Eine Veranstaltung will Kampf und Terror der DDR gegen Israel ergründen – ausgerechnet mit einer ehemaligen Stasi-Mitarbeiterin auf dem Podium. Soll so der antifaschistische Mythos der DDR aufpoliert werden?
Das Neue Deutschland würdigte die Visite auf der ersten Seite: PLO-Chef Jassir Arafat, so berichtete das Zentralorgan der SED am 8. August 1974, habe palästinensische Kinder in der „Pionierrepublik“ am Werbellinsee besucht. Thälmannpioniere aus allen DDR-Bezirken hätten dem Mann, der sein politisches Leben der Vernichtung Israels widmete, einen „herzlichen Empfang“ bereitet.
Kein anderes Land Europas hat die militanten Gegner Israels so offen und nachhaltig unterstützt wie die DDR. Obwohl Arafats Fatah-Bewegung zahlreiche terroristische Anschläge auf israelische und andere Ziele verübte, war er ein gern gesehener Gast im SED-Staat. Die DDR erkannte nicht nur als erster europäischer Staat die PLO an, sondern unterstützte sie auch mit umfangreichen Waffenlieferungen. Die „Männerfreundschaft“ zwischen Arafat und SED-Chef Erich Honecker währte bis zum Schluss, wie Fotos vom gespenstischen Staatsempfang am 7. Oktober 1989 im Ost-Berliner Palast der Republik zeigen.
Als Jassir Arafat die Thälmannpioniere besuchte, bahnte sich in der DDR noch eine andere langjährige Beziehung an. Am 12. Juni 1974 unterschrieb die angehende Lateinamerikanistik-Studentin Anetta Kahane eine Verpflichtungserklärung als Inoffizielle Mitarbeiterin (IM) beim DDR-Staatssicherheitsdienst. Mit schwungvollen Lettern gab sie zu Protokoll: „Hiermit erkläre ich mich bereit, auf freiwilliger Basis mit dem Ministerium für Staatssicherheit zusammenzuarbeiten. Ich verpflichte mich, mit niemandem über diese Verbindung zu sprechen. Aus Sicherheitsgründen wähle ich mir den Decknamen Victoria.“ Ihr mehrbändiger IM-Vorgang, in dem über 70 Treffberichte und handschriftliche Mitteilungen abgeheftet sind, umfasst rund 800 Seiten.
Kahane, die heute die Amadeu Antonio Stiftung leitet, soll am Montag in Berlin noch einmal zurückblicken auf die Geschichte des SED-Staates. Dabei geht es allerdings nicht um ihre achtjährige Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst, sondern um das Verhältnis der DDR zu Israel und den Juden. „70 Jahre nach der Staatsgründung der DDR“, so heißt es in der Einladung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin-Brandenburg, soll geklärt werden, wie es möglich war, „dass dieser Staat Israel als feindlichen ‚Aggressor‘ ansah und bekämpfte.“ Ihre Arbeit als Stasi-Informantin, die sie 1982 beendete, wird in der Einladung verschwiegen.
Dass ausgerechnet eine ehemalige Stasi-Mitarbeiterin über die Israel-Feindschaft der DDR Auskunft geben soll, dürfte in den Ohren geschichtsbewusster Israelis wie bittere Ironie klingen. Denn die Stasi spielte eine zentrale Rolle beim verdeckten Krieg palästinensischer Terrororganisationen gegen den jüdischen Staat. Sie unterstützte nicht nur Arafats PLO, sondern diente israelfeindlichen Terroristen aller Couleur als Rückzugsort, Ausbildungsstätte und Operationsbasis.
Palästinensische Kämpfer, so erklärte der stellvertretende Stasi-Minister Markus Wolf freimütig in seinen Erinnerungen, „wurden vom Ministerium für Staatssicherheit in die auf dem Land versteckten Lager in Ostdeutschland eingeladen, um in Spionage und Gegenspionage, in Waffen- und Sprengstoffgebrauch und Guerillataktiken ausgebildet zu werden.“ Die dafür zuständige Hauptabteilung XXII sei seit Ende der 1970-er Jahre rasch auf 800 Mitarbeiter angewachsen. Hinzukommen noch Wolfs eigene Agenten, die unter anderem den sozialistischen Sicherheitsdienst im Südjemen aufbauten, wo zahlreiche Terroristen ihre Ausbildung erhielten.
