Die kleinen G7: Der Bedeutungsverlust einer Institution

In Bayern treffen sich die G7, die schon längst nicht mehr größten Industriestaaten der Welt. Die westlich gesinnten G7-Staaten haben relativ an ökonomischer Bedeutung verloren. Ergebnisse sieht man bis dato keine. Von Jonas Kürsch

IMAGO / Frank Ossenbrink

Seit knapp zwei Tagen konferiert die „Gruppe der Sieben“ bereits im bayerischen Schloss Elmau über die schwierige wirtschaftliche und politische Lage der Weltgemeinschaft. Neben dem Krieg in der Ukraine stehen beim diesjährigen G7-Gipfel auch wieder altbekannte Themen wie der Kampf gegen den Klimawandel und die Bekämpfung der weltweiten Armut auf der Tagesordnung. Mit teuren Finanzpaketen wollen die Staats- und Regierungschefs der „größten“ Industrienationen der Welt die gemeinsam formulierten Ziele zur Verbesserung der internationalen Situation schneller vorantreiben. Es drängen sich jedoch starke Zweifel auf, ob die G7 in ihrer jetzigen Zusammensetzung tatsächlich noch den Anspruch erheben können, die größten Volkswirtschaften der Welt in ihren Beratungsprozess miteinzubeziehen.

Abnehmende Bedeutung
Die Teilnehmer der laufenden G7-Runde sind Italiens Premierminister Mario Draghi, der US-Präsident Joe Biden, Japans Premierminister Fumio Kishida, der französischer Präsident Emmanuel Macron, Kanadas Premierminister Justin Trudeau, Großbritanniens Premierminister Boris Johnson und der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz. In den 1970er Jahren, als sich die G7 erstmals formierten, war diese Zusammensetzung nachvollziehbar. Gemessen an den BIP-Werten der jeweiligen Nationen aus dem Jahr 1975, handelte es sich bei den sieben Ländern in der Tat um die leistungsstärksten Industrienationen der westlichen Welt. Machten die G7 1975 noch über 60 Prozent des weltweiten BIP aus, sind es heute nur noch 45 Prozent.

Der Fall des Kommunismus und die voranschreitende Globalisierung in den 1990er und 2000er Jahren führten zum wirtschaftlichen Erfolg vieler Entwicklungsländer. Vor allem die Wirtschaftskraft der Volksrepublik China ist im Laufe der letzten 50 Jahre massiv gewachsen. Während das BIP des autoritären Regimes im Jahr 1970 noch bei 92,6 Milliarden Dollar lag, steigerte sich der Wert bis zum Jahr 2020 auf mehr als 14,8 Billionen Dollar. Ähnlich verhält es sich auch mit Indien, das 1970 noch ein BIP von etwa 97 Milliarden Dollar vorwies und heute bei einem Wert von etwa 2,6 Billionen Dollar eingeschätzt wird. Beide Staaten haben Frankreich, Italien und Kanada infolge ihres Wirtschaftswachstums weit hinter sich zurückgelassen.

Vor allem bei Kanada (BIP 2020: 1,6 Billionen Dollar) und Italien (BIP 2020: 1,8 Billionen Dollar) stellt sich daher die Frage, ob diese Länder heute wirklich noch zu den „großen Sieben“ dazugezählt werden dürften, vor allem im Hinblick auf die Tatsache, dass ähnlich starken Volkswirtschaften wie Südkorea (BIP 2020: 1,6 Billionen Dollar) keine Teilhabe an den informellen Treffen gestattet wird. Würde man nach der Kaufkraftparität gehen, handelte sich sogar um etwa sechs solcher „vergessenen“ Big Players.

Besonders verwirrend ist auch die Teilnahme der europäischen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und des europäischen Ratspräsidenten Charles Michel, die beide als Beobachter für die Europäische Union bei dem Spitzentreffen anwesend sind. Die Rolle der beiden in dem Gremium ist nicht wirklich definiert und es ist unklar, welche Aufgabe den EU-Vertretern bei den Gesprächen zuteil wird. Nicht nur die Auswahl der Teilnehmer wird schon seit längerem von der Öffentlichkeit mit großer Skepsis betrachtet. Auch die intransparente Gesprächsführung unter Ausschluss jedweder Öffentlichkeit führte in der Vergangenheit bereits zu größeren Protesten, die mehreren Angaben zufolge auch beim gegenwärtigen Gipfel in vollem Gange sind.

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Kommentare ( 71 )

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Kassandra
2 Jahre her

Sieht man das Bild in anderem Ausschnitt, wird es noch lustiger:
„.Auf die lange Bank schieben. Symbolbild. #G7 #G7Gipfel #G7Summit2022 #G7Elmauhttps://twitter.com/mz_storymakers/status/1541132979321323520?cxt=HHwWgICygfGRmuMqAAAA

ich4712
2 Jahre her

Endlich sind sie wieder fort. Eine chinesisches Weisheit: Ein Besuch macht immer Freude, wenn nicht beim Kommen, dann beim Gehen.

