Flüchtlinge? Die verstecken sich, und Christen sind die neue Minderheit

Wohin man auch schaut: Flüchtlinge. Flüchtlingskrise. Flüchtlingschaos. Flüchtlingsstrom. Flüchtlingschancen. Flüchtlingskatastrophe. Flüchtlingsaufnahmestelle. Flüchtlingshelfer. Flüchtlings-Kontingente, europäische Flüchtlings-Solidarität. Flüchtlingsmonothematik. Aber die inflationäre Verwendung des Begriffs verdeckt mehr, als er erklärt.

Europa soll solidarisch sein beim Thema Flüchtlinge. Zwei Begriffe, positiv besetzt, ergänzen sich damit. Widerstand zwecklos, soll zwecklos gemacht werden: Flüchtlinge und Solidarität, und das noch eingebettet in die allgemeine Not von Chaos, Krise, unabweisbarem Strom.

Wenn man genau schaut: Die EU-Kommission wirft Deutschland vor, Migranten ohne Aufenthaltserlaubnis zu zögerlich auszuweisen. Im vergangenen Jahr sei nur jeder Sechste ohne Aufenthaltsgenehmigung tatsächlich in die Heimat zurückgebracht worden. Deutschland droht ein Vertragsverletzungsverfahren. Die Europäische Kommission nimmt Anstoß am laschen Umgang Deutschlands mit Migranten, die kein Asyl erhalten haben. Die zuständige Generaldirektion hat die Bundesregierung Mitte September zu einer Stellungnahme aufgefordert, berichtet die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS) unter Berufung auf ein entsprechendes Schreiben.

Der Generaldirektor Matthias Ruete beruft sich darin auf Zahlen, die Deutschland dem Europäischen Statistikamt gemeldet hat. Demnach lebten im vergangenen Jahr 128.000 Personen ohne Aufenthaltsberechtigung im Land; jedoch wurden nur 34.000 zur Ausreise aufgefordert, 22.000 folgten der Aufforderung. Die Kluft war größer als in den Vorjahren. Offensichtlich haben wir weniger ein Flüchtlingsproblem, sondern ein Regierungsproblem. Denn das Verhalten Deutschlands ist eine der Fluchtursachen.

Es sind die Faßbomben auf syrische Städte – aber auch das Versprechen Deutschlands, das sich südlich der EU-Außengrenzen bei allen herumgesprochen hat: Jeder ist willkommen, jedes Ankommen in Deutschland wird als Flucht akzeptiert und sozial honoriert. Manche wollen es jetzt nicht gesagt oder gewollt haben. „Motiv ändert Wirkung nicht“, notierte einst Fürst Bismarck. Merkels Worte entfalten Wirkung; auch wenn ihr Motiv ein anderes gewesen sein mag. Sie hat in der Kommunikation versagt. 

„Flüchtlinge? Die müssen sich da irgendwo verstecken.“

Schauen wir uns auch noch mal die Defintion zu „Flüchtling“ an, wie sie derzeit auf Wikipedia zu finden ist:

„Als Flüchtling gilt nach der Genfer Flüchtlingskonvention eine Person, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Ethnie, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will“.

Sofern seine Fluchtgründe im Zielstaat auf Grund nationaler oder supranationaler Regelungen als relevant erachtet werden (asylerhebliche Fluchtgründe) und er die Gründe und gegebenenfalls Umstände seiner Flucht in einem entsprechenden Verfahren ausreichend darlegen kann, kann daraus ein Recht auf Schutz und Aufenthalt (Asylrecht im weiteren Sinne) entstehen. Abweichend vom allgemeinen Begriff bezeichnet man deshalb in der Rechtssprache einen flüchtenden Menschen, der in einem anderen Land einen Asylantrag gestellt hat (Asylbewerber) und dessen Antrag positiv beurteilt wurde, weil er einen nach den UN-Konventionen völkerrechtlich legitimen Fluchtgrund hat, als Flüchtling oder Asylberechtigter – dieser Mensch bekommt das Recht, sich im Asylland eine neue Existenz aufzubauen. Daher sind in rechtlichen Fragen die Begriffe zu trennen: Ein Flüchtling im allgemeinen Sinn (ein Mensch, der sich auf der Flucht befindet) ist zu unterscheiden vom Asylantragstellenden und vom (anerkannten) Flüchtling im Sinne des Aufenthaltsrechtes.

