Europäische Armee? Merkel vor dem EU-Parlament

Wie ähnlich sich Merkel und Macron sind, zeigt sich, wenn man auf das schaut, WAS sie sagen, statt auf das WIE.

Frederick Florin/AFP/Getty Images

Worüber die Medien berichteten, ist Merkels scheinbares Plädoyer für eine „europäische Armee”: „Wir sollten an der Vision arbeiten, auch eines Tages eine echte europäische Armee zu haben.“

„An der Vision arbeiten” – „auch eines Tages” – „eine echte europäische Armee zu haben.“ Die Vision 2050, die Armee 3000? Lauter Horizonte, für die man sich alles vornehmen kann – wofür eine Frau Merkel von niemandem je Rechenschaft legen muss.

Die meisten Medien schrieben, Merkel habe sich damit einer „Vison” von Macron angeschlossen, einige vermerkten, dass Merkel und Macron mit der Formel von der „europäischen Armee” völlig verschiedene Vorstellungen verbinden – in beiden Fällen höchst nebulöse. Macron schwebt eine kampfkräftige Interventionstruppe außerhalb der NATO vor, in solchen Kategorien des Militärischen denkt Merkel nicht, sondern eher in deutschen Posten bei der NATO.

Für Merkel sensationell waren zwei ganz andere Redeteile.

Das eine „Sensationelle”, das Angela Merkel vor dem EU-Parlament sagte, fiel Ulrich Ladurner in Straßburg für ZEIT online wohl als einzigem Berichterstatter auf:

„Sie machte klar, dass sie durchaus bereit ist, die EU-Verträge zu ändern. An ihr solle es nicht liegen. Ja, sie ließ anklingen, dass das sogar nötig sei.”

Ladurner ordnet das auch gleich richtig ein, wenn er schreibt:

„Das sind durchaus große, starke Worte, doch kommen sie aus Merkels Mund, zünden sie nicht. Sagt der französische Präsident Emmanuel Macron das gleiche, wirkt es wie ein Feuerwerk.”

Nun, wenn Sie mich fragen. Das einzige Feuerwerk, das bei Macron zündete, war seine Wahl zum Präsidenten, in der er mit seiner magisch dem Nichts entstiegenen Bewegung die französischen Staatsparteien in eben dieses Nichts beförderte. In Merkels Amtszeit als Kanzlerin zündeten unter anderem die Folgen der Grenzöffnung 2015. Sie sprach in Straßburg über diese Grenzöffnung tatsächlich in der Formulierung „nationaler Egoismus”.

Dieses zweite „Sensationelle” nennt Markus Becker auf SPIEGEL online „so etwas wie eine Entschuldigung an die EU-Partner”:

»Vor dem Sommer 2015 habe Deutschland die Krise lange Zeit nicht als gesamteuropäisches Problem gesehen, sagte Merkel. Das sei ein Beispiel für nationalen Egoismus gewesen. Die Kanzlerin zeigte auch Verständnis für Länder, die wegen ihrer Geschichte oder ihrer Demografie „unterschiedliche Reaktionen“ auf die Aufnahme von Flüchtlingen zeigten.«

Was Merkel dann laut SPON anfügte, lässt mich fragen, ist das Selbstpersiflage oder Selbstironie?

Denn sie sagte: „Hier müsse man zu einer gemeinsamen Lösung finden. Doch auch hier wartete man vergeblich auf einen Vorschlag, wie eine solche Lösung aussehen könnte.”

Nein, antworte ich mir selbst. Persiflage und Ironie sind keine Kategorien, in denen Angela Merkel unterwegs ist.

Wenn jemand „eine solche Lösung” hätte vorschlagen müssen, dann die Kanzlerin aus Berlin. Hat sie ja auch: Verteilung der Migranten auf Länder, in die so gut wie kein Migrant will, in Länder, von denen praktisch keines zu einer solchen Brüsseler Zuteilung bereit war.

