Kollektives grünes Lächeln nach den Morden von Aschaffenburg, Antifaschismus im Staatstheater, Nachdenklichkeit vor Auschwitzkulisse – in diesem Land werden die Schamgrenzen täglich neu ausgehandelt. Sie lassen sich vermutlich immer noch erweitern.
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Ettore Scolas Film „Die Schmutzigen, die Hässlichen und die Gemeinen“, im Original „Brutti, sporchi e cattivi“ von 1976 schildert mit den Mitteln des Neorealismus das Leben einer Großfamilie, deren Mitglieder in einer Baracke am Rande Roms hausen, sich durch Kleinkriminalität und Prostitution finanzieren und einander an die Gurgel gehen, dann aber zum Schluss doch wieder zusammenhalten.Die deutsche Veroperung des Stoffs im Jahr 2025 weicht vom Original ein wenig ab. Der Schauplatz liegt gerade nicht an der Peripherie, sondern im Zentrum Berlins, die Figuren und ihre Helfer stammen ausnahmslos aus den zentralen Stadtvierteln, und für ihre Lebenshaltung müssen sie vergleichsweise wenig Mühe aufwenden. Intrigen, Lügen und Rufmord im eigenen Kreis gibt es zwar auch hier, wenn jemand innerhalb des Clans einem Mächtigeren im Weg steht. Aber die drei titelgebenden Elemente strahlen hauptsächlich nach außen ab. Beide Inszenierungen, das Stück Scolas von ’76 und die Berliner Aufführung ähneln einander in erster Linie durch ihren realistischen Stil.
Am 25. Januar 2025 und damit drei Tage nach dem Mord an einem zweijährigen Jungen und einem Helfer durch den illegalen afghanischen Migranten Enamullah O. kamen in Berlin die wohlgesinnten Funktionseliten des Landes zusammen – im Kern grüne Berufspolitiker und ihre Mitarbeiter, Ministeriumsangestellte, NGO- und Kirchenvertreter – um gegen die AfD zu demonstrieren, gegen die CDU und speziell Friedrich Merz, also das, was die Kundgebungsteilnehmer unter dem Sammelbegriff Faschismus zusammenfassten. Nach Taten wie der in Aschaffenburg gibt es in diesem Land mittlerweile traditionell Kundgebungen gegen rechts beziehungsweise diesen Faschismus, wobei die Termini aus Sicht der Teilnehmer synonym gebraucht werden können und sogar sollten. Das verhielt sich schon 2018 in Chemnitz so, als dort ein Iraker und ein Syrer einen Mann erstachen und zwei andere schwer verletzten. Die neue Qualität lag am 25. Januar dieses Jahres in der Weise, wie sich die Gegenrechtsmarschierer der Medienöffentlichkeit zeigten. Sie knüpften eben nicht nur stilistisch, sondern auch inhaltlich an Scola an, als sie sich vor der Handykamera präsentierten, wie gesagt drei Tage nach dem Mord in Bayern und fünf Sekunden vor der 12, die den Einbruch einer neuen faschistischen Nacht über Deutschland markiert.
— Gert Wöllmann (@Gert_Woellmann) January 25, 2025
Auf X gab es mehrere, die in diesem Foto den „Laschet-Moment“ der Grünen erkennen wollten, in Anspielung auf den im Bild festgehaltenen Lachanfall des damaligen CDU-Kanzlerkandidaten mitten in den Ahrtal-Trümmern. Die Assoziation liegt nahe, sie trifft aber den Sachverhalt nicht. Laschet glaubte sich unbeobachtet, weil im Vordergrund gerade der Bundespräsident redete. Er erkannte noch am gleichen Tag die Bedeutung seines Fehlers für seine Wahlkampagne und bat um Entschuldigung.
