Jerusalem: Aus Chaos folgt Ordnung

Frau Merkel führt den Geleitzug derer an, die ihre Aufgabe als Verantwortungsträger mit der politischen Schauspieler-Rolle als Bekenntnisträger verwechseln. Die Realität wird ausgeblendet. Die Propaganda-Maschine des Staatsversehens assistiert.

© Saul Loeb/AFP/Getty Images
US President Donald Trump delivers a statement on Jerusalem from the Diplomatic Reception Room of the White House in Washington, DC on December 6, 2017

Ergriffen lese ich die Nullsätze von Politikern, die dem US-Präsidenten vorbeten, was sie und ihre Vorgänger seit Jahrzehnten hilflos zu Israel sagen. Es  wird so getan, als ob der Friede herrsche – trotz Messerattacken, Raketen und Gegenschlägen. Schadet Trump dem Frieden oder war vielmehr der Frieden eine Fiktion, die vor Mord und Terror gehängt wurde wie ein Theatervorhang?

Verantwortungslose plädieren für Verantwortung

Frau Merkel führt den Geleitzug derer an, die ihre Aufgabe als Verantwortungsträger mit der politischen Schauspieler-Rolle als Bekenntnisträger verwechseln: Welche seit eh und je als inhalts- und folgenlos bekannte Bekenntnisse bekannt geben. Zumindest ihre Berater wissen, dass alles, was sie ihre Chefs da sagen lassen, noch nie etwas bedeutet hat und nie etwas bedeuten wird. Klar, bestätigt mir einer von ihnen, deshalb sollen sie es ja immer wieder sagen, weil sich am realen Zustand von Israel – Stabilität durch Labilität – nichts ändern darf. Der Nahe Osten wird als labiler Zustand geschätzt in Berlin, die Palästinenser gepampert und ihre fragwürdigen Organisationen mit deutschem Steuergeld subventioniert. Daran ändern soll sich nichts.

Nahezu alle Medien lassen die Tatsache außen vor, dass Trumps Schritt, die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, der Vollzug eines US-Gesetzes ist. Der Deutschlandfunk erinnert wenigstens daran, dass Trump der erste Präsident seit 1995 ist, der die Durchführung des US-Gesetzes von 1995 nicht mit fortgesetzten Aussetzungen für jeweils sechs Monate weiter hinausschiebt:

„Hintergrund der ganzen Angelegenheit ist ein US-Gesetz aus dem Jahr 1995, der sogenannte Jerusalem Embassy Act. Er verpflichtet die USA, ihre Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. Bisher haben alle US-Präsidenten diesen Schritt immer wieder hinausgezögert und sind damit das Gesetz immer gekonnt umgangen. Der Präsident kann aus Gründen der nationalen Sicherheit diese Verlegung für jeweils sechs Monate aussetzen.“

Trump hält sich also an ein Gesetz. Das empfindet das politische Berlin als Skandal; Gesetzesbruch ist ja längst Politik-Routine. Politische Bedeutung haben die versammelten Erklärungen der Politiker keine. Über den Zustand, dass es neben den USA, China und Russland keine weiteren Weltmächte gibt, sollen ihre Leersätze hinwegmogeln. Bewirken können sie alle von Macron bis Merkel und den Nebenlautsprechern der EU nichts. Schlimmer als sie sind nur noch ihre Medienlautsprecher:

Bemerkenswert: Korrespondenten aus der muslimischen Welt melden, dass die dortigen Machthaber gelassen reagieren. Aber das passt nicht ins Medienbild der Aufgeregtheit. Sie haben ihre eigene Agenda und die Palästinenser kommen darin kritisch nicht vor. Der Medientenor lautet entgegen dieser Realität, alle außer Israels Regierung würden sich gegen den Gesetzesvollzug von Trump stellen. Verschwiegen wird, dass Putin längst Jerusalem als Hauptstadt anerkannt hat. Die Welt aus deutschen Redaktionsstuben betrachtet ist wohl deren eigene Kaffeeküche. Interessant, was im Neuen Deutschland zu lesen ist:

Aus Chaos folgt bekanntlich eine neue Ordnung. Aus der Entscheidung des US-Präsidenten Donald Trumps, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, könnte die Gelegenheit erwachsen, vielleicht doch Bewegung in den bis zum Zerreißen angespannten Status quo zu bringen. Ob das sich abzeichnende Chaos und die Gewalt zu einer Friedensordnung führen, ist allerdings zu bezweifeln.

