Der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen sagte vor dem Untersuchungsausschuss im Fall Anis Amri aus. Danach berichtete er TE von der Überforderung der Behörden und dem Versagen der deutschen Einwanderungspolitik.
Ausgerechnet Hans-Georg Maaßen steht nun in der Kritik, zu wenig getan zu haben, um den islamistischen Anschlag auf den Breitscheidplatz zu verhindern. Jener Maaßen, der als Verfassungsschutzpräsident die Bekämpfung von islamistischem Terrorismus zur Priorität gemacht hat. Jener Maaßen, dem von linker Seite immer vorgeworfen wurde, die Gefahren des Islamismus zu dramatisieren, der immer aufgefordert wurde, mehr gegen Rechts zu unternehmen und die ohnehin knappen Mittel des Verfassungsschutzes für die Beobachtung der AfD zu verwenden. Nun wurde der ehemalige Verfassungsschutzpräsident in diesem Zusammenhang vor den Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages zum Anschlag geladen.
Zwei Vorwürfe stehen gegen ihn und die damals von ihm geleitete Behörde im Zentrum: 1. Er sei vor dem Anschlag der einzige Chef einer deutschen Sicherheitsbehörde gewesen, dem Amri bekannt war. 2. Der Verfassungsschutz habe eine V-Person im direkt Umfeld von Amri platziert.
Der Reihe nach: Im Januar 2016 unterzeichnet Maaßen ein Behördenzeugnis, das die örtlichen Sicherheitskräfte in Berlin über die Gefährlichkeit Amris aufklären sollte. Dem vorausgegangen war eine Ermittlung des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen.
Laut eigener Aussage hat Maaßen das nur auf Bitten des NRW-LKAs unterschrieben, um die Quelle, die die Informationen über Amri gesammelt hatte, zu schützen. „Dem Verfassungsschutz lagen schlicht keine eigenen Erkenntnisse vor“, erklärte Maaßen. Dies sei üblich, um Informanten zu schützen. Danach habe er vom Namen Anis Amri erst wieder nach dem Anschlag gehört.
Der andere Hauptvorwurf gegen Maaßen ist, dass der Verfassungsschutz eine Quelle im unmittelbaren Umfeld von Amri gehabt haben soll und nichts unternommen hat. Diese Quelle war in der Berliner Fussilet-Moschee, zeitgleich mit Amri. Die beiden hatten allerdings kaum Kontakt; in der Moschee waren bis zu 80 Personen gleichzeitig anwesend und die Quelle habe überzeugend dargelegt, dass kein persönliches Kontaktverhältnis bestand. Sie war dort auch nicht wegen Amri eingesetzt worden, erläuterte Maaßen.
Die Vorwürfe, Hans-Georg Maaßen habe zu lasch gehandelt, habe zu lange zugeschaut, kommen merkwürdigerweise aus Fraktionen des Bundestages, die sonst immer penibel darauf bedacht sind, die Kompetenzen der Geheimdienste zu beschränken und Bürgerrechte, Datenschutz etc. als absolut vorrangig zu sehen. Der grüne Abgeordnete Konstantin von Notz etwa bejubelte jüngst erst das hochfragwürdige Urteil des Verfassungsgerichtes, das auch Ausländern im Ausland deutsche Grundrechte gegenüber dem Bundesnachrichtendienst gewährt. „Wir brauchen einen schlagkräftigen Geheimdienst, aber…“ fasst Notz Positionen eigentlich gut zusammen.
22.000 Arbeitsstunden für 3 Leute: Schwierige Prioritätensetzung
Maaßen erläutert in seinem Statement die unhaltbaren Zustände, unter denen die Sicherheitsbehörden damals arbeiten mussten. Die Zahl der von den Polizeibehörden bearbeiteten islamistischen Gefährder hatte sich innerhalb von vier Jahren fast verfünffacht. Er rechnet den Aufwand vor, Verdächtige zu observieren. Als einmal drei Männer unter Verdacht standen, vom IS entsandt worden zu sein, waren 22.000 Arbeitsstunden notwendig, um ausreichend Informationen zu sammeln, damit die Polizei den Fall übernehmen konnte. 22.000 Arbeitsstunden bedeutet, dass 137 Personen einen Monat lang nichts anderes machen, als diese drei Leute zu überwachen. Bei 1.600 Personen des islamistisch-terroristischen Personenpotenzials wird das Problem deutlich. Hier kann nur im Einzelfall vorgegangen werden. „Es müssen Prioritäten gesetzt werden“ so Maaßen.
