Diätenerhöhung im Bundestag – Instinktlosigkeit pur

In seltener Eintracht sind immerhin AfD- und Links-Fraktion gegen die Erhöhung. Sie agieren damit im ursprünglichen, neutralen Sinn des Wortes populistisch.

©© John MacDougall/AFP/Getty Images

Der neue Bundestag ist teuer, und er wird immer noch teurer. Aus 631 Mitgliedern der letzten Legislaturperiode wurden mit der jüngsten Wahl vom 24. September nunmehr 709. Das ist eine Zunahme um 12,4 Prozent an Abgeordneten, dementsprechend eine Zunahme um rund ein Achtel der Kosten. Ganz schön heftige Steigerungsraten sind das.

Selbstversorgung im Handstreich
Selbstbedienungsladen Parteienstaat
In absoluten Zahlen: Nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler verursacht der neue Bundestag zusätzliche Kosten von mindestens 75 Millionen Euro pro Jahr – das wären 300 Millionen Euro zusätzlich über die gesamte Legislaturperiode. Allein 2018 sollen mandatsbezogene Ausgaben von 517 Millionen Euro fällig sein. Bei einer Regelgröße von 598 Abgeordneten – also 111 Abgeordnete weniger als aktuell – würde das Parlament mit 442 Millionen Euro auskommen.

So weit, so gut, so weit, so schlecht? Das ist eine Stange Geld, dabei ist der Bundestag noch nicht einmal so richtig tätig. Es sind noch keine Ausschüsse gebildet. Es ist noch keinerlei Gesetzesinitiative gestartet. Es ist noch kein Regierungschef respektive keine Regierungschefin gewählt. Es gibt nur eine geschäftsführende Regierung, die gewiss kontrolliert werden sollte, aber wer schaut da schon genau hin?

Niemand versteht das
Das Wahlrecht geht so lange „zum Brunnen“, bis es bricht
Und dann der neueste Hammer: Die nächste Diätenerhöhung ist bereits angesagt! Und zwar aus einer ganz großen Koalition aus Union, SPD und FDP heraus. Da klappt die Bildung einer Koalition also. Wie schon immer sollen die Diäten der MdBs zum 1. Juli 2018 automatisch steigen. Das ist eine Regel, auf die man sich schon vor längerer Zeit verständigt hat. Um eine Erhöhung von 2,3 Prozent je Nase geht es übrigens, konkret um monatlich 215 Euro auf dann 9.542 Euro.

Aber Regel hin, Regel her: Wäre es nicht ein Akt des politischen Fingerspitzengefühls, auf eine Diätenerhöhung in der jetzigen Situation eines weitestgehend zur Lethargie verurteilten Parlaments zu verzichten oder sie zumindest auszusetzen?

In seltener Eintracht sind immerhin AfD- und Links-Fraktion gegen die Erhöhung. Sie agieren damit im ursprünglichen, neutralen Sinn des Wortes populistisch. Denn der „populus“, das Volk, ist laut Blitz-Umfrage der Bild-Zeitung mit einem Anteil von über 80 Prozent empört. Zu Recht, denn beim Volk verfestigt sich zumal in Zeiten einer erneut aufflammenden Debatte um den Mindestlohn erneut die Überzeugung, dass „die da oben“ völlig abgehoben sind.

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Kommentare ( 152 )

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Karl Martell
6 Jahre her

9541 WAR doch 2017?

chrisamar
6 Jahre her

In Deutschland entscheiden Richter wer was verdient. Darum erhalten Richter auch die selbe Versorgung wie die politischen Beamten. Bis zur Währungsreform 2001, erhielt ein Richter auf Probe / Berufsanfänger, DM 1500,00. 2017 waren es bereits € 3850,00. Diese Einkommen steigen folglich automatisch. Niemand muss mehr einen Antrag stellen. Tatsache ist aber auch, dass die Minderheit der Beamten / Staatsdiener / ÖD, für sich selbst bereits ~ 50% von jedem Steuer-€ beansprucht. So hoch sind deren Personalkosten. Weil die Zwangsabgaben auf Rekordhöhe sind, haben die Richter für sich und ihresgleichen einen entsprechen großen Schluck aus der Pulle gegönnt. Hessens Beamten lassen… Mehr