Die Mitglieder der grünen Führungsriege schossen die Lachbilder nicht nur höchstselbst und verbreiteten sie auf X. Irgendjemand ganz in der Nähe musste sogar von einem erhöhten Standpunkt aus den Vorsitzenden der Grünen in NRW Tim Achtermeyer dabei fotografiert haben, wie er wiederum den Gruppenausflug der Weißen Rose GbR ablichtete. Der Unbekannte schuf damit ein Selfie eines Selfies. So etwas nennt man nicht mehr Neo- sondern Hyperrealismus. Es handelt sich nicht um eine Entgleisung, um einen Fehler im Programm wie seinerzeit bei dem CDU-Politiker im Flutgebiet. Die Selfiebilder zeigen die grüne Führungstruppe genau so, wie sie sich selbst sieht und gesehen werden möchte. Die Faktionsvorsitzende postete noch mehr dieser Lächel- und Partyfotos. Die stellvertretende Parlamentspräsidentin ebenfalls.
Seine Abrundung erfuhr der Auftritt in Berlin durch die dreist von der Grünen-Vorsitzenden Franziska Brantner und vielen anderen Gefolgsleuten zusammengelogenen Zahl der 100 000 Teilnehmer – als die Tageschau mit einem zugeschalteten Reporter berichtete, sprach der von 5000, die Polizei zu einem späteren Zeitpunkt von maximal 35000.
Möglicherweise zählten die Parteifunktionäre ja praktischerweise einfach die Demonstranten dazu, die fast zeitgleich auf dem Potsdamer Platz die Hamas hochleben ließen. Auf der anderen Seite des Brandenburger Tors sangen die Gegenrechtskämpfer an diesem Sonntag zum Abschluss noch das Lied der Bewegung: „Wehrt euch, leistet Widerstand / gegen den Faschismus hier im Land / Haltet fest zusammen“.
Für sie steht der Faschismus also nicht vor der Tür, sondern schon in Berlin Mitte. Anschließend strömten sie wieder zurück in ihre Abgeordneten-, Organisations- und Redaktionsbüros. Ein ähnliches Politikergruppenfoto entstand schon 2018 ganz in der Nähe der Stelle, an der zwei Migranten damals den 35-jährigen Daniel Hille erstachen.
Die Namen der beiden Schwerverletzten, das nur nebenbei, drangen bis heute nicht in die Öffentlichkeit. Aber derart beschwingt, so sorgfältig kuratiert und überinszeniert wie in Berlin präsentierten sich die Spitzenpolitiker bei der Apres-Mord- und Prä-Faschismus-Veranstaltung in Chemnitz vor sieben Jahren noch nicht. Es liegen nicht nur etliche Jahre zwischen den Ereignissen, sondern auch beispielsweise die Taten von Brokstedt, Illerkirchberg, Dresden, Würzburg, Mannheim, Solingen, wobei jedes Mal die Opfer namen- und gesichtslos blieben.
Zu Berlin 25. Januar 2025 ff. gehört außerdem die Reaktion der Grünen und ihrer Trabanten, als sich etwas Kritik an den Selfies der blendend gelaunten Darsteller erhob. Sie verstanden überhaupt nicht, wieso manche Leute an ihrem Sozialverhalten Anstoß nehmen können, und verstehen es bis heute nicht.
Das alles allein würde noch nicht den Titel „Die Schmutzigen, Hässlichen und die Gemeinen 2025“ rechtfertigen, jedenfalls nicht ganz. Es kommt noch einiges dazu, was teils vor, teils nach dem 25. Januar liegt.
Beginnen wir mit der Vorgeschichte des Mordes von Aschaffenburg, der Akte Enamullah O. und der Reaktion einer grünen bayerischen Spitzenfrau darauf. Der 28-jährige Afghane kam 2022 illegal nach Deutschland, nachdem er schon in Bulgarien als Migrant registriert worden war. Das erkannte auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Bulgarien erklärte sich am 3. Februar 2023 bereit, ihn wieder zurückzunehmen. Trotzdem konnte Enamullah O. im März 2023 einen Asylantrag in Deutschland stellen, den das BAMF erst am 19. Juni 2023 ablehnte. Das teilte das Bundesamt der für die Rückführung zuständigen Behörden in Bayern formell erst am 26. Juli 2023 mit – also zu einem Zeitpunkt, als die sechswöchige Rücküberstellungsfrist nach Bulgarien fast abgelaufen war. Möglicherweise informierte das BAMF die Beamten in Bayern auf bisher ungeklärten informellen Wegen auch schon früher. Bayerns Grüne jedenfalls versuchen aus dem Fall Aschaffenburg einen Nutzen für ihren Wahlkampf zu ziehen. Die bayerische Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze postete auf X eine anklagende Kachel mit dem Spruch: „Der Täter hätte nicht mehr in Bayern sein dürfen“. Was sie allerdings nicht mitteilte, und womit sie für das Hässliche und Gemeine einen wichtigen Beitrag leistete: Sie persönlich bekämpfte mit ihren Grünen bisher jede Abschiebung von Migranten nach Afghanistan.
