Die Leiden der jungen Campierenden: Generation Woke rebelliert und stellt sich ein Bein dabei

Universitäten gelten als Labore, in denen sich die Zukunft abzeichnet. Wäre das so, stünden Deutschland schlimme Zeiten bevor. Von einem Klima der Intoleranz, Verlogenheit und Wehleidigkeit erzählen Stimmen aus der Universität. Die jüngsten „Protest-Camps“ und ihre Geschicke sind nur die oberflächlichsten Wegmarken.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Markus Schreiber

Die Welt steht in Flammen, in Deutschland bleibt alles, wie es ist. Das könnte man in diesen Tagen als Botschaft unter dem Strich empfangen. Eine verlorene EU-Wahl führt zu Chaos-Wahlen in Frankreich, bei denen es am Ende nur Verlierer zu geben scheint. Ein politikmüder britischer Premier hatte da schon beschlossen, einen Schritt voranzugehen und die letzten Reste seiner Macht bereits etwas früher als nötig auszuhändigen. In den USA könnte ein politisches Attentat – von welchen dunklen Kreisen unterstützt? – den Wahlkampf schon entschieden haben, wie die Presse raunt.

Nur Deutschland darf seine aktuell regierende Gurkentruppe behalten und die Früchte selbst ernten. Eine davon ist die Lage an Deutschlands Universitäten. Nun wird man sagen: Das ist doch etwas weit hergeholt. Was haben denn ungebärdige Studenten der neuesten Generation mit den Nöten und Sorgen des politischen Berlin zu tun? Stimmt, erst einmal gar nichts. Aber beides scheint langsam symbolisch ineinander überzugehen, fein komplementär geschieden in Positiv und Negativ, wie die geometrischen Förmchen in den Graphiken M. C. Eschers. Das, was in der großen Berliner Politik nicht durchdringt, weil sich dieselbe weithin auf Schaukämpfe zwischen „den Guten“ und den anderen verlagert hat, wird eben auf dem Campus ausgetragen.

Zugleich lässt man auch dort natürlich genau jene Tendenzen ins Kraut schießen, die auch im Berliner Polit-Sumpf vorherrschend sind. Und so erscheint es am Ende so, als wäre die Freie Universität Berlin das Mini-Frankreich in Deutschland: ein Ort, an dem man es rauslassen kann, wo die Spannung in Stimmung und Eskalation übergeht. Endlich!

So geht es etwa seit einem geschlagenen halben Jahr an dem Berliner Exzellenz-Cluster (Motto „International Network University“, zeitweise auch „Languages of Emotion“ – Sprachen des Gefühls): Ein studentischer (oder auch nicht) Mob von Palästina- und letztlich Hamas-Freunden kapert wiederholt den öffentlichen Raum der Universität, stört den Betrieb und ruft Polizeieinsätze hervor. Dabei werden die typischen Parolen gerufen, die in Deutschland inzwischen von der Polizei verfolgt werden. Laut der stellvertretenden RCDS-Landesvorsitzenden „Nordost“ Finja Schürmann – bis vor kurzem Vorsitzende der FU-Hochschulgruppe – sind die Teilnehmer dabei „sehr ausdauernd“ und halten lange an ihren „Protestcamps“ fest. Was eben so ein rechter (oder linker) Büffler ist …

In den USA waren derartige Veranstaltungen ja mit einem breiten „Bildungsangebot“ gepaart gewesen. Kritische Rassentheorie konnte man dort sicher lernen oder wokes Aufstehen. Davon gab es hierzulande weniger. Das letzte „Camp“ bestand aus ein paar versprengten Autonomen unter Polizeischutz, wobei das Zahlenverhältnis deutlich zugunsten der Beamten ausfiel. Auch dieses jüngste Revival einer protestierenden Studentenschaft hatte man „vor dem Hintergrund des anhaltenden Genozids im Gazastreifen“ und der „massiven Repression gegen Studierende“ begründet. Anfang Juli wurde es nach fast drei Wochen von der Polizei aufgelöst, laut Tageszeitung „friedlich beendet“. Der Sprecher eines „Palestine Committee“ sagte der taz, das Camp werde „beendet, weil diese Form des Protests nun ausgeschöpft ist“. Zum Wahrheitsgehalt der taz-Aussagen gleich noch mehr.

