Zukunft von Merkels Ex-Berater Heusgen ist offen

Im ZDF fiel Christoph Heusgen, derzeitiger Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, mit Unterstellungen gegen Israel und Hamas-Verharmlosung auf. Die Frage ist: kann er seinen Posten behalten?

Screenprint ZDF / Heute Journal

Nach seinem von vielen als skandalös empfundenen Auftritt im ZDF scheint die Zukunft des Chefs der Münchner Sicherheitskonferenz Christoph Heusgen unsicher. So jedenfalls lässt sich eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage von TE interpretieren.

Heusgen, langjähriger außenpolitischer Berater von Angela Merkel, hatte im Interview mit Dunja Hayali ausdrücklich die Bemerkung von UN-Generalsekretär Guterres verteidigt, das Massaker an mehr als tausend Zivilisten in Israel durch die Hamas sei „nicht im luftleeren Raum“ geschehen, womit er suggerierte, Israel sei irgendwie selbst schuld an dem terroristischen Überfall. Heusgen ging im Gespräch mit dem ZDF noch deutlich weiter: die Morde und Geiselnahmen der Hamas sprach er in bürokratischer Manier nur als „Ereignisse“ an, und erklärte gleichzeitig, Israel dürfe sich jetzt nicht von „Zorn und Hass“ leiten – womit er den Eindruck erweckte, Israels Regierung und Militär handle nicht in Selbstverteidigung, um weitere Angriffe wie den am 7. Oktober zu verhindern, sondern irrational und hasserfüllt. Nach Heusgens Ansicht sollte Israel auf eine Bodenoffensive verzichten, was faktisch darauf hinausläuft, dass das angegriffene Land die Struktur der Hamas unangetastet lassen müsste.

Der Merkel-Vertraute sagte außerdem zur Begründung der Hamas-Taten, man müsse auch „56 Jahre Besatzung“ sehen. In Wirklichkeit gibt es im Gaza-Streifen seit dem 12. September 2005 keine israelischen Truppen mehr. Und die Attacken der Hamas fanden auf kernisraelischem Territorium statt, das seit 1948 zu dem jüdischen Staat gehört. Hayali fragte an dieser Stelle weder nach, noch unternahm sie einen Versuch, die Irreführung durch Heusgen richtigzustellen.

Schein und Wirklichkeit
Guterres und Heusgen: Die UN als Feind von Freiheit und Recht
Als Hohn dürften nicht nur jüdische Zuschauer seine Empfehlung an Israel empfunden haben, es doch mal mit Diplomatie zu versuchen – so, als hätte es die Regierung in Jerusalem mit einer normalem staatlichen Partner zu tun, und nicht mit einer skrupellosen Terrororganisation, die auch im Gaza-Streifen selbst nichts unternimmt, um die Zivilbevölkerung zu schützen, und jeden Zivilisten in Israel als legitimes Ziel für Mordaktionen sieht.

Für seinen Auftritt erntete Heusgen heftige Kritik in den sozialen Medien.
Auf Anfrage von TE, ob Mitglieder der Bundesregierung in Zukunft an der Münchner Sicherheitskonferenz teilnehmen, falls Heusgen ihr Vorsitzender bleibt, antwortete eine Regierungssprecherin: „Die Frage stellt sich derzeit nicht.“ Die Termine von Regierungsmittgliedern würden generell rechtzeitig bekanntgegeben.
Eine deutliche Bestätigung, dass die Bundesregierung ihn immer noch als geeigneten Gastgeber der Sicherheitskonferenz betrachtet, ist das nicht.

Die Münchner Sicherheitskonferenz hängt als internationale Veranstaltung nicht nur von der Teilnahme deutscher Politiker, sondern vor allem von dem Interesse der Gäste aus wichtigen westlichen Ländern ab. Heusgen erwarb sich schon eine Bekanntheit, als er in einer UN-Sitzung zusammen mit dem deutschen Außenminister Heiko Maas (SPD) einen Lachanfall inszenierte, als der damalige US-Präsident Donald Trump inhaltlich korrekt auf die starke Abhängigkeit Deutschlands von russischem Erdgas hinwies.

Als Heusgen die heftige Kritik an seinen Ausführungen im ZDF wahrnahm, schob er auf Twitter eine Erklärung nach, wie sehr ihn der Üerfall der Hamas-Terroristen schockiert habe. Und er versicherte, selbstverständlich habe Israel ein Recht auf Selbstverteidigung.
Als Nachtrag zu seinen Erklärungen im ZDF wirken seine Worte eher so, als käme es ihm jetzt vor allem darauf an, seinen Posten bei der Sicherheitskonferenz zu retten.

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Kommentare ( 64 )

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Casa Done
1 Jahr her

Ich weiß gar nicht, warum sich alle hier so echauffieren: laut unserer Innen- („Verfassungs-)Ministerin steht der Feind und Antisemit doch bekanntlich ganz klar „rechts“! Und gegen den hat sich Herr Heusgen doch offenbar ganz klar positioniert. Gehört er damit nicht automatisch zu den „Guten“?

