Massive Schäden nach Gotthardtunnel-Unfall – die meisten Waggons sind aus Deutschland

Beim Zugunglück im Gotthardtunnel sind die Schäden deutlich gravierender als angenommen – die Durchfahrt wird erst wieder 2024 möglich werden. Die Lok und die meisten Waggons stammen offenbar aus Deutschland, wie Schweizer Medien berichten. Wer Schuld an dem Unfall hat, muss möglicherweise vor Gericht geklärt werden.

IMAGO / Wirestock
Hochgeschwindigkeitszug der SBB im neuen Gotthard-Basistunnel, 03.09.2022

Massive Auswirkungen auf den Reise- und Güterverkehr in Europa hat das Eisenbahnunglück im schweizerischen Gotthardtunnel. Die Schäden nach dem Zugunglück sind deutlich schwerer als zunächst vermutet. Im Inneren des Tunnels sehe es aus wie in einem Trümmerfeld. Auch werden die Reparaturarbeiten am Gotthardbasistunnel deutlich länger dauern als bisher angenommen. Der Verkehr werde erst ab Anfang des kommenden Jahres mit Einschränkungen durch beide Röhrenrollen können. Dies gaben die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Bern bekannt.

Am 10. August entgleiste – wie auch im TE Wecker gemeldet – ein Güterzug, der mit 100 km/h in Richtung Norden unterwegs war. Nach bisherigen Erkenntnissen muss der Zug danach noch 8 Kilometer gerollt sein und an einer Weiche der Verbindungsstrecke zur zweiten Röhre vollends umgekippt sein. Die Wagen beschädigten den Tunnel erheblich ebenso wie ein Eisentor, das die beiden Röhren voneinander trennt.

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Das Unglück geschah an einer der beiden Nothaltestellen des Tunnels, an der sich auch Wartungsanlagen befinden. Die Ladung aus den umgekippten Güterwagen verteilte sich über eine lange Strecke. Um die abzutransportieren, muss von der Nordseite ein Zug 40 Kilometer heranfahren, weil aufgrund der beschädigten Schienen eine Zufahrt von Süden her nicht möglich ist. 16 schwer beschädigte Güterwaggons müssen ebenfalls geborgen werden. Rund 22.000 Betonschwellen müssen ersetzt werden. Im Tunnel ist es derzeit etwa 40 Grad heiß. Noch können die SBB nur vermuten, dass eine Radscheibe des entgleisten Güterwaggons gebrochen ist.

Wem der entgleiste Unglückswaggon gehört, ist öffentlich noch nicht bekannt. Die SBB haben noch keine Informationen über die Eigentümer veröffentlicht. Wie der Schweizer Blick nun berichtet, stammen sowohl Lokomotive als auch die Mehrheit der Waggons offenbar aus Deutschland. Ob darunter der Unglückswagen war, ist nach außen hin noch offen. Auf den Unfallfotos im Tunnel sei zu erkennen, dass einige Wagen von der Firma Transwaggon aus Zug stammen. Von den unbeschädigten Waggons, die auf einem Durchgangsgleis im Bahnhof Erstfeld abgestellt sind, gehörten die meisten zum deutschen Ableger von Transwaggon, während einige von verschiedenen Eigentümern, einschließlich der Deutschen Bahn, stammten.

Für die Sicherheit der Waggons muss der Eigentümer sorgen, doch wer letztendlich Schuld an dem Unglück hat, dürfte erst nach Gerichtsverhandlung geklärt werden, was voraussichtlich noch viel Zeit in Anspruch nehmen wird. Zur Haftungsfrage haben laut Blick weder SBB noch die Deutsche Bahn und Transwaggon bisher eine Stellungnahme abgegeben. Die SBB jedenfalls als Betreiber des Schienenweges schließt aus, dass ein gebrochenes Gleis die Unfallursache sein könnte.

Nach dem Unfall wird erneut über die Sicherheit im Tunnel diskutiert. „Mit Entgleisungsdetektoren wäre das Gotthard-Drama kleiner ausgefallen“, schreibt Blick auf X. Und weiter: „Doch die Schweiz konnte sich auf europäischer Ebene nicht durchsetzen.“

Die Sperrung des mit 57 Kilometer längsten Eisenbahntunnels der Welt hat erhebliche Auswirkungen auf den europäischen Personen- und vor allem Güterverkehr. Durch den Gotthardtunnel wurden im vergangenen Jahr fast 70 Prozent des gesamten Zugverkehrs durch die Schweizer Alpen abgewickelt.

Bereits jetzt stauen sich zahlreiche Güterzüge; ein Teil des Warentransportes muss wieder auf die Straße verlagert werden, doch die kann nicht den gesamten Güterverkehr auffangen. In den Terminals stapeln sich derweil die Güter. Die Lebensmitteleinzelhändler Coop und Migros haben zumindest einen Teil ihrer Transporte auf die Straße verlagert, wie Schweizer Medien berichteten.