In der Tat kann man sich vorstellen, dass die Auflösung den Langzeitstudenten recht gewesen wäre. Die Semesterferien nahten, und sicher wollten einige der Protestler an südliche Strände pilgern, wenn auch nicht in die von Terror dominierten Zonen, in denen das bunte, queere Studentenleben auf wenig Gegenliebe stoßen würde, um nicht zu sagen: auf Steine stieße. Denn Lynchmorde entsprechen eher der Reaktion entschiedener Muslime auf „queer identities“ und verwandte Geistesströmungen, wie sie im universitären Raum gern gepflegt werden.

Kritisch ist auch die Anbiederung vermeintlich honoriger Campus-Gruppen an die Protestler zu sehen. In dieses Kapitel gehört vor allem die Grünen-Hochschulgruppe CampusGrün, die ihre Position in der allgemeinen Gemengelage – vor allem in Sachen Exmatrikulation nach schweren Straftaten, der Fall Lahav Shapira – schon allzu sehr verwischt hat, so dass auch der jüdische Studentenverein JSUD eine gemeinsame Pressemitteilung mit CampusGrün verweigerte. Der jüdische FU-Student Lahav Shapira wurde in Berlin-Mitte von einem „propalästinensischen Kommilitonen“ angegriffen und kam mit Knochenbrüchen im Gesicht ins Krankenhaus.

Die FU wollte die Campierer eigentlich dulden

Es gab aber dann doch Widerstand gegen die Räumung des Camps, die sich wohl der Verletzung der zuvor gestellten Bedingungen verdankte: Die FU hatte das Camp eigentlich dulden wollen, wenn „Antisemitismus, Gewaltaufrufe und Sachbeschädigungen“ unterblieben. Aber sie unterblieben eben nicht, und so kam die Auflösung, die wiederum die Aufgelösten – der Berliner Sommer ist ja auch schön und entspannt – nicht akzeptieren wollten. Erneut wurde ein Hörsaal besetzt und „in zwei Fällen“ sollen „verfassungswidrige Kennzeichen verwendet worden sein“, wie der RBB weiß. Dabei geht es offenbar um „Hamas-sympathisierende Symbole“ wie das rote Dreieck, mit dem nicht Palästina-Sympathie allgemein, sondern Hamas-Zuneigung im besonderen ausgedrückt wird. Außerdem gab es 27 Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs. Eine Uni greift durch, im Frankreich-Stil, fehlt nur noch das Tränengas.

Begründet wurde die sich anschließende Hörsaal-Besetzung mit der These, „die Universitätsleitung habe nicht auf die Forderungen“ der Studenten reagiert. Die Protestler forderten unter anderem ein „Ende des Genozids, der Apartheid und Besatzung in Palästina“ – Dinge, die – falls sie existieren – kaum von Berliner Professoren beeinflusst werden können. Daneben sollte die Uni ihre Strafanzeigen gegen die Campierer zurückziehen und außerdem die Zusammenarbeit mit Universitäten in Israel beenden. Doch auch dazu konnte sich die Uni-Leitung nicht bequemen – weder zur Einklammerung des Rechtsstaats in Deutschland noch zur Aufgabe der internationalen Kooperation. Man könnte von zwei Seiten einer Medaille sprechen.

An einem Dienstagabend im Juli folgte auch die Räumung des Hörsaals durch die Polizei. Schon wieder ging es nicht nach dem Willen der Besetzer-Berserker, die sich bei solchen Gelegenheiten immer gerne beklagen. Schon am 7. Mai hatte die Polizei ein FU-Protestcamp aufgelöst und dabei unter anderem „Studierende, die völlig unbeteiligt im Gebäude standen, … geschlagen, weggedrängt, zu Boden gedrückt und im Gesicht angefasst“, wie der AStA bitter vermerkt. Das geschah anscheinend bei der Jagd auf „beteiligte Studierende“. Auch Pfefferspray sei zum Einsatz gekommen. Deutsche Universitäten könnten so das gebräuchliche Bild unserer Städte von morgen abgeben.

