Die Einheit vor 25 Jahren war kein Zufall sondern Kohls Werk

Viele Mythen umgeben die deutsche Wiedervereinigung. Doch sie ist und bleibt das Werk von Helmut Kohl - wobei die Rolle Willy Brandts zu würdigen ist.

Eines vorweg: Emotional war der 9. November 1989 viel bewegender als der 3. Oktober 1990. Weil die Mauer so plötzlich aufging. Weil das Unrechtssystem DDR wie ein Kartenhaus zusammen fiel. Weil die Freude und die Emotionen echt waren. Aber erst am 3. Oktober 1990 war die Teilung endgültig überwunden.

So selbstverständlich war das alles nicht. Die Mehrheit der Deutschen hatte sich vor 25 Jahren längst damit abgefunden, für immer in zwei getrennten Staaten zu leben. Nicht wenige im Osten wie im Westen wollten den real existierenden Sozialismus nochmals am lebenden Objekt ausprobieren – in einer neuen DDR als Gegenmodell zur alten, angeblich kapitalistischen BRD. Führende Sozialdemokraten beurteilten selbst nach dem Mauerfall das Ziel der Wiedervereinigung so: „reaktionär und hochgradig gefährlich“ (Gerhard Schröder), „historischer Schwachsinn“ (Oskar Lafontaine), „illusionär“ (Hans-Jochen Vogel). Die Grünen plakatierten gar „Alle reden von Deutschland. Wir reden vom Wetter“.

Die Lebenslüge der 2. deutschen Republik?

Es war Willy Brandt, der die SPD nach dem Mauerfall von ihrer Ablehnung der Einheit abbrachte. Das war eine umso größere staatsmännische Leistung, als der Ex-Kanzler noch 1988 der Meinung war, „die Hoffnung auf Wiedervereinigung wurde geradezu zur Lebenslüge der zweiten deutschen Republik.“ Helmut Kohl zollt dem einstigen Rivalen in seinen Memoiren dementsprechend Respekt – als „große Ausnahme unter den Sozialdemokraten.“

Dass es doch zur Wiedervereinigung gekommen ist, ist in erster Linie das Verdienst Helmut Kohls, des Kanzlers der Einheit. Und ebenso der großen Mehrheit der Ostdeutschen, die bei der ersten freien Volkskammer-Wahl im März 1990 nicht für SPD und Bündnis‘90 stimmten, sondern für Schwarz-Rot-Gold. Dass dann im wiedervereinten Land nicht alles so glatt lief, wie viele erhofft hatten, ist bekannt. Die ostdeutsche Wirtschaft kam nicht so schnell auf Touren, wie erwartet. Und die Mauer in den Köpfen vieler hat das Zusammenwachsen erschwert.

Gleichwohl haben wir am 25. Jahrestag allen Grund zu Dankbarkeit und auch ein wenig Stolz. Ein vereintes Land mit Problemen ist immer noch die bessere Alternative als ein geteiltes Land. Anders ausgedrückt: Es ist allemal angenehmer, über unterschiedliche Lebensverhältnisse in einem vereinten Land zu sprechen als über die unterschiedlichen Bündniszugehörigkeiten zweier deutscher Staaten.

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