Harbarths Dinner mit der Bundesregierung – weitere brisante Details

Das Abendessen des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts mit dem Bundeskabinett soll reine Formalie gewesen sein. Doch jetzt kommt ans Licht: Es ging im Gespräch auch in erhöhtem Maße um die Corona-Politik. Dabei beschäftigte sich das Gericht gerade mit einer Klage gegen den Bundeslockdown.

IMAGO / Future Image

Eines der Grundprinzipien unserer demokratischen Verfassungsordnung ist die strikte Gewaltenteilung – die Trennung von Exekutive, Legislative und Judikative ist elementar für einen funktionierenden Rechtsstaat. Gerade in Zeiten von erheblichen Grundrechtseingriffen durch die Bundesregierung sollte man doch darauf setzen können, dass eine unabhängige Justiz die Vorgänge kritisch beäugt.

Hat Abendessen von Merkel mit Bundesverfassungsgericht Nachspiel wegen Befangenheit?
Stephan Harbarth, ein Mann, der ursprünglich als CDU-Politiker in den Bundestag kam und mit Angela Merkel unter dem Motto „gemeinsam erfolgreich“ Wahlkampf gemacht hat, ist schon seit längerem Präsident des Bundesverfassungsgerichts; die Nähe zur Politik scheint er sich bewahrt zu haben.
Im Juni kam es im Kanzleramt zu einem Dinner, bei dem unter anderem eben jener Präsident des Bundesverfassungsgerichts sowie die Bundesjustizministerin Lambrecht zugegen waren.

Zunächst wurde das Treffen als eine Art Formalie verkauft, auch medial. Es sei ja Gang und Gäbe, dass es einen Austausch zwischen den Gewalten gebe.

Jetzt veröffentlicht die Welt am Sonntag pikante Details, die an dieser Erzählung zweifeln lässt – so soll Harbarth selbst vor dem Treffen den Anstoß dazu gegeben haben, die Tagesordnung zu ändern und die Corona-Politik in den Mittelpunkt zu stellen. Auch soll Justizministerin Lambrecht zum Thema einen Vortrag gehalten haben, es kam also zu einem reine Formalien überschreitenden Austausch. Und das obwohl das Gericht sich parallel mit laufenden Eilanträgen gegen die Corona-Notbremse genau jener Bundesregierung beschäftigte.

Die Richter können kaum einen Eindruck der Neutralität erwecken, wenn sie sich mit der Kanzlerin und ihren Ministern im privat anmutenden Rahmen über die Corona-Politik austauschen.

Kritik kommt auch von Juristen. So hat der Rechtsanwalt Niko Härtling, der aktuell eine Klage gegen die Bundesnotbremse vor dem Bundesverfassungsgericht führt, einen Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit gehen Harbarth eingereicht.

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Kommentare ( 84 )

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Norbert BERENTZ
3 Jahre her

… Vom „PANDEMIE“- Notstand zum KLIMA- Notstand … Auf dem Weg in die „Regel- und Werte-basierte“ DEMOKRATUR … (freiheitlich-demokratische Überlegungen von Meinhard BÖHL in „Deutschland 2021 – Eine Risikoanalyse“) „… Wenn das VIRUS die Ursache, der diktatorisch agierende Staat dagegen die Folge waren, dann könnte mit dem Abklingen des Infektionsgeschehens die Freiheit vollständig zurückkehren. So hoffen es jedenfalls derzeit die meisten „normalen“ Bürger. Was aber, wenn die Errichtung einer „Regel- und Werte-basierten Diktatur“ die Ursache ist — würden sich dann nicht immer wieder Anlässe finden, um weitere Angriffe auf die Freiheit zu begründen? Nach nunmehr zwei Lockdowns und anderthalb Jahren… Mehr

Norbert BERENTZ
3 Jahre her

… „ZENSUR“ und „Zwangsimpfung“ im Freiheitlich-Demokratischen Rechtsstaat … ?? … ich sage dazu nur : „Auf dem Weg in die Regel- und Werte-basierte DEMOKRATUR“ … … denn der angestrebten „Regel-und Werte-basierten multilateralen Ordnung“ in der Geopolitik (d.h. Abkehr vom Völkerrecht) entspricht in der Binnenpolitik die „Regel-und Werte-basierte DEMOKRATUR“ – nämlich Abkehr von „Freiheitlich-Demokratischer Grundordnung“ (FDGO) und Menschenrechten … Sollen also in der Geopolitik die Regeln und Werte des Stärkeren gelten (bzw. des „Freien Westens“), so werden in der Binnenpolitik die Werte und Regeln vom (neo-) liberalen Mainstream gesetzt, vorbei an Grundrechten und Rechts(mittel)Staat – und das Bundesverfassungsgericht spielt mit …… Mehr

Atom
3 Jahre her

Ich, als Jurist, stelle mir vor, ein Richter am Amtsgericht ließe sich von einer Partei eines laufenden Zivilprozesses seiner Kammer zum Abendessen einladen und es fände dabei ein Austausch über den Streitgegenstand statt, und die Presse würde darüber berichten, was zuvor für den Richter schon absehbar war – Undenkbar für eine solchen Richter!
Unserer Obrigkeit fehlt jeder Anstand, jede Scham, jedes Unrechtsbewußtsein – alles was Grundvoraussetzung für ein gedeihliches Zusammenleben ist.