Posse um ein Glas Wasser – Besetzung von Land als Modus operandi

Die Frustration des Pro-Palästina-Lagers äußerte sich dann auch deutlich in einem nicht-öffentlichen Gespräch mit dem Universitätspräsidenten Günter M. Ziegler. Was es für Ziegler überhaupt mit AStA und dem Protestbesetzer zu besprechen gab, wird aus den Meldungen nicht klar. Aber Dialog ist ja gut, nur muss man sich gut überlegen, wenn man sich dazu einlädt und ob man Wassergläser auf den Tisch stellt. Bei einem Termin mit einem AStA-Vertreter war auch eine „weitere Person“ anwesend, die zunächst „durch eine aggressive Gesprächsführung“ auffiel und dann zum bereitstehenden Wasserglas griff, das die namenlose Protest-Person dem Präsidenten prompt ins Gesicht schleuderte, sicher auch über Hemd und Anzug. Dazu fielen Aussagen wie „Wake up from your Genocide“ (Wachen Sie aus Ihrem Völkermord auf) oder „Das ist kein Pfefferspray, weinen Sie nicht“.

Erkennbar wurde so – offenbar – eine Traumatisierung durch vorausgegangenen engagierten Protest und die darauf folgende Polizeiarbeit, die der Protestler offenbar unverdient fand. Konflikte wie dieser gehören zur bürgerlichen Gesellschaft. Die Universitätsleitung fand den Austragungsmodus aber offenbar nicht fair und kündigt rechtliche Schritte gegen den menschlichen Wasserwerfer an. Verletzt worden sei immerhin niemand. Die Uni-Leitung ging zudem – wohlwollend – davon aus, dass auch der anwesende AStA-Vertreter von dem „Angriff“ überrascht wurde. Man würde es höheren Schabernack nennen, wenn es nicht einen so ernsten Hintergrund hätte: Eine Universitätsleitung soll auch hier – wie in den USA und anderswo – zu „diplomatischen“ Zugeständnissen an undiplomatische Forderer gezwungen werden. Paradoxerweise soll dieser Erpressung eben durch das Mittel vollbracht werden, das man den Israelis gleichzeitig vorwirft: die Besetzung von Land.

Weitaus dramatischer kann man finden, dass auch Professoren die Aktionen in einem schriftlichen Statement unterstützen. Es waren, genauer gesagt, über eintausend Dozenten der FU, die nach der Räumung eines Camps für das „Recht auf Protest“ unterschrieben. Und diese Sympathisanten der Sympathisanten rieten dann in Interviews folgerichtig zur „Differenzierung“, etwa wo es um „verbotene Parolen, Hetze und erhebliche Sachbeschädigung“ geht. Da wird unschuldig gefragt, „zu welchem Zeitpunkt und von wem das ausging, und warum das den Protestierenden als Kollektiv angelastet wird“. Und das entspreche ja gar nicht dem „rechtlichen Procedere“.

Es wird dabei durchaus zugegeben, dass „manche jüdischen Studierenden bestimmte Slogans wie „from the river to the sea“ oder „Intifada“ als Bedrohung wahrnehmen“. Aber die Bedeutung dieser Slogans soll irgendwie variabel sein, damit ein Protest unter ihrem Zeichen eben nicht als gewalt- und terrorverherrlichend angesehen wird. So einer der Unterstützer, der Professor für Philosophie Robin Celikates, gegenüber dem RBB. So ein delikates Verständnis von Logik lernt man derzeit nur am MIT, wo Celikates überdies Gastprofessor ist.

Zweite Posse: Die Universität hat Platz – und eh kein Geld zum Bauen

Zugleich mit diesen diversen und langanhaltenden Camp-Possen hat die FU ihren „Widerstand“ gegen eine Migrantenunterkunft auf dem Campus aufgegeben und räumt das offiziell ein. Die Orts-CDU protestiert gegen die Migra-Unterkunft im Nobelviertel, während die Senats-CDU die Unterkunft plant. So nah liegen gelegentlich Macht und Protest beieinander. Sollen die nicht ganz einflusslosen Zehlendorfer ihren vergrünten Bürgermeister doch bei nächster Gelegenheit stürzen. Das wäre zumindest konsequent. Zuvor hatte die Universitätsleitung noch ein vermutliches Scheinargument vorgebracht, wonach der betroffene Parkplatz direkt vor einem Uni-Gebäude eigentlich schon fest für einen Neubau eingeplant sei. Dieses Argument entwertete der Flüchtlingskoordinator des Senats, Albrecht Broemme, leicht, indem er unverschämter Weise feststellte: „Sobald die FU bauen will, sind die Container weg.“ Aber hier kommt einem nun der Gedanke, dass der Berliner Senat es durchaus in der Hand haben könnte, ob die FU auch Gelder für einen solchen Neubau bekommt. Wenn die Uni keine Drittmittel „in Millionenhöhe“ eintreiben könne, so Broemme, dann sei auch nicht mit einem Neubau zu rechnen. Wie gemein.

