Die Stadt München leuchtet für „Zusammenhalt, Wissenschaft, Solidarität, Demokratie“

Mit großen Worten signalisiert die Stadt München: „Zusammenhalt, Wissenschaft, Solidarität, Demokratie“. Angeblich geht es aber eigentlich um Dankbarkeit. Die Demonstranten vor dem Neuen Rathaus mussten das wohl anders verstehen.

Screenprint via Twitter / Stadt München

Die Stadt München hat am gestrigen Mittwochabend eine besondere Art der politischen Demonstration zelebriert – ohne Menschen, aber mit den technischen Mitteln, die ihr die Münchner Steuerzahler (ungefragt) zur Verfügung stellten. Die Verwaltung der Hauptstadt des Freistaats Bayern unter Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) ließ während einer Demonstration von Gegnern der Corona-Maßnahmen an die Wand des „Neuen Rathauses“ vier Schlagworte projizieren: #Zusammenhalt, #Wissenschaft, #Solidarität und #Demokratie.

In einer Pressemitteilung und einem Tweet erläuterte die Stadt München die Aktion mit den Worten: „München sagt danke! Mit einer Licht-Projektion am Rathaus bedankt sich die Stadt bei allen, die in der Pandemie Zusammenhalt, Solidarität und Vertrauen in die Wissenschaft zeigen.“ Von Dank an die zusammenhaltenden, solidarischen, der Wissenschaft vertrauenden Bürger ist allerdings an der Rathauswand selbst nichts zu lesen. Da stehen nur die vier Schlagworte mit vorangestelltem #-Zeichen. Um zu erfahren, dass es um Dankbarkeit geht, muss man schon auf der Website oder dem Twitter-Account der Stadt nachlesen.

Die am Mittwoch vor dem Neuen Rathaus versammelten Demonstranten gegen die Corona-Politik mussten die Worte deswegen wohl eher als Mahnung interpretieren, dass es ihnen an den vier Schlagworten womöglich mangele. Zumal die Projektion nicht jeden Abend, sondern nur am gestrigen Mittwoch, am kommenden Freitag und am kommenden Montag zu sehen ist. Das meint vielleicht auch die Pressestelle der Stadt München, in deren Pressemitteilung es in einem Nachsatz heißt, es gehe auch darum, ein „Zeichen für Demokratie und Zusammenhalt zu setzen“.

Zu dem, was die Stadt München unter #Demokratie versteht, gehören unangemeldete Spaziergänge gegen die Corona-Politik offensichtlich jedenfalls nicht. Die Stadt hat nämlich wie mehrere andere Städte in Bayern und anderen Bundesländern per Allgemeinverfügung „alle stationären oder sich fortbewegenden Demos im Zusammenhang mit sogenannten ‚Corona-Spaziergängen‘ untersagt, wenn die Anzeige- und Mitteilungspflicht gemäß Bayerischem Versammlungsgesetz nicht eingehalten ist“ – und zwar „zur präventiven Gefahrenabwehr“.

In der Verfügung ist auch zu erfahren: „Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer zur Teilnahme an untersagten Versammlungen auffordert.“ Mindestens so kurios wie diese Strafandrohung ist auch die Begründung für das Verbot unangemeldeter Spaziergänge: „Für die Versammlungsbehörde wie auch die Polizei wird es damit erheblich erschwert bzw. unmöglich, die sicherheitsrechtlich erforderlichen Vorkehrungen zum Schutz von Versammlungen zu treffen, notwendige beschränkende Verfügungen anzuordnen und örtliche sowie zeitliche Konkurrenzen mit etwaigen anderen Versammlungen zu prüfen.“

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Kommentare ( 77 )

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giesemann
2 Jahre her

Wie verzweifelt müssen die im Rathaus sein, wenn sie sowas machen?

