Hamed Abdel-Samad an Steinmeier: „Nicht in meinem Namen!“

Hamed Abdel-Samad protestiert im Schloss Bellevue gegen die äußerst Mullah-freundliche Außenpolitik der Berliner Koalition. Ein Stück gelebte Demokratie, als er Frank Walter Steinmeier entgegenrief: "Nicht in meinem Namen!"

imago/Stefan M Prager

Das Telegramm von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum 40. Jubiläum der blutigen Revolution in Teheran schlägt immer noch Wogen. In Steinmeiers Amtssitz kritisierte Hamed Abdel-Samad den Präsidenten; Hamed Abdel-Samad ist prominenter Gegner des radikalen Islam, der auch weltliche Gestaltungsmacht für sich beansprucht. Er muss wegen ständiger Bedrohung permanent von vier Personenschützern bewacht werden. Seine Einlassung:

»Heute war ich im Rahmen einer Diskussion zum Thema „Religion und Demokratie“ im Schloss Bellevue zum ersten Mal eingeladen. Vermutlich auch zum letzten Mal. Ich hätte die Gelegenheit nutzen können, um mich beim Bundespräsidenten zu bedanken, dass er nun doch auch Kritikern wie mir eine Bühne bietet. Doch ich bin kein Untertan von Herrn Steinmeier, sondern ein Staatsbürger und ein kritischer Schriftsteller. Es war kein Eklat wie die Bildzeitung titelt, sondern ein Stück gelebte Demokratie. Ich habe dem Bundespräsidenten wegen seiner Glückwünsche an das iranische Regime anlässlich des Jahrestages der iranischen Revolution kritisiert. Ich war nicht das erste das der tat, doch vermutlich der erste der es dem Bundespräsidenten ins Gesicht sagte. Ich habe ihm gesagt:

Sie haben im Namen aller Deutschen dem iranischen Regime gratuliert, doch das dürfen Sie nicht tun. Als Deutscher Staatsbürger sage ich Ihnen: Nicht in Meinem Namen! Sie haben die falschen Signale sowohl an das Regime im Iran, an die demokratischen Opposition im Land und im Exil, an die zehntausenden Opfer dieses Regimes und ihre Angehörigen, als auch an die deutsche Bevölkerung gesendet. Ans Regime schickten Sie das Signal „Weiter so“, an die Opposition „Ihre Mühe interessieren mich nicht“ und an die deutsche Bevölkerung „Wir nehmen unsere eigenen Werte nicht wirklich ernst. Deshalb wiederhole ich: Nicht in meinem Namen!
#Nicht_in_meinem_Namen«

Steinmeier reagiert äußerlich ruhig.

„Ich finde es schade, dass Sie meiner Rede, in der ich dazu Stellung genommen habe, offenbar nicht zugehört haben“, konterte Steinmeier dem Islamkritiker äußerlich gelassen.

Steinmeier hatte zuvor in seiner Eröffnungsrede sein Glückwunsch-Telegramm verteidigt und das Bundespräsidialamt verwies auf inhaltlich gleichlautende Glückwünsche seiner Vorgänger. Deutschland müsse sich bemühen, den Gesprächsfaden nie völlig abreißen zu lassen, wenn es gehört werden wolle. Das sei keine neue Erkenntnis, sondern spiegele sich in jahrzehntelangen diplomatischen Gepflogenheiten wider. Und dazu gehöre auch ein „höflich formuliertes Glückwunschschreiben“ zum jeweiligen Nationalfeiertag.
Allerdings: Das Regime in Teheran hat seinen mörderischen Charakter über die Jahre eher verstärkt. Das Verhältnis zwischen Iran und den USA ist seit der Geiselnahme von Dutzenden US-Diplomaten im November 1979 nachhaltig gestört. Gerade in den letzten Monaten hatte das islamistische Regime erneut erklärt, Israel vernichten zu wollen. Militärisch ist Teheran in Syrien, im Jemen und im Libanon aktiv und weitet sein militärisches Einflussgebiet aus. Iran gilt als Treiber einer sich radikalisierenden islamistischen Bewegung, die den Frieden global bedroht. Die USA wollen das von Ex-Präsident Barack Obama unterzeichnete Atom-Abkommen mit Teheran nachbessern, weil sie davon ausgehen, dass die Teheraner Machthaber weiter heimlich an der Atombombe bauen, die Israel komplett vernichten soll. So wollen die USA die Frist zwischen der Anmeldung einer internationalen Kontrolle und deren Durchführung drastisch verkürzt werden. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz stärkt Berlin Teheran in dieser Auseinandersetzung demonstrativ den Rücken und zeigte sich besonders herzlich gegenüber den iranischen Regierungsvertretern.
Dass Steinmeier sich jetzt in seinem Amtssitz direkt mit Kritik konfrontiert sieht und vor allen in den sozialen Medien die Gegnerschaft  an seiner Mullah-unterwürfigen Politik so laut wurde, dass das Bundespräsidialamt eine Art Rechtfertigungsmeldung veröffentlichen musste,  zeigt: Es scheint etwas in Bewegung gekommen zu sein.