Man darf allerdings gespannt sein, wie sich die Menschenfreundlichkeit der bisherigen FU-Campierer – im Einsatz für die unterdrückten Brüder und Schwestern im Gazastreifen – auf die unterdrückten „Flüchtlinge“ des neuen Migranten-Camps auswirken wird. Denn eine Konkurrenz wäre zumal im Sinne der öffentlichen Aufmerksamkeit durchaus denkbar.

Sicher werden die FU-Campisten über solchen Erwägungen zweitrangiger Art stehen. Sie werden sich also intensiv einbringen bei dem, was auch die Uni-Kanzlerin so beschreibt: Man werde „im Rahmen ihrer Möglichkeiten den Aufenthalt der geflüchteten Menschen unterstützen“, man habe ja auch schon Erfahrungen mit der „temporären Unterbringung“ von Asylbewerbern gesammelt, nämlich im Winter 2014/15. Daneben hatte man auch den jetzt zum Zielobjekt gewordenen Parkplatz im März 2022 eigenhändig zur Verfügung gestellt – aber der Senat hatte abgelehnt. Damals ging es meist um Ukrainer, die wollte man vermutlich gern nehmen.

Dritte Posse: Die Vollversammlung, die keine war

Die allgemeine FU-Posse wird aber erst vollständig, wenn man das Agieren dieses AStA – das ist quasi die Exekutive der organisierten Studentenschaft – genauer unter die Lupe nimmt. Auch er besteht, das ergaben Nachfragen im Studentenparlament, aus Langzeitstudenten, die etwa im 30. Semester Pädagogik oder im 15. Semester etwas auf Lehramt studieren und ihren Lebensunterhalt offenbar irgendwie bestreiten können, denn sie sorgen teils für vielköpfige Familien, was ja positiv zu sehen ist. Finja Schürmann ist es „ein Rätsel, wie solche Leute sich halten können“, die als AStA-Mitglieder ja sogar auf Kosten anderer Studenten „studieren“. Nach geltender Studienordnung können Langzeitstudenten, die ihr Studium vernachlässigen, von der Universität ausgeschlossen werden. Aufgrund des Angriffs auf einen jüdischen Studenten wurde jüngst übrigens auch im Land Berlin ein lange inexistentes Exmatrikulationsgesetz eingeführt, das die Exmatrikulation aufgrund „schwerer Straftaten“ wieder ermöglicht hat.

Ein AStA verfügt dabei über erhebliche Finanzmittel, mit denen „auch (hochschul-)politische Projekte“ unterstützt werden können, wie einzelne Hochschulgruppen festhalten. Der AStA der FU residiert seit Jahrzehnten mietfrei in der sogenannten „AStA-Villa“, die dank guter Lage einen Wert von etwa 3,6 Millionen Euro hat. Die Instandhaltung kostet im Moment laut Junger Freiheit 2.000 Euro. Darüber hinaus konnte der AStA den Verbleib von knapp einer Million Euro an Senatszuschüssen nicht innerhalb einer gesetzten Frist erklären. Der Berliner Senat zieht sich seine Autonomen eben noch selbst heran.

Am 19. Juni verschickte der Allgemeine Studentenausschuss, der an der Freien Uni seit langem von linken bis linksradikalen Kräften dominiert wird, eine Rund-Mail, in der er über die Absage einer geplanten studentischen Vollversammlung berichtete, die aufgrund von „Differenzen und Schwierigkeiten bei der Vorbereitung“ nicht stattfinden könne. Aus politischen Uni-Kreisen erfährt man, dass diese Vollversammlung gegen die Satzung des Studentenparlaments (StuPa) verstieß. Tatsächlich wurde eine Woche später dann doch ein ganzes Aggregat von Vollversammlungen einberufen, in denen in der Tat obskure Ämter besetzt werden sollten. In einer erneuten Rundmail hieß es:

