Interessant am Koalitionsvertrag ist vor allem, was nicht drinsteht. Den eigentlich dringenden Umbau der Sozialsysteme lagern die künftigen Partner kurzerhand an Kommissionen aus.

Kurz nach Bekanntwerden des Koalitionsvertrags zwischen Union und SPD meldete sich die grüne Bundestagsabgeordnete Lamya Kaddor mit harscher Kritik: Das 144-Seiten-Papier, so die Politikerin, erwähne nirgends die in Deutschland lebenden Muslime. Zwar kommt dort auch keine andere Religionsgemeinschaft vor, ohne dass es deshalb zu Beschwerden von christlicher oder buddhistischer Seite kam. Aber das schien Kaddor nicht anzufechten. Die Plattform „katholisch.de“, Stimme der deutschen Bischofskonferenz, beklagt ebenfalls: „Eine positive Wertschätzung muslimischen Lebens in Deutschland fehlt völlig.“
In dem Vertragspapier, das die Regierungspolitik voraussichtlich der nächsten Jahre festzurrt, fehlen dafür tatsächlich entscheidende und wichtige Passagen: nämlich zu den sozialen Sicherungssystemen.
Das Thema gestaltet sich allerdings komplex, es eignet sich nicht für identitätspolitische Klagen – folglich fällt die öffentliche Kritik an dieser echten Leerstelle auch sehr verhalten aus. Auch deshalb, weil die SPD gerade hier ihre Vorstellungen sehr weitgehend durchsetzen konnte. Das beginnt mit der Rente, gewissermaßen dem Mammut im politischen Raum, das keine Partei ansprechen will. Also auch die neuen Koalitionäre nicht, weshalb sie alles, was sie eigentlich schon in den ersten hundert Tagen der Regierung zumindest anstoßen müssten, in Kommissionen auslagern. Die sollen Vorschläge zur finanziellen Sicherung von Renten- und Pflegekasse vorlegen – allerdings erst bis 2027. Was dann daraus wird, bleibt offen.
Dass Union und SPD tatsächlich relativ kurz vor der nächsten Bundestagswahl ernsthafte Einschnitte bei Rente und Pflege vornehmen, glaubt niemand. Aber ohne diese Schnitte laufen beide Sicherungssysteme schon in den kommenden Jahren völlig aus dem Ruder. Eigentlich hätten schon die Ampel-Partner diese unangenehmen Wahrheiten verkünden und entsprechend entscheiden müssen.
Um mit der Rente zu beginnen: Schon 2023 lag der Bundeszuschuss für die Rentenversicherung bei insgesamt 112,4 Milliarden Euro, gut einem Fünftel des Haushalts. Dieser Zuschuss aus Steuergeldern dürfte 2025 in die Richtung von 120 Milliarden gehen. Das liegt an der demografischen Entwicklung, aber auch an der von der CSU durchgesetzten Ausweitung der Mütterrente: Demnächst sollen Frauen auch für jede Geburt vor 1992 drei Rentenpunkte erhalten – und zwar unabhängig von ihrem Alterseinkommen. Dieser Ausbau des Rentensystems kostet weitere fünf Milliarden Euro pro Jahr, ebenfalls beglichen aus der Staatskasse.
Trotz dieses Zuflusses von außen lässt sich der bisherige Rentenbeitrag von derzeit 18,6 Prozent ohne Änderungen nicht mehr stabilisieren. Laut Prognose der Ökonomin Veronika Grimm beläuft er sich in der Mitte des nächsten Jahrzehnts ohne gravierende Eingriffe auf 22 Prozent. Mehrere Experten rechnen damit, dass er schon in dieser Legislaturperiode auf fast 20 Prozent steigt, wenn alles so bleibt, wie es ist. Aber genau das schreiben die künftigen Regierungspartner fest: Das Rentenniveau soll vor allem nach Willen der Sozialdemokraten bis 2031 bei 48 Prozent fixiert werden, bezogen auf den Durchschnittsrentner. Auch am Renteneintrittsalter von 67 ändert sich bis dahin laut Koalitionsvertrag nichts.
Sollte sich diese Politik durchsetzen, wäre die von Grimm und anderen vorhergesagte Erhöhung des Rentenbeitrags die einzige Möglichkeit zur Systemerhaltung – was die Arbeitskosten allerdings noch weiter erhöhen würde und Arbeitnehmern noch weniger Netto übrigließe. Der jetzt schon exorbitante Bundeszuschuss jedenfalls lässt sich nicht beliebig weiter nach oben schrauben. Auch deshalb nicht, weil wegen der sogenannten „Sondervermögen“ demnächst nicht mehr 40, sondern über 60 Milliarden Euro an Zinszahlungen zu Buche schlagen. Schon in naher Zukunft fließt also fast eine Viertelbillion Euro in die drei Posten Rente, Schuldendienst und Bürgergeld – Letzteres etwa 50 Milliarden Euro. Und zwar pro Jahr.
