Dietmar Bartsch kandidiert nicht mehr

Dietmar Bartsch hat angekündigt, dass er als Fraktionschef der Linken im Bundestag nicht mehr kandidieren will. Er begründet das in einem Schreiben an die Fraktion mit langfristigen Überlegungen – doch es riecht nach dem Zusammenbruch der Linken.

IMAGO / Political-Moments

Wie riecht der Zusammenbruch einer Partei? Nach Angstschweiß. Nach verlebten Hinterzimmern, in denen nach Lösungen gesucht wird. Und nach leeren Stühlen. All das passiert gerade bei den Linken. Dietmar Bartsch hat angekündigt, dass er Anfang September nicht mehr als Vorsitzender der Fraktion der Linken im Bundestag kandidieren will. Zuvor hatte das seine Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali ebenfalls getan.

In einem Schreiben an die Fraktion begründet Bartsch dies mit lange angelegten Gedankenspielen. Doch tatsächlich riecht es nach Zusammenbruch. Ali hatte den Verzicht auf eine weitere Kandidatur offen mit dem Streit um Sahra Wagenknecht begründet. Der Bundesvorstand um Janine Wissler und Martin Schirdewan hatte der prominentesten Linken in einer recht verquasten Formulierung befohlen, nicht mehr im Namen der Partei zu sprechen und aktiv zu werden.

Streitfall Carola Rackete
Den Linken droht die Spaltung
Bartsch gilt zum einen in der Linken als ein ausgewiesener Realist, dem Themen wie bessere Löhne näherliegen als Identitätspolitik. Zum anderen war er eher ein Versöhner, der die unterschiedlichen Richtungen in der Partei zusammenhalten wollte. Auch wenn er das Gegenteil betont, wirkt sein Rückzug nun so, als ob genau dieses Bemühen in der Linken keinen Sinn mehr mache. Derzeit sitzen 39 Linke im Bundestag – verlassen nur drei Abgeordnete nach einer Wagenknecht-Abspaltung die Fraktion, verliert diese den Fraktionsstatus. Dann gibt es weniger Geld und Möglichkeiten.

Die Partei schaut wie gespannt auf Wagenknecht. Der Bundesvorstand bekniet sie regelrecht. Wenn sie schon, wie angedeutet, eine neue Partei gründen wolle, dann solle sie das jetzt tun. Doch die Frau von Oskar Lafontaine lässt die Linken zappeln – sie um die Person Wagenknecht streiten. Zumal mit ihr ein Streit um Positionen verbunden ist. Wagenknecht steht für ein Drängen auf Frieden in der Ukraine, eine realistische Einwanderungspolitik und Themen des Arbeitsmarktes – der Bundesvorstand für unbegrenzte Einwanderung und identitätspolitische Themen.

Bartsch war lange Bundesgeschäftsführer der Partei. Seit 2015 gehört er zu ihren Fraktionsvorsitzenden. Seit dem Rückzug Gregor Gysis und dem Austritt Lafontaines gilt er neben Wagenknecht und Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow als prominentestes Gesicht der Linken. In seinem Schreiben versucht er, Hoffnung zu verbreiten, und erinnert daran, dass die Partei schon oft totgesagt worden sei – aber nicht gestorben sei. Die Spucke von ins Leere gesprochenen Motivationsreden – auch so riecht der Zusammenbruch einer Partei.

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Kommentare ( 69 )

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RHU
1 Jahr her

Endlich wird dieser Kommunistendreck zu Grabe getragen, wohl eher geschleift! Ich bedaure, daß dies 30 Jahre dauern mußte. Wagenknecht, Gysi, Bartsch etc. gehören auf den Müllhaufen der Geschichte und eine gewisse Angela Merkel sowieso. Die brdisten hierzulande sollten sich fragen, warum es möglich war, daß ein gescheitertes System, nach dem Sieg der „westlichen (Un)Werte“, weiterhin an den Schaltstellen der Macht herumpfuschen konnte. Womöglich sind „Demokratie“ und „Volksdemokratie“ nur die beiden Seiten ein- und derselben schäbigen Medaille?

Juergen P. Schneider
1 Jahr her

Wie war das noch mal, mit den Nagetieren und den sinkenden Schiffen?

Klaus M.
1 Jahr her
Antworten an  Juergen P. Schneider

Vielleicht hat Bartsch einfach keine Lust mehr auf Politik. Er wurde in diesem Jahr 65 und ist seit mehr als dreißig Jahren Berufspolitiker. Ich könnte mir vorstellen, dass er sich in der Zeit, die ihm noch bleibt, mit angenehmeren Dingen befassen will.