Eine neue Ordnung zeichnet sich derweil sehr wohl ab. Wo die USA ihre Diplomaten ausdünnen, Bündnispartner brüskieren, auf den alleinigen kurzfristigen Gewinn zielen, da macht sich ein Vakuum breit, das andere nur allzu gern füllen. In Israel meistert Premier Benjamin Netanjahu den Spagat, Trump für die eigenen Zwecke einzusetzen und gleichzeitig die Beziehungen zu Russland auszubauen. Denn Netanjahu weiß, dass Trump kein Konzept für den Nachbarn Syrien hat – anders als Putin.

Gedemütigt müssen sich die EU und die europäischen Verbündeten der USA fühlen. Erst die einseitige Aufkündigung des Atomabkommens mit Iran, nun Jerusalem – die Konsequenzen treffen Europa allein aus der geografischen Nähe viel mehr als die USA. Europa ist gut beraten, sich von den USA zu emanzipieren. Mit seiner Politik sorgt Trump überall auf der Welt für Chaos. Die Ordnungsmacht USA tritt ab, was folgt, ist ungewiss.“

Wet Liberalism Bye, Bye
Trump und Jerusalem - Wiederkehr der klassischen Machtpolitik
Die Weisheit steckt in Satz eins: „Aus Chaos folgt bekanntlich eine neue Ordnung.“ Genau das, sagt mir ein Freund in Washington, der hinter den Kulissen unverändert im politischen Gechäft wirkt, genau das haben die öffentlich nicht bekannten Berater von Trump vor: Bewegung in die festgefahrenen Fronten der Verteidigung des weltweiten Machtstillstands bringen, die demokratisch nicht legitimierten und nicht kontrollierten Großbürokratien UNO und EU als machtlos in allen entscheidenden Fragen immer wieder vorführen und damit schwächen – ordo ab chao.

Der letzte Satz der Zeitung, die bessere Kontakte nach Moskau hat als alle anderen in Deutschland, ist – vielleicht unbewusst – doppeldeutig: „Die Ordnungsmacht USA tritt ab, was folgt, ist ungewiss.“ Die erste Hälfte ist mindestens verfrüht und was folgt ist ziemlich gewiss die Achse: USA, China und Russland. Die Ordnungskräfte der Welt sortieren sich neu. An Europa vorbei.

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Kommentare ( 34 )

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Rainer Franzolet
7 Jahre her

Wer die Zahl der seit Jahren Richtung Israel abgeschossenen Raketen kennt und gleichzeitig Leute wie Steinmeier oder Gabriel als Außenminister für redliche Akteure einstuft, der hat sicherlich eine Schere im Kopf. Für die Medienvertreter, die das nicht mitbekommen oder besser schlicht wegsehen, gilt wohl dasselbe. Die EU finanziert eine Palästinensische Verwaltung, die nicht existiert. Von dem Geld werden Villen gebaut und Raketen bezahlt, die gegen Israel fliegen und vom Iran geliefert werden. Ohne den Abschirmring der Israelischen Luftabwehr wären die Israelis wohl längst alle umgebracht.

Beteigeuze
7 Jahre her

Vielleicht versucht man seitens deutscher Politiker auch einfach von der jahrzehntelangen eigenen verrückten Politik abzulenken, dass man einerseits die Sicherheit Israels zum Staatsziel erklärte und gleichzeitig über die Jahre zehntausende muslimische Araber [„Palästinenser“] aus Cis-Jordanien („Palästina“) nach Deutschland holte und eben auch muslimischen Araber in Cis-Jordanien mit zig Millionen DM und später Euro versorgte sowie seitens der SPD, Grünen und Linke diese muslimischen Araber in Cis-Jordanien politisch unterstützte und unterstützt. Ohne diese finanzielle und politische Unterstützung hätten die muslimischen Araber sich schon längst für Israel, Syrien oder Jordanien entscheiden müssen. Womöglich wäre der Nah-Ost-Konflikt deshalb schon lange beendet worden.