„Das **Anti-Sexismus-Referat** wird um 16 Uhr gewählt, wahlberechtigt sind alle von Sexismus betroffenen Studierenden.
– Das **Queer-Referat** wird um 16:30 gewählt, wahlberechtigt sind alle queeren Studierenden.
– Das **ANTI-Referat** wird um 17 Uhr gewählt, wahlberechtigt sind alle agender, trans, nicht-binären und inter* Studierenden.
– Das **BIPoC-Referat** wird um 17:30 gewählt, wahlberechtigt sind alle Black, Indigenous und People of Color Studierenden.“

Das entspricht freilich dem neuen woken Standard der kollektiven Freiheit und des gleichartigen Denkens. Die Referate könnte man allgemein als AStA-Ministerien beschreiben. Der AStA erklärt das Phänomen so: „Der allgemeine Studierendenausschuss besteht aus 13 Referaten, welche jeweils aus bis zu drei Referent*innen bestehen. All diese Referate haben bestimmte Arbeits- und Aufgabenbereiche. Sie werden einmal im Jahr vom Studierendenparlament gewählt. Vier dieser Referate sind autonome Referate, die jeweils eine Statusgruppe vertreten und von Vollversammlungen dieser Statusgruppe gewählt werden.“

Die vier im ersten Zitat genannten Beispiele – die „autonomen Referate“ – erscheinen zunächst wie eine Ausfaltung des Bundesfamilienministeriums, und ähnlich wird wohl auch ihre Aktivität sein: Der hier zitierte Wortlaut legt nahe: Es geht um den immerwährenden Kampf für die Rechte von Minderheiten und anderen Unterdrückten. Diese Minderheiten konstituieren sich aber gerade in den genannten Referaten als die neuen Machthaber. Das ist nun wirklich dialektisch.

Zur studentischen Dialektik gehört wohl auch, dass der AStA sich im Februar 2023 überaus schwertat, einen auf dem Campus sexuell übergriffig gewordenen Mann der Polizei zu überantworten (trotz Anti-Sexismus-Referat), weil man ihn als Mitglied einer marginalisierten Gruppe las. Da der Begriff „Racial Profiling“ fiel, schien es sich um eine BIPoC-Existenz zu handeln. Zudem ließ der AStA verlauten: „Wir möchten … unbedingt darauf hinweisen, dass Polizeieinsätze für von Rassismus betroffene Menschen grundsätzlich mit einem erhöhten Risiko einhergehen, Polizeigewalt zu erfahren.“

Der neue woke Standard und seine Feinde

Wirklich skandalös war aber aus der Sicht von politischen Beobachtern der Wahlmodus: Detailverliebt wurden die Gruppen benannt, die jeweils wahlberechtigt waren. Alle anderen blieben von der Auswahl der – vermutlich doch wichtigen – Referate ausgeschlossen. Auch Finja Schürmann sieht die Wahlen kritisch, weil das allgemeine Wahlrecht eingeschränkt wird und nur Minderheitsgruppierungen die einzelnen Referenten auswählen dürfen, welche dann nur als Paket im Studentenparlament abgesegnet werden. Eigentlich ist nur das StuPa für die Wahl der Referenten zuständig, nicht irgendwelche Minderheiten. Aus der Vollversammlung wurden so viele fragmentierte Teilversammlungen intersektional verfolgter Gruppen und Grüppchen.

Der AStA gibt sich trotz des exklusiven Wahlrechts offen: „Wir laden euch herzlich ein, euch an der Vollversammlung zu beteiligen, um die neuen Reffis mitzuwählen und kennenzulernen. Da diese Referate Arbeit mit und für die jeweiligen Studierendengruppen machen, freuen sie sich auch über Input und Ideen von euch!“ Gewöhnlichen Bürgern wird auch der konkrete Inhalt der großzügig vom Steuerzahler bezuschussten Referate aufstoßen. Was macht eine ANTI-Referat für Personen ohne Gender-Identität, mit Trans- oder Intergender-Identität den lieben langen Tag?

Die Ex-RCDS-Vorsitzende Franca Bauernfeind hat jüngst ein Buch veröffentlicht, das den doktrinären Wahnsinn an deutschen Universitäten aus der Innensicht darstellt („Black Box Uni. Biotop linker Ideologien“, erschienen bei Langen Müller). Laut Bauernfeind wurde Studenten, die an einem Protest an der Berliner Humboldt-Universität nicht mitmachen wollten, auch selbst Gewalt angedroht, da „viele Studenten“ sich „im linksradikalen Milieu“ bewegen. Umso schlimmer ist das, als Studenten die Führungskräfte von morgen sind. Die deutschen Universitäten von heute schildert Bauernfeind wie eine Kampfzone, in der diese linksradikale Ideologie auch den Stummen eingebimst wird.