Für ihre Antiabschiebepolitik hätte es keinerlei Rolle gespielt, ob Bayerns Behörden erst kurz vor knapp oder schon etwas länger über den abgelehnten Asylantrag von Enamullah O. Bescheid wussten. Die entscheidende Frage bleibt, warum jemand, der sich schon in Bulgarien registrieren ließ, und seit seiner Ankunft dort mindestens zwei weitere sichere Länder durchquerte, überhaupt einen Asylantrag in Deutschland stellen durfte.
Angenommen, Enamullah O. wäre tatsächlich nach Bulgarien überstellt worden, hätte er außerdem nach der jetzigen Lage problemlos mit dem nächsten Flixbus wieder einreisen können. Eine Grenzkontrolle inklusive Zurückweisung, wie Merz sie vorschlägt, stellt schließlich nach Ansicht genau dieser Schulze-Göring-Eckardt-Dröge-Habeck-Grünen mindestens eine unmittelbare Vorstufe zum Faschismus dar.
Übrigens hätte Enamullah O. zum Tatzeitpunkt wenigstens im Gefängnis sitzen müssen: Wegen einer Gewalttat verurteilte ihn die Justiz 2024 zu einer Geldstrafe, die er allerdings nicht zahlte. Also bekam er die Ladung zum Haftantritt. Auch der folgte er nicht. Trotzdem erließ die Justiz keinen Vollstreckungsbefehl. Denn er verübte in der Zwischenzeit eine weitere Straftat, nämlich versuchten Betrug, wofür er vom Amtsgericht Aschaffenburg eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen erhielt. Das Gesetz schreibt allerdings vor, bei mehreren Strafen vor Haftantritt eine Gesamtstrafe zu bilden. Also eine neue bürokratische Mühle, neues Aktenwälzen, Übersetzen, Zustellen. Auf die Idee, den ohnehin schon ausreisepflichtigen, abgelehnten und mehrfach straffälligen Migranten in Abschiebehaft zu nehmen, kam in Bayern offenbar niemand. Das wiederum liegt auch daran, dass schon die bloße Möglichkeit der Abschiebehaft genauso wie die Abschiebung nach Afghanistan selbst auf den erklärten wie erbitterten Widerstand der Grünen und ihrer medialen Unterstützer trifft, ganz im Gegensatz zu dem Eifer der Freistaatsjustiz in Fällen beleidigter Politiker.
In Bayern werfen die Grünen also im Nachhinein der Regierung ein Versäumnis vor: Hätte die Regierung in München es nicht versäumt, sondern für Enamullah O. und andere gleichgelagerte Fälle Abschiebehaft und Rückflug nach Afghanistan exekutiert, dann hätten die gleichen Grünkräfte das als Präfaschismus sowohl in Berlin als auch im Freistaat nach Leibeskräften niedergekräht. Eine solche Doppelrolle, wie Katharina Schulze sie spielt, muss man sich leisten können. Aber bisher ging diese Strategie auch im Großen und Ganzen für sie wie in der gesamten Partei auf. Schulze forderte bekanntlich auch während der Coronazeit, den Einzelhandel für die Ungeimpften zu schließen; gleichzeitig kämpft sie nach eigenem Bekunden gegen Hass und Hetze, ohne dass diese gemeinschmutzige Tartuffiade die bayerischen Grünen bisher unter die Fünfprozenthürde gedrückt hätte.
