Familienministerin Lisa Paus und Innenministerin Nancy Faeser stellen ein Gesetz vor, dass es nach eigenen Worten „bislang in Deutschland nie gegeben“ hat. Sie haben Recht: Noch nie wurden so unverhohlen „zivilgesellschaftliche“ Institutionen vom Staat gefördert, um missliebige Meinungen zu bekämpfen.
„Die vereitelten Umsturzpläne im Reichsbürgermilieu haben erneut in aller Deutlichkeit gezeigt, wie sehr einzelne Gruppen unsere plurale Gesellschaft und demokratische Werte ablehnen.“ So stellt die Familienministerin Lisa Paus den Entwurf für ein „Demokratieförderungsgesetz“ auf Twitter vor. Man könnte es politische Instrumentalisierung nennen, wüsste man nicht, dass der Koalitionsvertrag ein solches Projekt seit Beginn der Ampel vorsieht. Damit ist die FDP an diesem Wurf genauso beteiligt wie SPD und Grüne.
„Ein solches Gesetz hat es bislang in Deutschland nicht gegeben“, sagt Paus. Sie hat Recht. Vielleicht hat es auch in den westlichen europäischen Staaten nichts Vergleichbares seit 1945 gegeben. Deutschland geht wieder voran – und keiner weiß wohin. „Planungssicherheit“ soll es für Bund und die Initiativen geben. Und: „Anders als bisher soll es aber auch möglich sein, mit bedarfsorientierten Fördermaßnahmen schnell und flexibel auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren.“
— Lisa Paus, MdB (@lisapaus) December 14, 2022
Der Text des Gesetzentwurfs beginnt dabei mit einem Paradoxon, das das Papier verzweifelt aufzulösen versucht: Deutschland ist eine „starke, wehrhafte“ Demokratie, braucht aber dennoch ein Demokratieförderungsgesetz. Wieso eigentlich? Die Argumentation läuft im Grunde darauf hinaus: Der Staat muss eingreifen und die „Zivilgesellschaft“ unterstützen. Offenbar läuft also etwas bei den „Menschen im Lande“ falsch. Indem es immer wieder die „Zivilgesellschaft“ lobt, versucht das Papier den Eindruck zu zerstreuen, hier helfe ein starker Staat einer von Rattenfängern bedrohten Gesellschaft, die zutiefst gespalten sein könnte.
„Die Demokratie lebt von engagierten Menschen, die in ganz Deutschland ihre Interessen in den verschiedenen demokratischen Institutionen, Parteien und Wählervereinigungen vertreten oder sich in zahlreichen Initiativen, Vereinen und Organisationen für ein vielfältiges, pluralistisches und gewalt- und diskriminierungsfreies Miteinander einsetzen im Bereich der Demokratieförderung und -stärkung, der politischen Bildung sowie bei der Auseinandersetzung mit und der Prävention jeder Form des politischen oder religiös begründeten Extremismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sowie der Demokratiefeindlichkeit.“
„Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ ist dabei der Begriff, der die flexibelste Form hat. Er bietet sich deswegen an, weil in früheren Gesetzesformen die spezifischen Gruppen genannt werden mussten. Wer hätte noch vor zwanzig Jahren sich etwas unter dem Begriff „queer“ vorstellen können? Es ist damit einerseits ein Bekenntnis dazu, dass selbst die Progressiven den Überblick verlieren, wenn es um Spaltungen und Identitäten gibt; zugleich ist es eine komfortable Lösung, heute noch nicht bekannte, aber in zwanzig Jahren bestehende „Normalitäten“ bereits jetzt in Schutz zu nehmen.
In einem Passus wird es konkret, was für Formen bekämpfungswürdig sind. Zitat:
„Aufgrund der derzeitigen gesellschaftlichen Situation, die eine zunehmende Bedrohung für die freiheitliche demokratische Grundordnung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt durch unterschiedliche Formen des Extremismus sowie eine sich in Teilen der Gesellschaft verfestigende demokratiefeindliche und gegenüber staatlichen Institutionen ablehnende Haltung erkennen lässt, ist es aktuell wichtiger denn je, eine tragfeste Grundlage für die Durchführung von eigenen Maßnahmen des Bundes und der Förderung von Maßnahmen Dritter in Form zivilgesellschaftlichen Engagements für die Demokratie zu schaffen. Unter anderem Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Islam- und Muslimfeindlichkeit, Queerfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit, Sexismus, Behindertenfeindlichkeit und Extremismen wie Rechtsextremismus, islamistischer Extremismus, Linksextremismus sowie Hass im Netz, Desinformation und Wissenschaftsleugnung und die gegen das Grundgesetz gerichtete Delegitimierung des Staates zeigen die Vielzahl demokratie- und menschenfeindlicher Phänomene auf.“
Es fällt dabei auf, wie feststehende Begriffe und schwammige Formulierungen vermengt werden und der Text vorgibt, dass jedes dieser Phänomene denselben Stellenwert hätte. Während Antisemitismus, Linksextremismus und Rechtsextremismus historisch gewachsene und definierte Begriffe sind, bei denen es im Detail unterschiedliche Bewertungen gibt, aber im Allgemeinen umrissen werden können, sieht das für einen Begriff wie „Delegitimierung des Staates“ anders aus. Letzterer schafft die Möglichkeit, jede Form von Staatskritik selbst „zu delegitimieren“ und als Extremismus zu bewerten.
