Krankenkassen droht ein Defizit von über 200 Milliarden Euro

Die Innungskrankenkasse (IKK) mahnt Reformen für die gesetzliche Krankenversicherung an. Der drohe sonst ein Defizit von über 200 Milliarden Euro in weniger als 20 Jahren. Ein für Deutschland gefährlicher, wirtschaftlicher Sog könnte so entstehen. Von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kommt zu dem Thema: nichts.

IMAGO / tagesspiegel

Im Schnitt liegt der Beitrag zur Krankenkasse jetzt schon durchschnittlich bei 15,9 Prozent. 8 von 100 Hundert, die ein Arbeitnehmer verdient, gibt er an die AOK, DAK oder eine andere Kasse ab. Braucht er Medikamente, eine Brille oder neue Zähne, zahlt er trotzdem drauf – und das nicht wenig. Auch der Arbeitgeber muss auf 100 Euro Lohn, die er zahlt, noch 8 Euro alleine für die Krankenversicherung drauflegen.

Doch diese Beiträge könnten weiter steigen. Fürs nächste Jahr hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bereits höhere Beiträge angekündigt. Im Jahr vor den Wahlen im Bund und in Nordrhein-Westfalen hat die Bundesregierung die Beiträge noch künstlich stabil gehalten. Zum einen mussten die Kassen ihr „Vermögen abbauen“ – also ihre Rücklagen für Krisen aufgeben. Zum anderen zahlte die Regierung mit 28,5 Milliarden Euro einen Rekordzuschuss an die Kassen. Einen neuen Rekord will Lauterbach vermeiden – in diesem Punkt.

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Allerdings ist der Anstieg, der dieses Jahr droht, nichts, im Vergleich zu dem, was auf deutsche Arbeitnehmer und Arbeitgeber noch zukommt. Sie finanzieren zu 90 Prozent die Krankenkassen. Im Jahr 2040 drohe den Kassen ein Defizit von 217 Milliarden Euro, hat das IGES-Institut errechnet. Dafür haben die Experten die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben der Kassen genommen und das Tempo betrachtet, in dem diese Lücke wächst. Im vergangenen Jahr waren es mehr als 5 Milliarden Euro Defizit. Die Corona-Pandemie sei ein Kostenfaktor, teilt die Innungskrankenkasse (IKK) mit. Doch die Schere habe bereits 2007 angefangen, auseinanderzugehen. Nur nehme nun das Tempo zu.

Es gibt einfache Grundsätze, mit denen die Krise der Kassen abgewandt werden kann: Die Ausgaben müssen runter, die Einnahmen rauf. Doch in der Umsetzung sind diese Grundsätze durchaus knifflig. Leicht fällt einem noch zu fordern, dass die Kassen keinen Quatsch mehr wie homöopathische Leistungen bezahlen sollen. Aber wie fair ist es, wenn ein Arbeitnehmer 8 von 100 Euro seines Lohnes abgeben und dann noch zuzahlen soll, etwa wenn er ins Krankenhaus muss? Das ist schon jetzt der Fall. Wie weit lässt sich diese Spirale aber noch drehen? Steigende Selbstbeteiligungen bei hohen Zwangsbeiträgen?

Auch für Arbeitgeber ist die Grenze der Belastung längst erreicht: Behält das IGES-Institut recht und steigt das Defizit auf über 200 Milliarden Euro an, dann müsste der Beitrag auf über 20 Prozent steigen, damit die Kassen ihre Kosten decken könnten. Dann muss der Arbeitgeber auf jeden Euro Lohn 10 Cent drauflegen, nur für die Krankenversicherung. Hinzu kommt die Arbeitslosenversicherung. Die Rente und die Pflege. Auch in diesen beiden Bereichen sind horrende Kostenexplosionen zu erwarten. Und dann wären ja auch noch eine der höchsten Steuerraten unter den Industrieländern, die höchsten Strompreise, die von der Regierung Merkel verschlafene Digitalisierung und das Klima, das die deutsche Wirtschaft retten muss – für China, Indien, Brasilien und die USA gleich mit.

