Grüne Jugend legt fest: „… da gibt’s nix zu diskutieren“

Für den Vorstand der Grünen Jugend gehört Abtreibung zur Gesundheitsversorgung. Darüber diskutiert wird nicht. Ein Bild soll als Argument genügen.

imago images / Willi Schewski

So stellt sich der Führungsnachwuchs der Grünen also die Demokratie vor: Radikale Forderungen stellen und mit einem abschließenden „… da gibt’s nix zu diskutieren“ wird dann jedes weitere Argument für unnötig erklärt.

Aber nicht nur diese maßlose Selbstgerechtigkeit eines 26-Jährigen macht sprachlos. Sondern auch die Verbindung mit einer in höchstem Maße fragwürdigen Forderung und vor allem das Bild, mit dem er und eine Mitstreiterin sie garnieren: „Sichere Schwangerschaftsabbrüche sind Grundversorgung und müssen endlich auch als solche behandelt werden…“ Und dazu posiert seine Vorstandskollegin Rahel Sarai („Grün, links & Feminist as fuck“) mit einem Drahtkleiderbügel.

— Georg Kurz (@oekofuzzi) September 28, 2020

Das hatte 2018 auch schon die Vize-Juso-Vorsitzende Katharina Andres gefordert – außerdem indirekt die Abschaffung der Frist, wonach nach dem 3. Schwangerschaftsmonat ein Abbruch nicht mehr straffrei möglich ist.

Niemand, der einigermaßen Herr seines Verstandes ist und ein Herz hat, wird über das Thema Abtreibung je leichtfertig sprechen. Niemand, auch kein Mann, der noch nie persönlich von diesem Thema betroffen war, sollte über Frauen, die sich dazu entscheiden mussten, pauschalisierend urteilen. Denn hier geht es wirklich einmal um den viel strapazierten Satz im Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Die Debatte über den Paragrafen 218, der früher Abtreibung unter Strafe stellte, ist eine der längsten und engagiertesten in der deutschen Demokratiegeschichte (und in allen Ländern, die eine solche Debatte überhaupt zuließen). In Deutschland werden Frauen nicht mehr bestraft, wenn sie sich innerhalb rechtlicher Vorgaben für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden. Und Ärzte, die den Abbruch vornehmen auch nicht. Das war eine ebenso kluge Entscheidung wie die Beibehaltung des Paragrafen selbst. Dass Abtreibung eben gerade nicht zu einem alltäglichen medizinischen Eingriff, also zur von Krankenkassen bezahlten „medizinischen Grundversorgung“ gemacht wurde, ist auch das Eingeständnis der ganz unvermeidbaren Tragik des Themas.

Und gerade wenn man weiß, dass es jahrhundertelang und kulturenübergreifend immer wieder schreckliche Tragödien gab, wenn Frauen etwa mit Kleiderbügeln versuchten, eine Abtreibung vorzunehmen, ist der Auftritt der beiden Jung-Grünen in höchstem Maße geschmacklos. Das historische Leiden von Frauen in tragischen Situationen wird schamlos und leichtfertig instrumentalisiert, um politische Kontrahenten der Gegenwart zu diskreditieren, die mit den damaligen Zuständen nichts zu tun haben.

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