Dass die Asylzuwanderer nicht, wie die naive Grüne Katrin Göring-Eckardt einmal verkündete, die Renten der Boomer zahlen, versteht inzwischen jenseits eines harten Kerns von Realitätsleugnern jeder.
Der Ökonom Bernd Raffelhüschen veranschlagt die „Nachhaltigkeitslücke“ – also die Differenz zwischen den aufgewendeten Kosten für Asylmigranten und deren Steuer- und Abgabenzahlungen – schon jetzt auf 5,8 Billionen Euro, berechnet auf die Lebenszeit der Einwanderer. Zurzeit sind etwa die Hälfte der 5,5 Millionen Bürgergeldbezieher Nichtdeutsche, darunter 519.000 Syrer und 200.000 Afghanen. Diejenigen, die arbeiten, erzielen aufgrund schlechterer Qualifikationen geringere Einkommen als der deutsche Durchschnitt, erhalten aber später zumindest eine Grundrente, die weit über dem liegt, was ihre Beiträge rechtfertigen würden. Außerdem verliert Deutschland jährlich eine sechsstellige Zahl meist hoch qualifizierter Landsleute durch Auswanderung, allein 2023 gut 300.000. Auch deren Rentenbeiträge und Steuern fehlen.
Das Land befindet sich deshalb schon seit Jahren in einem Abwärtsstrudel: Eine Erhöhung des Rentenbeitrags steigert die ohnehin üppigen Arbeitskosten für Unternehmen und die Abgabenlast der Beschäftigten noch weiter, und sorgt damit für noch weniger Zuwanderung von dringend benötigten Fachkräften, dafür aber für noch mehr Abwanderung auf der Zahlerseite. Ohne grundlegende Reformen blieben als Antwort nur weitere Steigerungsrunden bei Beiträgen und Steuern – oder der Weg über die Verschuldung, die allerdings auch mehr und mehr Zinsen verschlingt.
Diesen Teufelskreis müsste die Regierung jetzt durchbrechen. Ab 2029, wenn Millionen Arbeitnehmer der geburtenstarken Jahrgänge von der Zahler- auf die Rentnerseite wechseln, könnten Rettungsmaßnahmen zu spät kommen. Nötig wären also ein Ende von Armutszuwanderung und Bürgergeld, eine geringere Steuerbelastung, um Arbeit attraktiver zu machen. Aber auch an der schrittweisen Erhöhung des Rentenalters führt nichts vorbei. Nur: Bei jeder dieser Maßnahmen springt die Ampel bei der SPD auf Rot. Und auch beim Sozialflügel der Union. Die Beschränkung der Mütterrente auf wirklich bedürftige Seniorinnen macht wiederum die CSU nicht mit.
Ganz ähnlich sieht es in der Pflegeversicherung aus. Schon 2024 wiesen die Pflegekassen ein Minus von mehr als 1,5 Milliarden Euro aus, obwohl die Versicherungsbeiträge stiegen. Die Zahl der Pflegebedürftigen, derzeit gut 5,8 Millionen, dürfte ab 2030 steil ansteigen. Trotzdem enthält der Koalitionsvertrag keine konkreten Maßnahmen, um das jetzt schon wankende Pflegesystem abzustützen. Auch hier tagt erst einmal eine Kommission, um Antworten zu finden, die eigentlich schon jetzt jeder kennt. Im Frühjahr 2027 soll sie ihre Ergebnisse vorlegen. Dann ist die Hälfte der regulären Regierungszeit schon wieder um.
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Wenn ich das lese, frage ich mich, wozu leistet sich dieses Land eigentlich diesen Riesentroß an teueren Politikern und Ministerialbürokratie? Diese brauchem dann trotzdem noch teuerste externe Berater. Milei würde sagen, dass die Ministerialbeamten doch komplett überflüssig sind. Die Verwaltung ist doch, was das Management der Sozialsysteme anbelangt, völlig ineffizient.
Wäre es nicht effizienter, solche Aufgaben künftig der KI zu übertragen und dem Parteiengeschacher zu entziehen?
Nur noch Lügner!
Inzwischen sind die Grün-Roten derart größenwahnsinnig geworden, daß auch nur die geringsten Reste des Geschwätzes der „Christlichen“ Doppelpartei sich in CO2 aufgelöst haben. Ein Volk wählt und ein Haufen kleiner Handgestrickter Tyrannen stellt sich als „gewählte“ Regierung dar. Was für ein giftiger kleiner Haufen! Von wegen „Wahlverlierer“. Aus denen sind inzwischen schon echte Putschisten geworden. Demokratie? Was ist das? Volk? Damit konnten die „ja noch nie was anfangen“. Wer hätte je gedacht in was für eine „Verfassung“ diese Putschisten und deren „Vor“-Arbeiter ein ehemalig blühendes Land zerquetschen könnten.