Wie sehr der anti-israelische Terror durch die DDR unterstützt wurde, ist erst in den letzten Jahren richtig sichtbar geworden. 2017 erschien Lutz Maekes voluminöse Dissertation „DDR und PLO“, in der unter anderem rekonstruiert wird, wie die Stasi in den Anschlag auf die West-Berliner Diskothek „La Belle“ verwickelt war, bei dem drei Menschen getötet wurden. Im selben Jahr kam auch Matthias Bengtson-Krallerts Doktorarbeit „Die DDR und der internationale Terrorismus“ heraus, der unter anderem zu entnehmen ist, dass der SED-Staat der PLO sogar solche Waffen lieferte, die ihr die Sowjetunion verweigerte. In seinem gerade auf Deutsch erschienenen Buch „Unerklärte Kriege gegen Israel“ meint der amerikanische Historiker Jeffrey Herf, dass die verzerrten Darstellungen Israels und die Rechtfertigung des Terrors durch die DDR – und die westdeutsche radikale Linke – „ein toxisches ideologisches Gebräu hinterlassen“ hätten, das bis in die Gegenwart wirke. Dass die Stasi dabei nicht nur palästinensischen, sondern auch rechten und linken Terroristen aus Deutschland zu Hilfe kam, hatte Regine Igel schon 2012 in ihrem Buch „Terrorismus-Lügen“ offen gelegt.
Die verdeckte Zusammenarbeit der Stasi mit den diversen Terrorgruppen entfaltete sich just in jenen Jahren, als Anetta Kahane diese hemmungslos mit Informationen über Freunde und Bekannte versorgte. Während die SED ein Abkommen mit der PLO abschloss, in dem sie sich zu größerer Unterstützung verpflichtete, berichtete Kahane von Botschaftsempfängen und DDR-Bürgern, die „potentiell für staatsfeindliche Handlungen“ infrage kämen. Und als die Stasi ihre Zusammenarbeit mit dem Sicherheitsdienst der PLO schriftlich fixierte, bespitzelte sie gerade zwei West-Berliner Journalisten, die mit ihr befreundet waren.
In dieser Zeit arbeitete die DDR nicht nur mit der PLO eng zusammen, sondern auch mit der linken „Volksfront für die Befreiung Palästinas“. Deren Anführer Wadi Haddad war ein KGB-Agent, der unter anderem für die Entführung des Flugzeugs „Landshut“ zur Unterstützung der RAF-Terroristen im Jahr 1977 verantwortlich gemacht wird. Er starb ein Jahr später in Ost-Berlin, wahrscheinlich an einer Vergiftung, doch seine Organisation führte auch danach weiter Anschläge durch. Einer davon galt 1982 dem West-Berliner Restaurant „Mifgash“, bei dem 25 Menschen verletzt und ein Mädchen getötet wurden.
Ab 1980 begann die DDR auch mit dem Terroristen Abu Nidal zu kooperieren, dessen Organisation allein für mehr als 100 Anschläge in 20 Ländern verantwortlich gemacht wird. Die Stasi führte – und bezahlte – ihn seit 1981 als IM „Ibrahim“. Zudem gestattete sie ihm einen lukrativen illegalen Waffenhandel, für dessen Abwicklung er am Ost-Berliner Bahnhof Friedrichstraße ein eigenes Büro unterhielt. Nidal, der 1985 von Stasi-Minister Erich Mielke persönlich empfangen wurde, durfte sogar elektronische Bauteile zur Herstellung von Bomben in die DDR einführen.
Mitglieder von Nidals Organisation erhielten 1985 auch eine mehr als dreimonatige Ausbildung im Stasi-„Objekt 74“. Das abgelegene ehemalige Forsthaus bei Briesen war ein bedeutender Unterschlupf und Ausbildungsort für Terroristen aller Art. Anfang der 1980er Jahre unterrichtete die Stasi dort unter anderem den RAF-Terroristen Christian Klar im Schießen, in Sprengstofftechnik und in der Handhabung einer Panzerfaust.
