Elon Musk: Weiß die deutsche Öffentlichkeit davon?

Musk wundert sich in einem Tweet sehr über die Praxis bestimmter NGOs im Mittelmeer, die illegale Migranten aus Tunesien und Libyen aufs europäische Festland übersetzen. Als ihm das Auswärtige Amt antwortet, folgt ein Online-Scharmützel. Weitere deutsche Steuergelder fließen an eine der NGOs. Die Regensburger „Sea-Eye“ bekommt 365.000 Euro.

IMAGO, Screenprint: X - Collage: TE

Elon Musk ist ziemlich erstaunt. Auf seiner Plattform X (Twitter) teilte er den Post des Kontos „Radio Genoa“, auf dem die Praxis diverser Organisationen – gemeinhin „Nichtregierungsorganisationen“ (NGO) genannt – im Mittelmeer gezeigt und angeklagt wird. Schiffe deutscher NGOs sammeln demnach illegale Migranten ein und bringen sie ans italienische Festland, wo man ohnehin vom Ansturm der Schlepperboote überfordert ist. Schon das kann zu berechtigter Verwunderung führen, aber dass die Bundesregierung diese Organisationen sogar noch mit Steuergeld versorgt, sprengte endgültig die Vorstellungskraft des Geschäftsmanns aus Südafrika, der inzwischen auch den kanadischen und einen US-Pass besitzt.

Musk fragte sich öffentlich: „Weiß die deutsche Öffentlichkeit davon?“ Fast 160 Millionen Menschen folgen Musk auf der Plattform X, die seit knapp einem Jahr in seinem Besitz ist. Zur Stunde haben mehr als 230.000 seinen Beitrag mit einem Like versehen, viele reagierten in Antwort-Postings. Man sieht in dem geteilten Video des Nutzers „Radio Genoa“, wie behelmte NGO-Mitglieder Migranten aus Afrika von einem Boot ins andere helfen. Danach stehen die Migranten auf einem größeren Schiff in einer Reihe.

Die deutsche Öffentlichkeit kann von dem genannten finanziellen Zusammenhang wissen, denn TE hat seit dem Bundestagsbeschluss vom letzten November immer wieder darüber berichtet. Ursprünglich sollten die Gelder an die Super-NGO „United4Rescue“ fließen, die das Geld ihrerseits an drei NGO-Schiffe verteilt hätte. Der Mechanismus musste wegen grüner Vetternwirtschaft geändert werden. Nun bewilligte das Auswärtige Amt eine Direktzahlung von 790.000 Euro an die NGO „SOS Humanity“, die mit einem Boot im Raum zwischen Italien, Tunesien und Libyen aktiv ist. Die Geldspritze entspricht laut Angaben der NGO den Kosten eines Vierteljahres. Seit dem gestrigen Freitag erhält zudem die NGO „Sea-Eye“ 365.000 Euro für den Unterhalt des Schiffes „Sea-Eye 4“, das derzeit in Spanien vor Anker liegt.

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Die in Regensburg ansässige „Sea-Eye“ ist damit die dritte Organisation, die vom Auswärtigen Amt Gelder aus dem Bundeshaushalt erhält. Daneben erhielt auch die katholische Gemeinschaft Sant’Egidio 400.000 Euro – der Verein beherbergt auf die Bitte von Papst Franziskus Migranten aus dem Mittelmeer und verteilt Visa an „Flüchtlinge“ aus Afrika und Asien. Auch die Stadt Frankfurt will übrigens 20.000 Euro an die im Mittelmeer tätige NGO „Sea-Eye“ zahlen. Laut der Frankfurter Rundschau hat aber das Rechtsamt der Stadt noch bedenken. Ähnliche Zahlungen werden vom Dachverein „Seebrücke“ sogar gewohnheitsmäßig den beitretenden Kommunen abverlangt oder angesonnen. Ähnlich agiert die Initiative „Sicherer Hafen“. Es ist also wahr: Der deutsche Staat und seine Untergliederungen bemühen sich seit vielen Jahren, die umstrittenen „NGOs“ im Mittelmeer mit Geldmitteln auszustatten. Der Bundestagsbeschluss vom November, dem SPD, Grüne, FDP und die Union zugestimmt haben, führt diese Geldflüsse aber in eine Dimension. Hier sind zudem ohne Zweifel die diplomatischen Beziehungen zu anderen Staaten berührt.