Kassen-Vorständen, die Kritik an der Politik der Bundesregierung geäußert haben, ist es zuletzt nicht gut ergangen. Entsprechend vorsichtig formuliert die IKK ihre Warnungen: Die Lücke zwischen Ausgaben und Einnahmen wächst seit 2007, heißt es hier. Der Staat stelle Anforderungen an die Kassen, die nicht unbedingt ihre Aufgaben seien, heißt es dort. Und es müsse „gegengesteuert“ werden, heißt es unterm Strich. Das bedeutet: In den guten Jahren hat sich die Regierung Merkel an den Töpfen der Krankenkasse bedient, um wünschenswerte aber nicht finanzierbare Projekte zu bezahlen. Und zwar so sehr, dass es in den guten Jahren schon nicht zu finanzieren war. Geht diese Politik in den schlechten Jahren, die bevorstehen, so weiter, wird allein die Krankenkasse demnächst mit einem Defizit von 217 Milliarden Euro dastehen.

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Lauterbach hat mehrfach ein „GKV-Finanzstabilisierungsgesetz“ angekündigt. Doch während er von „Absoluten Killervarianten“ schwärmt, so viele Impfstoffe einkauft und wegwirft, wie es sonst nur Karnevalisten mit Kamellen tun, und obendrein mit den Affenpocken jetzt eine neue Spielwiese gefunden hat, hat der Corona-Minister Vorschläge für eine Reform der Kassen auf die Zeit nach den Sommerferien verschoben. Lediglich, dass er in die Digitalisierung investieren wolle, hat er verlautbaren lassen. Bevor also gespart wird, wird erstmal mehr Geld ausgegeben.

Die IKK war vor der Öffnung des Versicherungsmarktes die Krankenkasse des Handwerks. Die Nähe zu den mittelständischen und kleinen Arbeitgebern ist immer noch groß. Ebenso wie die Ahnung, dass eine Wirtschaft irgendwann überfordert sein wird, die neben dem Kerngeschäft noch die alternde Gesellschaft, die fehlende Digitalisierung und das Weltklima mit schultern muss. Wandern Firmen ab, weil die Kosten in Deutschland zu hoch werden, müssen die verbleibenden deren Anteil und wachsende Sozialkosten auch noch mittragen. Worauf die nächsten zusammenbrechen dürften. Und so weiter und so weiter…

Deswegen schlägt die IKK vor, nicht die Lohnarbeit mit höheren Kassenbeiträgen zu belasten, sondern die „Einnahmebasis“ zu verbreitern. Zum Beispiel müssten die Kassenbeiträge für die Empfänger von Hartz IV kostendeckend sein. Das heißt im Umkehrschluss: Bisher sparen die Städte und Landkreise auf Kosten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern an Beiträgen für die Empfänger von Hartz IV. Das Gegenargument dazu lautet: Der Staat zahle schon jetzt einen Zuschuss an die Kassen, um solche Leistungen auszugleichen. Der müsse aber zweckgebunden sein, fordert die IKK. Was die IKK aus politischer Vorsichtnahme nicht sagt: Ist der Zuschuss zweckgebunden, kann der Staat mit der linken Hand den Kassen nicht mehr wegnehmen, als er ihnen mit der rechten Hand gibt.

Außerdem habe die Politik den Kassen Kontrollmechanismen genommen, beklagt die IKK, mit denen diese die Kosten haben senken können. Etwa wenn es darum geht, die Abrechnungen von Krankenkassen zu überprüfen. Oder Rabattverträge über Arzneimittel abzuschließen. Ohnehin müsse die Bezahlung von Arzneimitteln generell reformiert werden, fordert die IKK. Das britische Unternehmen Medbelle hat 2019 herausgefunden, dass die Deutschen weltweit am zweitmeisten für die gleichen Medikamente bezahlen. Ob der Bundestagsagebordnete aus Leverkusen und Bundesgesundheitsminister, Karl Lauterbach, dieses Thema aber jemals angehen wird, ist mehr als fraglich.

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Kommentare ( 72 )

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K. Sander
2 Jahre her

Da kommen noch Ausgaben dazu oder hat sich das nun geändert? Wahrscheinlich nicht. Bereits Ende der 1990er Jahre wurde darüber berichtet. 2016 kam ein Bericht zum gleichen Thema. Es hat sich also nichts geändert. Die AOK zahlt jährlich 700.000 bis 1 Mio. für Werbung und Handballer. Zu dem Zeitpunkt habe ich die AOK-Werbung jeden Abend beim staatlichen Fernsehen Arte TV bemerkt. Das kostet jedesmal 50.000 Euro. https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/kassenbeitraege-der-aok-fuer-den-handball-europameister-14046345.html https://www.welt.de/print-welt/article625561/AOK-setzt-auf-Werbung-und-Service.html 2017 wurde über Trickserei der gesetzlichen Krankenversicherungen berichtet. Die Ärzte bekommen 10 Euro Prämie, wenn die Patienten als kränker auf den Dokumenten beschrieben werden, als sie es wirklich sind. Das hatten die… Mehr

