Sineb El Masrars Buch „Emanzipation im Islam – Eine Abrechnung mit ihren Feinden“ ist derzeit nicht zu kaufen: Das Landgericht München hat dem Antrag auf Einstweilige Verfügung der radikal-islamischen Bewegung Milli Görus stattgegeben. Politik, Justiz, linke Toleranzwächter – machen sich zu Komplizen der reaktionären Kräfte des Islams. Als stünden die wenigen progressiven Kräfte im Islam nicht ohnehin schon auf verlorenem Posten.
Wenn man bei Amazon den Titel von Sineb El Masrars neuem Buch eingibt, dann erscheint derzeit nur die E-Book-Version zum Kauf in den Suchergebnissen. Dabei erschien die erste Auflage des Buches bereits im Februar 2016. Nun könnte man denken, es sei vielleicht vergriffen, aber auch das ist nicht der Fall.
Der Grund, weshalb Sineb El Masrars Buch mit dem Titel „Emanzipation im Islam – Eine Abrechnung mit ihren Feinden“ derzeit nicht als Buch käuflich zu erwerben ist, ist ein anderer. So gab der Herder-Verlag bekannt, dass das Buch derzeit nicht lieferbar sei. Grund dafür sei die Beantragung einer Einstweiligen Verfügung der radikal-islamischen Bewegung Milli Görus e.V. (ja sie lesen richtig – es handelt sich um einen mit staatlichen Mitteln geförderten Verein!), dem das Landgericht München stattgegeben hatte. Ab 28. April würde man das Buch mit geschwärzten Textabschnitten wieder ausliefern heißt es lapidar. Was war passiert? Was musste Schlimmes in diesem Buch stehen, damit das Landgericht München einer Vereinigung Recht gibt, der das Bundesamt für Verfassungsschutz einst ein antidemokratisches Staatsverständnis sowie eine Ablehnung der westlichen Demokratie bescheinigte?
Sineb El Masrar ist Deutsche. Als Tochter marokkanischer Einwanderer wurde sie 1981 in Hannover geboren. 2006 gründete sie das multikulturelle Frauenmagazin Gazelle, war in der Arbeitsgruppe „Medien und Integration“ im Kanzleramt und Mitglied der Deutschen Islam Konferenz. Heute lebt sie in Berlin. „Muslim Girls. Wer sie sind, wie sie leben“, hieß ihr erstes Buch. In ihrem neuen Buch spricht sie sich nun gegen patriarchale Strukturen im Islam aus und fordert weibliche Muslime auf, ein emanzipiertes und selbstbestimmtes Leben zu führen – ob es ihre Sexualität, Liebe, Partnerschaft betrifft oder Familie und Erziehung. Kopftuch-Debatte, Dramen um Zwangsehe und sogenannte Ehrenmorde seien Ausdruck von Ungerechtigkeit, die im Privaten beginne und sich ihren Weg in den öffentlichen Raum bahne, ist die Autorin überzeugt. Besonders für die junge Generation müsse mehr individuelle Entfaltung möglich sein sowie eine stärkere Auseinandersetzung mit den theologischen Quellen. Dass dem auch in Deutschland muslimische Organisationen und Verbände entgegenwirken, ist einer der Hauptkritikpunkte der Autorin. Sie müssten endlich Verantwortung übernehmen, um Islamisten nicht die Deutungshoheit zu überlassen.
Ein deutsches Gericht auf die Seite des radikalen Islam
Nun könnte man sich fragen, was davon genau gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung verstößt. Ist die Emanzipation der Frau plötzlich etwas Verbotenes? Habe ich das einfach nur nicht mitbekommen? Man muss jedenfalls schon einen sehr makabren Humor besitzen, wenn man als staatliches Organ auf Grundlage des Antrages eines radikal-islamischen Vereins den temporären Verkaufsstopp eines Buches und die Zensur des selbigen veranlasst, dass als Hauptproblem eben genau dieses kontraproduktive, antidemokratische Treiben islamischer Verbände in Fragen der Integration und Emanzipation kritisiert. Hier zeigt sich ganz deutlich, an welcher Stelle wir in Deutschland mittlerweile stehen: Längst hat die falsche Toleranz gegenüber jeglichen religiösen Auswüchsen des Islams den Anspruch der Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frau und Mann überholt.
Gleichberechtigung? Aber bitte nur bei „biodeutschen“ Frauen, bei denen man nicht Gefahr läuft, sich mit irgendwelchen rückwärtsgewandten Religionsvereinen anzulegen. Die muslimische Frau, selbst wenn sie qua Pass Deutsche ist, selbst wenn sie hier geboren wurde, überlässt man weiter den Fängen des Islams. Man nimmt ihre Unfreiheit, die auch und vor allem durch die muslimischen Verbände hierzulande forciert wird, nicht nur billigend in Kauf, man wirft jeder von ihnen, die sich daraus lösen will, auch noch Knüppel zwischen die Beine. Das Urteil des Landgerichts? Ein fatales Signal in die falsche Richtung!