Amri war mehrmals polizeiauffällig geworden. Trotz eines abgelehnten Asylantrags wurde er nicht abgeschoben und nicht in Abschiebehaft genommen. Hier sieht Maaßen das eigentliche Problem: Wie konnte es sein, dass sich Amri am 19. Dezember 2016 überhaupt noch in Deutschland aufhielt?“ fragt der ehemalige Verfassunsschutzchef am Ende seines Plädoyers. Die besondere Tragik des Anschlages sei, dass er nicht hätte stattfinden müssen.
TE: Vielleicht schildern Sie uns zunächst mal, wie Sie Ihre Befragung im Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages erlebt haben. Fühlen Sie sich fair behandelt?
Sie sagen am Ende Ihrer Ausführungen, der Anschlag wäre vermeidbar gewesen. Wer hätte ihn vermeiden können? Die Sicherheitsorgane? Die Politik?
Verfassungsschutz und Polizei sind etwa zu vergleichen mit Brandmelder und Feuerlöscher. Sie sind für das Entstehen eines Brandes nicht verantwortlich und können es oft auch nicht verhindern, wenn andere sich einfach nicht an die Regeln halten wollen. Und um im Bild zu bleiben: Wenn plötzlich alle beschließen, die bestehenden Regeln zu missachten, dann kann man nicht der Feuerwehr die Schuld an der Ausbreitung eines Brandes geben. Die Feuerwehr kann nicht überall sein. Mein Eindruck ist: Die verantwortlichen Politiker, die zuständigen Ministerien aber auch die betreffenden Ausländerbehörden und Staatsanwaltschaften hätten den Anschlag von Anis Amri durchaus verhindern können. Sie hätten verhindern können, dass Anis Amri nach Deutschland kam; er hätte stattdessen von Italien aus nach Tunesien abgeschoben werden müssen. Sie hätten mit dem notwendigen diplomatischen Druck dafür sorgen können, dass Tunesien vor dem Anschlag ein Heimreisepapier ausstellt, und sie hätten verhindern können, dass er in Deutschland frei herumläuft, in dem man ihn wegen seiner vielen Straftaten in Untersuchungshaft oder Abschiebehaft nimmt. Alles in allem habe ich gegenüber dem Untersuchungsausschuss deutlich gemacht, dass nach meiner Sicht ein mehrfaches Versagen der Politik vorlag. Amri hätte den Anschlag nicht verüben dürfen können. Ich würde es sehr bedauern, wenn dieses politische Versagen, auch das ausländerpolitische Versagen, im Untersuchungsausschuss nicht aufgegriffen werden würde, sondern wenn man sich mit Detailfragen ablenkt, indem man wochenlang darüber diskutiert, ob es ein Polizeifall war oder nicht.
Die meisten Steuerzahler sind wahrscheinlich trotzdem der Meinung, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz im Wesentlichen für die Terrorismusprävention unterhalten wird. Sie weisen alle Schuld von sich. Wieso konnte der Verfassungsschutz das Attentat am Ende nicht verhindern? Wäre das nicht trotz allem seine Aufgabe? Was wäre nötig gewesen?
Nun, ich habe gegenüber dem Untersuchungsausschuss deutlich gemacht, dass es eine klare Aufgabenverteilung in Deutschland gibt. Und die Aufgaben in diesem Fall lagen bei den Polizeibehörden und in diesem Fall bei den Landeskriminalämtern in Nordrhein-Westfalen und Berlin. Insoweit gab es keinen Raum für das Bundesamt für Verfassungsschutz, hier tätig zu werden, auch nicht für das BKA im Übrigen.
Würden Sie sagen, der Verfassungsschutz und der Sicherheitsapparat insgesamt waren im Jahr 2016 ausreichend aufgestellt und befugt, um der Gefahr durch islamistischen Terrorismus adäquat begegnen zu können?
Wir brauchten vor dem Hintergrund der Bedrohungssituation ein Mehr an Ressourcen und auch ein Mehr an Befugnissen. Wir haben ein Mehr an Ressourcen bekommen, nicht aber an Befugnissen. Aber was wir vor allem gebraucht hätten, wäre ein Weniger an Problemen gewesen. Die Politik hat mit ihrer Ausländerpolitik dafür gesorgt, dass wir mehr Probleme bekamen, als wir verkraften konnten. Und da kann ich nur sagen: Die Sicherheitsbehörden haben nie versprochen, dass sie es schaffen könnten.
