Jörg Meuthen gibt auf

Der amtierende AfD-Bundessprecher wird beim nächsten Parteitag im Dezember auf eine erneute Kandidatur verzichten. Offenbar glaubt er, dass die Partei nicht mehr sicher hinter ihm steht.

IMAGO / IPON
Jörg Meuthen, Bundessprecher der AfD

Jörg Meuthen kündigt seinen Rückzug von der AfD-Parteispitze an. Wie mehrere Medien übereinstimmend berichten, will der amtierende AfD-„Bundessprecher“ (so nennt die AfD ihre Vorsitzenden) beim nächsten Parteitag im Dezember auf eine erneute Kandidatur verzichten. Dies habe Meuthen in einer Rundmail an Parteimitglieder bekanntgegeben. Dort schreibt er, er habe seine Entscheidung nach „vielen intensiven Gesprächen“, insbesondere auch mit seiner Familie, getroffen. Von einer „unglaublich fordernden Zeit“ als Bundessprecher, die von „manchen Härten und Enttäuschungen“ geprägt gewesen sei, schreibt er weiter.

Meuthen teilt sich das Amt mit Tino Chrupalla, der auch gemeinsam mit Alice Weidel die Bundestagsfraktion führt. Meuthen ist Abgeordneter im EU-Parlament.

Über die genauen Gründe für seinen Rücktritt schweigt Meuthen – bittet die Mitglieder aber „von Herzen um Verständnis“. Meuthen hatte sich immer wieder offengehalten, wieder für das Amt des Bundessprechers zu kandidieren. Er sei sich nicht sicher, ob „seine Truppen noch die Oberhand haben“, wie t-Online unter Berufung auf Gespräche mit Meuthen schreibt. 

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Meuthen hatte zuletzt immer mehr an Rückhalt in der Partei verloren: Das Verhältnis zwischen Tino Chrupalla und Alice Weidel auf der einen und Meuthen auf der anderen Seite gilt seit Längerem als gespannt. Meuthen hatte sich im Bundestagswahlkampf sogar öffentlich für ein anderes Spitzenduo ausgesprochen. Seine Niederlage in der Frage wurde auch als Zeichen seines schwindenden Einflusses in der Partei gewertet. Innerparteilich war der Liberal-Konservative umstritten, auch wegen seiner Konfrontationshaltung gegenüber dem „Flügel“ um den Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke.  Meuthen hatte unter anderem öffentlich die Aufspaltung der Partei gefordert. 

Ihm sei die Entscheidung zum Rückzug nicht leichtgefallen, schrieb Meuthen an die Mitglieder. Er wolle weiter politisch aktiv bleiben: „Ich leide jeden einzelnen Tag unter den kapitalen, politisch vollkommen falschen Weichenstellungen der etablierten und hier in Deutschland wie in Brüssel den Ton angebenden Parteien. Entsprechend werde ich weder verstummen noch mein politisches Schaffen einstellen, sondern auch weiterhin meine politische Arbeit tun und meine Stimme hörbar einsetzen.“ Den Delegierten beim nächsten Bundesparteitag empfahl Meuthen, „vernünftige Vorstandsmitglieder“ zu wählen, „die unsere Partei als entschiedene Rechtsstaatspartei und als starke und einzige entschlossen freiheitlich-konservative Kraft weiter voranbringen“.

Wer Meuthen nachfolgen wird, ist offen – laut Medienberichten soll Rüdiger Lucassen, Chef der AfD in Nordrhein-Westfalen, bereits Interesse am Posten des Bundessprechers angemeldet haben. Auch Alice Weidel, Fraktionschefin und mit Meuthens Co-Parteichef Chrupalla Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl, könnte sich Chancen auf das Amt ausrechnen. Sie erscheint jedoch nach einem schwachen Ergebnis bei der Wahl zur Fraktionsvorsitzenden momentan geschwächt. 

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