Deutscher
2 Jahre her

„#WISSENSCHAFT“? LOL Kann man genau so wenig noch ernst nehmen wie die Politik. Wenn Virologen & Co nicht mal kapieren, dass das Schließen des Einzelhandels dazu führt, dass sich alle Kunden im Supermarkt drängeln und so überhaupt erst Hotspots entstehen, ist es mir wurscht, ob das „renommierte Experten“ sind: Sie haben dann von ihrem Fach so wenig Ahnung wie ein Automechaniker, der am Motor rumfummelt, weil er nicht merkt, dass nur die Handbremse angezogen ist. Es gibt in Deutschland zu viele „Wissenschaftler“ (insbesondere Historiker): Eine solch inflationär auftretende Spezies muß zwangsläufig ne Menge Nieten bei wenigen Assen hervorbringen. Die Obernieten… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Deutscher
Mausi
2 Jahre her

Das ist kein Danke. Im Zusammenhang mit „#“, dem neuen Kreuz, ist das ein Aufruf. Zum Kreuzzug. Und dabei befindet sich die christliche Kirche auf dem absteigenden Ast. Politische Aufrufe am Gebäude Rathaus. Ist das überhaupt zulässig? Solidarität und Zusammenhalt in der Familie nicht, die wird gerade zerstört. Aber gegenüber „dem Staat“? Bei Massnahmen, die ich ablehne? Weil mein angeborenes Rudelverhalten irgendwohin möchte mit Solidarität und Zusammenhalt? Demokratie und Wissenschaft. Positiv besetzte Worte. Missbraucht für Propaganda. Und in D am Ende. Denn Wissenschaft darf sich nicht äußern, wenn sie die Regierungsmeinung nicht unterstützt. Die Demokratie wird inzwischen von allen Beteiligten… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Mausi
Britsch
2 Jahre her

Wenn von Vertrauen in die „Wissenschaft“ die Rede ist sollte man aber auch die Gesamte „Wissenschaft“ berücksichtigen und nicht nur die, welche das sagt, was die Regierenden bzw Medien / Medienvertreter für richtig bzw ihren Interessen für dienlich halten. Dieses Klientel Regiernde und Medien / Medienvertreter diffamieren und schaden Der Wissenschaft die nicht das sagt was ihnen nicht in den Kram paßt aber wo und wie sie nur können. Das ist keineswegs ein Handeln und berücksichtigen „der“ Wissenschaft sondern ein Bekämpfen und Vernichten „der“ Wissenschaft, wenn nur die hofiert wersden und Geld bekommen. die das für einem selbst passend sagen… Mehr

Max und Moritz
2 Jahre her

Vertrauen in die Wissenschaft….. liest man den Artikel über Fauci, Drosten als Dr. Doom kann einem die relativ zügig abhanden kommen.

Redlope
2 Jahre her
Antworten an  Max und Moritz

Es gibt außerdem nicht „Die Wissenschaft“ – die nur EINE Meinung vertritt. Wissenschaft streitet und ringt um neue Erkenntnisse. Diese Politik hat das Wissenschaftsverständnis eines Erstklässlers.
Und, im Übrigen wurde „Wissenschaft“ auch oft genug missbraucht, um fürchterliches zu rechtfertigen.
Milgram lässt grüßen.

Last edited 2 Jahre her by Redlope
Deutscher
2 Jahre her

„Zusammenhalt, Wissenschaft, Solidarität, Demokratie“

Leere Worthülsen, propagandistische Selbstinszenierung à la DDR. Die eigentliche Aussage ist: „Und willst Du nicht mein (kleiner) Bruder sein, so schlag ich Dir den Schädel ein!“

Last edited 2 Jahre her by Deutscher
honky tonk
2 Jahre her

Von Grundrechten oder dem GG keine Rede,Zufall?

Juergen P. Schneider
2 Jahre her

Schöne Idee, die Begriffe, die man bei der eigenen Politik vermisst, an eine Rathausfassade zu werfen. So viel Selbstkritik hätte ich den in München regierenden nicht zugetraut.

Julischka
2 Jahre her

Schöner Schein, um zu vertuschen, daß die Fassade bröckelt!

Orlando M.
2 Jahre her

Es ist wahrlich überintelligent, vor „Demokratie“ eine Art Gitter zu setzen. Da hat sich wohl jemand aus Versehen offenbart.