Atom-Wiedereinstieg möglich: Neun Kernkraftwerke zur Rettung der Wirtschaft

Ein Wiedereinstieg in die Kernkraft ist innerhalb eines Jahres möglich, schreibt eine Studie aus den USA. Bis zu neun Reaktoren könnten mittelfristig in Deutschland wieder in Betrieb genommen werden und so die Wirtschaft stabilisieren. Das größte Hindernis: die Bürokratie. Mitarbeiter und Brennstoff sind geringe Probleme.

picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte
Dampf steigt aus den Kühltürmen des Atomkraftwerks Grohnde auf (Langzeitbelichtung).

Die US-amerikanische Energieberatung Radiant Energy kommt in einem nun veröffentlichten Papier zum Schluss, dass ein Wiedereinstieg in die Kernkraft für Deutschland nicht nur möglich, sondern auch sinnvoll ist. So könnte das Kernkraftwerk Brokdorf in Schleswig-Holstein bis Ende 2025 wieder ans Netz gebracht werden. Die Kosten: weniger als eine Milliarde Euro. Weitere zwei Kernkraftwerke (Emsland, Grohnde) könnten bis 2028 wieder reaktiviert werden. Bei den Reaktoren Brokdorf und Emsland sind die Kraftwerke noch im Großen und Ganzen intakt: Um sie wieder in Betrieb zu nehmen, seien ausschließlich kleinere Reparaturen, Wartungen und eine Neueinstellung der Mannschaft nötig.

Für die Analyse wurden die deutschen Kernkraftwerke in vier Kategorien aufgeteilt. Diese reichen von Reaktoren, die mit minimalen Wartungsarbeiten wieder in Betrieb genommen werden können (Emsland, Brokdorf), bis zu solchen, die schon derart zerstört („zurückgebaut“) wurden, dass nur noch ein kompletter Neubau darstellbar ist. Neun Reaktoren fallen unter die Kategorien 1 bis 3, bei denen eine Wiederinbetriebnahme möglich ist. Die Kosten dafür schätzen die Autoren auf ca. 23 Milliarden Euro. Insgesamt befinden sich in Deutschland 31 Reaktoren im Rückbau.

Das größte Hindernis in der Reaktivierung der deutschen Kernkraft-Flotte sei die regulatorische Situation. Der Betrieb von Kernkraftwerken ist verboten – auch wenn alle neun zur Wiederinbetriebnahme geeigneten Reaktoren eine noch immer gültige Betriebsgenehmigung haben. Es müsse allerdings geprüft werden, ob die Betriebsgenehmigungen neu erteilt werden müssen. Dann wären Nachrüstungen möglich, um zum Beispiel die Kraftwerke flugzeugabsturzsicher zu machen. Das sind aber bürokratische, nicht technische Probleme.

Das zweitgrößte Problem sind die Mitarbeiter, die gebraucht werden, um die Kernkraftwerke in Betrieb zu nehmen. Doch hier zeigt sich ein Vorteil im deutschen Kündigungsschutz: Viele Arbeitnehmer wurden auch in den stillgelegten Kraftwerken nicht entlassen. Stattdessen arbeiten viele am Rückbau ihrer ehemaligen Betriebsstätten. So sollen in Isar 2 heute 300 Mitarbeiter beschäftigt sein – als das Kernkraftwerk in Betrieb war, bestand die Mannschaft aus 400. In Grundmemmingen arbeiten 500 von 800 erforderlichen Mitarbeitern. Teils müssten neue Ingenieure und Techniker lizensiert werden. Für diesen Prozess veranschlagen die Kraftwerksbetreiber selbst drei Jahre.

Keine Bedenken zum Brennstoff

Anders als in den Medien oft transportiert, stellt der Brennstoff für die Autoren der Studie kein Problem dar. Obwohl deutsche Kernkraftwerke in der Vergangenheit von russischem Uran abhängig waren, verfügt die europäische Industrie über ausreichend Kapazitäten. Da die Inbetriebnahme der Kraftwerke gestaffelt erfolgen würde, über einen Zeitraum von acht Jahren hinweg, sei auch ausreichend Zeit, die Kapazitäten noch weiter auszubauen.

