Ein Bundestagseinzug der Freien Wähler scheint nicht völlig unrealistisch. Bayerns Wirtschaftsminister argumentiert, mit der neuen Kraft ergäbe sich eine bürgerliche Koalitionsmöglichkeit.
Der Bundesvorsitzende der Freien Wähler und bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger wirbt im Bundestagswahlkampf gezielt um Wähler, die zum AfD-Potential gehören: Sie sollten ihre Stimme stattdessen den Freien Wählern geben, um eine weitere bürgerliche Koalitionsmöglichkeit zu schaffen. Sein Argument lautet:
Während Wähler mit der AfD unter Garantie eine Oppositionspartei unterstützen, wäre beim Einzug seiner Truppe auch ein Bündnis aus Union, FDP und Freien Wählern theoretisch möglich – wenn auch bei der gegenwärtigen Unionsschwäche nicht sehr wahrscheinlich. Stimmen für die AfD machten dagegen eine linke Regierung wahrscheinlicher. Auf Anfrage von TE sagte Aiwanger, der als Spitzenkandidat seiner Partei antritt:
„Die Freien Wähler nehmen die Sorgen der Bürger ernst und verhindern dadurch in vielen Fällen, dass Menschen aus Frust AfD wählen. Stimmen für rechtsaußen nutzen in erster Linie den linken Parteien, die erst dadurch in die Regierung kommen. Deutschland braucht eine liberal-wertkonservative koalitionsfähige Kraft im Bundestag.“
Lange galt ein Bundestags-Einzug der Freien Wähler als unrealistisch. Allerdings schenkte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder den Freien Wählern gewissermaßen ein Thema, als er Aiwanger öffentlich mehrfach dafür angriff, weil sein Minister sich nicht gegen Corona impfen lassen möchte. Seitdem sammelt Aiwangers Partei offenbar auch Stimmen von Bürgern ein, die gegen eine direkte oder indirekte Impfpflicht opponieren. Aiwanger fordert außerdem einen deutschen „Freedom Day“ nach dem Vorbild Großbritanniens, also ein festes Datum für die Aufhebung aller staatlichen Corona-Maßnahmen.
Das Umfrageinstitut Prognos sieht Aiwangers Partei in einer Erhebung vom 20. September immerhin bei 4 Prozent, wobei die Unisicherheitsmarge allerdings generell zwei bis drei Prozent beträgt.
Die Freien Wähler koalieren in Bayern seit der letzten Landtagswahl mit der CSU. In Brandenburg und Rheinland-Pfalz schafften sie jeweils den Landtagseinzug. Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt im Juni 2021 scheiterte die Partei bei 3,1 Prozent. In Berlin, wo am 26. September auch ein neues Abgeordnetenhaus gewählt wird, machen sich die freien Wähler ebenfalls Hoffnung auf den Sprung ins Parlament. Als Spitzenkandidat tritt dort der Abgeordnete Marcel Luthe an, der die FDP vor einiger Zeit verließ, und nach einer Phase als parteiloser Parlamentarier den Freien Wählern beitrat, die er mittlerweile auch als Landeschef führt. Das Umfrageinstitut Insa sieht die Freien Wähler in Berlin derzeit bei drei Prozent.
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Es wird auf jeden Fall nicht mehr so einfach, wenn die AFD bundesweit die stärkste Partei werden sollte, oder in die Nähe eines solchen Ergebnisses kommen sollte. Peter Hahne hat in Tichys Ausblick auf den Erfolg der FPÖ hingewiesen, die auch über viele Jahre ausgegrenzt wurde und an der dennoch irgendwann niemand mehr vorbeikam. Zumindest müssten sich die Blockparteien dann endgültig als solche demaskieren, wenn FDP und CSU mit der Linkspartei koalieren.
Wer AfD wählt, wählt nicht automatisch Rot-Rot-Grün. Nehmen wir mal an, 30% der Wähler haben die Nase wirklich voll und 21% kommen zur Vernunft, dann stellen AfD und FDP die nächste Regierung.
