EM: Männer, denen der Tor-Instinkt ausgetrieben wurde

Bälle hin- und herschieben, dass es eine wahre Freude ist und die filigrane Kunst, den Ball zu jonglieren wie eine Christbaumkugel: Für unseren Autor eher ein Hinweis, dass Gender-Mainstreaming die Stadien in Deutschland erobert hat: Ein Spiel ohne Siegwillen ist eben keins.

Fußballspielfeld

Was war denn das? Ein Ballgeschiebe hin und her, kreuz und quer, nach hinten, wieder nach vorn. Fußball ? Wohl schon, aber stinklangweilig, in 90 Minuten jedes halbe Jahr ein schönes Tor. Sonst nichts, dann Warten, ewig bloß warten , aber in einer Sprache, dass man dachte, jetzt platzt gleich ein Wunder.

Nur Ketten, überall

Aber nichts, immerzu bloß Viererketten, Fünferketten, ein Denken in Ketten? Ein Sklavensport, direkt pervers, könnte man glauben. Dann also Spiele gegen den Ball? Wie das denn, früher seit Sepp Herberger kannte man schon das Spiel ohne Ball. Jetzt also gegen den Ball, Abwehrriegel, Pressing. Auf der anderen Seite wieder der pure Ballbesitz, freilich ohne Torinstinkt, dafür mit viel viel sogenannten Laufwegen, Automatismen, keine Ahnung was das ist? … Automatismen? Mein Nachbar indes redet auch schon so … Hauptsache ein Expertenpalaver, schier wissenschaftlich im Anklang, möglichst mit zwei Sechsern und einem falschen Neuner, alles klar? Das kam einem so ähnlich vor wie damals die Rhetorik der Rettungsschirme, in welchen sie die Euro-Milliarden versteckten bzw. aufbewahrten, so dass der einfache Malocher sich bloß noch wundern konnte, wo plötzlich das viele Geld herkam, das sonst immer überall gefehlt hat. Der Laie als Steuerzahler wähnte sich immerhin auf Augenhöhe mit Schäubles Gruselkabinett … ganz ähnlich also jetzt die Verarsche beim Fußball … nix los, aber drum herum ein Riesengeschrei.

Nicht mehr mein Spiel

Mit Werbung, viel Prominenz, Popmusik und Angst vor Terror … natürlich … ich wollte mir das nicht lange gefallen lassen. Meine Zeit und ja, nein, das war nicht mehr mein Fußball, wie ich ihn noch gekannt habe … Die Frau Merkel, die sich im Stadion nicht blicken ließ diesmal, würde sagen: „nicht mehr mein Land“… aber bitte, ich möchte kein Missverständnis verursachen: Sicher, die smarten millionenschweren Ball-Buben wie der Götze oder ein Özil können da nichts dafür. Die sind anders aufgewachsen und folgen den Maestros der Championsclubs. Sie können am Ball wirklich alles, sie könnten im Zirkus auftreten, sie gehen mit dem Ball um wie mit einer Christbaumkugel … so filigran und fein. Ihnen haben sie bloß einfach den Instinkt ausgetrieben, den Trieb zum Tor, denke ich, den Zug zum Männersport. Das ist im Fußball heute wie im Fernsehen, wo auch die Frauen die Viererketten der Talkshows hin und herschieben, um die Räume enger zu machen, sozusagen.

Gender-Mainstreaming mit dem Ball

Also das ganze Styling im Fußball jetzt eher auch gleichgeschlechtlich, oder wie man sagt … gender-mainstreammäßig. Denn der Herr Löw und seine Anhänger setzen immer mehr auf das kreative Vorspiel und sie scheinen nichts mehr zu verabscheuen, als kraftvolle … bombastische Fernschüsse, voll Testosteron und genitalem Willenseifer, so als müssten Fußballer auch Künstler sein, die genauso gut in einem spanischen Ballett auftreten könnten, … um den Ball möglichst raffiniert an den Viererketten vorbei förmlich ins Tor hineinzutragen, bzw. ins Tor rein zu ‚machen‘….

“Was war das für ein Gefühl, als sie den Ball rein machten? Herr Draxler“, eine typische Reporterfrage dieser Tage … Fußball lässt sich auf Dauer, steht zu befürchten, genauso gut in ein Geschwätz auflösen, wie alle anderen Fragen unserer Zeit, die man uns aufdrängt, damit bloß keine größere Unruhe ausbrechen kann am Ende … und jeder sich seinen eigenen Reim selbst sucht und macht  …

Wim Setzer ist Kabarettist, Kunstkritiker und Journalist.

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