Es hatte so vielversprechend geklungen: Mit dem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn sollte jeder von seiner Arbeit leben können. So argumentierten jedenfalls die politischen Vorkämpfer für den seit langem schwerwiegendsten staatlichen Eingriff in die Tarifautonomie. Dabei war vorhersehbar, dass die meisten „Aufstocker“, die zusätzlich zum Lohn noch von der Arbeitsagentur Geld beziehen, auch weiterhin auf Hartz IV angewiesen bleiben werden.
Die Zahlen für das erste Quartal liegen vor. 45.000 Menschen müssen dank des Mindestlohns nicht mehr zum Amt, können also tatsächlich von ihrer Arbeit leben. Damit sank die Zahl der „Aufstocker“ von 1,268 auf 1,223 Millionen. Jedem Einzelnen der 45.000 Betroffenen sei das gegönnt. Aber man muss schon sehr anspruchslos sein, um das als großen Erfolg zu feiern – 45.000 von knapp 1,3 Millionen.
Viel größer wird die Zahl der von der „Aufstockerei“ befreiten Mindestlöhner wohl auch nicht werden. Denn nur Alleinstehende ohne irgendwelche Unterhaltsverpflichtungen kommen bei einer Vollzeitstelle (39 Stunden à 8,50 Euro) auf mehr Geld (1.050 Euro netto), als sie bisher vom Amt bezogen haben (ca. 800 Euro). Von dieser Spezies gab es zu Beginn der Mindestlohn-Ära ganze 60.000. Alle anderen der knapp 1,3 Millionen „Aufstocker“ bekommen mehr Geld vom Staat, als sie selbst mit 8,50 Euro verdienen.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Dank der robusten Konjunktur hat der Mindestlohn noch keinen großen Schaden angerichtet. Aber das GroKo-Versprechen, jeder solle von seiner Arbeit leben können, erweist sich als eine politische Mogelpackung. Beim Mindestlohn haben die Ideologen gesiegt; die meisten betroffenen Menschen haben aber nichts oder nicht viel gewonnen. Und Verlierer gibt es auch: Rund 250.000 Minijobs sind weggefallen. Was aus der Sicht der Mindestlohn-Fraktion kein Beinbruch ist: Lieber kein Job, als ein schlecht bezahlter. Auch dieser GroKo-Wahnsinn hat Methode.
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