Seit dem Unfall suchen die Transportunternehmen nach alternativen Transportwegen. „Diese Woche muss es Lösungen für den Güterverkehr geben, sonst haben wir europaweit ein riesiges Problem“, zitiert Bloomberg Irmtraut Tonndorf, Sprecherin der Kombigesellschaft Hupac.

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Kommentare ( 29 )

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Franz Liszt
1 Jahr her

Unter „normalen“ Umständen lässt sich so etwas schnell reparieren. Man stelle sich vor es wäre Krieg…
Grundsätzlich ist der Tunnel sicher, es kam niemand zu Schaden. Ob die Wagon’s wirklich am Unfall Schuld sind, ist offen. Wagons sind im allgemeinen identisch , die Hersteller sind gleich, die Unterschiede in der Wartung gering aber vielleicht ist die Unfallursache in dieser Richtung zu suchen.
Die Langzeitsperrrung ist der einzige Grund sich aufzuregen, der Grund ist der Wust an Vorschriften und Bürokratie.

Contra Merkl
1 Jahr her

Mich wundert das der Lokführer nicht merkte das die Lok plötzlich viel mehr Strom zieht um einen teilentgleisten Zug als weiter zu ziehen. Über mehrere Kilometer. Muss eine starke Lok gewesen sein.

Berlindiesel
1 Jahr her

Das eilfertige Deutschland-Bashing vieler Foristen hier kann ich nicht nachvollziehen, und wer glaubt, die Schweizer Eisenbahn sei so pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk, ist schon länger keine Bahn in der Schweiz mehr gefahren. Der Gotthard-Basistunnel hat den alten Eisenbahntunnel ersetzt, aber der alte wurde nicht geschlossen. Da der Warenverkehr auch mit dem alten in Europa funktionierte, sollte ein Schwenk auf den alten möglich sein. Zu fragen ist auch, warum man beim Bau des Tunnels offenbar nicht mit so einem Szenario gerechnet hat. Immerhin hätte der Zug auch aus Tankwagen bestehen können – das Inferno einst beim Tunnelunglück der Gletscherbahn in… Mehr

GefanzerterAloholiker
1 Jahr her

Schritt für Schritt platzt der grüne Traum. Weder sind die „öffentlichen Verkehrsmittel“ ordentlich gewartet, noch aus diesem Jahrhundert. In Offenbach am Main lagern sie e-Batterien direkt neben verbrauchten Brennstäben, die noch abklingen. Aber passt schon. Die Feuerwehr hatte spontan 20 Mann im Krankenhaus, als sie den Rauch abkriegten – was ganz sicher mit der Qualität der Masken zu tun hat.
Passt zum einem dritte Welt Land. Glückwunsch.

Sonny
1 Jahr her

Eine riesige Katastrophe.
Aber ich habe Vertrauen in die Schweizer und das sie die Unfallfolgen schnell wieder beheben werden können.
Die Schweizer haben gezeigt, wie schnell man einen Tunnel bauen und zusätzlich auch noch unter den Budget-Kosten bleiben kann. In Deutschland wäre das in diesen Zeiten absolut unmöglich.

Monostatos
1 Jahr her

Es wird gewiss wieder einer dieser seltenen Zufälle gewesen sein wie Anfang 2021 die zufällige Blockade des Suez-Kanals durch einen japanischen Frachter. Nur unbelehrbare Nordstream-Verschwörungstheoretiker verschwenden sinnlose Gedanken daran, dass irgendwer daran interessiert sein könnte, essentielle Infrastrukturen außer Betrieb zu setzen.

GEZ zahlende Ratte
1 Jahr her

Es geht um Teile die jeweils an den Waggons montiert sind. Bestimmte Waggons von CH-Betreibern sind damit ausgestattet, sie waren aber am Anfang bzw. am Ende des Zuges, blieben aufgegleist und meldeten also keine Störung etc.

Ron
1 Jahr her

Passt schon. Deutschland zahlt. Auch wenn in China ein dort hergestelltes Zündapp (ehem. deutsche Marke) oder ein „designed and engineered in Bavaria“ (C…, existierende deutsche Marke) – Made in bayrisch Bangladesh- Fahrrad umfällt.

GefanzerterAloholiker
1 Jahr her

Sie wissen doch. Der Deutsche Zug ist ein e-Zug. Na wegen des Klimas. Und dem kann man die Oberleitung auf 0 Strom setzen.

Joerg Plath
1 Jahr her

Unabhängig von der Frage, wer der Verursacher des Unglücks war, stellt sich doch die Frage, wie sicher solche Tunnellösungen sein können. Wenn jetzt alles zusammenbricht ist dass doch ein Zeichen, dass die Abhängigkeit von diesem einen Tunnel viel zu groß ist.