Die Verfahrensweisen der NGOs im Mittelmeer vor Sizilien sind schon 2020 im offiziellen Ermittlungsbericht der Staatsanwaltschaft von Trapani ans Licht gekommen. Dort, auf Sizilien läuft der Strafprozess gegen die Berliner NGO „Jugend Rettet“, deren Schiff „Iuventa“ seit August 2017 vom italienischen Staat festgesetzt wurde. Langsam nimmt nun auch der Prozess Fahrt auf, der nach langen Fingerhakeleien erst 2021 angestoßen wurde. Gemäß dem 650-Seiten-Bericht der Staatsanwälte soll „Jugend Rettet“ zusammen mit den Schiffen zweier anderer Organisationen „ein vollständiges System zur Organisation, Erleichterung und Unterstützung der illegalen Einwanderung“ auf hoher See betrieben haben. Laut einem neuen Bericht des Focus gibt es Fotos und Videos von den Begegnungen der NGO-Schiffe mit Schleppern aus Nordafrika, welche ihnen weitere Boote ankündigten. Teils wurden Schlepper sogar bis in italienische Häfen mitgenommen… Direkter als in diesen Dokumenten kann man sich den Kontakt zwischen Schleppern aus Nordafrika und Migrations-NGOs aus Europa offenbar nicht vorstellen. Kein Wunder, dass die NGOs die Bilder und Videos unter Verschluss zu halten suchten.

Auswärtiges Amt lässt sich auf Scharmützel ein

Doch zurück zu Musk. Denn in dessen X-Post war durchaus noch Musik. Das Auswärtige Amt höchstselbst ließ sich auf ein Online-Scharmützel ein und antwortete über sein englisches X-Konto: „Ja. Und das nennt man Leben retten.“ Das klingt schon ein bisschen nach dem Praktikanten, der sich ins offizielle AA-X/Twitter-Account verirrt hat. Worauf aber auch Elon Musk nicht verstummte. Er stellte fest, dass das Auswärtige Amt – wer auch immer dort in seinem Namen auf X geschrieben hatte – offenbar stolz auf seine Tat sei. Musk erinnerte noch einmal daran, dass er nicht an eine Mehrheit für diese Entscheidung in Deutschland glaube. „Haben Sie eine Umfrage durchgeführt?“ Ganz sicher ist sich Musk aber, dass es sich hier um eine Verletzung der Souveränität Italiens handelt. Für Musk gehen „Invasions-Vibrationen“ von diesen Bildern und Informationen aus.

Als ein X-Nutzer eine Karte vom zentralen Mittelmeer postete, die die geographischen Verhältnisse aufzeigte – den minimalen Rettungsweg zurück an die nordafrikanische Küste und die hunderten Kilometer bis nach Malta und Sizilien –, versetzte Musk: „Das klingt viel eher nach Menschenschmuggel als der Rettung von Leben.“ Andere Nutzer steuerten weitere Definitionsversuche bei, darunter Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Geldwäsche.

Das Thema geht Musk offenbar nahe, seit auch die USA von einer nie gesehenen Welle illegaler Migranten betroffen sind. Kürzlich besuchte Musk die Grenze zu Mexiko am Eagle Pass in Texas, wo es zuletzt zu vielen illegalen Grenzübertritten gekommen war. Um es genau zu sagen, krochen dutzende Migranten nachts unter dem Stacheldraht hindurch und verschwanden in den amerikanischen Wäldern. Ein lokaler Notstand wurde ausgerufen, und die Gemeinde sah sich gezwungen, staatliche und Bundeshilfe anzufordern. Am Pass sagte Musk, man müsse einen Menschenstrom aufhalten, der derartige Ausmaße annimmt, dass er am Ende zu einem Kollaps sozialer Dienstleistungen führen wird.

Die schwedischen Maßnahmen, die teils erst noch beschlossen werden müssen, etwa die Ausweisung von Gangmitgliedern ohne Verurteilung, befürwortet Musk. Die Nachricht ist hier gewissermaßen, dass diese Neuigkeiten inzwischen international wahrgenommen und geteilt werden, so dass sich eine globale politische Diskussion abseits der alten Leitmedien ergibt. Musk hält die „legacy media“ seines Landes ohnehin für eine Zeitverschwendung und einen „Traurigkeits-Generator“, wie er in einem anderen Post verriet.