Also ich habe den Eindruck, dass es bisher keine Aufarbeitung von politischen Fehlleistungen im Zusammenhang mit der Migrationspolitik gegeben hat. Das ist aus meiner Sicht dringend notwendig. Ich würde mir wünschen, dass durch einen Untersuchungsausschuss umfassend das Verhalten der politisch Verantwortlichen im Zusammenhang mit der Migrationskrise aufgeklärt wird.
Anders gefragt: Inwieweit waren Terroranschläge wie der am Breitscheidplatz unter der politischen Realität in Deutschland vorprogrammiert?
Es war in der Zeit 2015/2016 absehbar, dass es immer wieder Versuche geben wird, Terroranschläge in Deutschland zu begehen. Wir hatten 2015/2016 insgesamt 25 Anschläge in Europa und bis zum Anschlag auf dem Breitscheidplatz vier Anschläge in Deutschland. Man musste davon ausgehen, dass jederzeit mit einem weiteren, einem folgenreichen Terroranschlag zu rechnen ist.
Soll durch die Belastung Ihrer Person von den Verfehlungen der Politik abgelenkt werden?
Da müsste man die Politiker fragen, was deren Motivation ist, mich in die Öffentlichkeit zu ziehen. Ich habe nichts dagegen, mich dafür zu erklären, was ich damals gemacht habe, weil der Verfassungsschutz sich nichts vorzuwerfen hat. Ich würde die Politiker dringend auffordern, einmal die Fehlleistungen der politisch Verantwortlichen zu untersuchen.
Danke für das Interview!
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Ich verstehe die Welt nicht mehr. Was genau hat man zu befürchten, wenn man einen Tunesischen Staatsangehörigen ohne Papiere in Tunesien absetzt? Was hat man zu befürchten, wenn man ihn selber nach Tunesien bringt, warum ein Umweg über Italien? Und warum wird einem Dritte Welt Land deutsche Bürokratie auferlegt und man tut auch noch so als wenn es dort vor Ort irgendeinen Unterschied machen würde?
All die, die auch nur einen leisesten Zweifel haben, sind zur Remonstration verpflichtet!
Weshalb bleiben sie erneut Rädchen im Getriebe – es wird auch diesmal nicht gut ausgehen!
Die sind so bekloppt und schmeißen ihren Geheimdienstchef raus, der ihnen als Revanche dafür Körnchen um Körnchen Sand ins Getriebe streut. Ganz großes Kino!
Schön wär’s.
Natürlich. Darum hassen die Linken uns ja so.
Ich habe aufgehört, das Versagen der Politik in Merkelland zu zählen.
Politik gegen das eigene Volk ist keine Politik.
Aber die schämen sich nicht einmal.
Versagen? Läuft doch..
„Politik gegen das eigene Volk ist keine Politik.“ – klar ist das Politik, eben Politik gegen das Volk.
Wer sollte das anprangern? Ö-R und „Leitmedien“ sind doch alle auf Linie, und wo es wirklich brenzlig werden könnte, müssen auch die „Alternativen“ Acht geben. Die haften ja dafür. Da kann sich niemand hinter fehlendem Impressum verstecken, so wie etwa bei „indymedia“ oder anderen linken Publikationen, und wohlgebettet in Frühpension einschweben, wie etwa bei ARD/ZDF/DLF denkbar.
Die Krönung war ja der Zschäpe-Prozess. Die konnten ihr doch nichts weiter nachweisen, als dass sie die beiden Uwes „näher“ gekannt hat. Dafür (und ich glaub einmal „Schmiere stehen“ bei einem Banküberfall) lebenslänglich? Während offizielle IS-Mitglieder auf Bewährung davonkommen? Am Erschreckendsten aber, dass niemand das in den MSM mal hinterfragt hat, auf welcher Beweis- und Rechtsgrundlage man Menschen für immer einsperren kann.