Kehren wir vom Süden wieder auf die Bundesebene zurück. Hier zeigt sich das in Gutdenkkreisen bestens eingespielte Muster, nach jeder Mordtat durch einen illegalen Migranten, der sich gar nicht im Land hätte aufhalten dürfen, nicht etwa an der Doktrin zu zweifeln, dass jeder seinen Wünschen gemäß nach Deutschland kommen darf und hier eine Rundumversorgung verdient, sondern einen rhetorischen Kniff zu finden, eine Erzählung, die man Kritikern dieser Migrationspraxis triumphierend entgegenhält. Nach Aschaffenburg lautete diese Volte: Aber es war doch ein marokkanisches Kind.
Es erschließt sich nicht, was diese Leute damit sagen wollen; vermutlich können sie es selbst nicht in einen klaren Gedanken übersetzen. Heißt das ihrer Meinung nach: Dann ist der Mord nur halb so schlimm? Oder: Dann müsste er eigentlich als rechte Straftat gezählt werden? Heißt es: Wenn eins der Opfer einen Migrationshintergrund hat, darf niemand auf diesen Fall verweisen, um die katastrophalen Folgen der faktisch offenen Grenzen für Alle zu kritisieren? Ganz nebenbei: Man sollte es für später festhalten, wie die Aktivisti des Hässlichen und Gemeinen, die sonst schneller ‘Rassist‘ als ‘guten Tag‘ sagen, hier aus einem in Deutschland geborenen (und ermordeten) Kind marokkanischer Eltern im Handumdrehen einen Ausländer machen, wenn es nur ihrer Argumentationslinie nützt. Eine Redakteurin des WDR verbreitete sogar die Falschnachricht, der Mann, der sich im Aschaffenburger Park schützend vor die Kinder stellte und diese Entscheidung mit dem Leben bezahlte, sei Syrer gewesen.
https://twitter.com/isabelschayani/status/1883479624707121577
Wie gesagt, es stimmt nicht, die Mär stammt von einer Medienschaffenden des Narrativkombinats WDR. Aber selbst wenn der couragierte Helfer ein Syrer gewesen wäre, würde das nicht ein Jota an der Feststellung ändern, dass Enamullah O. erstens nie hätte nach Deutschland einreisen, hier einen Asylantrag stellen und Versorgung empfangen dürfen, und dass er spätestens nach seiner ersten Straftat an keinen anderen Platz als auf den in einem Abschiebeflugzeug nach Afghanistan gehörte. Das gleiche gilt für den Mörder von Solingen, den Killer von Brokstedt – der übrigens kurz vor dem Regionalzug-Massaker noch wegen einer anderen Gewalttat in Haft saß – und viele andere. In öffentlich-rechtlichen Séancen nach Aschaffenburg erklärte ein anderes Mitglied des Clans der Selbst- und Allgemeinbetrüger – eine Journalistin der Zeit – der Mörder aus der bayerischen Kleinstadt sei nicht ausreichend in Deutschland betreut worden; mehr Pflege- und Aufsichtspersonal Personal um ihn herum hätte eventuell Schlimmes verhindert. Wer 72 Stunden nach zwei Morden auf der Veranstaltung ‘Deutschland sucht die superweiße Rose‘ wettlächelt, wer ‘ätsch, das Kind war Marokkaner, schachmatt, Nazi‘ bei X eintippt, wer für ein paar Millionen junger Männer ohne Asylgrund Abermillionen Betreuer fordert, der findet gar nicht erst die Muße, um sich zu fragen, welche Sorte von Männern diese Migrationspraxis zu Tausenden nach Westeuropa zieht, nicht nur nach Deutschland.
Die Tatsache, dass sich die Mordtaten von Würzburg, Aschaffenburg, Southport und andere gegen Frauen und Kinder richteten, dass die Täter sich also ganz gezielt schwache Opfer suchten, bleibt von der offiziellen Debatte völlig unberührt. Und das aus einem Grund, den die Debattierer in Parlamenten und Fernsehstudios unausgesprochen kennen: In ihrer Welt nehmen nicht Kinder und Frauen den Platz der Schwachen ein, auch nicht der waffenlose einheimische Zivilbürger, der sich an die Regeln hält, sondern die Kunstfigur ‘Migrant aus dem globalen Süden‘. An diesen Gedanken knüpft der Text weiter unten gleich noch einmal an.