Bernhard Rittel
6 Jahre her

Diese Trickserei kenne Ich schon. Es ist nichts neues. Nach jeder Bundestagswahl erhöhen sich die Politiker gewisser Parteien immer wieder die Diäten. Niemals vor der Bundestagswahl. Ich wusste, dass das auch diesmal so kommen wird. Deshalb wähle ich diese Selbstbedienugssparteien schon lange nicht mehr. Ich wähle nur noch Parteien, die dagegen Protest einlegen. Wenn ich mir die FDP so ansehe. Kaum sitzt diese Partei schon wieder im deutschen Bundestag drin, erhöht sie sich als aller erstes mal ihre Diäten. Was anderes hat die FDP bis jetzt noch nicht geleistet. Reine Klientelpolitik und sich die Taschen füllen, das ist FDP Realpolitik.… Mehr

6 Jahre her

Hauptsache die Diäten werden erhöht, lieber kann die Regierung die Renten kürzen damit es wieder passt

Andre K.
6 Jahre her

Unabhängig davon, ob man diese Diätenerhöhung gut findet, hat die AFD aber die ganze Zeit schön den Mund gehalten, obwohl die Erhöhung schon länger debattiert wurde. Wohl wissend, daß sie das Geld genauso abfassen, blasen sie jetzt nur die Backen auf um sich wieder mit einer ganz billigen Nummer beim Volk beliebt zu machen. Wie selbstlos die AFDler Politik machen kann man ja schön bei Petry und Pretzelt sehen. Die nehmen alles mit was sie kriegen können.

Someone
6 Jahre her

Unsere Politikerdarstellern denken sich eben: „Ist der Ruf erst ruiniert,
Lebt es sich ganz ungeniert.“

Wer könnte es ihnen übel nehmen, da wird eben abgegriffen was geht, vor dem ganz großen Abgang!

Erinnert ein wenig an den Film „Der Untergang“, als in den letzten Kriegstagen im „FührerBunker“ bzw. Der Reichskanzlei, nochmals ordentlich Geburtstag gefeiert wurde, als wäre alles in bester Ordnung und es gäbe kein Morgen….

Wolfgang Richter
6 Jahre her

Die Politdarstellwer sind nicht willens und / oder in der Lage, etwas Konstruktives auf die Reihe zu bekommen. Eine Vorzeige-Linke mit KanzlerX-Ambitionen ist verbal so einfgach gestrickt, daß außer „Es gibt auf die Fresse“ u. „Bätschi“ eher wenig zu hören ist, vielleicht auch besser so. Aber sich aus dem Steuertopf persönlich zu bedienen, dafür reicht es allemal. Nur noch peinlich, mdiese sog. Volksvertreter. Die es offenbar als erste Pflicht ansehen, daß Volk, dem zu dienen sich sich verpflichtet haben, vor allem (für dumm) zu verkaufen.

Reimund
6 Jahre her

Schlage vor die Diätenerhöhungen an die Rentenerhöhungen zu koppeln, da diese von der Nettolohnsumme abhängen – also von dem, was die Leute im Geldbeutel haben. Wird die Rente um 20 % abgesenkt (10% Bezug zum Nettolohn) – so werden ebenfalls die Diäten entsprechend abgesenkt – ist das nicht gerecht? Die Abjeordneten solidarisch mit die armen Rentnern – ob das Auswirkungen auf die Renten hätte‘?

Lars Bäcker
6 Jahre her

An der Quelle saß der Knabe…

Arvid
6 Jahre her

Ich verstehe nicht, was an der Erhöhung problematisch ist. Zur Zeit steigen ja alle Löhne jährlich an, sei es im öffentlichen Dienst oder von anderen Arbeitnehmern. Warum sollen dann nicht auch die Löhne von Abgeordneten steigen?
Und wie ich durch kurzes googeln herausgefunden habe, orientiert sich die Diätenentwicklung in der Tat an der allgemeinen Lohnentwicklung:

https://www.abendblatt.de/politik/deutschland/article212843639/Bundestagsdiaeten-richten-sich-weiter-nach-Lohnentwicklung.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Abgeordnetenentsch%C3%A4digung#Deutschland

Laut Wikipedia sind die Diäten seit 1977 i m Vergleich zur durchschnittlichen Lohnentwicklung weniger gestiegen.