Kramp-Karrenbauer will Maaßen aus der Partei werfen

Geht die Sozialdemokratisierung der CDU so weit, dass man der SPD in den Niedergang folgen will? Wie eine überforderte CDU-Vorsitzende mit parteiinternen Kritikern umgeht und Fragen über Fragen aufwirft.

Markus Hibbeler/Getty Images

Entweder ist sie überfordert, oder sie hat schwache Nerven, oder sie meint, sich nach wie vor brav vor ihre Vorgängerin als Parteichefin und nun auch ihre Kabinettschefin Merkel stellen zu müssen, oder sie will nach so manchem Kommunikationsdesaster endlich mal „Muckis“ (Muskeln) zeigen: Wahrscheinlich treffen auf die CDU-Vorsitzende und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer alle vier dieser Vermutungen zu.

Jetzt lanciert sie – wie zuvor schon ehemalige oder amtierende CDU-Beta-„Promis“ namens Karin Prien, Elmar Brock oder Ruprecht Polenz – ohne greifbaren Grund den Gedanken eines Parteiausschlussverfahrens gegen das CDU-Mitglied Hans-Georg Maaßen (56), den vormaligen, 2018 aus mehr als durchsichtigen Gründen entlassenen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Siehe hier.

Man fasst es nicht. Maaßen ist seit 1978, damals sechzehnjähriger JU-ler, CDU-Mitglied. AKKs Begründung jetzt? Eigentlich keine! Außer ein wenig Blabla: Maaßen habe keine Verbindung mehr zur Union. Und wörtlich: „Es gibt aus gutem Grund hohe Hürden, jemanden aus einer Partei auszuschließen. Aber ich sehe bei Herrn Maaßen keine Haltung, die ihn mit der CDU noch wirklich verbindet.“ Als ehemalige Landesinnenministerin des Saarlands sei sie, AKK, auch „froh, dass Herr Maaßen keine Verantwortung mehr für den deutschen Verfassungsschutz“ habe. Dass AKK mit solchen unbedachten Sätzen selbst zwei Fragen aufwirft, merkt sie offenbar nicht: Was verbindet eigentlich AKK und Merkel noch mit einer CDU eines Konrad Adenauer oder eines Helmut Kohl? Und wollte man sich des vormaligen Verfassungsschutzpräsidenten Maaßen nicht vor allem deshalb entledigen, weil man bereits den stromlinienförmigen Nachfolger Thomas Haldenwang im Auge hatte? Ob das der Sicherheitslage Deutschlands gutgetan hat!?

Was könnte Maaßens angeblich parteischädigendes Verhalten sein? Dass er Mitglied der „WerteUnion“ ist, die nichts anderes ist als eine Vereinigung, der es um die Wiederbelebung vormaliger CDU-Prinzipien geht? Dass er in der Causa „Chemnitz 2018“ belegt hat, wie die Regierungsspitze einem banalen Video aufgesessen ist und in dieses Video völlig zu Unrecht eine „Hetzjagd“ hineinprojiziert hat? Dass er die Merkel’sche Grenzöffnung vom Spätsommer 2015 immer noch für politisch und juristisch untragbar hält? Siehe hier. Dass er in einem Interview für die „Junge Freiheit“ vom 9. August 2019 vor einer „Erosion unserer Demokratie“ gewarnt hat? Aber Maaßen wäre nicht Maaßen, würde er ob der AKK-Drohung klein beigeben. Postwendend wirft er seiner Partei einen Linksruck vor. „Nicht ich habe mich von den Positionen meiner Partei entfernt, sondern die CDU ist unter der früheren Parteivorsitzenden (Angela Merkel) weit nach links gerückt“, sagt er.

