Merkel lobt sich ihrer Taten – und verschweigt die Flüchtlingskrise

Zum Wahlkampfauftakt der CDU liefert die scheidende Bundeskanzlerin einen erstaunlichen Auftritt. Sie redet detailreich über ihre angeblichen Leistungen. Aber das Wort "Flüchtlinge" kommt nicht vor.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Markus Schreiber
Angel zwischen Markus Söder und Armin Laschet beim Wahlkampfauftakt in Berlin, 21. August 2021

Angela Merkel mutet ihren Zuhörern gerne Widersprüche zu. Bei der CDU ist man in dieser Hinsicht längst schmerzfrei. Und so beginnt Angela Merkel auch ihren Auftritt beim heutigen Wahlkampfauftakt im Berliner Tempodrom: „Ihr wisst ja, dass ich mich seit der Abgabe des Parteivorsitzes vor fast drei Jahren grundsätzlich aus Wahlkampfveranstaltungen heraushalte. Amtsvorgänger, die ihre politische Arbeit beenden, sollten sich zurücknehmen. Das ist meine Haltung, meine feste Überzeugung.“

Eine Haltung und feste Überzeugung zu behaupten, während man gerade dabei ist, das Gegenteil zu praktizieren – Merkel beweist manchmal wirklich einen ganz eigenen Humor.

Die kurze, etwa 10-minütige Rede, die sie dann hielt, war nicht wegen des Gesagten bemerkenswert, sondern wegen des Ungesagten. Sie ließ das wichtigste Thema einfach weg.

Sie werde oft nach ihrer Bilanz gefragt. Eigentlich wolle sie keine ziehen. Da sei sie befangen. Aber auch mit dieser Haltung nimmt sie es dann nicht so genau und spart schließlich nicht mit Eigenlob für ihre Leistungen seit 2005.

Dass sie dabei wenig Rücksicht auf die Wirklichkeit nahm, mag wenig überraschen: Die Halbierung der Arbeitslosenzahlen reklamierte sie für sich (ohne die Agenda-Reformen der Vorgängerregierung zu erwähnen) ebenso wie die wenigen neuverschuldungsfreien Jahre seit 2014. („Das alles, was wir in der Pandemie leisten konnten und jetzt auch in der Flutkatastrophe zum Beispiel, das ist nur möglich, weil wir viele Jahre dafür gesorgt haben, dass solide gewirtschaftet wurde“). Sie lobt sich für die Eurorettung und für die Energiewende.

Merkel behauptet auch glatte Unwahrheiten: „Wir haben die Familien gestärkt, weil Familien das Rückgrat unserer Gesellschaft sind.“ Oder: „Wir haben unsere Sicherheitsinstitutionen massiv gestärkt und unsere Bundeswehr.“ Sie zählt Probleme auf: Alterung, Digitalisierung, Gefährdung der multilateralen Weltordnung, Kriege, Terror, europäische Außenpolitik … all das erwähnt sie. Und natürlich den Klimawandel.

Sie spricht auch über Afghanistan. Die Ereignisse dort zeigten, wie schnell sich die politische Lage ändern könne. Sie spricht vom Retten von Menschen dort.

Aber sie spricht nicht von den zu erwartenden Zuwanderern. Und sie verliert überhaupt kein einziges Wort über Migration, über die „Flüchtlingskrise“ von 2015. Eine migrationspolitische Botschaft oder auch Erfolgsbehauptung lässt sie komplett weg. 

Bei früheren Reden nach 2015 hatte sie sich meist mit einer absurden Botschaft beholfen. So beispielhaft beim Parteitag von Essen im Dezember 2016, als sie das „Bewältigen“ der Lage als eine „herausragende Leistung unseres so starken Landes“ bezeichnete, das sei „Deutschland von seiner allerbesten Seite“ gewesen. Doch in derselben Rede sagte sie auch: „Eine Situation wie die des Spätsommer 2015 kann, soll und darf sich nicht wiederholen. Das war und ist unser und mein erklärtes politisches Ziel.“ Deutschland sollte sich also nie wieder von seiner angeblich „allerbesten Seite“ zeigen.

Daran wollte sie heute aber offenbar angesichts ihres Abgangs und der drohenden neuen Migrationsbewegungen aus Afghanistan nicht erinnern.


 

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Kommentare ( 62 )

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Nibelung
3 Jahre her

Mit Verlaub, aber die Gutste redet doch nur dummes Zeug und das schon von anfang an und mit nichts hat sie überzeugt, aber auch mit garnichts, außer ihrer Fähigkeit eine konservative Partei nach links zu drehen und Teile ihrer Sozialisation Gesamtdeutschland überzustülpen, worauf man gerne verzichten könnte. Mit dieser Wahl, vielleicht auch durch andere Umstände ist sie ins Amt gekommen, was bis heute nicht nur die teuerste Lehrstelle, sondern auch den Mißerfolg danach aufzeigt und das alles unter Mitwirkung eines Parlamentes, dessen Verstand man anzweifeln muß, wenn man die Ergebnisse betrachtet. Wer sich selbst mit soviel Unfähigkeit dieser Art beschenkt,… Mehr

Dill Schweiger
3 Jahre her

Wenn die Frau sich jetzt auch noch entschuldigen muss, weil sie in einer Notsituation ein freundliches Gesicht gezeigt hat, ja dann ist das nicht mehr Merkills Land.

