Die CDU buckelt vor Linken und Grünen – und erhält dafür einen Tritt in den Hintern

Der Bundestag hat Julia Klöckner zu seiner neuen Präsidentin gewählt. Das zweithöchste Amt im Staat. Mit über 200 Gegenstimmen. Wenn die CDU sich vor Linken und Grünen bückt, erhält sie von denen einen Tritt in den Hintern.

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Die stärkste Fraktion stellt in einem Parlament den Präsidenten. Eigentlich ist das eine Formalität. Doch seit sich die Politik nicht mehr in erster Linie um die Lösung von Problemen und Antworten auf die Fragen der Zeit kümmert, sondern darum, die Opposition klein zu halten, ist dieses Amt zum Gegenstand von Kampfabstimmungen geworden. So auch im neu gewählten 21. Bundestag. Dessen neue Präsidentin ist Julia Klöckner. Mitglied der stärksten Fraktion, der von CDU und CSU.

Doch der Bundestag verpasst Klöckner ein Ergebnis wie ein Tritt in den Hintern: Nur 382 Ja-Stimmen bei 204 Nein-Stimmen und 31 Enthaltungen. Die Abstimmung ist geheim. Es kann nur gemutmaßt werden, wer Klöckner nicht unterstützt hat. Aber sicher ist: Die 152 Stimmen der AfD hätten dafür nicht gereicht. Entweder haben Abgeordnete der neuen Schuldenkoalition Union und SPD ihr die Gefolgschaft verweigert – oder die „Oppositionsparteien“, die deren Schuldenpolitik mittragen. Also Grüne und Linke.

Vieles spricht für Letzteres. Grüne und Linke haben sich im Vorfeld gegen die Wahl Klöckners ausgesprochen. Diese wollte vor der Sitzung mit allen im Parlament vertretenen Parteien sprechen. Auch mit der AfD. Linke, Grüne und große Teile der SPD sprechen sich öffentlich gerne gegen die „Spaltung der Gesellschaft“ aus. Deswegen ist es für sie ein unverzeihliches Vergehen, mit den Vertretern einer Partei zu sprechen, die für ein Fünftel der Gesellschaft steht. Tendenz steigend. Logik und Linke bildeten noch nie ein erfolgreiches Duett.

Die Christdemokraten betonen dieser Tage, wie wichtig ihnen Haltung ist. Die bevorzugte Haltung dabei ist das Buckeln vor Grünen, Sozialdemokraten und Linken. Die haben Klöckner kritisiert für ihr Vorhaben, mit der AfD zu sprechen. Sie hat das Treffen abgesagt. Und nicht einmal dazu steht sie. Sie schiebt Terminprobleme vor, statt zuzugeben, dass sie vor Grünen und Linken buckelt. Als der Bundestag sie gewählt hat, beklagt Klöckner „das schwindende Vertrauen in Politiker unseres Landes“. Auf den Schluss kommt sie nicht, dass dieses Schwinden etwas mit Politikerinnen wie ihr zu tun hat: die erst einknicken und dann nicht einmal zum Einknicken stehen.

Klöckner wolle nicht ruhen, bis das schwindende Vertrauen zurückgewonnen sei. Leere Phrasen. Ausgelutschte Parolen. Wörter, die längst nichts mehr bedeuten. Dass Politiker nur noch in solch einer toten Sprache zum Volk sprechen und das wiederum etwas mit dem schwindenden Vertrauen zu tun hat – auch diesen Schluss zieht Klöckner nicht. Oder sie traut sich nicht, ihn auszusprechen. Unter Friedrich Merz haben sich die Christdemokraten so sehr das Bücken vor Grünen, Sozialdemokraten und Linken angewöhnt, dass sie schon gar nicht mehr wissen, wo sie ihr Rückgrat haben – oder wofür das gut ist.

Merz hat im Wahlkampf versprochen, die Schuldenbremse zu verteidigen. Noch bevor er das Amt des Kanzlers angetreten ist, hat er sie aufgegeben. Dem potenziellen neuen Koalitionspartner SPD geopfert. Getragen von den Stimmen der Grünen und der Linken. Denen kommt er immer wieder entgegen, etwa indem er die Beförderung von Noch-Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zu den Vereinten Nationen schönredet.

Merz buckelt vor den Linken, der SPD und den Grünen. Er weicht gegen alle seine Versprechungen die Schuldenbremse auf. Und noch während er sich damit rausredet, es ginge ja nur um die Verteidigung oder die Finanzierung von Investitionen, strafen die linken Parteien ihn erneut Lügen: Sie geben das ungebremste Schuldengeld für die Kosten der illegalen Einwanderung aus. Sie machen klar, dass sie einen Stopp dieser illegalen Einwanderung verhindern werden. Was zum nächsten gebrochenen Wahlversprechen von Friedrich Merz wird.