Zurück zu AKK: Was „reitet“ sie? Will sie am Beispiel Maaßen ein Exempel statuieren und die Partei wieder voll auf Merkel-Linie bringen? Ist ihr der mehrmals kläglich gescheiterte Versuch der SPD, sich von Parteimitglied Thilo Sarrazin zu trennen, keine Lehre? Hat AKK übersehen, dass das CDU-Mitglied Maaßen im Vorfeld der anstehenden Landtagswahlen etwa in Sachsen für die CDU weitaus mehr und erfolgreichere Wahlkampfauftritte hinlegt als sie selbst und Kanzlerin Merkel zusammen? Will AKK unbedingt verhindern, dass Maaßen als ein passabler zukünftiger sächsischer Innenminister gehandelt wird?

Oder aber will sie – unbewusst und unwillentlich – die Sozialdemokratisierung der CDU so weit treiben, dass sie die SPD mit der CDU auf dem Weg in den Niedergang begleiten will?

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Kommentare ( 323 )

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Gerhard R.
5 Jahre her

Ich kann mich noch gut erinnern, wie auch in dieser Zeitschrift der Kandidat Friedrich Merz vor der Wahl zum Parteivorsitz der CDU verrissen wurde, ebenso wie mein Kommentar zu diesem Thema. Ich schrieb damals: ‟Wer Merz ablehnt, wählt AKK.“
Des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Nun haben wir das, was die Mehrheit der CDU-Delegierten und viele Leser von TE wollten: Annegret Kramp-Karrenbauer die Große. Glückwunsch!

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caesar4441
5 Jahre her

Maaßen ist auf einem Rachefeldzug gegen Merkel,Seehofer und die CDU. Er geht strategisch vor: Er empfiehlt Kretschmer sich gegen Merkel zu positionieren,das darf der weder noch traut er sich.
Nach der Wahl werden vermutlich 1/3 der CDU Pfründen verloren gehen.Die Pfründeninhaber werden Schuldige suchen ,es wird ein Gemetzel in der CDU geben.
Maaßen kann dem mit ruhiger Gelassenheit und heimlicher Schadenfreude zusehen.
Anne** hat schon mal die Contenance verloren.

Thomas
5 Jahre her

Maassen erzeugt innerhalb der Union die grösstmögliche Wirkung. Mit einem Wechsel zur AFD oder Gründung einer Splitterpartei würde er sich politisch marginalisieren.
Death by a thousand cuts. Nadelstiche. Immer wieder.
Meht geht zur Zeit nicht.
Ausschlaggebend ist wie Maassen im Volk aufgenommen wird.
Als honoriger Mann mit Werten oder als „Rechter“ wie es seit Chemnitz versucht wird zu framen.
Es ist der Beginn des Unions Schismas.

Thorsten
5 Jahre her

„Abtreten“ – nicht „Setzen“ :-O

Thorsten
5 Jahre her

Fahren Sie mal U-Bahn in Berlin. Da ist schon Kalkutta. Mittlerweile verdrehen auch offensichtliche Migranten die Nase …

Evelyn Beatrice Hall
5 Jahre her

Was ist nur mit unseren Parteien los? Machtkämpfe und Auseinandersetzungen um die politische Richtung, das gehört doch dazu! Da wird in Hinterzimmern intrigiert oder in offener Feldschlacht entschieden. So war es jedenfalls bisher. Man stelle sich einmal vor, Helmut Kohl hätte 1989 gefordert, Lothar Späth und Rita Süßmuth aus der Partei zu werfen, nur weil die es gewagt hatten, sich gegen ihn zu stellen.
Unsere Parteien werden immer mehr zu geschlossenen und verschworenen Zirkeln, in denen Abweichler nicht geduldet werden. Gehe ich zu weit, wenn mich das an die Inquisition oder die Stalinschen Schauprozesse erinnert? Maaßen, widerrufen Sie!

F.Peter
5 Jahre her

Das „Duell“ zwischen Maaßen und AKK wird die Nagelprobe für die CDU.
Meine Voraussage, die wird AKK nicht gewinnen! Die ist jetzt schon mehr als geschwächt als Parteivorsitzende, mögen ihre Apologeten auch noch so laut schreien.
Maaßen gibt der schweigenden Mehrheit eine Stimme. Und damit hat niemand in der CDU gerechnet, dass ausgerechnet der „geschasste Verfassungspräsident“ sich dieser Konfrontation stellt. Andere Beispiele gibt es ja genug in der Partei, wie z.B. Koch, Oettinger, Wulf, Merz usw. usf.