Effizienter als Windkraft

Auch soll die Reaktivierung von alten Kernkraftwerken effizienter sein als der Bau neuer Windkraftanlagen, rechnen die Autoren der Studie vor. Die Reaktivierung der Kraftwerke Grundmemmingen B und C, Isar 2, Krümmel, Neckarwestheim 2 und Philippsburg 2 würde sechs bis acht Jahre in Anspruch nehmen, so die Studie. Diese Reaktoren sind die am weitesten zurück Gebauten, bei denen eine Reaktivierung noch wirtschaftlich ist. Damit würden 66 Terawattstunden pro Jahr geliefert (11 TWh pro Reaktor). Der Offshore-Windpark „He Dreit“ brauchte acht Jahre zur Fertigstellung – und liefert im Jahr vier Terawattstunden.

Wirtschaftlich sinnvoll?

Deutschland ist seit der Stilllegung der Kernkraftwerke massiv von Stromimporten abhängig. Bis 2023 war Deutschland Strom-Netto-Exporteur. 2023 mussten neun Terawattstunden importiert werden, so die Studie. Für 2024 wurde bis Ende November schon ein Netto-Import von 25 Terawattstunden fällig. Das verursacht hohe Kosten, denn der Import von den Nachbarn ist teuer. Die hohen Energiepreise sind auch ein wichtiger Faktor der Wirtschaftskrise, in der sich das Land befindet. Eine Reaktivierung der Kraftwerke könnte, so die Studie Strom im Marktwert von bis zu 190 Milliarden Euro produzieren.


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Kommentare ( 53 )

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Robert Tiel
30 Tage her

Es war auf jeden Fall nach der Abschaltung möglich, sie wieder in Betrieb zu nehmen.
Da aber die Grünen, weshalb auch immer, anscheinend verbrannte Erde hinterlassen wollen, haben sie sicher versucht eine Wiederinbetriebnahme zu verhindern. Hoffentlich haben Sachkundige das boykottiert.
Und ich hoffe, dass der Tag kommen wird, an dem die Grünen zur Rechenschaft gezogen werden. Sie haben mE gegen viele Regeln des politischen, demokratischen Handelns verstoßen.
Das könnte ein potentieller Nachfolger ebenso machen, dann aber gegen sie.
In den USA wie Frankreich sind die derzeitigen Regierungen am Kippen.
Das Blatt wird sich wenden.

gast
1 Monat her

Nein das ist nicht möglich, diese Kraftwerke mit annehmbaren Kosten wieder zu reaktivieren. Auch Frankreich hat das nicht geschafft. Sie haben ihre Umwelt, ihre Flüsse und alles sonst noch verbraten, um den Atonstrom aufrecht zu erhalten. Sie sind jetzt ja hoffentlich fast nicht mehr da.

AndreasH
1 Monat her

Afd-Abstimmung?! Deutsche haben ein anderes Wort für das zur Abstimmung gestellte Begehren einer Bundestagsfraktion. Ist Ihnen das Wort etwa nicht geläufig und warum nicht?

Last edited 1 Monat her by AndreasH
Apfelmann
1 Monat her

Auch hier hätte man sich mal ein Beispiel an der Schweiz nehmen können. Genau wie wir steigen die Schweizer aus der Atomkraft aus. Allerdings lassen sie alle ihr 4 AKWs am Netz bis diese sowieso aus Altersgründen abgeschaltet werden. Somit gewährleisten sie einen guten Übergang hin zu erneuerbaren Energien. Warum geht das bloß in Deutschland nicht. Hier ist nur Ideologie am Werk….

