Die Zentrumspartei ist wieder im Bundestag vertreten

Der aus der AfD ausgetretene Bundestagsabgeordnete Uwe Witt ist der Zentrumspartei beigetreten. Damit ist die einst bedeutende Partei des Katholizismus in Deutschland erstmals seit 1957 wieder im Bundestag vertreten.

IMAGO / Future Image
Uwe Witt im März 2021 im Bundestag, damals noch für die AfD

Im Deutschen Bundestag ist ab heute eine neue Partei vertreten. Der vor wenigen Wochen aus der AfD ausgetretene Abgeordnete Uwe Witt hat heute bekannt gegeben, dass er der Deutschen Zentrumspartei beigetreten ist.

Das Zentrum war im Kaiserreich als politische Stimme des Katholizismus Widersacher Otto von Bismarcks im sogenannten Kulturkampf und stellte in der Weimarer Republik mehrere Reichskanzler, darunter Heinrich Brüning. Unter anderem gehörte ihr der damalige Oberbürgermeister von Köln und spätere Bundeskanzler Konrad Adenauer an. Die Partei wurde nach ihrem Verbot in der Nazi-Diktatur 1945 neu gegründet und stellte mit Rudolf Amelunxen den ersten Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, versank aber immer mehr in der politischen Bedeutungslosigkeit, da die meisten ihrer führenden Köpfe, wie Adenauer, der neuen überkonfessionellen CDU beitraten. Nach den Bundestagswahlen von 1957 trat sie bundespolitisch nicht mehr in Erscheinung. Nur im Rheinland blieb sie kommunalpolitisch in wenigen Hochburgen noch präsent.

Witt, der in der vergangenen Legislaturperiode für die Alternative für Deutschland im Bundestag saß, hat, wie die Zentrumspartei in einer Pressemitteilung bekannt gab, „für die Umsetzung seiner politisch, christlich-sozialen Einstellung in der AfD keine Grundlage mehr gesehen“. Der Generalsekretär der Deutschen Zentrumspartei, Christian Otte, sagte: „Wir freuen uns, dass mit Uwe Witt ein christlich-sozialer und auf dem Boden der Demokratie verwurzelter Abgeordneter den Weg zu uns gefunden hat. Mit seiner Erfahrung sowohl im arbeits- und sozialpolitischen Bereich, wie auch in anderen politisch relevanten Bereichen, wird er unser Profil und unsere Programmatik schärfen. In der letzten Legislaturperiode hat er u.a. in seinen 61 Reden im Bundestag bewiesen, dass er ein ausgezeichnetes Aushängeschild für unsere neu ausgerichtete Programmatik ist. Insbesondere die kleinen und mittleren Einkommensschichten werden durch Herrn Witt gut im Bundestag vertreten.“ Die Bürger hätten den „Wunsch nach einer neuen ernstzunehmenden konservativen-sozialen politischen Kraft und diese wollen wir nun wieder aktiv bundesweit anbieten“. Witt selbst sagte, man werde „eine neue bürgernahe, freiheitliche und konservative Kraft bieten“.

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Kommentare ( 62 )

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Wolfsohn
2 Jahre her

Wenn jemand, der über die Zweitstimme (Liste) in ein Parlament eingezogen ist die Partei wechselt, hat er meiner Meinung nach keinen Anspruch mehr auf einen Parlamentssitz. Die Liste wurde gewählt, weil von den Wählern gewisse Erwartungen an die Partei gestellt wurden. Verlässt ein „Listenmitglied“ die Partei, kann nicht mehr erwartet werden, dass er die Interessen der Partei vertritt. Damit hat er zurückzutreten und das Parlament zu verlassen.

Albert Pflueger
2 Jahre her

Ich finde es richtig, wenn Abgeordnete, die aufgrund der innerparteilichen Demokratie in der AfD ihre Auffassungen nicht durchsetzen können, die Partei verlassen. Leider kann man allerhöchstens bei direkt gewählten Abgeordneten mit einiger Berechtigung davon ausgehen, daß ihre Wähler damit einverstanden sind. Korrekt wäre es, das Ende der Legislaturperiode abzuwarten. So kurz nach der Wahl plötzlich festzustellen, daß man in der Partei, für die man sich zur Wahl gestellt hat, keine Basis hat, ist zutiefst unglaubwürdig. Solches Verhalten ist das eines Karrieristen, der auf seinen Geldbeutel blickt. Gut, daß er weg ist. Schade, daß er weiter entlohnt wird.