Peter Gramm
2 Jahre her

Es ist halt immer wieder schwer amerikakritische Postings zu platzieren. Fakt ist doch dass Rohstoffe und Energie weltweit benötigt werden. Wenn es diesen Leiferanten gelingt die Währung dafür zu bestimmen hat der schuldenbasierte US Dollar ausgedient. Bisher war es so dass die Länder weltweit dazu verpflichtet waren Rohstoffe auf US Dollar Basis zu fakturieren. d.h. die Nachfrage nach US Dollars war gesichert. Sollte sich dieses pertuum mobile aber ändern bekommt der US Dollar Probleme. Die Amerikaner haben zuwenig Werthaltiges was den Wert des Dollars erklären könnte. Rüstungsgüter gehören eben nicht dazu.Dies sollte allen zu denken geben, außer man ist davon… Mehr

H. Hoffmeister
2 Jahre her

Wenn ich diese Gestalten in ihrer arroganten Selbstüberschätzung auf dem einleitenden Foto anschaue – den japanischen Premier einmal ausgenommen – muss ich aufpassen, dass ich mich nicht zu weiteren Attributierungen hinreissen lasse. Sonst sperrt mich Haldenwang noch wegen „Verächtlichmachung“ weg.

Archaeopteryx
2 Jahre her

Während dem Bürger – also dem formellen Souverän – angeraten wird maximal noch 5 Minuten zu duschen und die Behausung im kommenden Winter nur noch auf 14 Grad zu heizen, verpulvern diese ´Herrschaften´ Abermillionen um sich vor der Bergkulisse in Szene zu setzen (eine Videokonferenz hätte es ja schliesslich auch getan…).   Während der Staat die öffentliche Sicherheit nicht mehr garantieren kann und Freibäder und Fussgängerzonen buchstäblich zu Schlachtfeldern verkommen, lassen diese ´Herrschaften´ 18000 Polizisten abkommandieren um sich selbst vom Pöbel abzuschirmen.   Während man uns jahrelang erzählt hat, dass Grenzkontrollen zum Schutz der Bürger völlig unmöglich sind, ist es plötzlich… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Archaeopteryx
Peter Gramm
2 Jahre her
Antworten an  Archaeopteryx

Richtig! Aus diesem Grunde gibt es immer mehr Ungebildete und irgendwie nach oben Gekommene in diesem Bereich. Sie bilden sich ein wichtig für die Gesellschaft zu sein obwohl sie lediglich Belastendes darstellen. Diese wuchernde, teure und unübersichtliche Bürokratie ist eine Gefahr für uns alle. Sie lösen keine Probleme mehr, sie verwalten sie nur noch, allerdings immer mehr zu Lasten der Bürger. Dieses Einigeln vor dem Pöbel hat es früher auch schon gegeben. Hat allerdings nichts genützt. Probleme müssen gelöst werden, sonst kommt es zum Knall. Bestes Beispiel – die Rentenerhöhung wird durch die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge schon wieder kassiert. Die… Mehr

Alf
2 Jahre her

Das Gruppenfoto dokumentiert den Bedeutungsverlust auch ohne Worte.
Staats- und Regierungschefs der „größten“ Industrienationen der Welt?
Der Zug ist schon längst abgefahren.
– BRICS –

Kassandra
2 Jahre her

Es soll auch einst 7 Schwaben gegeben haben, von denen allerlei Geschichten überliefert sind. Die begannen manchmal wohl so ähnlich: „Die G-7-Staaten wollen gemeinsam gegen die Erderwärmung vorgehen…“ https://www.welt.de/politik/ausland/article239608763/Elmau-G-7-Staaten-wollen-Klimaclub-Idee-von-Kanzler-Scholz-umsetzen.html
„Die Sieben Schwaben sind ein Schwank, in dem es um die Abenteuer von sieben als tölpelhaft dargestellten Schwaben geht. Höhepunkt ist der Kampf mit einem Untier, das sich als Hase herausstellt.“ wiki

horrex
2 Jahre her

Eine einfache Beobachtung: Je mehr sie sich umarmen, desto weniger sind sie sich einig. Was für G7 als auch EU gilt. Putin hat alles richtig gemacht. In dem Sinne, dass er durch das was er macht nicht nur all die Uneinigkeiten (eben nur beschworene bzw. gespielte Einigkeit) geschickt offen legt u. ausnutzt. Derart wunderbar all die Schwächen der „genialen westlichen Konzepte“ (räusper ;-)) glasklar offen legt. – Eigentlich müssten wir ihm dankbar sein. – W e n n d e n n unsere „Eliten“ auch nur ansatzweise verstünden wie hoffnungslos sie sich in ihre „Weltanschaulichkeiten“ verstrickt haben. Die verbohrten Ideologen… Mehr

Kassandra
2 Jahre her

Vielleicht hoffen sie in Japan auf Unterstützung, falls China übergriffig würde?
Mit Selenskyj als geglücktem Beispiel von Geld- wie Waffentransfers vor Augen?
Wobei – kann sich einer vorstellen, dass Japaner fähig wären derart dreist zu fordern, wie es Ukrainern in höheren Postionen „der Welt“ gegenüber möglich ist?
Transferiert Japan eigentlich auch – und wenn, was?

Hoffnungslos
2 Jahre her

Warum vdL dabei ist? Sie ist doch wichtig. Russen, Chinesen, Inder, Südamerikaner und Südafrikaner sind alle unwichtig. VdL, die nie Gewählte, ist wichtig, sie hat Priorität. – Wir lernen: Wahlen sind in einer Demokratie 2022 nicht mehr wichtig. Wahlen kann man rückgängig machen, Wahlen kann man so perfekt desorganisieren, dass anschließend die Ergebnisse nur noch geschätzt werden können, usw….