Ganz außer Acht ließe ich potentiellen Rechtsterrorismus nicht. (Wobei „rechts“ ein nichtssagender Begriff ist. Siehe die Diskussion, ob die National-Sozialisten(!), nicht an sich „links“ waren und so dolle „national“ dann doch nicht, siehe Hitlers Fallenlassen der Tiroler.) Vorstellbar wäre schon, daß Leuten der Kragen platzt und sie bewaffneten Aufstand wagen, oder manche aus Wut über nächsten „Einzelfall“ zu Militanz übergehen. Und sicher gibt es neben Durchgeknallten wie dem in Halle, dessen Desorientierung offensichtlich ist, noch mehr rasende Judenhasser, die zu beobachten sind. Aber sicher geht die größere Gefahr von „links“ aus (ab und an Blick auf „indymedia“ lohnt sich) und… Mehr
Wenn man schaut, was Rechten statistisch zugeschrieben und entsprechend aufgebauscht wird und wenn man dann Taten wie Täter in Augenschein nimmt – was bleibt?
Der in Hanau war jedenfalls psychisch nicht ganz auf dem Damm – und der in Halle wohl auch nicht ganz gescheit.
Wohingegen man von dem, der am Rosenmontag in Volksmarsen mit dem Auto über 100 Zuschauer eines Rosenmontagszuges verletzte, gar nichts hört.
Das sehen sie natürlich richtig. Der größte Fehler war es, den Uwe’s auch den Polizistenmord von Heilbronn unterzuschieben. Bei der Entwaffnung der beiden Beamten müssen die Täter zwangsweise DNA hinterlassen haben. Es gab ja auch am Tatort DNA Spuren, aber nicht von den Uwe‘ s sondern von mehreren anderen Personen. Diese wurden aber bis zum 04.11.2011 noch nicht einmal von der Polizei befragt. Noch Fragen?
Ein interessanter Rückblick. Deutlich mehr würde mich allerdings aktuell interessieren, warum es in letzter Zeit praktisch keine Anschläge (bzw. Versuche) mehr gegeben hat. Nur unverbesserliche Optimisten gehen davon aus, dass liegt an der guten Arbeit der Sicherheitsbehörden und totale Träumer es gäbe keine islamischen Radikalen mehr. Meine Befürchtung ist, dass diese Gruppen einfach keinen Grund mehr sehen, hier Anschläge zu begehen, da das Verhalten von Politik und Gesellschaft (v.a. bzgl. unbegrenzter Einwanderung und Appeasement auf islamische Dominanzansprüche) ihren Wünschen bereits weitgehend entspricht. Die gehen vermutlich davon aus, dass ihnen der Laden hier ohnehin bald gehört.
Zitat: „Nur unverbesserliche Optimisten gehen davon aus, dass liegt an der guten Arbeit der Sicherheitsbehörden und totale Träumer es gäbe keine islamischen Radikalen mehr“
> Gut und richtig gesagt! Ich erinnere hier nur mal an 9/11 und den damals hier in Hamburg lebenden Flugzeugentführer „Atta“: hatte studiert, arbeitete im Ingeneur-Büro und schien unauffällig und integriert. Und Schwups, rast er mit’n Flieger in einen der WTC-Türme!
Solange unter anderem Studien aussagen das etwa 60% der (nur türk.?) Moslems ihren Koran über unsere Gesetze u. GG sehen, solange (ver-)traue ich den Anhängern von der „Religion der Liebe“ kein bißchen!
Schon an Hand der Reaktionen der Bundesregierung, der Stadt/Land Berlin und der Presse im allgemeinen, konnte man darauf schließen, dass hier weder bei der Prävention noch bei der Aufklärung noch bei der Nachsorge für die Opfer großes Interesse bestand/besteht. Wenn Frau Merkel erst durch einen Kostenpflichtige Anzeige der Opfer in einer überregionalen Tageszeitung (ein Jahr nach dem Anschlag) auf diese Aufmerksam wird….kann man sich den Rest doch denken. So wie den Opfern vom Breitscheidplatz geht es im kleinen wie größeren allen Opfern von „Gewaltverbrechen von Mihigru“….man wird vergessen, verschwiegen, fallen gelassen. Meldet man sich in der Öffentlichkeit ist man rechts… Mehr
Daß dem Anschlag auf die Synagoge besondere Aufmerksamkeit zuteil wurde, halte ich für angemessen.
Aaaaber:
Kaum ein offizielles Wort je zu Verbrechen, welche „Neuzugänge“ an Alteingesessenen (oder auch untereinander) verübten. Dröhnendes Schweigen.
Wer derlei Schlagseite pflegt braucht sich nicht wundern, wenn selbst Wohlmeinenden die Hutschnur platzt und auch Gemäßigte Schnauze voll haben. Sowas kann dann auch zum Bumerang werden, das ist Paradebeispiel für Spalterei, aber dafür hat ein Frank-Walter auch längst seinen Beinamen.