Britsch
1 Jahr her
Antworten an  Klaus M.

Na Pension bekommt er ja wohl mehr als genug.
Ob er davon wohl auch etwas abgibt an Bedürftige für die die Linke ja Andere enteignen will und Selbst nur noch das für Andere als nötig bewertete behält?

wackerd
1 Jahr her

Hoffentlich ist die Nachfolgepartei der Mauer- und Schießbefehl-Partei bald zerfallen. Unsäglich gestriges „sozialistische“ Geschwurbel von Typen wie Gysi, Wissler und Hennig-irgendwas sind nervtötend. Gysi: “ Das Land braucht demokratische (!) Sozialistinnen und Sozialisten“. Abgesehen vom dämlichen Gendern ist Gysi immer schon ein Schwätzer gewesen. Honecker hat sich auch für einen demokratischen Sozialisten gehalten.

89-erlebt
1 Jahr her

Deren Treiben wurde von einer Union unter Lothar de Maizière und Merkel mit Hilfe der Mannen um Markus Wolf abgesichert.

89-erlebt
1 Jahr her

Bartsch – Fallschirmjäger der DDR – war und ist auch Gysi s Gehilfe beim Sichern der SED Millionen, die bis heute unauffindbar sind. Wenn nun endlich nach 33 Jahren Mauerfall die SED verschwunden sein sollte, haben die Genossen doch gut gelebt, vom Klassenfeind und von der Ausbeutung der arbeitenden Bevölkerung.

Klaus M.
1 Jahr her

Hätte Herr Bartsch eine westliche Biographie, dann wäre er ein pragmatischer Sozi geworden. In einer Partei, die zu einer Kopie der Grünen werden will, wäre für eine Politiker wie Bartsch tatsächlich kein Platz mehr in Spitzenämtern.

Christoph
1 Jahr her

Für die “ Gestalter“ in dieser kriminellen Vereinigung wird es aufgrund ihres Alters nunmehr Zeit sich privat mit dem verschwundenen ex “ DDR-Volksvermögen “ eine schöne Zeit zu gönnen.

ludwig67
1 Jahr her

Wenn der ganze Parteienblock (ohne AfD) nach Links rückt, muss die linksextreme Partei eben mit rücken. Das Ergebnis ist paradoxer Kommunismus (nicht verkäuflich) oder Carola Rackete.

Das ist dann doof für den einfachen Arbeiter, dessen Kinder mit den von Carola Rackete eingeschleppten Zukunftssicherern in die Klasde gehen müssen, um dann noch weiter abgehängt zu werden. Die wegsterbenden Ostzonenrentner sind dann der Mühlstein, der die SED unter die Wasserlinie drückt.

Fehlen wird sie nicht, die Saskia Esken Fraktion und die Grüne Jugend nehmen ihren Platz ein.

Root
1 Jahr her

Manches Mal bleibt nur die Hoffnung auf eine höhere Instanz. Dieses Unrecht, dieses Geflecht der Macht der Bösartigkeit wurde bis heute nicht aufgelöst. Die Mörder kommen immer davon, warum ? Auch hier, ich frage für einen Freund.

Jedoch, einen Buchtip möchte ich abgeben.
Manfred Haferburg – „Wohn-Haft“

Über die ersten drei Seiten kam ich nicht heraus. Mich triggern seine Zeilen erheblich. Jedoch mein Freund, meine Freundin, Mann, Hund, Katze lesen/liest dieses Buch gerade. Er/sie/es ist fassungslos. Was soll ich sagen: „Wessi(s)“ halt. Aber er, sie, es – wir lieben uns. (Dennoch)
Einen wunderschönen, liebevollen Abend wünschen wir.

Last edited 1 Jahr her by Root
Ulrich
1 Jahr her

Dass man zwar lautstark die Beschlagnahmung des SED-Parteivermögens gefordert hatte, es dann aber nur bei Worten beließ, lag an den Parteivermögen der anderen DDR-Parteien, über dass sich die Westschwestern CDU und FDP gefreut hatten und auch nicht wieder hergeben wollten. Im Übrigen hätte eine solche Enteignung auf rechtlich sehr dünnem Eis gestanden, Vergleiche mit der Enteignung des Gewerkschaftsvermögens 1933 durch die Nazis hätten sich geradezu aufgedrängt.