KoelnerJeck
2 Jahre her

Als den Widersacher von Bismarck würde ich allerdings Eugen Richter von der Deutschen Fortschritts Partei, so wie die Liberalen sich nach 1848 nannten, sehen.
Das Zentrum? Ludwig von Mises schreibt über sie, deren einzige Funktion sei es gewesen, den Kanzler zu stellen. Eine reine Opportunistenpartei. Kennt man irgendwo her.

drnikon
2 Jahre her
Antworten an  KoelnerJeck

Bismarck „fürchtete“ die Auseinandersetzungen mit Eugen Richter. War halt strengend, weil wortgewandt, rational und messerscharf denkend mit echter freiheitlicher Einstellung. Also das Gegenteil von Lindner & Co.

Ludwig von Gerlach
2 Jahre her

„Zentrumspartei“?? Das riecht nach politischem Heimatmuseum. Der politische Katholizismus hat – hoffentlich für immer – ausgespielt. Die gewaltigen Freiheitsbedrohungen der heutigen Zeit bedürfen anderer Abwehrmittel als der Reanimierung einer Partei, die seinerzeit für das Ermächtigungsgesetz gestimmt hat. Ich setze da eher auf Spaziergänger.

Andreas aus E.
2 Jahre her

Ob direkt oder über Liste – entscheidend wird „AfD“ gewesen sein (der war  Listenplatz 1 in Schleswig-Holstein). Ich stimme Ihnen zu.
So einen hab ich gewählt, ärgerlich.

Albert Pflueger
2 Jahre her
Antworten an  Andreas aus E.

Das ist interessant, Listenplatz 1!! Da scheint es doch recht unwahrscheinlich, daß er für seine Auffassungen innerparteilich keine Unterstützung finden konnte, es sei denn, es ist ihm gelungen, alle seine Unterstützer über seine wahren Ziele zu täuschen. Ein echter Ehrenmann, gut, daß er weg ist!

imapact
2 Jahre her

Freuen werden sich auf jeden Fall die Linken, wenn das bürgerlich-konservative noch weiter zersplittert.
Und zu Herrn Witt: ich finde es erbärmlich, wenn jemandem kurz nach der Wahl einfällt, daß er sich mit der Partei, über die er in ein Amt gewählt wurde, nun überhaupt nicht mehr identifizieren kann und in eine andere eintritt oder eine neue gründet. In solchem Fall sollte von Gesetz wegen verpflichtet sein, dieses Mandat an seine ehemalige Partei zurückzugeben, denn ansonsten handelt es sich um glasklaren Betrug am Wähler.

Evero
2 Jahre her

Die AfD muss künftig sicherstellen, dass Listenkandidaten ihr Mandat abgeben per beeideter Erklärung, wenn sie nach der Wahl „überraschend“ feststellen, dass ihnen die Partei nicht mehr zusagt.
So geht es nicht.
Im Moment schwächt jede konkurrierende konservative Splitterpartei die parlamentsrische Opposition gegen den übermächtigen SED-Sozialismus in der Republik.

Evero
2 Jahre her
Antworten an  Evero

Unsinn. Wer ein Direktmandat erwirbt, den kann man nicht zum Verzicht zwingen. Wer aber auf der Parteiliste kandidiert, sollte das Parteiprogramm und die Kollegen vor der Wahl gekannt haben und kann sich nicht kurz nach der Wahl einfach davonstehlen. Das ist ist nicht seriös. Da muss man Vorsatz unterstellen.

jorgos48
2 Jahre her
Antworten an  Evero

Sein Gewissen hatte sich versteckt und ist nach der Wahl irgendwo herausgekrochen. Der Wähler wird es ihm danken.

Proll27
2 Jahre her

Von Inhalten mal ganz abgesehen tut es einfach gut, mal wieder einen gut gekleideten Mann mit Krawatte, Weste, Einstecktuch und Uhrkette im Parlament zu sehen. Der schlampige Aufzug von Habeck & Co. entspricht einfach nicht der Würde eines Parlaments.

Kraichgau
2 Jahre her

tja,wenn er meint,da besser arbeten zu können,warum nicht.
Bei der naechsten Wahl ist dann eben Schicht,aber die tausend Euro MDB-Rente kriegt er ja dann schon

Maikmayer
2 Jahre her

Der Artikel streift ein Problem, dass mich immer bewegt, wenn ich lese,…“wie bestellt, so geliefert“. Ich verstehe ja die Bitterkeit der AFD Anhänger bei so einer Aussage….aber welche Auswahl haben denn die deutschen Wähler? Auf der einen Seite das grosse Altparteien – Gemege, fürchterlich, aber so ist es nun mal, auf der Anderen die AFD …daneben Splitterparteien und das Nichtwählen. Splitter und Nichtwählen scheidet aus! Also AfD …ich behaupte das Programm der AfD könnten z.B. sagen wir zu 90% konservative Wähler mittragen, weiter würde sagen ich könnte sogar dem Personal der ersten und zweiten Reihe etwas abgewinnen..aber dann? Wenn ich… Mehr