„Getrennte Sprechstunden“ – Ärztefunktionär will Behandlung von Ungeimpften begrenzen

Die Impfverweigerung sei frech und gesellschaftlich inakzeptabel. Ungeimpfte sollten nur noch von 7:00 Uhr bis 7:10 Uhr behandelt werden. Das schrieb der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung in Baden-Württemberg – die ruderte jetzt zurück.

Symbolbild

»Sehr verehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege«, so begann der Brief des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg an seine Vertragsärzte, der in den vergangenen Tagen für viel Aufsehen sorgte. Er fährt fort: »Als Ärzte und Psychotherapeuten, die täglich mit den deletären, medizinischen und gesamtgesellschaftlichen Folgen der Coronapandemie als solche, insbesondere aber auch mit den Konsequenzen einer Corona-Erkrankung konfrontiert sind, empfinden wir Impfverweigerung als frech und gesellschaftlich inakzeptabel. Viele empfinden es zu Recht unerträglich, dass eben diese in Arztpraxen vulnerable Patientengruppen gefährden.«

Die beiden Ärztefunktionäre schlagen ihren Mitgliedern vor: »Ihrer besonderen Verpflichtung, dem Schutz vulnerablen Gruppen nachkommend, ist jedoch folgender Lösungsansatz möglich: Es ist zulässig, getrennte Sprechstunden, von Notfällen abgesehen, für 2G/3G und andere einzurichten. Zeitpunkt und Umfang sind vom individuellen Praxisspektrum abhängig und dürfen vom Praxisinhaber festgelegt werden, z. B. 3G-Sprechstunde von 08.00 – 18.00 Uhr; non 3G-Sprechstunde von 07.00 – 07.10 Uhr.

Sie können die Patienten nach deren Impfstatus fragen, haben aber kein Recht auf eine wahrheitsgemäße Antwort oder gar einen entsprechenden Nachweis. Wer keine Auskunft abgeben möchte, der kann in die non 3G-Sprechstunde verwiesen werden. Wir werden uns im politischen Raum weiter dafür einsetzen, dass 2G/3G-Regeln – abgesehen von Notfällen – auch in den Praxen der Ärzte und Psychotherapeuten gelten dürfen, sollen.« Beide schließen mit »freundlichen Grüßen«.

TE wollte vor Veröffentlichung wissen, ob diese Zeilen authentisch sind und bat um eine Stellungnahme bei der KVBW. Der Leiter der Pressestelle antwortete zunächst: »Die KVBW hatte vergangene Woche ein Schreiben an ihre Mitglieder versandt, in der sie eine rechtliche Einschätzung zur Behandlung von Ungeimpften abgegeben hat. Eine solche Einschätzung ist von vielen Mitgliedern nachgefragt worden. Kurz zusammengefasst: Die Anwendung von 2G/3G in den Arztpraxen ist nicht zulässig. Eine Behandlung darf Ungeimpften oder jemandem, der sich nicht an 2G/3G hält, nicht verweigert werden.

Rechtlich zulässig ist eine Sondersprechstunde für Ungeimpfte. Das ist gar nichts Besonderes, das haben wir in anderen Bereichen auch. Eine solche Sondersprechstunde – sofern sie denn überhaupt von den Praxen zur Anwendung kommt – könnte vor allem dort, wo besonders vulnerable Patientengruppen behandelt werden (Beispiel Onkologie), die Möglichkeit bieten, Ungeimpfte zu behandeln und gleichzeitig die anderen Patientinnen und Patienten zu schützen.«

TE wollte weiter wissen, ob denn auch die Sätze so wörtlich enthalten sind. Neben einigen anderen, veröffentlichte auch der Heidelberger Arzt Dr. Gunter Frank den Inhalt dieses Schreibens. Die kurze und knappe Antwort der KV: »Wir äußern uns nicht mehr dazu.«

Stattdessen veröffentlichte jetzt die KVBW einen Nachtrag zur »Schnellinfo ,Keine 3G/2G-Regeln in Arztpraxen‘«: »Dieses Schreiben hat insbesondere fast ausschließlich im außerärztlichen Bereich zu Irritationen und harschen Reaktionen, bis hin zur mehrfachen Androhung und zum Aufruf körperlicher Gewalt gegen uns geführt… An den Kernaussagen halten wir fest, dass wir alle Hilfesuchenden, auch Ungeimpfte und nicht-Getestete, behandeln und es nicht zulässig ist, die Behandlung vom 3G/2G-Status abhängig zu machen.«

Es sei zulässig und medizinisch sinnvoll, zum Beispiel durch getrennte Sprechstunden dies zu gewährleisten, schreibt die KV Baden-Württemberg weiter. Der Umfang der jeweiligen Sprechstunden, sofern diese für sinnvoll gehalten werden, seien vom jeweiligen Spektrum der Praxen fachgruppenspezifisch abhängig.