Das stimmt leider.
Ich habe auch mal mit den freien Wählern geliebäugelt, aber nach der heutigen Entscheidung Ungeimpften keine Ausgleichzahlung bei Quarantäne zu mache, ist das Maß voll, es gibt nur eine Partei, die diesem Wahnsinn ein Ende bereiten kann und diese wähle ich.
Der sollte lieber um CDU-CSU-Wähler werben. Es bringt nichts, wenn sich die Opposition (und da würde auch Aiwanger mit seiner Partei bei einem Wahlerfolg unweigerlich landen) gegenseitig das Wasser abgräbt. Dass Aiwanger aber so handelt, zeigt mir, dass es primär um Versorgungspöstchen und Koalitionsfähigkeit mit den Systemparteien geht, um nix anderes.
Die Freien Wähler (eigentlich Freie Wähler*innen -siehe Wahlprogramm) sind keineswegs eine liberal-wertkonservative Partei, wenn man sich ihr Wahlprogramm anschaut. Sie sind dort voll und ganz für die Große Transformation dieses Staates in einen grünen Ökostaat. Eine 6. grüne Partei braucht kein Mensch.
Sehr geehrte mermaid, ich bin noch gewohnt, daß man in einem Blog Argumente bringt. Sie schreiben: „In unserem Bundesland geht das leider nicht mehr. Hier haben inzwischen Leute das Sagen, die faßt nicht einmal der Flügel mit der Kneifzange an.“ Könnten Sie diese abfällige „Haltung“ bitte mit Argumenten belegen?
Das BIld im Artikel ist nur die „Urnenumfrage“ von Prognos. Bei der Briefwahlumfrage schneten die FW mit 2%, gesamt nicht weit über 3%.
Wo ist denn nun der Einsatz der Freien Wähler für die Ungeimpften, wo ist der Einsatz für die Wiedereinsetzung der Grundrechte? Da bleib ich lieber beim Original.
Meine Frau, eigentlich sehr unpolitisch, hat sich den alternativen Direktkandidaten an die Wand gepinnt und fiebert schon dem Wahltag entgegen!
Ich glaube nicht, dass die FW so entscheidend von Stimmen aus der AfD profitieren werden. Eher könnten sie bei den derzeitigen Noch-Koalitionsparteien wildern. Für AfD-Wähler ist der Protest dagegen so hoch, dass sich außer der Coronapolitik wohl nur wenige Themen finden, in der es mit den FW Schnittmengen mit ähnlichem Protestpotential gäbe. Vieles haben die FW in Bayern ja auch mitgetragen, was die AfD ablehnt. Trotzdem würde ich einen Einzug der FW in den Bundestag begrüßen, auch wenn sie ohne meine Stimme auskommen muss.
Prognosumfragen ist kein Umfrageinstitut, das ist ein einzelner Twitterer. der seine eigenen Schätzungen verkündet.
Der befragt nur sich selbst. Versuchen sie mal, die Postadresse oder eine Telefonnummer dieses Instituts herauszufinden, und fragen dann nochmal dort nach, falls Sie überhaupt was kriegen.
„Die Prognos AG wurde 1959 als eine Ausgründung der Universität Basel ins Leben gerufen. Kerngeschäft ist die Erstellung von Analysen und Prognosen zu wirtschaftlichen, politischen oder gesellschaftlichen Fragestellungen. Von Anfang an hatte die Prognos eine starke Ausrichtung nach Deutschland, heute tätigt sie einen Großteil des Umsatzes außerhalb der Schweiz. Neben dem Stammsitz in Basel befindet sich der mittlerweile größte Standort in Berlin. Daneben gibt es Büros in Bremen, Brüssel und Düsseldorf, seit 2008 auch in München und Stuttgart, sowie seit 2015 in Freiburg im Breisgau[1]. Seit 1990 befindet sich die Prognos AG mehrheitlich im Besitz der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck… Mehr