Bei Merkels Migrantenverteilung handelt es sich wie bei Macrons E-Armee nicht um Visionen, sondern Illusionen, Sand in die Augen der Bürger Europas.

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Kommentare ( 52 )

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Gerhard R.
6 Jahre her

Und wenn ich nicht mehr weiter weiß… Nein, kein Arbeitskreis. Alle Illusionen unserer unfähigen Politiker in Europa werden ersetzt durch eine einzige Fata Morgana von der europäischen Armee.
Besonders lesenswert ist der Beitrag in der NZZ vom 13. November zu diesem Thema:
‟Die europäische Armee ist ein Symbol für Ideenlosigkeit“
‟Diese Idee taucht immer wieder in Reden auf, wenn von fehlender Einigkeit in der EU abgelenkt werden soll.“

benali
6 Jahre her

Wenn der Zeithorizont Armee 3000 ist, dann scheinen sich Visionen, Illusion und Realität gefunden zu haben. Damit kann ich gut leben und auch abwarten. Beruhigend ist auch, dass sowohl Merkel als auch Macron deutlich mehr Figuren der Vergangenheit als der Zukunft sind. Politische Optionen sind für beide Puts. Das ist die gute Nachricht. Dass Merkel ihr Versagen im Sommer 2015 – und auch in den Jahren davor – mit nationalem Egoismus belegt, zeigt, wie unterirdisch diese Frau denkt. Es ist ein Markenkern Merkels, dass sie immer wieder, nachdem sie etwas gründlich verbockt hat, die Schuld überall sucht, nur nicht bei… Mehr

Heinrich Niklaus
6 Jahre her

Hat Frau Merkel die Frage nach einer europäischen Armee schon dem Deutschen Bundestag vorgelegt und haben sich Verfassungsrechtler damit befasst?

Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf: GG Art 87a.

Dort steht nichts davon, dass der Bund Streitkräfte einer EU-Armee aufstellt! Warum, verdammt noch mal, glaubt Frau Merkel wiederholt, sie könne gegen die Verfassung verstoßen und warum wird ihr das von den Medien nicht vorgehalten?

Absalon von Lund
6 Jahre her

AM spricht immer so, als wundere sie sich, daß nach dem Einschalten einer Kochplatte diese auch tatsächlich warm wird. Früher mußte sie immer erklären, warum diese trotz Einschaltens nicht warm wird. Die Seele vergißt nichts und die Jahresringe bis zum Mauerbau schagen jetzt voll durch. Gehen wir zurück in diese Vergangenheit, dann wissen wir, was uns in den nächsten drei Jahren bevorsteht. Es ist etwas Seltsames mit der Boshaftigkeit. Um den Herrn Macron nicht unerwähnt zu lassen: wußten Sie, daß er ein direkter Nachkomme der Gebrüder Montgolfier ist, der Erfinder des Heißluftballons. Irgendiwe beneide ich die Briten um ihre Splendid… Mehr

Gabriele Kremmel
6 Jahre her

Wenn ich „Vision“ höre, wird mir schon schlecht. Wir sehen ja, was uns die „Vision“ Schengenraum mit Schutz der Außengrenzen und andere, in reine Willkür abgedrifteten EU-Visionen beschert haben (und noch bescheren werden).

Lagsam hege ich den Verdacht, von der Leyer hat mit der Verlotterung der Bundeswehr im Regierungsauftrag gehandelt, um die Merkels Vision von der EU-Armee alternativlos zu machen.

Habakuk06
6 Jahre her
Antworten an  Gabriele Kremmel

Ja , sehr geehrte Frau Kremmel, wenn ich da jetzt so drüber nachdenke, könnten Sie recht haben mit der bewußt herbei geführten Verlotterung der Bundeswehr.