Auch der Rechtsterrorist Odfried Hepp, der als IM „Friedrich“ für die Stasi arbeitete, wurde in dem idyllischen Haus einquartiert. Er war – wie diverse RAF-Terroristen – in der DDR untergetaucht, als Interpol nach ihm fahndete. Obdach bot die Stasi hier auch dem Rechtsextremisten und PLO-Vertrauten Udo Albrecht, der im Sommer 1981 in die DDR flüchtete und seitdem verschwunden ist. Nicht nur in diesen Fällen hatte die Stasi keine Scheu, mit Rechtsradikalen aus der Bundesrepublik zu kooperieren oder sogar selber Drohbriefe an Holocaust-Überlebende zu schreiben.
Wie sehr die Stasi in den arabischen Terrorismus involviert war, zeigte sich nach dem Ende der DDR bei einem Prozess, als der ehemalige Leiter der Stasi-Hauptabteilung XXII/8, Helmut Voigt, wegen Beihilfe zum Mord zu vier Jahren Haft verurteilt wurde. Er hatte 1983 einem Libanesen den Sprengstoff für einen Anschlag auf das Kulturzentrum „Maison de France“ in West-Berlin geliefert, bei dem ein Mensch getötet und 23 Personen verletzt worden waren.
Auch bei der Vertuschung von Antisemitismus und Neonazismus im eigenen Land spielte die Stasi eine wichtige Rolle. Wer die Arbeiten Historikers Harry Waibel liest, zum Beispiel sein Buch „Die braune Saat“, ist geradezu erschrocken über die nicht enden wollende Aufzählung von Friedhofsschändungen und antisemitischen Vorfällen, die in der DDR zumeist geheim gehalten wurden. Sie korrespondierten mit einer aggressiven antizionistischen Hetze von oben, die oft genug mit antisemitischen Stereotypen gespickt war.
Die SED-Führung scheute sich nicht einmal, Israel mit Hitler-Deutschland auf eine Stufe zu stellen. 1970 erklärte etwa Agitationschef Albert Norden, selber Sohn eines Rabbiners, dass „der Mord an den Arabern durch Israel ebenso verdammenswert“ sei wie der Mord an den Juden durch Hitler. Und als Israel im Oktober 1973 den Überraschungsangriff am jüdischen Versöhnungsfest Jom Kippur zurückschlug, sprach ein Kommentator der Stimme der DDR von der „Nazi-Luftwaffe Israels“. Mit ähnlicher Zielrichtung titelte das Neue Deutschland 1982 nach den Massakern libanesischer Milizen in zwei Beiruter Flüchtlingslagern: „Israel betreibt die Endlösung der Palästina-Frage.“
Diese Vergangenheit in einer Veranstaltung aufzuarbeiten, ist zweifellos ein lobenswertes Unterfangen. Wie sehr die DDR den Kampf gegen den jüdischen Staat unterstützt hat, ist in Deutschland nämlich kaum bekannt. Stattdessen trifft man immer noch auf den verlogenen Mythos vom antifaschistischen Staat, wohingegen in der Bundesrepublik „alte Nazis“ das Geschehen bestimmt hätten.
Der wirre Hass auf „die“ Juden, wie er am Mittwoch beim Anschlag auf die Synagoge in Halle zum Ausdruck kam, ist auch eine Folge der unterbliebenen Auseinandersetzung Ostdeutschlands mit dieser Geschichte. Sie wird jedoch unglaubwürdig, wenn sie ausgerechnet von einer ehemaligen Stasi-Mitarbeiterin geführt wird. Denn das Ministerium für Staatssicherheit gehörte zu den besonders gefährlichen Feinden Israels.
Der Autor ist Historiker und leitete 18 Jahre die Gedenkstätte im ehemaligen Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen. Seine Analysen erscheinen u.a. auf: www.hubertus-knabe.de
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Nicht unerwähnt muss der Auftritt von Arafat vor der „ehrenwerten“ Gesellschaft, die sich UNO nennt, bleiben. Er war der einzige, der vor der Vollversammlung eine Rede mit offen getragener Waffe halten durfte. Das allein beweist schon die Gesinnung in diesem Verein von „schalenfreien und möglichst geraden“ Gemüsegurken. Im Übrigen hat Herr Broder recht, wenn er sagt, dass der Antisemitismus nicht seit der Existenz der AFD in Deutschland seinen Anfang nahm, wie es die sogenannten „etablierten Parteien“ gerne sehen und den „Menschen“ nahe bringen wollen! Hier vergleicht man Erdbeeren mit Sternschnuppen!
