Kein Gas aus Russland für Polen und Bulgarien

Es ist das erste Mal, das Russland den Gashahn zudreht und Energie zu einer Waffe machen will. Der Gasstopp wird wohl in Polen kaum zu Engpässen führen. Auch Bulgarien hat Schritte unternommen, um seine Abhängigkeit von Russland zu verringern.

IMAGO / CHROMORANGE

Ab heute will Russland sämtliche Lieferungen von Erdgas nach Polen einstellen. Dies hat der polnische Erdgaskonzern am Dienstag in Warschau mitgeteilt. Polen weigert sich, Erdgas künftig in Rubel zu bezahlen, wie das Russland neuerdings fordert. 55 Prozent der polnischen Gasimporte kommen aus Russland.

Auch nach Bulgarien sollen die Gaslieferungen ab heute gestoppt werden. Darüber hat der russische Staatskonzern Gazprom das bulgarische Gasunternehmen Bulgargas am Dienstag informiert. Das Ministerium erklärte, Bulgarien habe seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt und Schritte unternommen, um alternative Lieferungen zu sichern. Das Unternehmen sagt, es werde nicht in Rubel zahlen, wie von Putin gefordert. Eine Zahlung in Rubel würde nach Ansicht der Europäischen Union gegen Sanktionen verstoßen. Polens Erdgasspeicher sind zu 76 Prozent gefüllt und verfügen über weitere Versorgungsquellen, die die Sicherheit des Landes gewährleisten, erklärte Umweltministerin Anna Moskwa auf Twitter.

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Die europäischen Erdgas-Terminkontrakte stiegen um bis zu 17 Prozent. Der russische Gasstopp werde nach Einschätzung von Fachleuten in Polen kaum zu Engpässen führen. Polen sagt, es sei auf eine Unterbrechung aller Energielieferungen vorbereitet und habe schon vor dem Krieg Pläne für ein Leben ohne russisches Gas entworfen. Der langfristige Gasvertrag des Landes mit Russland läuft Ende dieses Jahres aus, und die Regierung hatte wiederholt erklärt, dass sie nicht beabsichtige, ihn zu verlängern. Sie hat sich um LNG-Lieferungen gekümmert und plant, im Oktober eine Pipeline von Norwegen aus in Betrieb zu nehmen. Außerdem verfügt Polen über genügend Kohlekraftwerke. Die Entscheidung für ein erstes Kernkraftwerk fiel im vergangenen Jahr. Die Regierung erklärte am Dienstag, dass sie über genügend Treibstoffvorräte verfügt. Die Kunden werden davon nicht betroffen sein.

Bulgarien hat ebenfalls Schritte unternommen, um seine Abhängigkeit zu verringern, auch wenn es im Moment noch stark abhängig ist. Die unmittelbaren Auswirkungen werden jedoch durch wärmere Temperaturen gemildert werden.

Anders sieht es in Deutschland aus, das aufgrund der Energiepolitik der vergangenen 15 Jahre erheblich von russischen Gaslieferungen abhängt. Bisher gab es aus Berlin noch keine offiziellen Reaktionen. Italien ist ebenfalls sehr stark auf Erdgas angewiesen und importiert ebenfalls erhebliche Mengen an Erdgas aus Russland.
»Dies ist ein Wendepunkt, der heute von Russland beschleunigt wurde«, sagte Piotr Naimski, Polens oberster Fachmann für strategische Energieinfrastruktur.

Gazprom Germania
Bundesnetzagentur: „Gefährdung der Versorgungssicherheit“ wegen Gasengpässen
Das ist das erste Mal, das Russland den Gashahn zudreht und Energie zu einer Waffe machen will. Bisher ist Gazprom noch in jeder Krisenzeit seinen Lieferverpflichtungen nachgekommen und sieht sich jetzt einem massiven Glaubwürdigkeitsverlust gegenüber, dessen künftige Auswirkungen unüberschaubar sind. Denn es gilt jetzt nicht mehr der eherne Satz, Russland und Gazprom erfüllten immer ihre Verträge.

Die Entscheidung Russlands, die Gaslieferungen an Polen und Bulgarien zu stoppen, stelle einen historischen Wendepunkt in den bilateralen Energiebeziehungen dar, schreibt Simone Tagliapietra vom Brüsseler Thinktank Bruegel.

Es handelt sich mit dem Stopp der Gaslieferungen eher um eine Drohgebärde. Die Gasmengen, die über die Jamal-Fernleitung strömen, sind vergleichsweise gering gegenüber den Mengen, die über die seit 11 Jahren bestehende Ostsee-Leitung Nord Stream fließen.

