Demokratie light: Grüne blockieren BAMF-Untersuchungsausschuss

Gegenüber dem Spiegel stellt Lindner der Regierung ein vernichtendes Zeugnis aus in Sachen Massenzuwanderung und BAMF-Versagen - kaum weniger scharf als aus den Reihen der AfD.

© ODD ANDERSEN/AFP/Getty Images

So ein Untersuchungsausschuss auf Bundesebene ist ja nicht einfach nur eine oppositionelle Gemeinheit. Solche Ausschüsse erfüllen in der parlamentarischen Demokratie eine wichtige Funktion: Sacherhalte im Verantwortungsbereich der Regierung, die auf Missstände hindeuten – wie das BAMF – , werden untersucht und damit wieder der parlamentarischen Kontrolle übergeben.

Warum sich nun die Fraktion der Grünen im Bundestag so ziert, wenn es um einen Untersuchungsausschuss zu den massenhaften und offensichtlich bandenmäßig organisierten Betrügereien in Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge geht, kommentiert der FDP-Chef Lindner gegen über dem Spiegel so:

„Es kann nicht sein, dass die Grünen zu den Chefverteidigern von Angela Merkel und den Herren Altmaier, Seehofer und de Maizière werden.“

Lindner beklagt hier, es sei ein „Trauerspiel“, dass die Grünen sich bisher weigern würden, einem Untersuchungsausschuss zuzustimmen, aus Sorge, damit der AfD eine politische Grundlage zu liefern. Für Lindner würde so ein Ausschuss aber Positives bewirken: Konsequente Aufklärung anhand von Fakten. Damit würde man der AfD ganz umgekehrt die politische Grundlage entziehen, fügt Lindner noch pflichtschuldig an.

Aber was für ein Spagat ist das eigentlich? Ist die AfD verantwortlich für den GAU im Bundesamt, dort, wo die Verwaltung der Massenzuwanderung an ihrer neuralgischsten Stelle angekommen ist? Warum macht es Lindner nicht mit der AfD alleine? Zunächst deshalb, weil für einen Untersuchungsausschuss nach Art 44 des Grundgesetzes ein Viertel der Abgeordneten den Antrag zum Ausschuss stellen müssen, diese 25 % sind aber nicht erreicht, wenn lediglich AfD und FDP beantragen würden.

Gegenüber dem Spiegel stellt Lindner der Regierung ein vernichtendes Zeugnis aus in Sachen Massenzuwanderung und BAMF-Versagen, das kaum weniger scharf ebenso aus den Reihen der AfD hätte kommen können bzw. längst gekommen ist:

„Die Vorgänge im Bamf werfen ein Schlaglicht auf die gesamte Flüchtlingspolitik der vergangenen vier Jahre. Die eine Hand weiß bis heute nicht, was die andere tut. Beim Bamf gibt es gravierende Mängel – nicht nur in der Außenstelle Bremen.“

Nun ist so ein Untersuchungsausschuss für Lindner doppelt wichtig. Die Grünen können dabei nur verlieren, die FDP nur gewinnen, denn die Liberalen sind in den Bundestag eingezogen mit dem Versprechen, „einen Untersuchungsausschuss zur Flüchtlingspolitik einzusetzen.“ Sie haben dem Wähler gegenüber eine Bringschuld. Der Ausschuss zum BAMF könnte hier als die Einhaltung des Wahlversprechens über Umweg verstanden werden.

Für Christian Lindner gibt auch in der neuen Regierung keine Anzeichen für eine „neue, geordnete, weltoffene Zuwanderungspolitik“. Sagt die AfD zwar durchgehend, aber Lindners Einschätzung hat hier beim Bürger mehr Gewicht als die der AfD. Schon alleine deshalb, weil die Liberalen um den Themenkomplex bisher herumgeschlichen sind, wie die Katze um den heißen Brei.

Für Lindner soll die Migrationsfrage jetzt eine der größten Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft sein, der sich die FDP offensiv stellen müsste. Ja, so kann man das natürlich alles begründen, der Blickwinkel ist deshalb aber nicht neu, erkennbar ist lediglich die Umetikettierung. Und diese Herausforderung ist nicht erst aktuell, seit das BAMF unter Verdacht steht, gesetzeswidrig im großen Stil illegale Migration auch noch zu befördern. Nein, hier geht es um ein Ringen um die Hoheit solcher Themen, die den Bürger ungebrochen an erster Stelle beschäftigen.