Aber vorher befasst er sich noch mit der Frage, ob es, was das rein Abstoßende betrifft, noch eine Steigerung über das Wettlächeln und Gegenfaschismussingen hinaus geben kann. Ja, das kann es in einem Land, in dem auch die Gemeinheits- und Schamgrenzen der täglichen Neuaushandlung unterliegen. Nach dem grünen Lächel-und Lichtermarsch von Berlin stand nämlich das nächste Ereignis ins Haus, für das unser hier beschriebenes Milieu eine moralische Zurüstung brauchte – nämlich die Bundestagsabstimmung über einen Antrag der Union zur Beendigung der illegalen Migration am 29. Januar 2025. Vorher lag kalendarisch noch der Gedenktag für die Befreiung von Auschwitz am 27. Januar 1945, und Robert Habeck ließ sich in seiner Eigenschaft als Spielführer und Vielspürer die Gelegenheit nicht entgehen. Er, der immer in Bildern denkt, wusste offensichtlich sehr genau, was er in der Auschwitzgedenkstätte wollte.
Nämlich ein paar Momente allein. Natürlich mit einem Fotografen zwanzig Meter hinter ihm, der den Nachdenklichen beim Alleinsein in einer Pose ablichtet, die an das berühmte Foto von James Dean auf dem Times Square erinnert, nur eben als Rückansicht. Dazu der Gegenschnitt eines schwarz-weiß-Videos, das eine KI-generierte Nachbildung des Lagers Auschwitz zeigt. Nicht nur der Fotograf, ein ganzes Social-Media-Team arbeitete hier unter höchstem Einsatz daran, die Einsamkeit des Dr. Robert Habeck für die Öffentlichkeit zu dokumentieren, während er einen kurzen Text dazu beisteuerte, in dem er mitteilt, jetzt in sich gehen und schweigen zu wollen, wobei er in dieser kurzen Passage dreimal das Wort ‘ich‘ unterbringt. Nach menschlichem Ermessen schafft das niemand. Nur der grüne Kanzlerkandidat, der seine Kollegen am Brandenburger Tor mit dieser Aktion souverän in den Schlagschatten stellt.
Die Engführung der Union mit ihrem Antrag und dem Holocaust nahm auch Bundesgesundheitsminister vor, indem er auf X über Merz schrieb: „Als erster Demokrat sagt er im Prinzip: Wo es mir hilft, lasse ich mich auch von Nazis unterstützen. Moralisch bankrott.“ Die Äußerung löschte er dann später, ließ aber einen recht ähnlichen Post stehen, während Habeck seinen Innerlichkeitsporno vor der Lagerbarackenkulisse – ein Mensch, ein Wort – unerschüttert stehen ließ. Bei diesem Dokument handelt es sich um ein ungelöschtes, aber auch sowieso nie zu löschendes Schmockblatt aus dem Album des Gemeinen und Obszönen, das ruhig noch für die Zeit bleiben sollte, in der dieser Mann kein Amt mehr ausübt. Er setzt damit Maßstäbe für andere, beispielsweise für eine ARD-Mitarbeiterin, die der ganzen Welt mitteilt, wie erschütternd sie es findet, dass ausgerechnet kurz nach dem Auschwitz-Gedenktag ein Antrag im Parlament abgestimmt wurde, der möglicherweise die Einreise von Judenhassern nach Deutschland erschwert und ihre Abschiebung erleichtert.
Robert Habeck wiederum, aufgeladen durch den Moment der Einsamkeit, klärte in der Bundestagsdebatte das Land darüber auf, warum Unternehmer seit 2022 Deutschland verlassen: Es liegt am Tabubruch der Union, im Januar 2025 einen Antrag zu stellen, dem die AfD und die FDP zustimmten.