Frau Grimm … eine Protagonistin der sogenannten “Weisen” genauso wie Frau Schnitzer in einer Talk-Runde … Lösung aller Probleme ” Renten senken”. Sehr weise diese Denke. Diese abgehobene Gruppe … selbst aus allen solidarischen gesetzl sozialen Systemen ausgeklinkt … bezahlt von den wertschöpfend arbeitenden Bürgern, sollte sofort abgesetzt werden. Seit Jahrzehnten immer die gleichen Worthülsen und Textbausteine sowie Lösungsansätze … immer zu Lasten der Rentenbezieher und Beitragszahler. Aber selbst nicht in der Lage, endlich mal mit den relevanten Gruppen ein zukunftsorientiertes solidarisches Rentensystem “für Alle” zu entwickeln und auf den Weg zu bringen. da sind die eigenen Pfründe wichtiger. Wo… Mehr
Die CSU-Forderung zeigt eine klare und überzeugende Begründung für die geforderte Mütterrente 3, sowie die bisherigen solidarischen und gesetzl. Begründungen für die Mütterrente 1 und Mütterrente 2. Und auch klar angesagt, dass die Mütterrente 3 steuerfinanziert werden muss. Ein kleiner Rückblick in die Jahre 2014 u. 2015: Entgegen den 2014 vollmundigen Ankündigungen der Steuerfinanzierung wurde damals festgelegt, dass bezgl. Finanzierung der Mütterrente 2 die darauf folgende Rentenerhöhung in 2015 von zugesagten 3,6% auf 2,1 % reduziert wurde. Das bedeutet, dass hier ausschließlich die DRV- Rentenbezieher durch die geringere Renten-Erhöhung und damit lebenslange Reduzierung zur Finanzierung herangezogen worden sind und werden.. Und noch interessanter dann der… Mehr
Es ist, und das seit Jahrzehnten, immer der gleiche Vorgang. All die, die selbst üppig versorgt nie in die gesetzl. Systeme solidarisch einzahlen, überschlagen sich mit Vorwürfen und Vorschlägen bezgl. dieser Systeme. Meistens kommen dann nur, und dies seit 1957 (DRV) nur verschlimmbessernde Aktionen heraus, die keinerlei zukunftsorientierte Lösungen darstellen, aber das Rentensystem negativ beeinflussen. Man sieht dies sehr klar und internationale Organisationen haben dies seit Jahren aufgezeigt, dass sich Deutschland (eines der größten Wirtschaftsländer) im hinteren Bereich der Rentenhöhe befindet.
Hauptsache die seit 1872 ( Preußisches Pensionsrecht) Alimentation bei Beamtenpensionen und Politikerversorgung bleiben unangetastet und werden lfd. üppig erhöht.
Ich muss gestehen in einem oder zwei Punkten bin ich immer wieder beeindruckt wie Schamlos man bei den Linken und im Islam die eigenen Interessen durchsetzt. Und ich weiß nicht ob ich mittlerweile mit solchen Methoden sympathisiere im Sinne von: Druck erzeugt Gegendruck. Nach islamischen Recht werden Dieben doch Hände abgehackt oder? Demnach müssten den Parteifunktionären von Links bis jetzt CDU(also auch Links) die Hände abgehackt werden, oder ab wieviel Mrd. bzw. Billionen Steuergeld bzw. Kredit zum Durchsetzen der Parteidoktrin gilt ein Diebstahl als solcher? Und zweitens dieser alles und jeden überdeckende und überfahrende Islamisus bzw. Religionsfaschismus im Islam, das… Mehr
Zweifelsohne gibt es muslimisches Leben in Deutschland. Warum jedoch die Deutschen etwas explizit wertschätzen sollen, was ihnen aufgrund von Initiativen warm und trocken sitzender “ Eliten“vor die Nase gesetzt wurde, erschließt sich mir nicht.
Eine Taurus auf Moskau und das Renten-, Pflege-, und Pensionsproblem wird sich von selbst lösen!
Gerade hat Torsten Frei laut Welt online ja bereits „unangenehme Einschnitte im Sozialsystem“ angekündigt, also bei Rente, Pflege und Gesundheit. Und das obwoh Merz am Sonntag bei Maischberger schon „erzieherische“ Kostensteigerungen für Verbraucher gefordert hat, um die Wärmepumpe durchzusetzen..
Wie stets bei TE wird die groesste Zeitbombe in den Kommunal-, Laender- und dem sog.Bundeshaushalt – die Pensionen eines ueberversorgten und unterbeschaeftigten, zudem ausgerechnet in den hoeheren Laufbahngruppen trotz KI weiter wuchernden Beamtenheeres, dessen Produktivitaet volkswirtschaftlich zudem nicht messbar ist und dessen Beguenstigte fuer ihre maerchenhaften Altersversorgungsprivilegien nie eine auch nur einen Cent Eigenleistung erbracht hat; zudem gerade auch als Folge von deren nicht mehr bezahlbaren Privilegien die Hauptverantwortlichen fuer die nicht mehr darstellbare Verschuldung, die taegliche Schikane und erstickende Ineffektivtaet einer der Selbstbeschaeftigung dienenden Buerokratie und den dadurch herbei gefuehrten, desolaten Zustand des Landes in allen Bereichen des Handelns… Mehr