Was aus der FU Berlin nach außen dringt, scheint wie eine tägliche Bestätigung dieses Erfahrungsberichts. Wo sich Studenten systematisch gegen sinnvolle Tätigkeiten auf dem Unigelände wehren, sollte man an härtere Zugangsmöglichkeiten denken. Zugangsgebühren wie in den USA sind zwar auch in Ordnung, scheinen aber das eigentliche Problem nicht zu lösen: Es ist auch eine links-großbürgerliche Avantgarde, die die Revolution an westlichen Universitäten inszenieren hilft. Erst wenn sich eine Bildungsinstitution gegen solche Umtriebe wirksam zur Wehr setzte, erst dann wäre etwas gewonnen für die Gesamtgesellschaft.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 38 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

38 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
wackerd
1 Monat her

Was für verlogene Typen, die die Universitäten und anständige Studenten in Geiselhaft für ihre obskuren Ideologien und den Terrorstaaten zuzurechnenden Extremisten nehmen. Gerade die queeren Gruppierungen, von denen die Protagonisten keine 24h in ihren ach so drangsalierten Staaten am Leben bleiben würden, werden zum Maßstab für fortschrittliches Leben gemacht. Einfach mal den Selbsttest in Neu-Kabul, aka Neukölln machen. Eine kleine Gruppe queerer in entsprechenden Klamotten. Frau Tessa Ganserer gehen Sie doch mal voran!

Wolfgang Schuckmann
1 Monat her

Ein langer Artikel über den man Nachdenken kann. Um es Kurz zu machen, glaube ich nicht, dass Universitäten zu was anderem taugen als der Vermittlung von Wissen. Der anhaltende Missbrauch dieser Institution politische Botschaften mit unerlaubten Mittel zu lancieren löst bei mir ein Unbehagen aus, das nicht diffus sondern sehr konkret ist. Über den Zustand unseres Bildungswesen muss nicht diskutiert werden. Er dokumentiert sich täglich. Die Tatsache, daß Proffs z.B. für Germanistik Studierwilligen erstmal einen Deutschkurs anbieten, damit die Herrschaften überhaupt verstehen um was es sich da für den Lernenden handelt ist doch sehr bemerkenswert weil man weiß,dass die Kommilitonen… Mehr

GR
1 Monat her

Zwangsgebühren wie in Australien: MINT ohne Kosten, Orchideenfächer 30.000 pro Jahr oder ganz abschaffen. Die können das dann auf privaten neu zu gründenden Universitäten studieren. Um Thomas Sowell zu erwähnen: ein Ingenieur muß irgendwann beweisen, daß seine Maschine funktioniert, ein Schwätzperte kann sich immer rausreden, daß sein genialer Gesellschaftsentwurf großartig ist, aber nur (von den anderen, die sollen das machen) falsch umgesetzt wurde. Deshalb sind die Geistes“wissenschaftler“ alle links und durchgeknallt, jeder Statusgewinn ist ohne persönliche Kosten möglich.

Georgina
1 Monat her

Eine Idee zu haben ist wichtig, aber ohne (erfolgreiche) praktische Umsetzung, bleibt es ein Traum und ist ohne jeglichen Wert. Wer sich tiefer in diese Materie einarbeitet, oder schon sehr viel darüber weiß, erkennt einen roten Faden. Jeder ist seines Glückes Schmied und selber verantwortlich für sein eigenes Leben. Für „seine“ Lügen muß der Mensch immer Verantwortung tragen. Dem kann niemand entrinnen, auch dann nicht, wenn man sich für ein sinnloses Leben hat begeistern lassen. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie einen solchen Menschen kennen lernen dürfen, der wahrhaft glücklich war. Kratzt man nur ein wenig an der… Mehr

ceterum censeo
1 Monat her

M. E. haben Zwangsgebühren genau den gegenteiligen Effekt: die (zumindest in den USA zum Teil horrend hohen Studiengebühren) können nur gut situierte Eltern bezahlen. Also solche, die nach meinem Empfinden für linkes Gedankengut empfänglicher sind. „Arme“ Studenten aus Arbeiterhaushalten wissen von Zuhause, dass Geld nicht ausgesät wird und sich vermehrt, sondern erarbeitet werden will. So sind Arbeiterstudenten m.E. geerdeter als solvente, aber wohlstandsverwahrloste Akademiker/Beamtenkinderstudenten.