Die vage Aussicht, es könnte in Zukunft womöglich nicht mehr jeder einreisen und es könnten Kriminelle schon nach der ersten Tat in Abschiebehaft kommen beziehungsweise hinausfliegen, diese Möglichkeit also wird, so der Minister, der gerade seinen neuen Jahreswirtschaftsschrumpfbericht vorstellte, „eine schlimme ökonomische Schleifspur durch Deutschland ziehen“.
Was steht nun in dem Papier der Unionsfraktion vom 29. und einem zweiten Antrag, der am 31. Januar verhandelt werden soll? Was enthalten die beiden Vorlagen, zu deren Abwehr ein politischer Clan Auschwitz, die Beschwörung von 1933 und mehrere Kilotonnen Weiße Rosen aufbietet? Ungefähr das, was zum einen der politischen Praxis im sozialdemokratisch regierten Dänemark und im konservativ-liberalen Finnland entspricht, und zum anderen das, was im Asylartikel des Grundgesetzes und im deutschen Ausländerrecht steht. Natürlich würde die Verwirklichung des Antrages Mordtaten wie die von Solingen und Aschaffenburg nicht unterbinden, aber zumindest etwas weniger wahrscheinlich machen. Gäbe es nicht den mit schwersten Moralplatten gepanzerten Willen der politischen Linken, keinen Deut von ihrer bisherigen Politik der offenen Grenzen und der Abschiebungsverhinderung abzurücken, dann würden die AfD-Stimmen im Bundestag für diesen Antrag gar keine Rolle spielen.
Schmutzig, hässlich und gemein ist es, bösartige Zustände um jeden Preis zu konservieren und dafür auch noch schamfrei die Geschichte auszubeuten, dergestalt, dass ein politmedialer Komplex nicht nur die AfD zum Wiedergänger der NSDAP erklärt (und neuerdings sogar die CDU), sondern gleichzeitig sich selbst zum Sophie-Scholl-Kollektiv und zu den alleinvertretungsberechtigten Anwälten der Shoa-Opfer. Sehr viel wichtiger als die relative Sicherheit von Normalbürgern in der Gegenwart erscheint ihnen die unbedingte Aufrechterhaltung ihrer Selbstrührung, beispielsweise, wenn sie beim „Bayerischen Filmpreis“ einer Aktrice lauschen, die von der Bühne herab nicht etwa rechtsextreme, sondern „rechte Gesinnung“ verdammt, wobei ‘rechts‘ alles rechts von Katrin Göring-Eckardt einschließt.
Bei Scolas Werk von 1976 handelte es sich um einen Film, realistisch zwar, aber nur eine fiktionale Geschichte. In der Fortsetzung mit den Mitteln des Jahres 2025 spielt der Moral-, Symbol- und Bilderbetrieb einfach sich selbst ohne jeden Verfremdungseffekt und ohne jede Schöpfungshöhe, dafür aber mit einem Budget, von dem normale Schauspieler, Regisseure und Produzenten nur neidisch träumen können. Vor allem endete der Streifen aus den Siebzigern nach anderthalb Stunden. Bei der Seiferoper mit dem Hit „gegen den Faschismus, leistet Widerstand“ gibt es bis auf weiteres keinen Abspann. Es handelt sich nämlich um das, was man einen Loop nennt: eine Sequenz, die sich unendlich oft wiederholt. Eins leistet dieses Werk aber doch, und geht damit weit über jeden konventionellen Film hinaus: Es stammt aus einer völlig irrealen Vorstellungswelt – und erzählt gleichzeitig vollkommen authentisch von diesem Land.
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Ich weiß nicht wie man das macht, über alle Maßen beipflichten ohne peinlich zu sein.
Deswegen: Alles Gute Herr Wendt und herzlichen Dank.
Großartig – und bitter. Der Rückgriff auf den Film von Ettore Scola schärft das Bewusssein für die Schändlichkeit politischen Handelns, das sowohl Recht wie Wahrhaftigkeit und Redlichkeit mit Füßen tritt. Danke an Alexander Wendt für präzise Recherche und die vermittelte Einsicht, wohin der Weg von ideologisch Verblendeten, nur dem eigenen Machtstreben folgenden Politbürokraten und ihrer medialen Gefolgschaft führt.
