Erst untersagten die Dresdner Behörden Demonstrationen von Pegida und NoPegida. Nun zieht der Kölner Karneval seinen „Charlie Hebdo“-Wagen selbst aus dem Rosenmontagszug zurück. Und das obwohl der Wagen schon zurückhaltend gestaltet war, wie Zugleiter Christoph Kuckelkorn sagte: „Wir wollen unsere Position und unsere Haltung aufzeigen, aber wir wollen auf keinen Fall weiter provozieren“ – „auf keinen Fall weiter provozieren“. Kuckelkorn geht also davon aus, dass Charlie Hebdo provoziert hat.
In der Presseerklärung des Festkomitees heißt es: „Wir möchten, dass alle Besucher, Bürger und Teilnehmer des Kölner Rosenmontagszuges befreit und ohne Sorgen einen fröhlichen Karneval erleben.“ Dass es Karnevalisten gibt, die nicht in der Nähe eines solchen Wagens mitgehen wollen, weil sie Angst haben, verstehe ich. Auch dass die Veranstalter kein Risiko eingehen möchten. Wie auffallend neutral das Morgenmagazin des WDR über den Vorgang berichtete, ist bemerkenswert. Gibt es doch sonst nichts, was der Kölner Sender nicht auf der Stelle bewertet.
Es gibt mehr Menschen verschiedener Religionen in vielen Ländern, die der Meinung sind, Satire darf nicht alles, speziell Glaubensüberzeugungen gegenüber – nicht nur kirchliche Würdenträger und religiöse Autoritäten. Öffentlich haben sich nur wenige so geäußert – vom Papst bis zu „normalen“ Zeitgenossen. Vereinzelt vernahmen wir grundlegende Kritik an Inhalt, Stil und Ästhetik der Pariser und verwandter Satire. Dass renommierte US-Medien es immer schon ablehnen, solche Karikaturen wie bei Charlie Hebdo abzudrucken, war zu lesen. Aber der weltweit vorherrschende Eindruck bleibt von den massenhaften Solidaritätsbekundungen bestimmt, von den vielen Bildern in Presse und Fernsehen – und nicht zuletzt in den Social Media – der Menschen mit dem Schild: Je suis Charlie.
Wochen nach dem Pariser Anschlag sind die Solidaritätsadressen Geschichte. Der Alltag hat uns wieder. Der Rosenmontagszug in Köln wird nicht der letzte Anlass bleiben, der uns zeigt, die Meinungen der Satire und ihrem Stilmittel Karikatur gegenüber sind in Bewegung: nicht in einer offenen Debatte, sondern lautlos.
Die hörbaren Anhänger der unbegrenzten Kritikfreiheit wird das nicht beeindrucken. Die eher leisen Gegner allerdings auch nicht. Am Ende sind nicht mehr viele Charlie.
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