bfwied
1 Monat her
Antworten an  ceterum censeo

Sie sollten die Pauschalisierungen sein lassen! Sagen Sie mal meinem Sohn, er wäre wohlstandsverwahrlost, ich an seiner Stelle würde in der Tat so „verwahrlost“ reagieren und meine gute Erziehung kurz vergessen, denn von uns ist niemand „verwahrlost“! Aber wer provoziert, muss mit Folgen rechnen – ganz normale menschliche Reaktion.

Ben Clirsek
1 Monat her

Ich freue mich, da ich doch weiß, dass für meine Kinder von diesen Schnarchnasen im harten Kampf um begehrte Jobs keinerlei Gefahr ausgeht. Manche gewinnen, manche verlieren. Der Artikel handelt von Verlierern, aber sowas von.

Karl Schmidt
1 Monat her

Der Zugang zu den Universitäten setzt zu wenig Leistung voraus. Wer die linken Leistungsverweigerer aus den Leitungsebenen wieder tilgen will, muss die Anforderungen an das Abitur drastisch erhöhen. Dann löst sich das Problem von ganz alleine. Linke in die Produktion!

Michael W.
1 Monat her

Und ich Trottel dachte immer, an einer Uni wird studiert!
Wenn ich schon „Studierendenparlament“ lese, kommts mir hoch. Die sollen studieren wie früher, vor 1960. Politik gibt es im Bundestag.
Die sollten diese Kasper alle exmatrikulieren, dann ist Ruhe.
Noch mehr Ruhe gäbe es, wenn die ganzen Typen der „Studentenunruhen“ exmatrikuliert worden wären. Dann hätte es den Marsch durch die Institutionen nie gegeben.

Last edited 1 Monat her by Michael W.
H. Priess
1 Monat her

Dem ganzen könnte leicht abgeholfen werden. Es gibt Regelstudienzeiten und wer in dieser Zeit seinen Abschluß nicht schafft darf noch max. zwei Silvester dranhängen die er aber selbst bezahlen muß und staatliche Hilfen gibts auch nicht. Ausnahmen für irgendwelche Edelstudenten die der AStA angehören gibt es nicht. Problem gelöst!! Dann werden einige das kostenlos des Studiums zu schätzen lernen. Beruhigend ist, daß die da rumkrakeelen eine Minderheit sind die sich nur Mediengerecht aufplustern. Was das für Typen und Typinnen sind kann man sehen wenn sie irgend einen besetzten Saal oder Ort verlassen. Dreckig,verschmiert, voller Müll und teilweise Exkremente. Die müssen… Mehr

Michael W.
1 Monat her
Antworten an  H. Priess

Wie an der Fachhochschule: Tägliches Erscheinen mit Anwesenheitskontrolle. Zwei Semester dürfen jeweils ein Mal widerholt werden, dann ist Sense.

imapact
1 Monat her

Die Universitäten sind kein Zukunftslabor, eher eine Miniaturkopie der deutschen Gesellschaft. Es sind wohl kaum die Studenten in ihrer Gesamtheit, sondern eine kleine, extremistische, sehr lautstarke Minderheit, welche allerdings die Protektion von Staat und Uniapparat genießt. Sollten diese Leute in Dauerstreik treten oder exmatrikuliert werden, würde sich das auf den werthaltigen akademischen „Output“ überhaupt nicht auswirken.

Analeur
1 Monat her
Antworten an  imapact

Uni bedeutet nicht mehr Forschung. Bsp. Onkologie, dort lehren Professoren, die auch direkt von der Pharma kommen könnten. Biopsie oder Chemo alles gilt als Naturgesetzt, denn es soll Geld in die Kassen spielen. An Alternativen Methoden wird nicht geforscht, weil niemand die Forschung bezahlt und so dreht sich alles in der Medizin um die Wünsche großer Pharmafirmen. Linkes Inseldenken ist bei vielen Dauerstudenten und Weltverbesserern implementiert worden, sie leben von Bafög und haben noch nie Geld erwirtschaftet. Viele meinen es gut, aber gut gemeint ist nicht gut gemacht.