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Kommentare ( 135 )

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meistens_nicht
5 Jahre her

Achja. Und natürlich stehen diese Beteuerungen eines dt BundesPräsi, der Iran würde sich „weiter radikalisieren“, wenn er ausgegrenzt wird, in einer langen Tradition der Naivität und der Selbstüberschätzung: „Peace for our time.“ Selbstverständlich strebt der Iran nach Macht und der Atombombe.

meistens_nicht
5 Jahre her

Die SPD vertritt tatsächlich eine diplomatische Strategie, die weit entfernt davon ist, die Realisierung von „Menschenrechten“ im diplomatischen Verkehr zu priorisieren. Die SPD hat ja lange Zeit auch eine hartnäckige DDRophilie gepflegt und das sowjetische System gegen die Dissidenten und Künder der Gulags beschönigt. Obwohl zahlreiche Sozialdemokraten Opfer von SED und Kommunisten waren. Wer weiß, vielleicht kalkulieren SPD-Politiker, dass eine Israelaversive Haltung Stimmengewinne in den migrantischen suburbs Westdeutschlands einfahren könnte? Vielleicht profitiert man sogar persönlich? „Lupenreine Demokraten““ wurden ja sogar in der zaristischen Tradition der Russischen Föderation entdeckt. Die Karrieristin aus der DDR, die immer noch das Bundeskanzleramt okkupiert, agiert… Mehr

Oblongfitzoblong
5 Jahre her

Bezüglich der fehlenden Reaktion der hochrangigen (?) anderen Teilnehmer (m,w,d) fällt mir ein Witz (?) aus der alten (?) DDR ein: Ortsversammlung der SED. Nach der üblichen Selbstlobrede des SED-Verteters durften Fragen gestellt werden. Genosse Müller meldet sich und fragt nach den versprochenen Kartoffellieferungen. Nach der Erklärung, dass man sich darum kümmern werde, wurde die Versammlung geschlossen. Zwei Wochen später dasselbe Vorgehen. Schließlich fragt der Genosse Meier: Was ist eigentlich mit den versprochenen Kartoffellieferungen, und wo ist denn der Genosse Müller? Wer möchte aus der Runde der Eingeladenen bei dieser Versammlung wohl der „Genosse Müller“ sein?

Kassandra
5 Jahre her
Antworten an  Oblongfitzoblong

„Nach der Erklärung, dass man sich darum kümmern werde…“
Ist das nicht genau die Grundlage für Merkelsprech in vielen weiteren Variationen und Dauerschleife?
Geliefert wird, wie jeder selbst erkennen kann, durch diese Politikerin und ihre Kombattanten nichts…
Schon gar nichts, was gut für dieses Land wäre.

Cethegus
5 Jahre her

P.S. Hamed Abdel-Samad for Bundespräsident!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Dieser Mann vertritt 100 mal eher deutsche Interessen als der momentane Amtsinhaber!

Cethegus
5 Jahre her

Der eherenhafte Herr Hamed Abdel-Samad ist ein deutliches Zeichen, was bei einer vernünftigen und Migrationspolitik in Deutschland möglich wäre, die aber von einer Bande blind naiver Politiker und deren Unterstützern in der Bevölkerung ständig unterlaufen und bis zum Untergang zum Nachteil der eigenen Bevölkerung sabotiert wird. Das läßt einen wirklich nur noch fassungslos zurück und es bleibt das Fazit:

Die deutsche Migrationspolitik zu beobachten ist wie beim Bau der Titanic zuzusehen…

WaRa
5 Jahre her

Man wolle sich die Möglichkeit offen halten, aut den Iran „Druck“ auszuüben …
Etwas Lächerlicheres habe ich lange nicht gehört!

WaRa
5 Jahre her

Steinmeier: ‚Wenn Sie mir zugehört hätten, hätten Sie nicht sagen können, was Sie gesagt haben.‘ Hamed Abdel-Samad ist ein sehr guter Zuhörer. Merke: Eine weitere ziemliche Unverschämtheit des Bundespräsidenten; ein Erweis der Unfähigkeit, Kritik 1. zu hören und 2. als „andere“ Auffassung stehen zu lassen. Steinmeier hat nicht gehört, sondern abgewimmelt. Unsäglich die Geschwindigkeit, mit der der Kritiker abgefertigt wurde.

Waehler 21
5 Jahre her

Herr Hamed Abdel-Samad hat sich super in Deutschland integriert. Bezüglich seiner Einschätzung und der Entwicklung des Islams in Deutschland habe ich viele seiner Argumente übernommen. Dich eins ist klar, er hat sich so gut integriert, dass er auch den deutschen Hochmut und die Besserwisserei von uns übernommen hat. Als der Shah vor Jahren nach Deutschland kam wurde er auch wegen seiner „Geheimpolizei“ heftig kritisiert. So ist das in Deutschland. Wat den einen sin Uhl ist dem anderen sin Nachtigall. Ich bin wahrhaftig kein Mensch, der glaubt das Frank Walter S. der richtige auf diesen Posten ist, aber in diesem Fall… Mehr

Edu
5 Jahre her

Wenn er dem diplomatischen Usus gefolgt sei, um weiter gehört zu werden. Dann wo war der Usus nach der Wahl Trumps zum Präsidenten – das Schweigen der Böcke wurde, so glaube ich, in den USA sehr deutlich wahrgenommen und Reaktionen folgen – warten wir ab, was aus den Strafzöllen für deutsche Autos wird – man wird dort sicher nicht gehört.

RubbeldieKatz
5 Jahre her

Das erinnert mich auch an richterliche Entscheidungen. Auch sie werden „Im Namen des Volkes“ gesprochen. Und auch hier fragt man immer öfter, im Namen welches Volkes eigentlich? Wer „vom Volk“ wurde würde denn mit einbezogen? Die paar dort oben am Richertisch können nicht alleine das Volk vertreten! Im Namen des Gesetzes o.ä. Wäre für mich besser.