EU: Handelsüberschuss mit sich selbst – Grund ist offenbar Umsatzsteuerbetrug

Die Außenhandelsstatistik der EU-Staaten ist offenbar in großem Umfang verfälscht: Wie eine Datenanalyse zeigt, wurden zwölf innereuropäische Exporte im Umfang von 2,9 Billionen Euro verzeichnet, die gar keine waren - um Steuern zu vermeiden.

© Andreas Rentz/Getty Images

Es klingt so, als spräche der Lügen-Baron Münchhausen über Außenwirtschaft. Aber die Meldung ist echt: Die EU hat nach den Daten ihrer Mitgliedsländer einen Handelsüberschuss mit sich selbst von 307 Milliarden Euro allein im Jahr 2018. Bei einer korrekten Erfassung aller Im- und Exporte innerhalb der EU müsste die Bilanz selbstverständlich ausgeglichen sein. Messfehler alleine können diese systematische Abweichung nicht erklären. Vielmehr scheint massiver Umsatzsteuerbetrug eine Ursache, der die EU-Staaten 30 bis 60 Milliarden Euro an Steuereinnahmen pro Jahr kostet. Dies zeigt eine Datenanalyse des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel) und des ifo Instituts in München.

„Einen Fehler in der Zahlungsbilanz dieser Größenordnung darf die EU nicht auf die leichte Schulter nehmen und als amüsante Kuriosität abtun, gerade auch, weil sich derzeit internationale Streitigkeiten an der Höhe von Handelsbilanzüberschüssen entzünden. Die Politik braucht verlässliche Daten“, erklären die Autoren, IfW-Präsident Gabriel Felbermayr und ifo-Forscher Martin Braml.

Die Erklärung: „Wenn Unternehmen Umsätze als Exporte deklarieren, sind diese von der Umsatzsteuer befreit. Werden diese Umsätze aber gar nicht im Ausland erzielt, sondern im Inland, fehlen sie in der Importstatistik des angeblichen Handelspartners und bleiben damit unversteuert“, so Felbermayr und Braml. Nach ihren Schätzungen sind dem europäischen Fiskus so alleine im Jahr 2018 rund 30 Milliarden Euro verloren gegangen. Sie empfehlen einen digitalen, automatisierten Datenabgleich von Importen und Exporten innerhalb der EU, um Bilanzfehler künftig zu verringern und Betrug zu erschweren.

Die Forscher analysieren die erfassten Handelsdaten aller 28 EU-Mitgliedsstaaten untereinander seit 1999. Allein 2018 betrug der EU-EU-Handelsüberschuss beachtliche 307 Milliarden Euro. Dies entspricht knapp zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) der EU und ist mehr als das BIP der acht kleinsten EU-Mitglieder zusammen.

Politik braucht verlässliche Daten

Die gesamte Welt hatte 2018 einen Handelsüberschuss mit sich selbst von 357 Milliarden Euro (422 Mrd. US-Dollar). Die globale Abweichung geht demnach zu 86 Prozent allein auf die EU zurück. Die EU bilanziert seit Gründung des Binnenmarktes 1993 einen Handelsüberschuss mit sich selbst, der mit der EU-Osterweiterung deutlich anstieg und sich über die letzten zwölf Jahre auf insgesamt 2,9 Billionen Euro summiert.

Am stärksten ins Gewicht fallen die statistischen Abweichungen in der Bilanz des Vereinigten Königreiches, was aber auch zurückgeht auf die dort praktizierte, bloß stichprobenmäßige Erfassung von Handelsdaten. Betrachtet man allein die Eurozone, sinkt der Überschuss im Jahr 2018 von 307 auf 126 Milliarden Euro. Geht man auch bei Länderpaaren, die Großbritannien umfassen, davon aus, dass die Bilanzabweichungen auf Steuerbetrug zurückzuführen sind, wurden in der EU 64 Milliarden Euro Steuern hinterzogen.

Niederlande liefern die beste Datenqualität

Die Autoren untersuchen verschiedene Erklärungen für die statistischen Abweichungen. Messfehler oder zufällige Ungenauigkeiten allein können die Abweichungen demnach nicht erklären, da diese dann im langfristigen Durchschnitt null sein müssten. „Steuerhinterziehung ist als eine Ursache des EU-EU-Handelsüberschusses hochwahrscheinlich und kostet den Steuerzahler jedes Jahr Milliarden“.

Im Durchschnitt werden den Mitgliedsländern 18 Prozent zu viel Warenexporte und 26 Prozent zu viel Dienstleistungsexporte gemeldet. Dabei ist die Bilanzqualität der einzelnen Staaten höchst unterschiedlich. Die beste Datenqualität liefern die Niederlande, Deutschland liegt im vorderen Mittelfeld. Zypern, Irland, Luxemburg und Schweden weisen die größten Abweichungen auf. Besonders ausgeprägt sind die Unterschiede zwischen Nachbarstaaten und Mitgliedsländern mit größeren Unterschieden in den Mehrwertsteuersätzen.

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Kommentare ( 14 )

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Contra Merkl
4 Jahre her

Mit der Uschi und Christine Largarde kann doch jetzt in Sachen Geld in der EU kein Mangel mehr passieren.
Da wird einfach neues Geld gedruckt. Warum ?
Weil die Frauen das können.