Wanda
3 Jahre her

Harbarth Ist eine Schande für die gesamte Justiz!
Er sollte sofort zurücktreten.
Gibt es denn keine Möglichkeit, ihn abberufen zu lassen?

reiner
1 Jahr her
Antworten an  Wanda

gute frage,eigentlich müßte der verhaftet werden..eine farce,die da geschieht.

Jan
3 Jahre her

Die selektive Ignoranz vieler deutscher Medien ist beispiellos.

Mausi
3 Jahre her

Dieses System begleitet D, seitdem es das GrundG gibt. Und bisher ist es gutgegangen. Aber die zu entscheidenden Themen ändern sich. Mit Corona geht es um massive GrundG-Einschränkungen für die gesamte Bevölkerung. Also um einen höchst kritischen Bereich. Und immer dann, wenn es kritisch wird, zeigt sich, ob eine Konstruktion hält. Frau Merkel hat zusätzlich das Prinzip eingeführt, nicht zurück, sondern nur nach vorn zu schauen. Ob sie es so einseitig gemeint hat oder nicht, es wird dazu benutzt, um echter ernsthafter Verbesserung aus dem Weg zu gehen. Kein Unternehmen kann sich eine solche Einstellung leisten. Wieso sollte es dann… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Mausi
nachgefragt
3 Jahre her

Das Schlimme ist, dass bis Ende der Legislatur 2025 neun neue Richter ernannt werden. Das BVerfG und damit der letzte Grundpfeiler des Rechtsstaats und der Demokratie ist mit der kommenden Regierung und ohne Neuwahlen hoffnungslos verloren. Man kann groteskerweise nur hoffen, dass die EU und die Mitgliedsstaaten den Zerfall von Demokratie und Rechtsstaat in Deutschland bemerken, gegensteuern und diesem Gericht und dem linksgrünen Propaganda-Gericht den Stecker zieht.

Wanda
3 Jahre her
Antworten an  nachgefragt

Haha hah, die EU? Die EU ist doch erst am Zerfall von Demokratie und Rechtsstaat Schuld. Die Hoffnung ist wohl eher, dass diese BürokratenEU zerbricht!

reiner
3 Jahre her

weil sich die meisten bürger nicht vorstellen können ,falls überhaupt informiert,wie hinterfotzig das ganze ist. wie bei watergate würde ein tag reichen,wenn die medien,wie sie es tun sollten,den ganzen kram mal präsentieren würden.

Juergen P. Schneider
3 Jahre her

„Die Richter können kaum einen Eindruck der Neutralität erwecken, wenn sie sich mit der Kanzlerin und ihren Ministern im privat anmutenden Rahmen über die Corona-Politik austauschen.“ Man gewinnt immer mehr den Eindruck, dass den Parteibuchrichtern in Karlsruhe die desaströse Außenwirkung ihres Verhaltens nicht bewusst ist. Vielleicht ist sie ihnen auch schlicht egal. Man zehrt vom Vertrauen einer Institution und gleichzeitig erschüttert man es durch Richtersprüche, die man ohne Übertreibung als einseitig, ja geradezu abenteuerlich bezeichnen kann. Man denke nur an die Entscheidung zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks oder an das so genannte Klimaurteil. Dem Ganzen setzt man die Krone auf,… Mehr

Der Ketzer
3 Jahre her

Auffällig, dass die EU kein Verfahren wegen mangelnder Rechtsstaatlichkeit einleitet. Aber vielleicht entspricht die merkelsche Politik dem, was man in der EU als rechtsstaatlich – im erweiterten Sinne – versteht?
Dass es mit der Rechtsstaatlichkeit in D. nicht soweit her ist, erkennt man allerdings daran, dass deutsche Staatsanwälte aufgrund „zu großer Nähe zur Exekutive“ keine EU-Haftbefehle ausstellen dürfen (https://www.dw.com/de/eugh-deutsche-staatsanw%C3%A4lte-d%C3%BCrfen-keinen-europ%C3%A4ischen-haftbefehl-ausstellen/a-48897628).