Schon bei ihrem Eintreffen in der Türkei, spätestens jedoch definitiv in Griechenland handelt es sich bei Syrern schon nicht mehr um Flüchtlinge, wenn sie zuvor die Türkei passiert haben. Ab diesem Moment sind sie Zuwanderer. Illegale Einwanderer, wenn sie sich von dort ohne Papiere weiter durch die EU bewegen.

Der Begriff des Flüchtlings wird in Deutschland so weit gedehnt, dass es fast jeden erfasst. Was schert das deutsche Wesen schon solche Grammatik und Begrifflichkeit, wenn die Welt an unserer Moral zu genesen hat?

Und weitere Begriffsdehnungen sind auf dem Vormarsch: Die Grünen sprechen schon von „Klimaflüchtlingen“, so zum Beispiel die Parteivorsitzende Karin Göring-Eckard in „hart aber fair“.

Da kommt ja einiges auf uns zu. Es ist eine moralische Selbstüberschätzung. Und eine Blindheit vor Tatsachen. Mittlerweile ist bekannt, dass sich der Strom an illegalen Einwanderern sich nur zu einem Bruchteil aus syrischen „Flüchtlingen“ speist. Ein Fünftel der Menschen kommen aus Maghreb-Staaten, die Hälfte aus dem Balkan und ein nicht zu unterschätzender Teil aus Afghanistan, Pakistan und Schwarzafrika. Und noch einmal zur Erinnerung: Ab Übertretung der türkischen, der spanischen, der italienischen Grenze spricht man nicht mehr von Flüchtlingen.

Ist die Türkei kein sicheres Herkunftsland?

Wir nehmen Flüchtlinge aus der Türkei auf. Ist das kein sicheres Herkunftsland mehr? Wenn das nicht der Fall ist, warum fliegen dann immer noch jeden Tag so viele Deutsche zum Urlaub in ein Land, das als nicht sicher einzustufen ist. Oder haben Sie da schon eine entsprechende Reisewarnung vom Auswärtigen Amt gehört? Nein. Ach so. Die Türkei gilt – trotz äußerst fragwürdigen Verhaltens gegenüber dem IS und militärischer Auseinandersetzung mit den Kurden – dennoch als: sicherer Staat.

Nicht komfortabel; das ist sie nach deutschen Maßstäben weder zu ihren eigenen Bürgern und schon gar nicht zu Flüchtlingen. Es ist eine Frage des Maßstabs. Wer das konkrete Leben in der Türkei als Fluchtgrund akzeptiert, definiert ungefähr 3/4 der Weltbevölkerung als asylberechtigt. Aber ist Deutschland wirklich der Maßstab, an dem die Welt gemessen werden kann? Oder sind wir erst zufrieden, wenn Deutschland so weit abgesunken ist, dass es keinen Grund zur Flucht nach Deutschland mehr gibt? Undurchdachtes wird zum Maßstab von Medien und Politik.

So hilft der Begriff Flüchtling unseren Kollegen in der Politik und in den Medien dabei sich weiter ganz warm und moralisch unangreifbar zu fühlen; dabei, sich als Trompeter auf dem Gipfel der moralischen Überlegenheit darzustellen.

„Flüchtling“ macht aus der geballten Masse an Menschen unterschiedlichster Herkunft, die von vielen eingeborenen Europäern mittlerweile als „Invasion“ beschrieben wird, in der interpretatorischen Darstellung der Schlagzeilen harmlose und unschuldige Verfolgte, Flüchtende, die unser aller Schutz und Fürsorge bedürfen.

Aber sind sie das? Alles Opfer, Opferlämmer? Manche sind mit Eisenstangen bewaffnet, mit Reizgas ausgestattet. Sie kämpfen um eine bessere Zukunft, aber das allein macht sie noch nicht moralisch überlegen. Sie bringen eine neue Härte ins Land der Anton Hofreiters und Göring-Eckardts, die vermutlich die Menschenrechte an der Temperatur der morgendliche Dusche messen. 

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