Zu den besonders harschen Forderungen glättet die KV die Wogen: »Das Beispiel sehr begrenzter Sprechstundenzeiten für Ungeimpfte war plakativ, um die Situation zu akzentuieren; die Akzentuierung hätte auch durch ein realitätsnäheres Bild noch besser erreicht werden können,« so »mit klarstellenden Grüßen« die beiden Mitglieder des Vorstandes weiter.

Franke erinnert daran, worauf der Fortschritt in der Medizin in neuerer Zeit beruht: »Mühsam wurde in der Medizin in den letzten Jahren evidenzbasiertes Denken durchgesetzt, sprich kompetentes Abwägen guter Wissenschaft in Kombination mit Lebenserfahrung. Doch all diese Erfolge werden seit Beginn der Corona-Pandemie in atemberaubender Schnelligkeit beiseitegefegt. Der Moralismus bekam Oberhand.«

Und Franke weiter: »Eine Gesellschaft jedoch, die eine solche Fragestellung nicht mehr vernünftig diskutiert, sondern nur noch moralistisch überhöhte Wahrheiten gelten lässt, öffnet die Tür zur Barbarei.«


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Kommentare ( 42 )

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Nibelung
3 Jahre her

Ist er sich dabei ganz sicher, daß nur die Ungeimpften die Viren weiter verbreiten und die Geimpften nicht und angeblich geschützt sind, was sich ja nun im Nachhinein als Rohrkrepierer erwiesen hat, denn ein unnützes und wirkungsloses Produkt ist das Problem und nicht der Verweigerer, der aus welchen Gründen auch immer sich dieses fragwürdigen Schutzes entziehen will. Wer solche dummdreisten Vorschläge macht, der wird entweder dafür bezahlt oder wer weiß nicht von was er redet, denn würde man seinen Vorschlag wörtlich nehmen, dann müßte man vieles mit der gleichen Methode bestrafen und das wäre das Ende der Demokratie, denn Suff,… Mehr

Rob Roy
3 Jahre her

„von 07.00 – 07.10 Uhr“ … das sind immerhin 10 Minuten länger, als Ärzte ab 1938 jüdische Patienten behandeln durften, nämlich gar nicht mehr.
Gerade gibt es einen Wettbewerb, wer mit den heftigsten Ideen ankommt, wie man Ungeimpfte ausgrenzen könnte. Und keinem dieser Ideengeber fälllt auf, wie er damit die Grenzen von Ethik und Menschenwürde verlässt. Und obendrein null Geschichtsbewusstsein besitzt.

H. Krueger
3 Jahre her
Antworten an  Rob Roy

Das Vorgehen verdeutlicht wieder einmal, wie in der Vergangenheit, zum angeblichen Schutz der breiten Masse, Ausgrenzungen, Schüren von Hass auf Bevölkerungsgruppen, bis hin zu deren Vernichtung, überhaupt erst möglich wurden. Auch wenn es sich um unterschiedliche Hintergründe handelt, das Prinzip welches dahintersteht ist das Gleiche.

Slawek
3 Jahre her

Und die Sprechstunde via Videokonferenz haben wir immer noch nicht. Ginge gar in 80% der Fälle ganz schnell. Da und da tut es weh. Bitte Mund aufmachen Kamera reinhalten, Kameralicht an und Aaahh sagen. Das Handy macht Ping und da ist schon das Rezept. Das leitet man an seine Apotheke weiter und die schmeisst einem die Medikamente in den Briefkasten. Oh Moment, die passen da gar nicht rein. Also wer kommt denn schon auf so eine verrückte Idee, dass Medikamentenverpackung einfach so in einen Briefkasten passen muss. Statt dessen riskieren wir ja lieber die Gesundheit von Patienten, indem sie zum… Mehr

martin ruehle
3 Jahre her

Bitte korrigieren Sie den Fehler im Artikel. es war kein Herr „Franke“, der auf das Schreiben der KVBW aufmerksam machte, sondern der Heidelberger Arzt Dr. med. Gunter Frank.