Andi Schwarz
1 Jahr her

Obwohl ich den Herrn nicht leiden kann und die Sachlage auch nicht wie er bewerte, so möchte ich ihm nicht absprechen, eine eigene Meinung zu haben und zu äußern. Und wenn diese abweicht von den moralischen Kriterien, die der Autor des Artikels besitzt und dieser deshalb die Meinung des Herrn Heusgen als quasi unsagbar darstellt, so ist das leider das gleiche Spalten, Ausgrenzen und Canceln, wie es von den linken, grünen und woken Meinungsfaschisten betrieben wird. Ich lese Tichy aber gerade, um diesem Stalin-Journalismus zu entkommen.

Schmidtrotluff
1 Jahr her

Aus Lüge kann keine Wahrheit werden. Der Typ hat noch nie einen geraden ehrlichen Satz gesprochen. Warum sollte es jetzt funktionieren ?
Sie haben keine Moral, keinen Kompass, nur ein großes Konto.

EinCovidiot
1 Jahr her

Ich mag Herrn Heusgen nicht sonderlich. Aber das sie hier indirekt anregen, ihn wegen seiner, ihrer Meinung nach offenbar zu ausgewogenen, Meinung zu „canceln“, gefällt mir ehrlich gesagt noch viel weniger. Cancel Culture wurde auch in diesem Blatt immer wieder zu Recht kritisiert, weil sie darauf abzielt eine offene Debatte zu verhindern. Eine solche Debatte scheint mir aber dringend notwendig zu sein, auch und gerade über die Ursachen und Hintergründe der Gewalteskalation im nahen Osten.

Nibelung
1 Jahr her

Wo steht es denn geschrieben, daß die heutigen Nachkriegsgenerationen bei der Beurteilung der Lage im Nahen Osten vorher ihre eigenen Gedanken an der Garderobe abgeben sollen, nur weil es andere gerne möchten. motiviert durch die deutsche Schuld und eigenen Regierungs-Umtrieben, die lange noch kein Freifahrtschein sind um anderen den Mund zu verbieten, wenn sie eine andere Auffassung vertreten oder nicht gleich Hosianna rufen, weil es der US-Hegemon mit seinen Hintermännern so will. Wer zum vielseitigen denken zu faul ist, der hat zwangsläufig ein großes geistiges Defizit, was dann die linken Mainstream-Medien gerne zu ihren Bedingungen ausfüllen und dann kommt so… Mehr

Hans E.
1 Jahr her

Unsinn. 1x gegen Russland und China hetzen, dann noch Globalisten loben und weitere 100 Mrd für die US Waffenindustrie fordern und die Zukunft wird rosig sein. Ach so: Zusätzlich noch gegen die Schwefelpartei und der nächste Orden kann an die Brust geheftet werden. Schließlich ist er der Merkeljünger, der seiner Herrin nie widersprochen hat.

Zefixunsglands
1 Jahr her

Der Merkelberater. Wie der Herr so das Gscherr. Einfach nur ekelhaft! Als ich noch ein junger Mann war, hat ein Weltkriegsteilnehmer zu mir gesagt:“ Glaube ja nicht, daß die NAZIs verschwunden sind. Die kommen wieder. Du mußt nur genau hinhören, was sie reden und tun. “ Wie recht der Mann hatte.

Reinhard
1 Jahr her

Dieser Heusgen ist ja schon seit seiner Zeit als Vertreter Deutschlands bei der UNO bekannt. Dort fiel er schon damit auf, dass er allen Resolutionen gegen Israel zugestimmt hat. Dieser Mann hätte auch damals bei der Wannsee-Konferenz eine gute Figur gemacht.

MichaelR
1 Jahr her

Ich habe heute Morgen noch etwas ganz Wichtiges vergessen und möchte das unbedingt nachholen. Damit sollte eigentlich dann jedem einleuchten, dass wir ganz andere Probleme haben als einen Herrn Heusgen, der mit einigen Aussagen andere, die sich im realen Leben wahrscheinlich nie öffentlich äußern würden, zu »kritischen Kommentaren« veranlasste. Am gestrigen Sonntag erschien in der Berliner Zeitung folgender Artikel: Versteckte Drohung: Greift Erdogan militärisch in den Gaza-Krieg ein?Der türkische Präsident sagt: Die Türkei habe in ihrer Geschichte mehrfach bewiesen, dass sie Muslime in aller Welt auch militärisch unterstützt.Erdogan hatte laut mehreren türkischen Medien sogar indirekt gedroht, militärisch im Gazastreifen zu… Mehr

Dr.Remberg
1 Jahr her

Das Thema Nahost ist schon so alt, so lange ich denken kann. Jede Konfliktpartei war im Laufe der Geschichte Opfer und Täter. Wir Deutsche sind aufgrund unserer Geschichte ohnehin befangen, was die Beurteilung der Standpunkte anbelangt, und die Regierung hat ja bekanntlich sowieso schon für uns entschieden: „Israel ist deutsche Staatsräson“. Was immer das auch bedeuten mag. Je nach Abstammung, Vorgeschichte und politischer Einstellung werden andere TE-Leser aber schon diese vorstehenden Sätze von mir unterschiedlich bewerten. Aber Bitteschön, wir brauchen nämlich eine offene Debatte gerade auch in der Außenpolitik. Ich habe mir z.B. Herrn Wolffsohn genauso angehört wie ich mir… Mehr