Hans Wurst
2 Jahre her
Antworten an  K. Sander

Die AOKen genießen gegenüber den andere Kassen auch Sonderrechte, weil sie nicht der Aufsicht des BAS unterstehen sondern den Gesundheitsbehörden dereinzelnen Länder. Die AOKen profitieren auch unverhältnismäßig aus dem Morbi-RSA (Risikostrukturausgleich). Es gab Gerüchte, dass dort Mitarbeiter nur damit beschäftigt waren, Unterlagen nach M-RSA-relevanten Diagnosen zu durchforsten, um die Erträge aus diesem Fond zu maximieren. Die obengenannte Prämie passt da ins Bild, ist aber wohl höchst illegal. Aber was solls, die Länderbehörden schauen schon mal weg, schließlich kann man als Soze immer mal ’nen Verwaltungsratsposten gebrauchen, wenn’s mit der Wiederwahl nicht klappt.

ludwig67
2 Jahre her

Der Sozialismus scheitert immer und zuverlässig. So auch hier. Auch wenn es vielen nicht gefällt, die GKV ist ein sozialistisches System mit zu wenig Wettbewerb und vollkommen falschen Anreizstrukturen. Die falsche und überflüssige Immigration versetzt dem System nun, nicht zuletzt aufgrund ihrer Fortpflanzungsrate, langsam den Todesstoß.

Geliefert wie bestellt!

Paul Brusselmans
2 Jahre her

Mme Le Pen, Rassemblement National, rechts der AfD, aber eben nicht vom französischen beobachtet, bemerkte heute morgen zur katastrophalen Lage der Krankenhäuser: man könne nicht hunderttausende einwandern lassen und alimentieren und sich dann über die Situation wundern.

Hinzu kommt, dass im Ausland lebende Angehörige von hier lebenden bestimmter Nationalität mit versichert sind. Die Drohung, das Abkommen mit der Türkei zu beenden, dürfte Erdo handzahm machen.

Eigen volk eerst.

Last edited 2 Jahre her by Paul Brusselmans
Die Wahrheit
2 Jahre her

Zahle 4000 € Krankenkassen Beiträge im Jahre – zahle jede Zusatzleistung zusätzlich und werde dann noch in der Apotheke abgezockt. Frage: Ist es bei unseren Neubürgern mit Grundgehalt genauso? Wer zahlt deren 3.,4., oder 5 Kind die Geburt und die ganzen Artztuntersuchen? Keine Ahnung, ob die auch alles extra zahlen müssen. Vielleicht kennt jemand die Antwort.

ludwig67
2 Jahre her
Antworten an  Die Wahrheit

Genau da liegt der Denkfehler. Sie zahlen das Geld nicht für sich, sondern für andere, z.B. die 5 Kinder und die Importbraut von Achmed, der als Fahrradkurier auch nicht genug einzahlt. Sie zahlen für die Magenverkleinerung von sich zuvor fett Gefressenden, für Geschlechtsumwandlungen, das Absägen von Raucherbeinen und Globulis.

Das nennt sich in Deutschland Solidarität!

Rolling_Stone
2 Jahre her

Wenn immer mehr Migranten, Asylanten und Armutsflüchtlinge in die solidarischen Systeme „integriert werden“, ohne jemals auch nur einen Cent einbezahlt zu haben und auch nie einzahlen werden, dann müssen die Systeme zwangsläufig kollabieren. Das Schlimmste ist, dass jeder zwangsversicherte Zahler ständig steigende Eigenleistung bei jeder medizinischen Leistung noch oben drauf leisten muss und die „Niemalszahler“ alles auch noch kostenlos hinterher geworfen bekommen. Ist das jetzt auch ein Teil der Transformation und der Zeitenwende Deutschlands? Solche Zeiten möchte ich meinen Kindern ersparen.