Es ist nicht neu, dass für die DDR-Kommunisten der Staat Israel eine Schöpfung der “ jüdisch-kapitalistischen Weltverschwörung “ war, und deshalb zumindest durch Unterstützung seiner Feinde mit bekämpft wurde. Der Feind meines Feinds ist mein Freund. Diese ideologische Grundposition hat auf die ganze europäische Linke ausgestrahlt. Daraus entstand ein Enthusiasmus für die “ Palästinensiche Sache „, mit großzügiger Toleranz von Terror. Derartige Grundhaltungen sind seit den 1960/70 tradiert und leben in der nächsten Linken-Generation, in welcher Partei auch immer, offen oder verdeckt weiter. Anders sind auch die Deutschland-Abstimmungen gegen Israel in der UN nicht erklärbar. Anders ist die Toleranz gegen… Mehr
Danke für diesen Artikel, Herr Knabe!
So detailliert und frontal liest man es sonst nirgendwo.
Die DDR war kein antifaschistischer Staat, sondern ein enormer Störfaktor für Frieden und Freiheit im Westen, wie auch im Nahen Osten.
Zersetzung war und ist immer noch das Mittel der Wahl, um Freiheit und Individualität zu zerstören.
Denn für Freiheit und Individualismus ist im Sozialismus kein Platz.
Der Islam und die Kommunisten… eine teuflische Partnerschaft in Perfektion. Beide verstehen sich nicht auf ehrliche demokratische Diskurse, oder Kompromisse. Mit welchen Argumenten auch? Ihre Waffen sind seit Anbeginn die Desinformation, Aufwiegelung und Spaltung der Gesellschaft. Erpressung und entsetzliche Gewalt. Gegnern/ Ungläubigen begegnen sie mit sozialer Ausgrenzung, Zersetzung und letztlich Vernichtung. Nach vorn hin geben sie sich sozial, gerecht und redlich, hintenrum rekrutieren sie Gleichgesinnte und Abhängige, um ihre Gesinnung gewaltsam durchzusetzen. Sie spinnen undurchschaubare Netzwerke von Geldtransfers, pflanzen ihren Hass schon in die Kleinsten und haben noch viele andere menschlichen Schweinereien auf Lager, so dass alsbald kein Mäuschen mehr… Mehr
Und eine mit einer fragwürdigen Vergangenheit steht auch dieser unserer Republik noch vor und kein Wunder wenn sie von den Kommunisten und Sozialisten hüben und drüben noch unterstützt wird, denn die sind alle aus dem gleichen Holz geschnitzt und heute noch hat eine in ihrer Rede die AFD als parlamentarischer Arm der Rechtsradikalen bezeichnet und das ist symtomatisch für diese Bagage, obwohl die Gescholtenen viele jüdische Mitbürger in ihren Reihen haben und sich von Anfang an von ihren Feinden distanziert haben und wer ihnen dennoch die braune Jacke umhängen will ist ein übler Geselle und was die Tonlage anbelangt, so… Mehr
Zurück zum Rechtsstaat.
Zurück zur EG.
Zurück zur Solidarität mit Israel.
Werft diese Zombie-Krieger der vor 30 Jahren untergegangenen Sowjetunion aus ihren staatlich alimentierten Posten und setzt sie auf Mindestsicherung!
Die richtige Fragestellung lautet: Wie antisemitisch sind SED und West-Linke?
Die DDR stand halt in der Tradition ihrer braunlackierten Vorgänger.
Mit diesen Verbrechern plant Thüringens CDU eine Koalition.
Da tun sich ja böse Abgründe auf. Eine regierungsgestützte „NGO“ mit einem IM-Fossil aus finstersten DDR Zeiten an der Spitze agitiert also heute „lustig“ weiter und heuchelt Anteilnahme an den Morden und dem vereitelten Synagogen Überfall, begangen durch einen ausnahmsweise tatsächlich Irren Extremisten. Stellvertretend für eine Aufarbeitung dieser Tat wird eine typische Stasi-Agitation gegen die AfD entfacht. Die propagandistische Handschrift des noch aktiven oder wieder blühenden DDR-Unrechts-Regimes ist unverkennbar. **