Quelle: Bruegel / Entsog (https://transparency.entsog.eu/#/map)

Noch ist nicht bekannt, wie Russland seine Gasströme regelt. Denn auch für Russland ist das Abschalten der Gaspipelines mit einem erheblichen Risiko verbunden. Gasfelder kann man nicht nach Belieben ein- und ausschalten, ohne sie zu beschädigen oder unbrauchbar zu machen. Noch sind keine Pipelines aus dem Westen Sibiriens nach China fertiggestellt worden, über die aus der Erde quellenden Gasströme nach Reinigung und aufwendiger Aufbereitung geleitet werden könnten. Außerdem benötigt Putin die Einnahmen, um seinen Krieg zu finanzieren. Immerhin fließen um die 700 Millionen Euro aus der EU in die Kassen der Gazprom – pro Tag.

Bundeswirtschaftsminister Habeck will mehr Spezialtanker für verflüssigtes Erdgas (LNG) und außerdem schwimmende LNG-Terminals anmieten. Mobile LNG-Terminals sollen aufgestellt werden, an denen die Tanker ihre Ladung löschen können. Solche LNG-Terminals werden meist von schlecht regierten, zahlungsunfähigen Staaten angemietet, die können die Unternehmen schnell wieder abziehen, wenn Zahlungen ausbleiben.

In Deutschland wird seit 30 Jahren über ein eigenes Terminal für LNG-Gas in Wilhelmshaven geredet, ohne dass etwas passiert ist. Für die Bauzeit und den Anschluss an das Gasfernleitungsnetz veranschlagen Fachleute etwa fünf Jahre. Kürzlich haben die Grünen in Schleswig-Holstein beschlossen, dass ein LNG-Terminal nicht notwendig ist.

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Kommentare ( 35 )

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Wilhelm Roepke
2 Jahre her

Aus dem Artikel geht nicht hervor, warum gerade nur Polen und Bulgarien betroffen sind; das klingt für mich willkürlich. Ich bräuchte mehr Informationen.

powerage
2 Jahre her

Ab und an findet auch der ÖR mal ein Korn, respektive den Einblick in die Verträge mit Gazprom. Laut Frontal ZDF ist D noch bis 2030 verpflichtet jährlich 40 Mrd m3 Gas von Russland abzunehmen, stoppt unsere geniale Aussenministerin die Lieferung, müssen wir trotzdem für diese Menge bezahlen und zusätzlich noch für das dreimal so teure LNG Gas aus Amerika, um damit dann zu heizen. Kennt Baerbock diese Verträge nicht oder wie kommt sie dazu, solche Ansagen zu machen und wer soll das bezahlen, vielleicht erklärt ihr mal jemand, dass die meisten deutschen nicht wie sie ein Monatseinkommen von über… Mehr

Dr. Rehmstack
2 Jahre her
Antworten an  powerage

Wenn ich den Artikel richtig verstanden habe, geht es darum, dass Putin den Gashahn zugedreht hat und nicht Polen und Bulgarien vertragsbrüchig geworden sind, insofern scheint mir ihr Kommentar etwas daneben, bzgl. der vertraglichen garantierten Abnahmemengen haben Sie natürlich Recht, aber was passiert, wenn nicht mehr geliefert wird?.

caesar4441
2 Jahre her
Antworten an  powerage

Soweit mir bekannt ist bezahlt Polen und Bulgarien das gelieferte Gas nicht.Und wer nicht bezahlt bekommt auch nichts mehr geliefert ,das sind ganz einfache kaufmännische Regeln.

The Voice from Beyond
2 Jahre her

Operation Thermostat:
„Italy starts rationing electricity to support Ukraine!
Public buildings can’t run the air conditioning lower than 25 degrees or heating higher than 19 degrees.
Italian Prime Minister Mario Draghi promoted the campaign by asking, “Do we want to have peace or do we want to have the air conditioning on?”
https://thetruedefender.com/operation-thermostat-italy-rationing-electricity-to-support-ukraine/
Eigentlich würde man bei solchen Aktionen von Populismus reden, aber wenn es ein Goldman Sucks Banker tut, dient das natürlich der edelsten Sache überhaupt – dem Frieden!

Last edited 2 Jahre her by The Voice from Beyond
Juergen Schmidt
2 Jahre her

Die Russen setzen ihr Erdgas nicht als Waffe ein – es wird jedoch gerade die US-Waffe »Petrodollar« entschärft. Russisches Gas gegen russisches Geld. Für die Ungarn ist das kein Problem, die machen das einfach. Und die Russen liefern weiter preiswertes, hochwertiges Gas zuverlässig, so wie immer. Anstatt US-Fracking-Dreck zu Apothekenpreisen. Im übrigen bin ich fest davon überzeugt, dass die rotgrüne Bundesregierung jetzt »solidarisch« mit der polnischen Regierung sein wird – deutsches Gas wird einfach aus unseren Speichern noch Polen geleitet. So bereits geschehen vor Monaten. Um »Putin zu besiegen« oder besser gesagt die NATO zu retten, dürfen die Deutschen jetzt… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Juergen Schmidt
w.k.
2 Jahre her
Antworten an  Juergen Schmidt

