des Staates, wie auch solche aus der ihnen nahestehenden „Zivilgesellschaft“, welche mit der umfassend falschen („Es gibt Dinge, die so falsch sind, daß nicht einmal das Gegenteil wahr ist.“ angeblich Karl Kraus) Bezeichnung Nazi ihre politischen Kritiker Gegner bezeichnen? Sollte zudem nicht der Bürger auch das „Recht“ haben, falsche und dumme Dinge zu sagen? Sogar kränkende an die Adresse seines Repräsentanten, ohne ihm mit dem Strafgesetzbuch zu kommen oder auch ihm am frühen Morgen die Wohnung zu durchsuchen? Zumal in… Mehr

Armin Reichert
1 Monat her

Meinen Hass gegen diese Leute können sie mir nicht nehmen.

humerd
1 Monat her

Ranking der Strafanzeigen durch Bundesminister (September 2021 – August 2024): Robert Habeck (Grüne, Wirtschaft) – 805 Anzeigen Annalena Baerbock (Grüne, Außen) – 513 Anzeigen Marco Buschmann (FDP, Justiz) – 26 Anzeigen Bettina Stark-Watzinger (FDP, Bildung) – 24 Anzeigen Cem Özdemir (Grüne, Landwirtschaft) – 14 Anzeigen Boris Pistorius (SPD, Verteidigung) – 10 Anzeigen Lisa Paus/Anne Spiegel (Grüne, Familie) – 10 Anzeigen Hubertus Heil (SPD, Arbeit) – 7 Anzeigen Klara Geywitz (SPD, Bauen) – 4 Anzeigen Zur Info: Bundesminister, die nicht im Ranking vertreten sind, haben im aufgeführten Zeitraum keine Strafanzeige gestellt. FDP Bremen sieht „Anzeige-Industrie“Die FDP Bremen kritisiert eine „Anzeige-Industrie“ rund… Mehr

Armin Reichert
1 Monat her
Antworten an  humerd

Die ist zwar (Gottseidank) kein Minister, aber Strack-Zimmermann fehlt, ich glaube weit über 1500 Anzeigen. Widerlich sowas.

Last edited 1 Monat her by Armin Reichert
HansKarl70
1 Monat her
Antworten an  Armin Reichert

Gut das man noch die Möglichkeit hat einfach anders zu wählen, ist bestimmt wirkungsvoller als jede Anzeige.

Teiresias
1 Monat her

Ich überlege, ein beleidigendes Meme über einen demokratischen Politiker zu teilen.
Vielleicht findet die Polizei dann die Zange, die ich verlegt habe….

joly
1 Monat her

Wäre es nicht interessanter zu erfahren, welche Politclowns keine Strafanzeigen stellten? Man hätte dann mehr über deren Unfähigkeiten und Vergesslichkeiten zu lesen oder sonst Wichtiges, wie Wetter ,Todesanzeigen, Kriege oder Straßen für Rad fahrende Indianer aus Lateinamerika.

Mausi
1 Monat her

Für mich sind die Fälle schon unterschiedlich gelagert. Die Verhältnismäßigkeit zwischen Politiker und Bürger ist nicht gewahrt. Denn der Politiker hat bei „Jeder Politiker darf nach § 188 StGB anzeigen“ mehr Macht, als der normale Bürger. Was sich ja schon an den Hausdurchsuchungen ablesen lässt. Und damit sollte die „Hemmschwelle“ bei Politikern höher liegen. Wenn § 188 (Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung) dazu führt, dass jeder Politiker behaupten kann, sein öffentliches Wirken werde erheblich erschwert, dann bedarf dieser Paragraph dringend einer Anpassung. Erheblich erschweren ist nicht eindeutig genug. Vor allem, wenn dann noch Hausdurchsuchungen damit… Mehr

Last edited 1 Monat her by Mausi