Und hier wirkt dann in besonderem Maße die Schrumpfung der Großen Koalition, denn in der vergangenen Legislaturperiode hatten SPD und Union zusammen eine Mehrheit von rund 80 Prozent. Die Opposition wäre also quantitativ überhaupt nicht in der Lage gewesen, die nötigen 25 Prozent der Abgeordneten zusammenzubekommen für einen Untersuchungsausschuss. Ein Demokratie-Defizit, das nun vom Wähler bereinigt wurde. Der Vorwurf an die Grünen, „Chefverteidiger“ der Merkel-Regierung zu sein, ist also berechtigt, wenn diese sich einem Antrag verweigern. Denn dann wären die Grünen nicht mehr als die Regierungsstimme innerhalb der Opposition. Aber die Angelegenheit ist noch kniffliger, denn in der letzten Legislatur wurde die erforderliche Stimmenzahl auf 20 Prozent gesenkt. Diese Sonderregelung gilt nun aber nicht mehr, Artikel 44 ist wieder vollumfänglich wirksam.

Wenn nun aber der so bezeichnete „Tagesschau-Faktenfinder“ im September 2017 feststellte: „Mit ihrem Wahlergebnis von rund 13 Prozent kann die AfD allein keinen Untersuchungsausschuss durchsetzen.“, dann gilt das für die noch schmaleren Grünen, für die Linke und die FDP allemal.

Verweigern die Grünen und/oder die Linke nun so einen Untersuchungsausschuss ihre Stimme, boykottieren sie also eine erforderliche Abgeordnetenzahl, dann schadet das in erheblichem Maße der Demokratie. Verhindert, dass die Fakten auf den Tisch kommen, öffentlich werden und die Verantwortlichen zwingen, Verbesserungsvorschläge für die Zukunft zu machen. Das wäre aber unbedingt nötig, wenn man sich nur an den internen Mailverkehr im BAMF erinnert, der auf erschreckende Weise aufzeigte, mit welchen Mitteln diese Fakten bisher unter den Tisch gekehrt werden sollten.

Dieses „unter den Tisch kehren wollen“ hat im BAMF offensichtlich Methode bis hinunter in die kleinsten Einheiten in der Bewältigung der Krise, dann, wenn wir uns ebenfalls daran erinnern, wie beispielsweise die Braunschweiger Landesaufnahmebehörde Akten gleich stapelweise im Keller verschwinden lassen wollte, die dreihundertfachen Sozialbetrug von Asylbewerbern hätten belegen können.

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Kommentare ( 98 )

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Ettore
6 Jahre her

Gilt für die Grünen, aber genauso für die Linken. Im übrigen fehlen AfD+FDP lediglich 4 Stimmen, etwa geheim, aus der CSU (angenommen Petry &Co. stimmen sowieso für einen UA).

Udo Kemmerling
6 Jahre her

Es ist ein gewaltiger Witz, dass im Deutschen Bundestag keine 25% (ein lächerliches Viertel) der Abgeordneten einen Untersuchungsausschuß befürworten, dessen Anlaß vom zuständigen Landeskriminalamt als „bandenmäßige Kriminalität“ bezeichnet wird. In einer geistig gesunden Welt würde ein geistig gesunder Mensch 100% erwarten, abzüglich weniger Berufsoppositioneller. Der massive Rechtsbruch steht hier nicht in Frage, sondern wie man damit umgeht. Muß man ergo ca. 75% der deutschen Bundestagsabgeordneten ein tief gestörtes Verhältnis zum Recht und zum Rechsstaat attestieren?

Alf
6 Jahre her

Demokratie und Rechtsstaat sind bereits nachhaltig beschädigt. Da hilft auch ein Untersuchungsausschuß nicht weiter. Es geht um die Gestaltung der Gegenwart und der Zukunft, nicht um Vergangenheitsbewältigung. Und da hilft keine Rasenpflege mit der Nagelschere. Der Bürger kann nur feststellen, das nichts passiert. BlaBla und nichts dahinter.

Friedrich
6 Jahre her

Es ist doch klar warum die Grünen keinen Untersuchungsausschuss wollen. Sie sind für ungebremste Einwanderung egal auf welchen krummen Wegen.

hassoxyz
6 Jahre her

Selbst wenn sich Grüne und Linke komplett verweigern, weil sie Merkels Willkommenspolitik zu 100% unterstützen und kein Interesse an einer Aufklärung haben, besteht immer noch die realistische Möglichkeit, daß unzufriedene konservative Abgeordnete der Union und die beiden Ex-Abgeordneten der AfD einem Untersuchungsausschuß Merkel zustimmen könnten. Dann könnten die wenigen fehlenden Stimmen für die 25% doch noch zustande kommen. Warten wir mal ab.