„Im übrigen bin ich fest davon überzeugt, dass die rotgrüne Bundesregierung jetzt »solidarisch« mit der polnischen Regierung sein wird – deutsches Gas wird einfach aus unseren Speichern noch Polen geleitet.“- Woher haben Sie das? Polnische Speicher sind zu 76% gefüllt, die deutschen zu 33%. Außerdem verfügt Polen über mehrere LNG-Terminals, D dagegen nicht. Polen hat noch keine Kohlekraftwerke geschlossen, D. dagegen die meisten. Woher kommt der Hang zu offensichtlichen Fake-Nachrichten? Weil es um Polen geht und seit 90 Jahren immer die gleiche Platte gespielt wird? Es ist langweilig und um ehrlich zu sein, zum Kotzen. Als wäre die Welt vor… Mehr

RMPetersen
2 Jahre her

Wie am Beginn gesagt:
Polen wollte nicht in Rubel bezahlen, die hätten sie in der GAZProm-Bank einwechseln können.
Da auch Erdgas aus Deutschland nach Polen fliesst (- Woher kommt das wohl?), werden sich die Genossen in Warschau etwas dabei gedacht haben. Die EU-Solidarität ist Polen im Moment sicher. Trotz der Gesetze mit Mann und Frau, welche die Woken in Brüssel empören.

Dr. Heisenberg
2 Jahre her

„Gasfelder kann man nicht nach Belieben ein- und ausschalten, ohne sie zu beschädigen oder unbrauchbar zu machen.“ Das ist kein Problem, das Gas was nicht verkauft werden kann, wird entweder abgefackelt, in Kavernen eingelagert, oder an die russische Bevölkerung verschenkt. “ Noch sind keine Pipelines aus dem Westen Sibiriens nach China fertiggestellt worden, über die aus der Erde quellenden Gasströme nach Reinigung und aufwendiger Aufbereitung geleitet werden könnten.“ Sila Sibiri1 liefert bereits nach China. Sila Sibiri 2 ist in der Planungsphase und wird ab 2030 unsere Gaslieferungen nach China umleiten. Spätestens 2030 dreht uns Putin hier den Gashahn ab, … ich… Mehr

MHeller
2 Jahre her

Sobald die Amis für ihr Flüssiggas ein besseres Angebot von irgendwem anders erhalten, WAR ES DAS mit den Lieferungen, darauf kann man sich verlassen. Wir werden uns noch gewaltig umschauen.

Dunkelsachse
2 Jahre her
Antworten an  MHeller

Die Gastanker, die uns im Januar retten sollten, sind ja auch irgendwo abgebogen…

R.Baehr
2 Jahre her

ein schöner Bericht, aber wenn doch alles so einfach ist ohne russisches Gas, Öl usw. warum hat man es dann nicht schon längst gemacht?? So toll kann das gesellschaftliche Leben ohne dann doch nicht sein, oder? Und was heißt da: der eherne Satz gilt nicht mehr, das Gasprom und Russland stets zuverlässig liefern?? Selten so einen, mit Verlaub, Unsinn gelesen. Wenn ich als Kunde meinen Lieferanten zu dem Gott sei bei uns erkläre und ihn wirtschaftlich vernichten will, dann ist das also nicht zu verstehen, wenn der Lieferant alle Beziehungen zum Kunden abbricht?? Das ist ja noch schlimmer als der… Mehr

Rasio Brelugi
2 Jahre her

„Das ist das erste Mal, das Russland den Gashahn zudreht und Energie zu einer Waffe machen will.“ Ja, stimmt – oder wieder auch nicht, denn das ist nur die halbe Wahrheit. Zur ganzen Wahrheit gehört: Vorher sollte „Energie“ von Seiten des Westens zu einer Waffe gemacht werden, durch ein Embargo (oder ist das schon wieder vergessen?). Weiterhin wurde durch „Einfrieren“ der russischen Auslandsguthaben (was für ein putziger Name für „Unterschlagung“) die russische Währung erheblich geschwächt. Die Forderung der Bezahlung in Rubel ist eine politische Gegenmaßnahme Russlands. Das nennt sich Politik. Und in der Politik eine Politik zu betreiben, wo man… Mehr

Kraichgau
2 Jahre her

Polen ist zu 55% von russischem Gas abhaengig und will nun bis !Oktober! eine Pipeline von Norwegen fertig stellen.
Deutchland ist auch mit über 50% von russischem Gas abhaengig und ist vital bedroht?
irgend eine von beiden Geschichten ercheint mir unlogisch und ich denke,es ist die polnische Saga…
ic denke,Sie vertrauen darauf,aus den USA einerseits LNG zu welchem Preis auch immer zu beziehen und hoffen anderseits auf Transitgas aus deutschen Speichern,waere ja ncht das erste Mal,das Gas von D aus umgeleitet wird…
die Dummen in dem ganzen Spiel der USAGetreuen? Die deutschen EU-Finanzierer,die die Endrechnung begleichen werden