Die Freiburger "app" weiß schon heute, wer morgen gewählt wird. Hier werden Sie nicht veräppelt, sondern ver-APP-t.
Ganz Deutschland fiebert dem Ausgang der morgigen Landtagswahlen entgegen. Sonntag ab 18.00 Uhr trudeln die ersten Wahlkampfergebnisse ein. Wie hat Rheinland-Pfalz gestimmt? Wie Sachsen-Anhalt? Wo landet Guido Wolf von der CDU in Baden-Württemberg? Wird er Stimmen technisch geschreddert wie tausende Singvögel in den Rotorblättern der grünen Windkraftanlagen?
Am Montag blättern die Bürger durch ihre Lokalzeitungen oder Internetportale, um zu sehen, wie ihre Nachbarn abgestimmt haben. Ist mein Ortsteil noch rot oder schon blau?
War es hilfreich, dass auch ich mein Kreuzchen an der richtigen Stelle gemacht habe, oder ist mein Votum sang und klanglos untergegangen?
So war es immer und so wird es wohl auch bleiben. In jedem Land, in jeder Stadt – außer in einer.
In Freiburg im Breisgau weiß man nämlich heute schon, wie morgen gewählt wird. Halten Sie sich fest: Baumgärtner (CDU) kriegt 22,9%, Rolland (SPD) 28,3 % und Dr. Ott von der AfD allen Prognosen zum Trotz nur 3.9% der Stimmen. Kalnitzki von ALFA hätte erst gar nicht antreten müssen mit seinen lumpigen 0,5%.
Woher weiß man in Freiburg, wie morgen abgestimmt wird? Nun, Technikfreunde ahnen es schon: So etwas möglich macht natürlich eine „app“. Und die finden Sie so: Gehen Sie auf „Freiburg.de“, dann klicken Sie auf die Landtagswahl, dann auf „Wahlergebnisse mobil abrufen“. Dann auf browserbasierte Webapp für PC-Browser. Und schon sind Sie mittendrin in der Zukunft!
Da steht sie – bereits abgehalten und ausgezählt – die Landtagswahl 2016 in Freiburg! Nun sind unsere Leser bei Tichys Einblick nicht besonders wundergläubig. Kein Wunder also, dass sich ein ungläubiger Thomas (der Leser heißt wirklich so!) auf den Weg nach Antworten machte. Zum Beispiel beim nächsten Polizeirevier, wo man durchaus dankbar für die Hinweise auf den Spuk war. Nur leider nicht technikaffin. Man bedankte sich freundlich für die Ausdrucke der Seiten, inklusive Twitter, und versprach, den Behördenschimmel ab Montag damit zu füttern. App kennt die Polizei im badischen noch nicht so gut.
Natürlich waren auch die Redakteure der Freiburger Wunderseite am Samstag nicht erreichbar. So bleibt uns ein interessantes Nachspiel in den kommenden Wochen abzuwarten, wie man mit der Wahlmanipulation umzugehen gedenkt.
Leider ist es nicht möglich bei englischen Buchmachern auf den Ausgang der Landtagswahl 2016 in den Wahlkreisen 47 und 46 eine ordentliche Summe zu setzen. Einen kleinen Gewinn können wir trotzdem mitnehmen: Wer bislang dachte, im Schwarzwald schlagen die Kuckucksuhren schöner, aber auch ein wenig langsamer als anderswo, wird hiermit eines Besseren belehrt: Sie gehen bei Bedarf sogar rückwärts.
Nachtrag: Mittlerweile fürchteten manche, der Link könnte stillgelegt worden sein (was bis jetzt nicht der Fall war). Allerdings – das Netz vergießt bekanntlich nichts: https://web.archive.org/web/20160312154337/http://fritz.freiburg.de/wahl/app/ltw2016.html
Unklar ist die rechtliche Bewertung. § 1 des Landeswahlprüfgesetzes BW besagt, dass Landtagswahlen ganz oder teilweise für ungültig zu erklären sind, wenn etwa bei der Vorbereitung der Wahl zwingende Vorschriften der Wahlordnung unrichtig angewendet wurden. Zählen dazu auch derartige „spielerische“ Fingerübungen fixer Beamter? Oder ist es nur eine Provinzposse, die in der aufgeheizten Stimmung besonderes Gewicht erhält?
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