Steigende Energiepreise in Deutschland trotz weltweiter Erdgasschwemme

Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Gas- und Strompreise in Deutschland gegenüber dem 1. Halbjahr 2022 um 16,2 Prozent, die Strompreise um 4,4 Prozent. Offenkundig eine Folge deutscher Energiepolitik, denn das Erdgas-Angebot auf dem Weltmarkt ist gleichzeitig deutlich angestiegen.

IMAGO / Jochen Tack
Schwimmendes LNG Terminal im Seehafen von Eemshaven (Niederlande), 15.03.2023

Die privaten Haushalte in Deutschland haben im 2. Halbjahr 2022 im Durchschnitt 9,34 Cent je Kilowattstunde Erdgas gezahlt. Hierbei ist die Soforthilfe im Dezember 2022, eine der Maßnahmen aus dem dritten Entlastungspaket der Bundesregierung, mit berücksichtigt. Strom kostete die Verbraucher durchschnittlich 34,96 Cent je Kilowattstunde.

Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, stiegen die Gaspreise damit gegenüber dem 1. Halbjahr 2022 um 16,2 Prozent, die Strompreise um 4,4 Prozent. Gegenüber dem 2. Halbjahr 2021 lagen die Gaspreise um 36,7 Prozent, die Strompreise um 6,4 Prozent höher. Die gestiegenen Energiekosten für Erdgas im Großhandel sorgten auch für die privaten Haushalte in der zweiten Jahreshälfte 2022 für deutlich höhere Preise.

Bloomberg berichtet indes, dass der Weltmarkt derzeit mit Erdgas geradezu überschwemmt wird. Allerdings sei die Nachfrage gedämpft. In Europa werden die Gasspeicher schneller gefüllt. Dies drücke die Preise nach unten und führe in Europa und Asien zu einem Überangebot – zumindest für die nächsten Wochen. Aufgrund des überwiegend milden Winters und der Reduzierung des Verbrauchs füllten sich die Lagerbestände von Südkorea bis Spanien.

Tanker mit verflüssigtem Erdgas LNG hatten dagegen laut Recherchen von Bloomberg oft Schwierigkeiten, einen Hafen zu finden, und liegen wochenlang auf See. Es scheine eine kurze Gasschwemme zu geben, die den Druck auf die LNG-Preise in den nächsten Wochen aufrechterhalten und die Benchmarks leicht nach unten drücken könnte, so ein Energieanalyst von Bloomberg Intelligence.

Die Gaspreise in Europa und Asien seien zwar gegenüber den Höchstständen des letzten Jahres eingebrochen. Doch sie würden immer noch weit über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre liegen.

In Spanien, wo sich die meisten LNG-Terminals in Europa befinden, sind die Gasspeicher bereits zu 85 Prozent gefüllt. Dieser könne schnell zu Überkapazitäten führen und die Spotpreise belasten, so RBC Capital Markets. In Finnland wurden die LNG-Importslots für den Sommer von 14 auf 10 reduziert, was zum Teil auf einen erwarteten Nachfragerückgang zurückzuführen ist. Europa baute rasch mobile LNG-Importterminals, um die Abhängigkeit von russischem Pipelinegas zu verringern. In diesem und im nächsten Jahr werden weitere hinzukommen.

Unterdessen stiegen die weltweiten LNG-Exporte im März wieder auf ein Allzeithoch. Das sei zum Teil auf eine Erholung der US-Produktion zurückzuführen und trage zu niedrigeren Preisen bei. Während die Gasexporte von Großbritannien auf den Kontinent sprunghaft ansteigen. In England gibt es nur wenige große Speichermöglichkeiten.

Darüber hinaus verzeichnete China inmitten einer langsamen Erholung nach der Aufhebung der Pandemiebeschränkungen Rekordausfuhren von LNG, und einige Schiffe werden von einem anderen großen LNG-Importeur, Südkorea, umgeleitet. Japan, ein großer Abnehmer von LNG, bietet Lieferungen an, um ein Überangebot im eigenen Land zu vermeiden.

In Südamerika bleibt die Nachfrage schwach, bis Argentinien im Mai sein zweites schwimmendes Importterminal in Betrieb nimmt, rechtzeitig vor dem kälteren Wetter in der südlichen Hemisphäre, so Leo Kabouche, Analyst bei Energy Aspects Ltd. Dennoch könnten die geplanten jährlichen Wartungsarbeiten an den Gasanlagen von Ende April bis zum Sommer das übermäßige Angebot begrenzen. Auch andere Risiken bleiben bestehen, etwa weitere Kürzungen der russischen Lieferungen oder unerwartete Ausfälle.