Hajo
6 Jahre her

Die westdeutschen grünen Marxisten werden doch ihrem marxistischen Idol aus dem Kanzleramt nicht in den Rücken fallen, wo diese doch mit ihrer Politik eine Art Sicherheitsgarantie für ihre Belange darstellt und deshalb ist die Haltung nicht verwunderlich, aber verräterrisch, denn hier zeigt sich das Zusammenspiel der roten Kräfte im Bundestag und warum die Abgeordneten das alles mitmachen ist die einzige offene Frage in diesem vermutlichen Komplott gegen deutsche Interesssen und hier kann man nur noch mit dem Kopf schütteln über Abgeordnete, die bürgerliche Interessensverwaltung vorgeben, aber gegenteiliges anstellen ohne dabei rot zu werden, denn niemand auf der Welt kann uns… Mehr

Andreas aus E.
6 Jahre her

Christian Lindner ist doch ein Heuchler und Blender.
Ist doch egal, ob die AfD den Antrag unterstützt oder nicht – ein guter Redner, und das ist Christian Lindner, – bekäme das locker so hingebogen, daß das am Ende in der Blockparteienpresse als Verdienst der FDP dargestellt werden wird.
Keine Frage: Der wollte nur der AfD das Thema wegnehmen ohne selbst irgendwelches ernsthaftes Interesse an Aufklärung zu haben – Wahlkampfgetöse eben.

Harry W
6 Jahre her
Antworten an  Andreas aus E.

Richtig. Ich habe ihm vor 2 Monaten per Mail mitgeteilt , das die fdp genauso die Wähler belügt wie der traurige Rest im Bundestag. Sein Wahlverprechen = Merkeluntersuchungsausschuss.

Jetzt teilte er mir in einem Emailrundbrief stolz mit, dass er einen U- Ausschuss gegen die Bamf einleiten werde.
Mit dem Merkel-U-Ausschuss sei die Entwicklung ja nun drüber hinweg gegangen.
Er hat nun die pasende Antwort erhalten.

Wenn ich die Altparteien sehe könte ich nur noch k ……..

Maja Schneider
6 Jahre her

Und während im Bundestag, dessen bisher einziges Ziel die Bekämpfung der AfD ist, von Seiten der Grünen (und nicht nur von ihr) heftig gegen die Einsetzung eines entlarvenden Untersuchungsausschuss gekämpft wird, verschwinden möglicherweise wichtige Unterlagen, die die skandalösen Machenschaften von Politik und Medien im Zusammenhang mit der Arbeit des BAMF beweisen könnten.

Bambu
6 Jahre her

Die Grünen haben kein Demokratieverständnis. Das zeigt sich erneut in deren Haltung zu den Hausbesetzungen in Berlin. Anstatt geltende Verwaltungsvorschriften durchzusetzen, nutzen sie lieber den Weg der Anarchie und solidarisieren sich mit den Hausbesetzern. Zu groß ist wohl auch ihre Angst, dass bei einem Untersuchungsausschuss eine Beteiligung von Grünen oder deren Unterstützern herauskommt, denn derartige Handlungen sind genau nach dem Geschmack der Grünen, welche bis heute pubertäre Revoluzzer sind. In dieser Rolle gefallen sie sich, weil sie mit allem anderen überfordert sind. Insofern sollte Lindner nicht auf die Grünen vertrauen, sondern mit der AfD gemeinsam den Untersuchungsausschuss auf den Weg… Mehr

Sonni
6 Jahre her

Es ist doch wohl logisch, dass Diejenigen, die maßgeblich an Betrug und Rechtsbruch beteiligt sind oder diesen sogar mit veranlaßt haben, versuchen, ihre Aufdeckung zu verhindern und einer Verurteilung zu entgehen.
Für mich sind die Grünen und deren Wähler die wahren Terroristen der Neuzeit. Ihre Waffen sind nur versteckter als früher.

Anne
6 Jahre her
Antworten an  Sonni

Ergänzung: Frau Merkels Politik ist eindeutig nicht mehr schwarz, sondern stark grün und rot gefärbt. Die SPD hat als Koalitionspartner sämtliche Alleinentscheidungen der Kanzlerin mitgetragen und trägt aktuell das „Weiterso“ nicht nur mit, sondern ruft ständig nach einem verstärktem „Weiterso“. Die Grünen haben schon deshalb kein Interesse an einem Untersuchungsausschuss, weil Frau Merkel ihnen jeden Wunsch geradezu von den Augen ablas und erfüllte. daran hat sich bis dato nicht geändert. Für die Linke gilt das in ähnlicher Weise, vielleicht nur ein klein wenig abgeschwächt. Zumindest erweist sich die Linke als Erfüllungsgehilfin der Kanzlerin. Im Übrigen haben die Abgeordneten des 18.… Mehr

Charly-Romeo
6 Jahre her
Antworten an  Sonni

Die Grünen sind für mich die wahren Neonazis.