Michael M.
1 Monat her
Antworten an  Apfelmann

Die sog. Erneuerbare (der Begriff ist einfach nur physikalisch falsch, aber Ideologen könne und wollen das einfach nicht verstehen) funktionieren nur mit Backupkraftwerken (elektrische Großspeicher zur Überbrückung von mehreren Tagen/Wochen sind weit und breit nicht in Sicht) und auch in der Schweiz gelten die Naturgesetzt bzw. die Physik, daher ist ein Kernkraftaustieg hier wie da einfach nur unsinnig.

d.rahtlos
1 Monat her

Man sehe sich einmal den pragmatischen Umgang der Niederländer mit dem Thema an. Dort lagern die gesamten strahlenden Abfälle des Landes (einschließlich Forschung und Medizin) auf einer Fläche, auf der man in Deutschland ein größeres Windrad unterbringen würde. Das Zwischenlagerprojekt COVRA ist (vernünftigerweise) zunächst auf hundert Jahre angelegt und liegt direkt an der Nordsee, unweit eines Badestrands.

HPs
1 Monat her
Antworten an  d.rahtlos

Das Zwischenlager steht auf dem Gelände des KKW Borssele.
Was ist hier pragmatischer als ein deutsches Zwischenlager wie es beispielsweise auf dem Gelände von KKW P’burg rumsteht?
(100 Castorbehälter mit hochradioaktivem Material)
Auch die Niederlande haben kein Endlager

d.rahtlos
30 Tage her
Antworten an  HPs

Das ist zwar richtig, eine derartig unaufgeregte und transparente Herangehensweise ist in DE aber wohl kaum vorstellbar. Hier wird man noch Milliarden auf der sinnlosen Suche nach einem Endlager für >1 Mio Jahre versenken, um dann alles nach RU, CN und CA zu verbringen, wo die Gewinnung der Restenergie stattfinden kann, die hier wegen des Forschungsverbots unmöglich ist. 

jwe
1 Monat her

Na ja, da wird z.B. Gorleben mit Milliarden als Endlager erschlossen. Aus Ideologischen Gründen kippt man heute alles zu. Den strahlenden Müll aus den Alt-Kraftwerken lässt man lieber vor Ort in oberirdischen „Zwischenlagern“ liegen. Ob das wohl sinnvoll ist?
LIeber sucht man wieder nach geeigneten Lagermöglichkeiten, wohl wissend, dass das noch in 20 Jahren nicht geschafft wird. Das geeignete und fertige Gorleben deklariert man um und kippt es zu. So geht pragmatische Politik in Deutschland.

Last edited 1 Monat her by jwe
fatherted
1 Monat her

Naja….auf welcher Untersuchungen bezieht sich denn die Expertise dieser Firma? Waren die vor Ort und haben jedes Kraftwerk „untersucht“? Oder gab es offizielle Bestandsmeldungen wie weit man mit dem Rückbau/Zerstörung der einzelnen AKWs ist? Doch wohl kaum…denn sonst hätten die ja schon die Runde gemacht. Sprich: Diese „Expertise“ ist meiner Meinung nach reine Spekulation. An gleicher Stelle hier bei TE haben schon einige richtige Kraftwerksexperten ihre Meinung kund getan und waren nicht in der Lage einzuschätzen wie weit die Rückbauten an den Deutschen AKWs vorangeschritten sind….Stichwort: Zerstörung des Druckbehälter, spülen der Leitungen mit Säure, Abbau von allen Mess-Armaturen usw. usw.… Mehr

Werner hold
1 Monat her

Im Himmel ist Jahrmarkt und Herrhausen wurde von der RAF ermordet.
Deutschland und Atomkraft , das ist wie Freundschaft mit Russland , leider unerreichbar.
Oder möchte Bill uns seinen Müll aufdrängen , sein Betriebssystem soll uns warnen.

Alexis de Tocqueville
1 Monat her

Wird nicht passieren. In Deutschland regieren die Grünen, vor und nach der Wahl.

Michael M.
1 Monat her

Immer schön den von einer Handvoll Ideologen jahrzehntelang eingebläuten Unsinn weitererzählen oder wie?
Das Problem mit dem Müll ist durchaus lösbar, auch wenn manch einer das einfach nicht verstehen will.

Last edited 1 Monat her by Michael M.