Das weltweite LNG-Angebot wird nach Schätzungen noch zwei Jahre lang unter dem  langjährigen Durchschnitt bleiben. Dies spiegelt sich in den Terminpreisen wider, die in den kommenden Monaten und vor allem im Winter steigen und bis Anfang 2025 auf einem hohen Niveau bleiben dürften. Doch für 2023 werde das europäische Gasgleichgewicht viel fragiler sein als im vergangenen Jahr, teilte das französische Institut für internationale Beziehungen in der vergangenen Woche mit.

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Kommentare ( 30 )

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89-erlebt
1 Jahr her

Wer so dilettantisch ins LNG Geschäft einsteigt wie zB in Brunsbüttel darf sich nicht beschweren.

Endlich Frei
1 Jahr her

Tipp: Öfters frieren (weniger arbeiten, mehr im warmen Bett).
Es ist halt so, dass sich der Deutsche selbst bestraft für den Umstand, dass der Neandertaler im kühlen Norden Europas – um nicht zu erfrieren – auf Lagerfeuer angewiesen war. Als Kompensation schickt er nun viele bunte Millarden in den Süden des Globus, wo Länder keinerlei CO2-Auflagen unterliegen. Ich glaube, es gibt kein zweites Land, welches dieser verqueren Logik zu folgen imstande ist.

Thorben-Friedrich Dohms
1 Jahr her

Die Politik will hohe Energiepreise und die Konzerne liefern diese gerne. Win-Win!

89-erlebt
1 Jahr her

Harbecks Liebling RWE ist ganz vorn dabei beim Steuer Geld abgreifen.

Ananda
1 Jahr her

Diese künstliche Verteuerung der Energiepreise und damit die breitflächige Verarmung der Deutschen ist so unglaublich respektlos gegenüber den Bürgern, man kann diese Dreistigkeit kaum für möglich halten, während „die Maden im Speck“ sich selber „Inflationsausgleiche“ und „Energiekostenzuschüsse“ gewähren.
Die „Herde“ und deren selbsternannten „Eigentümer“

Dieter Blume
1 Jahr her

Sprach der König zum Priester: Halte du sie dumm, ich halte sie arm. In Ermangelung eines Königs hält die Regierung uns arm und die Priester mit Unterstützung der Leitmedien halten uns dumm.

ersieesmussweg
1 Jahr her

Bitte nicht vergessen: IM Erika hat damit angefangen und alle haben zugesehen. Die heutige grüne Verblendung setzt den Schlussakkord.

Rob Roy
1 Jahr her

Weltmarkt- und Rohstoffpreise hatten vor allem in den letzten 20 Jahren wenig mit der Preisgestaltung in Deutschland zu tun. Anbieter und Unternehmen zocken den deutschen Verbraucher seit 20 Jahren völlig ab. Als Italiener schon Flatrates für ihre Handys hatten, haben wir noch eine Mark pro Minute bezahlt. Während die Franzosen nach der Euro-Einführung noch jahrelang exakt auf den Cent genau umgerechnete Preise hatten, wurde bei uns großzügig aufgerundet. Internet ist langsam, dafür aber unverschämt teuer. Jede Erhöhung der Mehrwertsteuer, zusätzliche Abgaben oder die Inflation, wird hier ausgenutzt, um auch den urprünglichen Nettopreis von Waren zu erhöhen. Inzwischen haben wir die… Mehr

Thorben-Friedrich Dohms
1 Jahr her
Antworten an  Rob Roy

Beonders bemerkenswert sind auch die Preiserhöhungen in der Gastronomie. Die waren auch bei der Umstellung auf den Euro in der Spitzengruppe. Aktuell kann man es beim Bier sehr schön beobachten. Da erhöht Radebeger den Preis pro Hektoliter um 14,- Euro und in manchen Gaststätten werden daraus mehr als 70,- Euro.

Senni
1 Jahr her

So gehts aus wenn man Flüssiggas-Verträge bei Höchstpreisen langfristig abschließt und die Preise anschließend sinken. Naja, der Wirtschaftsminister Kinderbücher-Autor !!!

Oneiroi
1 Jahr her

NG ist am Markt so billig wie im Coronalockdown und die Russen scheinen den Markt weiter zu fluten. Mir scheint der Preis auch politisch massiv beeinflusst zu sein. Für Ostasien dürfte die Situation von Vorteil sein, da die das Gas und Öl der Russen zum Spottpreis nehmen und so den Abstand beim Wirtschaftswachstum zum Westen weiter ausbauen können. Es verwundert sowieso wie resistent die Europäische Wirtschaft und der Euro dieses Jahr sind. Da braut sich was für die 2. Jahreshälfte zusammen, wenn die Zahlen sich nicht mehr unbegrenzt schönenn lassen.

Peter Klaus
1 Jahr her

WIR sind reich! WIR haben Platz! WIR retten das Klima! WIR schaffen das!

Last edited 1 Jahr her by Peter Klaus