Stockholm-Syndrom. Sie müssen wissen: Wenn im eigenen persönlichen Umfeld so viele Personen Gemeinsamkeiten mit Ausreisepflichtigen haben, wäre man gezwungen auch gegenüber diesen anderen eine solche Politik zu rechtfertigen, obwohl man auch so schon völlig überfordert ist, den vielen alltäglichen Fettnäpfchen der Political Correctness aus dem Weg zu gehen und sich deshalb bereits prophylaktisch jeder potentiellen Minderheit andient und in den Arsch kriecht. Krankhafte Harmoniesucht und Selbstverleugnung. Immer der leichteste Weg…
Ich hätte nicht gedacht, dass das möglich ist: Herr Wendt! Sie haben sich selber übertroffen!
Brilliant, Herr Wendt. Jedes Wort vom ersten bis zum letzten Absatz messerscharf wie ein Schlachtermesser im Gewand eines Rechtgläubigen auf Deutschlands Straßen. Ihr Text trieft nur so vor ätzendem Sarkasmus, dem einzigen Stilmittel, das angesichts dieser Brutti, sporchi e cattivi im grünen Tarngewand angebracht ist.
Nebenbei sei angemerkt, dass die heutigen Protagonisten in der deutschen Version der Hässlichen, der Schmutzigen und der Gemeinen die Widerwärtigkeit der Charaktere in Ettore Scolas Meisterwerk bei weitem übertreffen.
Dieser Artikel dokumentiert Zeitgeschichte auf hohem Niveau, lieber Herr Wendt.
Sehr geehrter Herr Wendt, Sie sind für mich der beste deutsche Journalist und Autor der Gegenwart. Ihr Stil ist exzellent und sucht seinesgleichen. Sie beherrschen unsere Sprache in Perfektion. Beim Lesen Ihrer Artikel verspüre ich Bewunderung und sogar eine gewisse Seelenverwandtschaft. Inhaltlich stimme ich Ihnen sowieso zu.
Schayani hat ihren tweet wohl gelöscht. Gibt es einen „screenshot“?
Nicht erst in dieser „Krise“ scheint sie eine derer zu sein, die sich gegen Deutschland wie die Deutschen vorzugehen bereit zeigt. Und das zudem auf unsere hohen Kosten – denn sie lebt vom „Beitrag“ – oder?
Die EU hätte eine Datei, in der jeder, der in einem EU-Land aufschlägt, binnen Stunden gelistet würde – mitsamt seiner Handy-Nummer und seinen Fingerabdrücken – und auf die jede EU-Behörde bis zum kleinsten Dorfpolizisten und Bürgermeister in jedem EU-Land Zugriff hat. . Wenn das jemand wollte. Will aber keiner. Auch im Jahre 10 von Merkels Grenzöffnungssause (auch vordem schon sickerten Massen an nicht Integrierbaren ins Land) und von zunehmend Mord und Totschlag an der Bevölkerung lässt man die Anarchie durch Fremde aus aller Welt zu Lasten der Menschen vor Ort weiter gnadenlos zu – und denkt gar nicht daran, dem… Mehr
„100.000 Menschen versammeln sich am Brandenburger Tor. Sie protestieren in einer Zeit, in der die AfD bei der Bundestagswahl vor ihrem größten Triumph steht und Trump Rechtsextreme weltweit inspiriert. Sie setzen ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und für Haltung und Anstand.“
Brantner ist halt fehlsichtig wie Baerbock und einige Andere dieser Partei auch.
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Wohingegen ich hoffe, dass sie mit dem größten Triumph der AfD richtig liegen wird – und auch darin, dass Trump viele wieder auf den rechten Weg zurück bringen kann.
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Haltung und Anstand kann ich hinsichtlich grün weniger erkennen – und andere halt auch nicht: https://sciencefiles.org/2024/10/13/statt-beruf-parlament-als-statusbeschaffungsmassnahme-sciencefiles-analyse-der-gruenen-b90-bundestagsfraktion/