Marcel
7 Jahre her

Das impotente Geschwätz aus West-Europa ist gähnend langweilig. Jahrzehntelang wurde der Nahostkonflikt nicht gelöst, sondern künstlich am Leben gehalten. Die europäische, linkslastige Politik, mit ihrer chronischen Palästinenserliebe als Spiegelbild ihrer Israelskepsis, hängt gedanklich noch irgendwo in den 70ern, bei Arrafat und seinem Kopf/Halstuch, beim YomKipur oder dem 6Tage Krieg fest, vermutlich auch noch im Antiamerikanismus der Vietnamkriegszeit. Für Salonlinke aus Westeuropa sind im Zweifel immer Israel oder die USA die Bösen, die Unterdrücker der armen „Freiheitskämpfer“. Im Syrienkonflikt durfte jetzt Russland etwas vom ansonsten üblichen Antiamerikanismus genießen und wie immer sind sich alle einig, das Assad kein legitimer Präsident ist,… Mehr

Wolfgang Wegener
7 Jahre her

Sowohl hier (Israel vs. Palästina) als auch beim Thema Nordkorea wird teils seit Jahrzehnten nur gesabbelt nach dem Motto Merkels/Gabriels: Wir müssen reden. Ich denke mal, wenn Trump sich nun offenbar auf eine Seite schlägt, könnte Bewegung in die Angelegenheit kommen. Eine friedliche Lösung dort ist m. E. entweder eine saubere Zweistaatenvariante oder aber man fasst Israelis uns Palestinänser in einem Staat zusammen. Letzteres wollen die jüdischen Israelis nicht, weil sie dann wohl bald Minderheit in diesem Land wären. Allerdings wäre Druck auf die israelische Seite wesentlich effektiver, weil die aufgrund der Unterstützung der US militärisch wohl uneinholbar stärker sind… Mehr

Marc Hofmann
7 Jahre her

Man kann es auch so zusammenfassen….EU-Deutschland wird LINKS liegen gelassen!

Michel Rieke
7 Jahre her

Künftig ist Trump der Verursacher des „Nahost-Konfliktes“ und die EU wird sich aus Angst vor dem Zorn der Terroristen noch weiter dem radikalen Islam anbiedern. Chamberlain oder Churchill? Ich fürchte Europa hat sich bereits entschieden.

Dieter Doerr
7 Jahre her

Wenn aus Chaos wirklich Ordnung folgt, dürfen wir uns in Deutschland dann wohl endlich bald über (öffentliche [Sicherheit und]) Ordnung freuen! Oder nicht?? Mmmh…

Andrea Fritz
7 Jahre her
Antworten an  Dieter Doerr

Das ja, nur wird eine neue Ordnung aus dem Chaos heraus in der Regel mit Gewalt erkämpft. Je größer das Chaos wird, desto radikalere Reaktionen werden am Ende herausgefordert.

Mabell
7 Jahre her
Antworten an  Dieter Doerr

Dafür ist das Chaos wohl leider noch nicht groß genug.

Gero Hatz
7 Jahre her

Es wird höchste Zeit, dass die mächtigste Frau der Welt, den Donald in seine Schranken verweist. Unsere Kanzlerin, die ja bekanntlich alles „von hinten“ her denkt, ist weltweit die einzige Politikerin, die den Untergang der Welt noch aufhalten kann. Am besten könnte sie diese Rolle in der UN oder der EU spielen, Deutschland ist ja sowieso nicht mehr zu regieren.

Mabell
7 Jahre her
Antworten an  Gero Hatz

Ohne Ironie wäre das Ganze kaum noch auszuhalten. Trotzdem schönes Wochenende, Mabell.

Jean Nicot
7 Jahre her

Maas hält sich auch an sein Gesetz. Das ist aber ein Skandal.
Ganz schwacher Goergen !

Maria
7 Jahre her

Herr Kretschmann betet jeden Abend dafür, dass Frau Merkels segensreiches Walten unserem Land noch lange erhalten bleibt.
Und ich schlafe immer wieder einmal in der inständigen Hoffnung ein, dass Mr Trump die wirklich allerbesten Personenschützer dieser Welt hat.