In einem erklärenden Tweet schrieb Musk nun: „Illegale Einwanderung muss aufhören, aber ich bin total für eine starke Ausweitung und Vereinfachung der legalen Einwanderung. Jedem, der sich als hart arbeitend, talentiert und ehrlich erweist, sollte es erlaubt sein, US-Bürger zu werden. Punkt.“ Diese Einstellung befindet sich ganz sicher in Übereinstimmung mit dem traditionellen Selbstverständnis der USA, auch wenn es zu allen Zeiten auch Beschränkungen des Zuzugs gab. Auch in anderen Statements weist sich Musk grundsätzlich als „einwanderungsfreundlich“ aus, ist er doch selbst ein Einwanderer in die Vereinigten Staaten.

SZZEITFAZetc vermerken AfD-Unterstützung und ironisieren den „ungefilterten“ Blick

Hatte Musk damit bereits zur Wahl der AfD aufgerufen, wie viele meinen? Nicht ganz. Er hat auf die Bedeutung eines Tweets hingewiesen und eine Frage an hiesige Stellen gestellt. Aber das reicht offenbar schon: die Realität zur Kenntnis nehmen und kritische Fragen stellen. Da tut sich für viele Journalisten – bei der FAZ angefangen – ein Abgrund an „AfD-Nähe“ auf. So wundert sich die besagte FAZ, dass Musk ausgerechnet den Beitrag dieses „migrationskritischen X-Nutzers namens Radio Genoa“ teilte, in dem eben die Hoffnung in den Raum gestellt wird, die Wahl der AfD könne an den gezeigten Umständen etwas ändern.

Äußerst distanziert betrachtet man im Frankfurter Traditionsblatt auch, dass Musk sich „einen, wie er es nannte, ‚ungefilterten‘ Blick auf die Situation“ verschaffen wollte. Dieselbe Redewendung haben deutsche und ausländische Politiker hunderte Male verwendet, ohne dass dies dieselbe kritische Zensur, dieses kleine Augenbrauenhochziehen der Wohlmeinenden, hervorgerufen hätte.

Und einem Grünen-Funktionär von der Heinrich-Böll-Stiftung fällt auf, dass sich Musk damit sogar in den deutschen Wahlkampf eingemischt haben könnte. Nichts leichter als das, jeder einzelne X-Nutzer kann dasselbe tun. Jener grüne Ex-Politiker dampfplaudert dann noch etwas über „Wahlpropaganda“ und einen „resilienten & demokratischen öffentlichen Raum in der EU“ – ihm fällt aber nicht auf, dass er genau den vermutlich im nächsten Atemzug bekämpfen will beziehungsweise sich von Ursula von der Leyen und Thierry Breton (dem „Erfinder“ der EU-Zensur-Gesetzes über digitale Dienste, Digital Services Act) erhofft. Damit ist fast alles zu dieser Online-Posse gesagt, die mit einem sehr ernsthaften X-Tweet des X-Eigners Musk begann.

Das nennt sich Krieg gegen das deutsche Volk

Sogar Musks Mutter eilte ihrem Sohn indes zu Hilfe mit der Geschichte einer Freundin, die zwar legal in die Staaten gekommen sei, aber sich immer noch um ihren Green-Card-Status sorgen müsse. Das steht für Maye Musk im Kontrast zu den illegalen Flussdurchschwimmern, die alsbald legalisiert würden.

Für seinen ursprünglichen Tweet erhielt Musk viel Unterstützung. So postete TE-Autor Douglas Murray einen Link zu seinem Buch „The Strange Death of Europe“, welches zu deutsch „Der Selbstmord Europas“ heißt und in der „Edition Tichys Einblick“ herausgegeben wurde (Link am Ende des Beitrags).

Harald Schmidts Parodie-Account („Dirty Harry – Original Parody“) schrieb: „Der deutschen Öffentlichkeit ist dies zum großen Teil bewusst“. Sie werde „aber von der Regierung mundtot gemacht durch diffamierende Schlagwörter wie Faschist, Nazi oder Rassist. Die Bürger haben Angst ihre Meinung frei zu äußern.“ In Reaktion auf den AA-Tweet („Nennt sich Leben retten“) stellte Schmidt fest: „Nein, das nennt sich Krieg gegen das deutsche Volk!“


 

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