Politik, Justiz, linke Toleranzwächter – sie alle machen sich hierzulande zu Komplizen der reaktionären Kräfte des Islams. Als stünden die wenigen progressiven Kräfte im Islam nicht ohnehin schon auf verlorenem Posten. All das Gerede über einen etwaigen Euro-Islam verkommt so zur Farce. Es wird keinen Euro-Islam geben und selbst wenn es einmal leichte Tendenzen für einen gegeben haben sollte, hat man unter tatkräftiger Unterstützung von perfekt geschulten Berufsbetroffenen wie dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Aiman Mayzek, erfolgreich dafür gesorgt, dass dieses zarte Pflänzchen der Anpassung an demokratische Werte in den letzten Jahren plattgewalzt wurde. Ja, Politik und Justiz sehen der Veränderung der Gesellschaft hin zu postsäkularen Zuständen nicht nur hilflos zu, sie treiben sie sogar aktiv voran – und während die SPD Herrn Mayzek und Co. auf ihrer Facebookseite noch die Füße küsst, ist die einzige Partei, die sich diesem antidemokratischen Trend entgegenstellen will, ausgerechnet die von den Medien und anderen Parteien als antidemokratisch bezeichnete AfD. Mehr Realsatire geht kaum. Dabei sollte man meinen, dass gerade die SPD in ihrer langen Geschichte Erfahrung im Kampf gegen antidemokratische Kräfte gesammelt hätte.
Politik, Justiz, linke Toleranzwächter als Komplizen der reaktionären Kräfte des Islams – eine krasse Realsatire
Man darf demnach gespannt sein, wie lange die SPD noch darum bestrebt sein wird, ihren eigenen Negativ-Rekord in den Umfragen zu übertreffen, bis hier ein Umdenken stattfindet. Darüber hinaus bleibt abzuwarten, wann die anderen Parteien erkennen, dass es so nicht weitergehen kann. Ob es erst eines Ablegers dieser radikal-reaktionären islamischen Verbände in der Parteienlandschaft bedarf, oder ob man im Kampf gegen die AfD schon vorher bemerkt, dass man dem Bedürfnis der Menschen nach Adressierung des Problems der zunehmenden Islamisierung, stattgeben muss, wenn man nicht will, dass es irgendwann nicht einmal mehr für die politische Einheits-Kenia-Front gegen die AfD reicht.
Feststeht, dass der Verkaufsstopp und die Zensur des Buches von El Masrar eine Schande ist. Dass sie sich ferner jedoch nahtlos in die Ereignisse der letzten Wochen einreiht. Spätestens seit dem Fall Böhmermann sollte dem Letzten klar geworden sein, wie es um die Meinungs- und Satirefreiheit hierzulande bestellt ist. Dass Kritik nur derjenige üben darf, der sich im politisch korrekten Rahmen bewegt. Und dass sie so zur Pseudo-Kritik verkommt. Kapitalismus- und Imperialismuskritik, Witze über „rechte Vollidioten“ und die AfD – all das ist erlaubt und gibt einen schönen systemkritischen Anstrich, der zeitgleich heutzutage gar nichts mehr mit wirklicher Kritik zu tun hat, weil er längst in breiten Teilen der Gesellschaft konsensfähig, weil er Mainstream geworden ist.
Schande für Deutschlands Pseudokritiker
Kritik an islamischen Führern, denen die ominöse Ehre über alles geht, das wusste man in islamkritischen Kreisen schon länger, steht hingegen auf einem vollkommen anderen Blatt. Böhmermann musste das lernen und auch „kritisch-investigative“ Jung-Journalisten wie Everybody’s Darling Tilo Jung würde eine solche Erkenntnis gut zu Gesicht stehen. Auch er könnte einmal beweisen, wie viel Mut wirklich in ihm steckt und seinen Platz in der Bundespressekonferenz dafür nutzen, kritische Fragen im Zusammenhang mit der Zensur islamkritischer Meinungen zu stellen. Aber wieso sollte er, wo es in Deutschland letztlich so viel einfacher ist, auf der pseudo-kritischen Welle zu surfen?
Frauen wie El Masrar hingegen beweisen wirklichen Mut. Der temporäre Verkaufsstopp wird im Kampf gegen den radikalen Mainstream im Islam vermutlich ihr geringstes Problem sein. Prominente Islamkritikerinnen wie Sabatina James, Seyran Ates und Co. machen seit Jahren auf ihre Bedrohung aufmerksam. Gehört werden sie nicht. Statt sich für ihr Recht auf Meinungsfreiheit oder zumindest ihre körperliche Unversehrtheit einzusetzen, biedert man sich hierzulande weiterhin den reaktionären Verbänden an und sorgt damit nicht nur dafür, dass diese Frauen in ihrer Freiheit empfindlich eingeschränkt werden, sondern auch dafür, dass ihre so wichtige Arbeit im Kampf um die Emanzipation und Gleichberechtigung der muslimischen Frau behindert wird. Indem man die reaktionären Kräfte hofiert, ermöglicht man eine sukzessive Ausbreitung ihrer radikalen Ansichten in breiten Teilen der muslimischen Bevölkerung. Eine Emanzipation der muslimischen Frau und des muslimischen Teils der Gesellschaft generell wird so unmöglich. Viel zu groß hat man den Einfluss dieser Verbände über die Jahre hinweg werden lassen. Jetzt scheut man sich dafür, diesen wieder einzuschränken. Man glaubt, man fände hier die Verbündeten gegen den radikalen Islam, dabei handelt es sich bei ihnen selbst um Keimzellen eben dieses reaktionären Islams.
El Masrars Buch ist überschrieben mit einem Zitat von Bettina Arnim: „Selbst denken ist der höchste Muth.“ Schade, dass man diesen Mut hierzulande nicht belohnt.
Hier auch ein sehr sehenswertes Interview mit Sineb El Masrar.
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