Imre
6 Jahre her

Da haben sich die Richtigen gesucht und gefunden, passen zusammen wie Schlump und Latsch, des Wahnsinns fette Beute!
Und Deutschland in seiner „besten“ Rolle, wegen dem Frieden und der ewigen Schuld, als Zahlemann für alles und jeden…

HavemannmitMerkelBesuch
6 Jahre her

Keine Angst, nur Visonen…ganz unverbindlich und alternativlos und natürlich nur zum Vorteil ALLER (oder ALLAH?)…wie auch immer, angesichts der Politik der Unverbindlichkeiten und MÜNDLICHKEITEN, die später immer Spielraum für Verantwortungsflucht bieten, muß man eventuell auch Gesetze ändern, also ganz unverbindlich ändern. Die sind ja auch längst unverbindlich, weil sich insbesondere die Regierung Deutschlands an keinerlei Verträge und Gesetzlichkeiten mehr gebunden sieht! Es ist die moderne freiheitlich demokratische Unverbindlichkeitsrepublik Deutschland, die Unverbindlichkeit, also nicht Anarchie, das wird schnell falsch verstanden, sondern Unverbindlichkeit zur deutschen (und das bedeutet auch gleichzeitig aber unverbindlich europäischen) Räson macht. Anarchie wär ja, wenn jeder über dem… Mehr

Leonor
6 Jahre her

Was für ein Brüller??
Wenn Herr Goergen über Frau M. schreibt..
Klingt wie der Bericht eines Erziehers aus der Kita.

MariaundJosef
6 Jahre her

Henriette Dingsbums vom „Focus“ lobt Merkel überschwänglich in ihrem Artikelchen..“Standingovations „ von 2/3 ihrer Zuhörer im Europa Parlament…Die Störer von rechts hat sie gekonnt“ abgekanzelt“…Dorothea bleibt die Königin Europas..Die DDRMadame stellt mal alles wieder auf den Kopf…unser Grundgesetz umgeht sie schon wieder.Die Bundeswehr ist nur zur Verteidigung der Bundesrepublik vorgesehen..Zählt aber seit dem bräsigen Grünen Fischer nicht mehr. Röschen sorgt für den Abbau mit aller McKinsey-Macht…Hier stinkt einfach alles….Fakt ist, diese „ Kanzlerin“ besorgt die Beseitigung der Nation Bundesrepublik Deutschland mit aller Macht.. Wer sich mal diese Woche das Video von der österreichischen Gedenkfeier zur Gründung ihrer Republik am 12.11.1918… Mehr

bkkopp
6 Jahre her

Ulrich Ladurner hat dann auch noch einen treffenden Schlusssatz. Es ist aber nicht wirklich amüsant. Millionen Menschen meinen, sie vertrauen irgendwie darauf, dass das was Macron und Merkel proklamieren doch irgendwie Hand und Fuss haben müsste. Sie werden die Idee/die Illusion/das Hirngespinst entweder vergessen, oder nach und nach realisieren, dass mit der Bundeswehr, und eine möglichen Militärkooperation innerhalb der europäischen Nato-Mitglieder schon seit 25 Jahren mehr als erhebliche Schwierigkeiten hatte, und, dass eine Europäische Armee für 5-10 Jahre mindestens eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben von 5% des BIP erfordern würde. Irgendjemand müsste auch einen tüchtigen Verteidigungsminister, eine tüchtige Generalität und BMVg-Bürokratie,… Mehr

Kassandra
6 Jahre her
Antworten an  bkkopp

Ganz ernsthaft: Merkel weiß, dass es für Deutschland keine Zukunft gibt.
Nur unter diesem Aspekt machen ihre Reden mit diesen nicht zu verwirklichenden Nullaussagen einen Sinn.

bkkopp
6 Jahre her
Antworten an  Kassandra

Ich kenne sie nicht persönlich, aber ich denke, dass sie entweder kurzfristig nützlich findet was sie sagt, oder dass sie es wirklich glaubt. Auch wenn es der grösste Unsinn ist. Mein Bild seit 2006.