Judith Panther
3 Jahre her

Ich habe meine Erfahrungen gemacht mit dieser letzten Bastion Unrechts, der Machtbesessenheit, der hemmungslosen Habgier und ungenierten Selbstbedienung, mit der die Kassenärztliche Vereinigung seit Generationen niedergelassene Ärztinnen und Ärzte schikaniert, drangsaliert, ruiniert und in Scharen aus der Patientenversorgung treibt.  Die KV trägt die Hauptschuld am Hausärztemangel. Es gibt inzwischen niedergelassene Ärzte, die ihre Praxis verschenken würden und werden sie trotzdem nicht los. Keiner hat mehr Lust, sich von der Tyrannei der Kassenärztlichen Vereinigung knechten zu lassen. Das Buch DEUTSCHLAND SCHAFFT UNS AB und die Ausführungen des Klevener Landarztes Dr. med. Michael Kroll, einem Schelm vor dem Herrn, sind ebenfalls geeignet,… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Judith Panther
Herr Schmidt
3 Jahre her

Ich finde man könnte ja als Reaktion das Einkommen dieser Person auf 1000 bis 1100 € pro Monat beschränken. Alles was drüber ist wird zwangsgespendet.

Candida Albicans
3 Jahre her

Solche Schweinereien werden in einer Stadt mit einem grünen OB in der städtischen Klinik schon längst umgesetzt. Aufgrund einer chronischen Erkrankung muss ich diese regelmäßig aufsuchen. Und jedesmal frage ich mich, was die sich bei der Einlasskontrolle wieder Neues ausgedacht haben. Neuerdings wird man nach dem Impfstatus gefragt. Keine weitere Erläuterung, was dann in Abhängigkeit von der Antwort passiert. Wenn Sie sich weigern, die Frage zu beantworten, hindert Sie die Security daran, die Klinik zu betreten. Damit wird also eine notwendige medizinische Behandlung verweigert, wenn Sie keine Auskunft geben. Wie sich dann herausstellte, dürfen Sie mit gültigem Impfdokument die Klinik… Mehr

Brotfresser
3 Jahre her

„insbesondere fast ausschließlich im außerärztlichen Bereich“
Hä?
„Das Beispiel sehr begrenzter Sprechstundenzeiten für Ungeimpfte war plakativ, um die Situation zu akzentuieren; die Akzentuierung hätte auch durch ein realitätsnäheres Bild noch besser erreicht werden können.“
Bidde?
Gibt es eigentlich Studien darüber, ob und inwieweit eine Impfung die Sauerstoffversorgung des Gehirns beeinflusst oder einschränkt?
Frage für einen Freund (, der Impfarzt ist).

friedrich - wilhelm
3 Jahre her
Antworten an  Brotfresser

……kurze zeit nach der applikation der giftspritze – mit der im 3. reich schon gute erfahrungen gemacht wurde – ist der stoff im ganzen körper verteilt!

Ludwig Thoma
3 Jahre her

„Sprechstunde zwischen 7 Uhr und 7 Uhr 10“. Der Brief ist angesiedelt zwischen seltsamem Humor und ‚frech und ärztlich inakzeptabel‘. Arzt ist kein Beruf für Angsthasen.

Nachdenkerin X
3 Jahre her

Da hier von Lesern über negative Erfahrungen in Arztpraxen berichtet wird – möchte ich hier von meiner Hausarztpraxis berichten, daß zwar alle Hustenden und Schniefenden in die „Infektionssprechstunde“ bestellt werden (bestimmter Zeitraum), aber man vorher NICHT nach dem Impfstatus gefragt wird, d. h. ALLE Hustenden und Schniefenden kommen zu dieser Zeit.

friedrich - wilhelm
3 Jahre her
Antworten an  Nachdenkerin X

….meine frau hat in ihrer klinik eine konziliarsprechstunde der leitenden oberärzte eingerichtet, an der die oberärzte sämtlicher abteilungen mitmachen. deren chefs achten streng auf deren teilnahme! entsprechend werden die dienstpläne gemacht!