Reinhard Schroeter
5 Jahre her

Die ehemalige bolschewistische FDJ-Sekretärin ist in einer komfortabelen Lage. Die dreht gewieft und hinterhältig die Bolzen, die eine andere, sagen wir mal intelektuell weniger bemittelte , für sie abschiesst.
Wenn dann der Schuss nach hinten los geht, muss es die auch nicht bekümmern, es trifft ja damn eh das Dummchen , das es ja nicht mal zu merken scheint.
Die FDJ-Sekretärin ist damit fein raus und kann in Ruhe den nächsten Bolzen drehen !

Bummi
5 Jahre her
Antworten an  Reinhard Schroeter

Und gewählt wurde die Frau im Westen!!! Und sie hat sich in der West CDU mit ihren willfährigen Funktionären durchgesetzt. Das hat nichts mit der FDJ zu tun, da musste jeder rein. Die Handlungsweisen deuten eher das elterliche Pfarrhaus sowie die fehlende Verantwortung für eigenen Nachwuchs hin.

Reinhard Schroeter
5 Jahre her
Antworten an  Bummi

Ja, so gut wie jeder Jugentliche würde in die FDJ gedrängt, stimmt.
FDJ-SEKRETÄRIN für Agitation und Propaganda würde man allerdings nur freiwillig und als überzeugte Bolschewistin !

Bernhard Frank
5 Jahre her

Die Frage ist weshalb versucht die Werteunion die CDU noch zu retten? Für mich hat es „e G’schmäckle“ , wie man bei uns im Süden sagt. Das bedeutet man traut einer Tat, einer Verhaltensweise nicht. Es liegt doch auf der Hand, dass diese Gruppe die „Marschrichtung“ der Union, argumentativ und moralisch, nicht mehr ändern wird. Politisch/taktisch fügt sie mit ihrem Verhalten, dem Volk ebenso Schaden zu. Mit ihrem Ausharren in der CDU simulieren sie ein Demokratieverständnis innerhalb der CDU welches nicht mehr existiert. Sie simulieren für einen konservativen Teil der Bevölkerung eine Wählbarkeit dieser Partei , die nicht mehr vorhanden… Mehr

Der Ketzer
5 Jahre her
Antworten an  Bernhard Frank

„Die Frage ist weshalb versucht die Werteunion die CDU noch zu retten?“ Ich könnte mir vorstellen, dass die Werteunion die CDU für den Tag danach (nach Merkel) retten will. Die Mitglieder der Werteunion nutzen die Wahlkämpfe im Osten dazu, den Wählern und insbesondere auch den CDU-Mitgliedern ihre Standpunkte zu vermitteln, solange die CDU (noch) öffentliche Aufmerksamkeit genießt. Und die Wahlkämpfer können austesten, wie die Bevölkerung auf die von ihnen vertretenen Inhalte reagiert. Letztlich erhält Maaßen ja auch entsprechenden Zuspruch, nur dass dies der CDU in ihrer jetzigen Verfassung keine Wählerstimmen bringt. Vielleicht wählen einige aus der Werteunion, so sie denn… Mehr

blaubeerbaum
5 Jahre her

Schon mit dem Verschieben der AKK auf den Schleudersitz des Verteidigungsministeriums zeigte die Raute des Grauens ihre Absicht 2021 ihre Dekonstruktionspolitik noch nicht enden zu lassen. So schlägt sie zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie will die Diskussion um ihre Person nach den Ostwahlen blocken und den Zorn angesichts der schlechten Wahlergebnisse auf Herrn Maaßen verlagern. Gleichzeitig hat sie AKK aus dem Wege geräumt, die als Kanzlerin nach dieser diletantischen Ansage kaum noch zur Debatte stehen dürfte. Der Stuhl ist frei. Nein, sie wird sich nicht bewerben. Sie wird sich nötigen lassen. 11 Minuten Dauerklatschen! Eines sollte man garantiert nicht… Mehr