Merz buckelt vor Grünen und Linken, sie treten ihm in den Hintern. Damit ist Julia Klöckner die richtige Personalie als neue Bundespräsidentin – und sind ihre Gegenstimmen ein Symbol für den verscherbelten Stolz der christdemokratischen Parteien.

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Kommentare ( 89 )

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J.Thielemann
11 Stunden her

Kein Vertrauen mehr in Politik- und „unsere“ Demokratie also. Das sind Blitzmerker. Abgeordnete, die von einem Fünftel der Wähler beauftragt wurden, gewählt wurden, werden parlamentarischer Rechte beraubt. Es gibt also Stimmen erster und zweiter Klasse?! Millionen Wählern wird gesagt, dass ihre Stimme gar nicht- oder nicht vollwertig- zählt! Ex- DDRer, aufgepasst! Es gibt wieder Meldestellen. Nichts gegen Anzeigen bei Verleumdung, Beleidigung, was auch immer. Dafür gibt es Gesetze. Aber „Dinge unterhalb der Strafbarkeitsgrenze“ „melden“ – was ist das denn? Ich habe genug erlebt unterhalb der Strafbarkeitsschwelle – in der DDR! Es war nicht strafbar, ausschließlich konfirmiert zu sein (Info: Es… Mehr

Vogelfrei
19 Stunden her

Ich gönne der Frau K dem wohlverdienten Tritt.

bfwied
21 Stunden her

Es wird sich langsam unter den geschätzten 60 % mit erlebbaren Fakten erreichbaren Bürgern – mehr dürften es nicht sein – herumsprechen, dass Merz mit seiner Puddingtruppe mindestens so übel ist wie die Nordlichter der letzten Regierung. Ich glaube nicht einmal, dass Merz auch nur irgendetwas von Belang, d. h. von dem umsetzt, was er so lautstark publikumswirksam hinausposaunte. Irgendwann, so jedenfalls die Hoffnung im naivsten Land der Erde (im Sinne Napoleons), wird es auch den absurd Gutmütigen und Wohlwollenden und Staatsgläubigen klar, dass sie verhohnepipelt werden – haben die denn überhaupt nichts aus dem 3. Reich gelernt? Haben die… Mehr

moorwald
21 Stunden her

Einen wirklichen Denkzettel hat Ramelow erhalten: nur zwei Stimmen mehr als nötig…

Logiker
20 Stunden her
Antworten an  moorwald

Das interessiert den schon heute nicht mehr – und der Rest ist Vergessen.

moorwald
19 Stunden her
Antworten an  Logiker

Ja, man darf nie die Dickfelligkeit der Mächtigen unterschätzen…und die Vergeßlichkeit der Untertanen,

Cimice
23 Stunden her

„… fragte sich, das sind die Volksvertreter?“ —
Jetzt hatte ich doch tatsächlich „Volksverräter“ gelesen.

Cimice
23 Stunden her

„Doch der Bundestag verpasst Klöckner ein Ergebnis wie ein Tritt in den Hintern: Nur 382 Ja-Stimmen bei 204 Nein-Stimmen und 31 Enthaltungen.“

Das kann lustig werden, wenn die Rampel ein Gesetz durchbringen will, das Teile der SPD, die Grünen und Linken nicht wollen.
Wie war das noch mit der Migration oder dem Bürgergeld?

Merz wird NICHTS, aber rein gar nichts zu einer Wende beitragen können.

elly
1 Tag her

der Tritt in den Hintern ist noch moderat. Ich wünschte die Wählerschaft würde nicht vergessen und Merzens CDU/CSU spätestens bei den nächsten Wahlen einen richtigen Tritt in den Hintern verpassen.

moorwald
1 Tag her

Einerseits erwarten viele z. B von der AfD eine radikale Opposition gegen die voraussichtlich kommende Regierung. Andererseits sind die Gegenstimmen für eine Kandidatin der CDU angeblich eine Demütigung.
Ja was denn nun?
Übrigens haben Vertreter aller Fraktionen der neuen Präsidentin gratuliert – wie es sich gehört. Kein vor die Füße geworfener Blumenstrauß
Im übrigen kommt es nicht darauf an, wie knapp oder reichlich die Zustimmung ausfällt (berühmtes Beispiel Adenauer), sondern was der Betreffende aus seinem Amt macht. Und da gebührt Frau Klöckner wie jedem Neuling ein gewisses Maß an Vertrauensvorschuß.

Last edited 1 Tag her by moorwald
Mankovsky
1 Tag her

UNSEREDEMOKRATIE, ein Konglomerat aus opportunistischen Feiglingen und linkswokegrünen ideologischen Betonschädeln:
die deutsche Perversion der echten Demokratie.

Sagen was ist
1 Tag her

Stolz“?

Dummheit und Stolz wachsen auf dem selben Holz

Altes deutsches Sprichwort