Juergen Schmidt
3 Jahre her

»Dass sie dabei wenig Rücksicht auf die Wirklichkeit nahm, mag wenig überraschen …« Allerdings. Ich habe mir die Rede in ganzer Länge angetan, oder besser gesagt, diese Aneinanderreihung von frechen, unverschämten Lügen. Z.B. »Wir haben die Familien gestärkt, weil Familien das Rückgrat unserer Gesellschaft sind. …« Als Familienvater weiss ich: Familien wurden nicht nur nicht gestärkt. Die rein politisch motivierten Corona-Maßnahmen der Bundesregierung – »Homeschooling«, »Homeoffice«, »Lockdown« – waren und sind bis heute ein einziger Terrorangriff auf Familien und Kinder, sowie staatlich organisierte Kindesmisshandlung. Irgendwann mal wurden glaube ich Hundert oder Zweihundert Euro Corona-Sonder-Kindergeld ausgeschüttet – dies ist nichts weiter… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Juergen Schmidt
Ulrich Bohl
3 Jahre her

„Die kurze, etwa 10-minütige Rede, die sie dann hielt, war nicht wegen des Gesagten bemerkenswert, sondern wegen des Ungesagten.“ Anschließend gab es sicher 11 Minuten Beifall. „Eigentlich wolle sie keine Bilanz“ das ist eine erhellende Aussage denn daraus kann man ableiten und fragen, hat sie doch etwas erkannt? Ihre Bilanz kann nämlich nur negativ ausfallen. Söder sagte über sie „Wir haben ihr viel zu verdanken“ was meinte er damit, die schlechten Umfragewerte sicher nicht. Ich würde Herrn Söder etwas helfen können die Summe der in ihrer Amtszeit begangenen Rechtsbrüche, Regelverstöße und Vertragsverletzungen ist einen Eintrag ins Guiness-Buch der Rekorde wert.… Mehr

AlexR
3 Jahre her

Sie lobt ihre Misse-, Übel-, Schand-, Un- und anhaltende Straftaten?

Sie verschweigt die Flüchtlingskrise. Genau wie den Breitscheidplatz, Würzburg usw. Gab es in ihrem Weltbild und auch dem von Steinmeier nicht. Ignorieren. Aber wehe, einer ihrer Gäste bricht sich beim Nasebohren den Finger. Der dafür Verantwortliche wird sofort entlassen und als Nazi beschimpft. Kleber moderiert eine Sondersendung.

Irgendwas positives kann ich bei dieser Frau nicht finden.

Last edited 3 Jahre her by AlexR
November Man
3 Jahre her

Bei Merkel gibt es nichts zu loben. Sie war der historisch schlechteste Kanzler alle Zeiten. Diese Frau hat unserem Land mehr geschadet als alle Kanzler Deutschlands vor ihr.

country boy
3 Jahre her

Die Unaufrichtigkeit Merkels und die Medienmaschinerie, die diese deckt, ist die Ursache für den Vertrauensverlust des Bürgers in die Altparteien.

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  country boy

Wobei sie durch alle Parteien unaufrichtig und hinterlistig sind. Die anderen kommen ja leider so gut wie nicht in der Öffentlichkeit vor.

SwingSkate
3 Jahre her

Sie kann sich das leisten aus einer einzigen Tatsache heraus: Sie ist immer noch Kanzlerin und nicht seit spätestens 2017 – nach Beendung der Immunität – unter Anklage und im Gefängnis. 

AlexR
3 Jahre her
Antworten an  SwingSkate

Ich wäre sofort dabei, wenn jemand diese Frau nach Beendigung der Immunität anklagen würde. Leider bin ich kein Jurist, unterstütze aber gerne.

Gerro Medicus
3 Jahre her

Zitat: „Bei früheren großen Reden…“ Große Reden? Wenn ich 16 Jahre Merkel Revue passieren lasse, dann fällt mir eigentlich stets nur großes Gerede dieser Frau ein. Hab ich Frau gesagt? Nein, nicht mal das ist sie, sie ist ein Neutrum. Aber was soll man von so einer erwarten, die sich mit Nudging-Experten umgibt und deren erste „Handlung“ in der angeblichen Pandemie darin besteht, KOMMUNIKATIONSEXPERTEN in das Krisenteam zu berufen, anstatt Intensiv-Mediziner, international anerkannte Epidemiologen und Infektiologen. Bestenfalls auch einige Logistiker, die sicherstellen, dass die benötigten medizinischen Hilfsgüter auch bereitstehen. Aber nein: Kommunikationsexperten, darunter auch noch ein überzeugter Marxist, dem im… Mehr

IJ
3 Jahre her

Eines muß man ihr lassen: Sie beherrscht die Klaviatur der alt-stalinistischen Propagandalügen wie keine Zweite. Ich glaube, dafür zollt ihr selbst Wladimir Putin höchsten Respekt und ehrt ihre Verdienste um diese alte sowjetische Disziplin mit einem oppulenten Blumenstrauß. Unübertroffen sind insbesondere ihre steten Warnungen vor den Desastern, die sie selbst verursacht hat. Vielmehr Anerkennendes lässt sich meines Erachtens allerdings nicht über diese Person sagen.

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  IJ

Ja. Wäre interessant zu wissen, was die 2 nach dem offiziellen Termin geredet haben.