Tichys Einblick
Kriminell über Grenzen hinweg

Mafiöse Zustände breiten sich in Deutschland aus: Es gibt einen Markt für Gewalt

Gibt es so etwas wie eine Infektion mit Kriminalität über Landesgrenzen hinweg? Vielleicht. Aber neue Formen und Agenten können sich nicht ohne feste Brückenköpfe etablieren. Die Mafia sickert nicht aus den Niederlanden an den deutschen Rhein, sie ist schon längst da.

Detonierter Sprengsatz vor einem Cafe in Köln Pesch, 25.09.2024

IMAGO / Panama Pictures

Es ist ein Phänomen, das sich scheinbar von Land zu Land überträgt, das aber nicht Raum greifen könnte, wenn der Boden dafür nicht schon bereitet wäre. In Dänemark und Norwegen kommen zum Teil „Kindersoldaten“ (so ein zuständiger Minister) zum Einsatz, also minderjährige Kriminelle, die dort gezielt schwerste Verbrechen für lokale Gangs begehen, alles, um die Strafverfolgung möglichst zu vereiteln. Dasselbe Phänomen ist mittlerweile auch zwischen Deutschland und den Niederlanden aufgefallen: Junge Männer aus den Niederlanden, aber mit anderem Hintergrund, begehen Verbrechen in Köln und anderswo.

Verbrechen, die „es in Köln noch nicht gegeben“ hat, schreibt die alte Tante WDR dazu. Und dass jetzt angeblich „Ruhe eingekehrt“ sei, weil die Polizei „etliche Beteiligte“ festgenommen hat. Das ist Kriminalberichterstattung wie von Anno dazumal. Wer immer es glauben mag. Und wie lange wird der Burgfrieden halten?

Polizeiliche Kriminalstatistik 2024
Neuer Rekord bei Gewaltkriminalität: Der öffentliche Raum verändert sich
Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft lauten im konkreten Fall auf gemeinschaftliche Geiselnahme, gefährliche Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz. Immer wieder werden Bomben und Granaten an Wohnhäusern oder unter Autos gelegt, und „ein Spezialkommando musste zwei entführte und misshandelte Geiseln aus einer Villa im Stadtteil Köln-Rodenkirchen befreien“, schreibt die Welt. Mit Geiselnahmen und Bombenanschlägen regeln die Drogenbanden ihre – manchmal auf Missverständnissen beruhenden – Meinungsverschiedenheiten.

Auf der Anklagebank sitzen in diesem Fall drei junge Männer zwischen Mitte 20 und 30 Jahren mit Vornamen wie Sudneyson, Wesley oder Dhelmar, offenbar alle aus den Niederlanden. Vor Gericht treten sie als Unschuld vom Lande auf, wünschen sich vor allem „zusammen zu sein mit meiner Familie“, spekulieren offenbar auf mildernde Umstände und Menschenrechtskonventionen.

Die Prozesse häufen sich derweil, die Tatverdächtigen gehen in die Dutzende. Man spricht schon vom „Kölner Drogenkrieg“, der aber weit über die Stadt hinausreicht, ins Rheinland, Ruhrgebiet und den Rest der Republik. In einem der Prozesse ist ebenso von Frankfurt, München und Dresden die Rede.

Klassische Mafia-Szene, nachgespielt in Köln-Hürth

Der genannte Fall beginnt mit der klassischen Mafiafilm-Szene, in der ein krimineller „Subunternehmer“ sich die Hälfte einer Cannabis-Lieferung (350 von 703 Kilogramm) unter den Nagel reißt, die er zuvor in Hürth eingelagert hat, und damit eine Spirale der Gewalt lostritt. Die gesamte Lieferung war immerhin rund drei Millionen Euro wert.

Und wie es so geht, fällt der Verdacht auf eine rivalisierende Gang aus Bochum. Der Bruder des Clanchefs samt Ehefrau wird entführt und in die in Köln-Rodenkirchen angemietete Villa gebracht, wo beide vollständig entkleidet werden und der Mann übel gefoltert wird. Am Ende steht der SEK-Einsatz, um die Geiseln wieder zu befreien.

Tatsächlich war der „Deutsch-Algerier“ Aymen G. (21) aus Köln verantwortlich für den Cannabis-Raub, vielleicht auch seine Komplizen Saddam B. (22, „Deutsch-Iraker“) und Aymen S. (24, „Deutsch-Tunesier“) aus Köln und Engelskirchen. Ihr Auftraggeber wird von der Polizei „Abdul“ genannt und hat angeblich auch Kontakte in die Niederlande und nach Marokko.

Mocro oder nicht Mocro – das ist nicht die Frage

Der Verdacht, dass die Mocro-Mafia – die kriminelle Organisation der Marokkaner in den Niederlanden – Dienstleister war und die Entführung organisiert hat, konnte bisher angeblich nicht bestätigt werden. Trotzdem lesen sich die Berichte so, als sei das der Fall. Die „neue Form der Gewaltanwendung“, wie man sie nun in Nordrhein-Westfalen erlebt, sei „in den Niederlanden und auch in anderen europäischen Ländern schon länger Standard in der organisierten Kriminalität“, meint etwa ein Kölner Kriminaldirektor laut Welt. Man stelle sich aber gerade „gezielt darauf ein“. Beruhigen kann auch das nur bedingt.

Vorwärts und schnell vergessen
Vorstellung der Kriminalstatistik: Gewalt, die nichts aufhält – auch nicht diese Faeser-Ausreden
Angeblich war eine Online-Plattform im Spiel, über die sich junge Kriminelle aus dem Nachbarland anheuern lassen. Für das Prinzip gibt es praktische Benennungen wie „Gewalt als Dienstleistung“ oder „Kriminelle beschäftigen Kriminelle“. Es ist ja auch eigentlich egal, aus welchem Land heraus eine Tat geplant und umgesetzt wird. Die bedauerliche „Hauptsache“ ist, dass sie passiert.

Schon im November hieß es, dass eine Drogenbande aus Köln-Kalk für Schießereien mit Maschinenpistolen, Explosionen und Entführungen verantwortlich sei und nicht die Mocros. Die seien in diesem Fall „nur am Rande“ beteiligt gewesen.

Aber solche Explosionen hatte es schon zuvor an verschiedenen Orten in den Niederlanden und im Ruhrgebiet gegeben. Im Juli ließ ein 17-jähriger „Niederländer“ eine Flasche auf einem Gehweg in Solingen fallen – sie explodierte und brachte den Verursacher und andere ins Krankenhaus. Im August 2024 explodierte ein Sprengsatz am Eingang eines Wohngebäudes im Düsseldorfer Hafen – auch da wurde schon in Richtung Mocro-Mafia ermittelt. Im September brannte ein Café in einem Kölner Wohnhaus. Im Dezember gab es wiederum eine Explosion in Den Haag, die auch mit der Mocro-Mafia verbunden wurde. Soll ihr Wirken in Deutschland nun unter den Tisch gekehrt werden? Das Erscheinen der jungen Niederländer zeigt in jedem Fall, dass es inzwischen einen internationalen Markt für schwerste Gewalttaten gibt, und bevorzugt werden offenbar die Kinder der Migrantengesellschaft. Mit diesem Gebräu wird dann die deutsche Polizei beschäftigt.

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