Harald Kampffmeyer
4 Jahre her

Im Strafgesetzbuch nennt sich die Wegnahme von Vermögenswerten unter Gewaltandrohung / -anwendung Raub. Macht selbiges der Staat, so nennt man es Steuererhebung. Da dieser Staat nebst EU unfähig und unwillig ist / sind, originäre Staatsaufgaben zu erfüllen, fehlt ihm / ihr jede Rechtfertigung zum Raub / Schutzgelderpressung / Steuererhebung.
Also Glückwunsch und Dank an die, die es vermocht haben, sich der Schutzgelderpressung zu entziehen. Mit Stolz können diese sagen: „Wir finanzieren nicht die organisierte Kriminalität.“
Je weniger Mittel der Staat / die EU bekommen, umso weniger sind ihre uns schädigenden „Projekt“ finanzierbar. Also weiter so!

Medienfluechtling
4 Jahre her

„digitalen, automatisierten Datenabgleich“ das wird wieder ein Stück Infrastruktur für bargeldloses Handeln…

caesar4441
4 Jahre her

Merkwürdig ,daß sich keine Finanzbehörde ,kein Politiker für diese Fakten interessiert.
Ähnlich wie bei cum-ex.

Snakebite
4 Jahre her

„Die gesamte Welt hatte 2018 einen Handelsüberschuss mit sich selbst von 357 Milliarden Euro (422 Mrd. US-Dollar). Die globale Abweichung geht demnach zu 86 Prozent allein auf die EU zurück.“ Ob das evtl. auch auf fehlende Grenzkontrollen innerhalb der EU (Wo gibt es sonst auf der Welt eine solch große Vereinigung einzelner Staaten ohne Grenzkontrollen?) zurück geführt werden könnte? (Wenn Warenim-/-exporte an den Grenzen erfasst werden, dann wäre diese Form des Umsatzsteuerbetrugs schon um einiges schwerer, oder?) Aber ich kann mir schon denken, wie unsere (EU-)Politiker (sollten diese sich des Problems annehmen) das Problem lösen: „Wir brauchen eine EU-weit geltende… Mehr

Ratax
4 Jahre her

Falsche Schlussfolgerung: Es muss sich nicht um Steuerhinterziehung handeln!!! Beispiel: Der deutsche Unternehmer exportiert Ware an ein italienisches Unternehmen. Bei zutreffender Abwicklung meldet der deutsche Unternehmer den EU-Export an und bleibt USt-frei. Das italienische Unternehmen meldet den EU-Import an, muss theoretisch die EU-Einfuhr-Umsatzsteuer zahlen, welche in der Praxis aber sofort mit dem Vorsteuerabzug verrechnet wird. Weil also keine Umsatzsteuer abzuführen ist, wird im Ausland sehr gerne auf die Einfuhrmeldung „verzichtet“. Also hängt ein Großteil des Fehlers an laxen Meldungen, nicht am Umsatzsteuerbetrug. Der Fiskus behauptet gerne etwas anderes, weil er immer schärfer in sein Horn bläst und Exporteure und Importeure… Mehr

Epouvantail du Neckar
4 Jahre her

Und dann soll der Wahlpöbel noch an nicht manipulierte Wahlen glauben? Mit OECD oder ohne, merde.

Gerd Sommer
4 Jahre her

Hi hi, da kriegt des Titel Exportweltmeister doch eine ganz andere Bedeutung, da lässt es sich doch gut und gerne leben….

Frank v Broeckel
4 Jahre her

Betrug gibt es NICHT nur hinsichtlich der Umsatzsteuer! Als begeisterter Bevölkerungsstatistiker hatte ich einmal festgestellt, das im Rahmen der Wehrverfassung staatliche Einwohnermeldeämter selbstverständlich rein versehentlich(!!) VORSÄTZLICH vergessen haben, zwischen 25 bis 35 Prozent aller wehrpflichtigen Personen den zuständigen Wehrersatzbehörden überhaupt zu melden! Da haben wohl GEWISSE Söhne gewisser Leute, -ja genau dieser Leute-, ja richtig Glück gehabt, das ihre Daten selbstverständlich rein versehentlich, nicht weitergemeldet worden sind! Daher mein Fazit! Ob nun Umsatzsteuer oder wehrpflichtige Personen: Was angeblich selbstverständlich rein versehentlich(!!) so ALLES rein zufällig(!!) VORSÄTZLICH VERGESSEN worden ist, den dafür zuständigen Behörde auch wahrheitsgemäß(!!!) zu melden, spottet irgendwann nur… Mehr

Yuminae
4 Jahre her
Antworten an  Frank v Broeckel

Jeder kennt auch noch die Ex-Verteidigungsministerin und jetzige EU-Chefin, die auf Nachfrage, ob eins ihrer zahlreichen Kinder je als Soldat gearbeitet hatte oder die Wehrpflicht durchexerziert hat, ihre Antwort. Ein lautes Lachen und ein „Nein“.

Alf
4 Jahre her

Umsatzsteuerbetrug gibt es doch nur beim Bäcker, beim Metzger und beim Friseur. Kassenbon? Aber selbstverständlich, dann geht es endlich den Betrügern an den Kragen.
Was die Steuerzahler jährlich Milliarden kostet, scheint weniger interessant zu sein.
Stattdesen werden die Bürger und kleinen Leute mit giftigem Papier schikaniert.
Und wer kein giftiges Papier will, kann anstelle eines Papierbons einen elektronischen Beleg bekommen.
Wie bekloppt ist das denn?