Der Lieblings-Kanzlerkandidat der Deutschen: „Keiner Davon“

Kein Politiker in Deutschland könnte bei Direktwahlen auch nur ein Viertel der Deutschen für sich gewinnen. Ähnlich desaströs ist das Vertrauen in die Problemlösungsfähigkeit der Parteien. Die Deutschen scheinen politisch weitgehend hoffnungslos zu sein. 

IMAGO / Future Image
Christian Lindner, Robert Habeck und Olaf Scholz im Deutschen Bundestag, 07.09.2022

Dieses Umfrage-Ergebnis ist ein erschütterndes Zeugnis für die politische Klasse in Deutschland. Weder der Mann, der Deutschland regiert, noch diejenigen, die im politischen Betrieb eine halbwegs realistische Chance hätten, ihm nachzufolgen, könnten bei einer Direktwahl des Kanzlers mit den Stimmen von mehr als einem Viertel der Deutschen rechnen. Mit weitem Vorsprung vorne liegt in der jüngsten Umfrage von Forsa (für RTL und n-tv) vom 13. September „Keiner davon“ (38 Prozent). Der vom Bundestag gewählte Kanzler Olaf Scholz kommt demnach nur auf 21, Vizekanzler Robert Habeck ebenso auf 21 und Oppositionsführer Friedrich Merz sogar nur auf 20 Prozent. In der Vorwoche antworteten 36 Prozent „Keiner davon“. 

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Scholz: 23%
Merz: 23% (+2)
Baerbock: 20% (-3)
Keiner davon: 34% (+1)

Änderungen zum 06. Sep. 2022

Verlauf: https://t.co/xcGLHuIQmn#btw25pic.twitter.com/motMs6g2bV

— Deutschland Wählt (@Wahlen_DE) September 13, 2022

Das Misstrauen oder die Enttäuschung betrifft aber nicht nur die führenden Köpfe, sondern offensichtlich auch deren Parteien insgesamt. Auf die Frage „Welcher Partei trauen Sie zu, mit den Problemen in Deutschland am besten fertigzuwerden?“ antworteten 60 Prozent der Befragten „Keiner Partei“. Die Grünen können mit 12 Prozent noch die meisten nicht ganz vom Parteienbetrieb enttäuschten Bürger überzeugen. Aber auch bei dieser Frage ist der Vertrauensverlust gegenüber den Parteien in nur einer Woche deutlich geworden. Am 6. September hatten noch 18 Prozent den Grünen zugetraut, mit den Problemen in Deutschland am besten fertigzuwerden.

Das Bild, das sich aus diesen Antworten ergibt, ist das eines ermüdeten, überlebten Parteiensystems. In einer mehrheitlich politisch gelähmten oder gar hoffnungslosen Gesellschaft glauben weniger als die Hälfte der Wähler einer Partei, dass diese ihrer Verantwortung wirklich gewachsen ist. Der Großteil der Wähler wählt also offensichtlich nur eine Partei, die er für das geringere Übel hält. Besonders klein ist der Anteil der wirklich von der Kompetenz ihrer gewählten Partei Überzeugten bei den Unionswählern, die in der gleichzeitig von Forsa gestellten „Sonntagsfrage“ mit 28 Prozent vorne liegen, obwohl nur 11 Prozent der Befragten der Union zutrauen, mit den Problemen des Landes fertig zu werden. Auch bei Linken und AfD-Wählern ist dieser Glaube offenkundig gering. Am ehesten die Grünen haben noch einen relativ großen Anteil wirklich von ihrer Kompetenz überzeugter Wähler: 12 Prozent bei einem Wähleranteil von 20 Prozent. 


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