A rose is a rose...
2 Jahre her
Antworten an  Rolling_Stone

Vor lauter Angst, dass jemand „Rassismus“ oder „Diskriminierung“ brüllen könnte, leistet man sich eine völlig unangemessene Freizügigkeit. Wer sagt eigentlich, dass Menschen, die hier nur vorübergehend „zu Gast“ sind, überhaupt Anspruch auf mehr als medizinische Notversorgung haben? Wenn ich im europäischen Ausland reise, kann ich mir auch nicht auf Kosten des Landes, in dem ich mich kurzfristig aufhalte, komplett durchkurieren lassen. Und das, obwohl es ein Abkommen gibt, nach dem meine deutsche Krankenkasse die ausländischen Träger für die geleistete medizinischen Behandlungen bezahlt. Noch dazu kommen Menschen hier an, die in ihrem Leben nicht einmal rudimentäre medizinische Versorgung hatten, mit entsprechendem… Mehr

Rolling_Stone
2 Jahre her
Antworten an  A rose is a rose...

Die Berliner Charite ist bevölkert von ukrainischen Schwerstkranken, Dialyse- und Krebspatienten. Die Finanzierung war bis dato offen. Seit gestern dürfen wir Zwangsversicherte dafür bezahlen.

doncorleone46
2 Jahre her

Ich bin seit der illegalen Grenzöffnung durch einen Deutschen Bundeskanzler 2015 der festen Überzeugung, dass es ohne eine Geldentwertung nicht gehen wird. Es müssen zu viele versorgt werden, die nie Teil der Solidargemeinschaft waren.

Nevada Schmidt
2 Jahre her

Und ab heute kommen weitere 350.000 dazu, die sich in den Sozialsystemen zu Hause fühlen.

Peter Gramm
2 Jahre her

Die politischen Entscheidungsträger bekommen ihre Krankenversicheurng ja vom Steuerzahler finanziert. Da merkt man halt nicht dass in diesem System etwas völlig falsch läuft. Viele der Zugewanderten nahmen zwar Leistungen in Anspruch zahlten aber in dieses Versorgungssystem nie etwas ein. Dass ein derartiges System Beitragssteigerungen nach sich ziehen muß ist doch so überraschend auch wieder nicht. Zahlen die dies offenbaren würden werden tunlichst unter der Decke gehalten. Man will die Bevölkerung ja nicht verunsichern. Die Beitragserhöhungen und Unterdeckungen der Kassen sprechen aber eine klare Sprache. Diese Gesellschaft zerbröselt so ganz langsam. Ein weiteres untrügliches Zeichen dafür ist der Zustrom zu den… Mehr

Delegro
2 Jahre her
Antworten an  Peter Gramm

Bin da voll und ganz bei Ihnen. Das einzige was nicht stimmt ist, dass die Gesellschaft so langsam zerbröselt. Es geht schnell, sehr schnell. Und anstatt auf die Brems zu treten beschleunigt unsere Politik in einem eh schon schwarzen Tunnel. Und am Ende wartet eine meterdicke Betonmauer. Der Aufprall wird gewaltig werden und dann ist nichts mehr in unserem Lande wie es einmal war. Aber es muss wohl so kommen. Insofern weiter auf das Gaspedal drücken. Danach das gesamte politische System auf den Müllhaufen der Geschichte werden und den Neuanfang starten. Das haben wir schon einmal geschafft. Keine Parteien mehr.… Mehr

Britsch
2 Jahre her

Und was von dem Geld das die Einzahler einzahlen kommt tatsächlich Ihnen selbst zu gute? Verbrauchen sie Selbst?
Wie viele werden aus den Kassen bestens versorgt, die noch nie etwas einbezahlt haben?
Wie viel Geld wird beispielsweise Zweckentfremdet für Werbung und der Gleichen von gesetzlichen Krankenkassen verschwendet?

Waldorf
2 Jahre her

Das System ist zu lange und zu gut eingeschliffen, ganze Heerscharen leben „im Gesundheitswesen“ die mit Patienten herzlich wenig zu tun haben. Pseudowettbewerb zwischen „den Gesetzlichen“ Kassen produziert nur sinnlose Mehrfachstrukturen, Verwaltungen, Leitungen, die den Kunden keinerlei Mehrwert bringen, wie zahllose ARD-Anstalten und „Spartensender“ auch nicht. Aber Posten und Versorgung Genehmer werden so gesichert, gut dotierte, wenig anstrengende Jobs, Abertausende im Speckgürtel des Staates … Solange sich diese Mehrfachstrukturen relativ mühelos bezahlen ließen, gab und gibt es schon grundsätzlich keinerlei politisches Motiv, daran was zu ändern. Der ÖRR unterstützt die Politik wie die zahlreichen Krankenkassen auch. Eine ähnliche Symbiose existiert… Mehr