Zugleich stellt sich die Frage, ob „Hass im Netz“ bereits ein Fall für den Verfassungsschutz und damit gleichbedeutend mit Links- oder Rechtsextremismus ist oder per se die Demokratie gefährdet. Extremismen erkennen die staatliche Ordnung nicht an und wollen diese abschaffen. Hass dagegen ist eine tiefe Abneigung gegen einen Zustand. Hass ist auch als solcher nicht verwerflich: Schon der mittelalterliche Theologe Thomas von Aquin stellte fest, dass es nicht auf die Regung als solche, sondern auf das Objekt des Hasses ankommt. Sicherlich ist es verdammungswürdig, das Gute, Schöne und Wahre zu hassen; wer aber das Übel hasst, dessen Hass ist durchaus gut zu nennen. Es ist deswegen nicht verdammungswürdig, die Sünde zu hassen – oder etwa die Unordnung eines Staates.
Im Gegenzug wiederum ist es verwerflich, das Böse zu lieben. Für solche philosophischen Nuancen haben aber weder die Verfasser des Textes noch die jahrelang andauernde Kampagne, die jeden Hass verdammt und jede Form von „Liebe“ verherrlicht, keinerlei Sinn. Theologisch wie philosophisch kann man es durchaus rechtfertigen, eine gegen die traditionelle Familie gerichtete „Love is Love“-Kampagne abzulehnen, wenn die Ziele schlecht sind. Die Propaganda der Bundesregierung läuft dagegen darauf hinaus, solche banalen Einsichten bereits zu Hassäußerungen zu verdammen, weil jede tiefere Beschäftigung mit Sprache und Worten die Gefahr bringt, die Scharlatane zu entlarven.
Eine insbesondere seit der Regierung Merkel andauernde Infantilisierung wie Simplifizierung jeglichen Diskurses – nicht nur in der Politik – ist jedoch Markenzeichen jener Verflachung des Denkens, die ein Papier hervorbringt, das tatsächlich die Gefahr eines „islamistischen Extremismus“ benennt. Textsicherheit geht bei Schlagwortgebrauch rasch verloren. Denn was soll ein „islamistischer Extremismus“ sein? Die radikale Form des Islam ist bereits der Islamismus. Heißt das im Umkehrschluss, der Islamismus ist laut Familienministerium nicht so schlimm, sondern nur dessen extremistischste Form?
Ähnlich sieht es mit dem Tatbestand der „Wissenschaftsleugnung“ aus. Zum Ersten ist Wissenschaft nie ein festgelegter Stand, sondern ein Prozess. Der Formulierung wohnt die staatliche Hybris inne, eine bestimmte Theorie als die wahre zu formulieren. Damit tut der Staat das genaue Gegenteil dessen, was er vorgibt: Er diktiert das, was Wissenschaft ist. Ein Vorgeschmack dieser Willkür zeigt sich darin, dass gewisse Themenfelder als „abgeschlossen“ gelten, beispielsweise Klimatheorien und Corona („the science has been settled“), während andere genauso willkürlich offengelassen werden – etwa bei der Zahl der biologischen Geschlechter. Dass man im Übrigen an die Scheibengestalt der Erde, Außerirdische und an Atlantis – wahlweise auch an Christi Auferstehung und Mohammeds Himmelsreise – glauben kann, ohne gleich zur Bedrohung für die Demokratie werden zu müssen, sollte Beispiel genug sein, wie willkürlich und gefährlich dieser Passus ist.
Bei der Aufzählung wird damit eines deutlich: Auch wenn mit etwas Verschämtheit der Linksextremismus aufgezählt wird, so geht es vor allem gegen jene „rechte“ Zivilgesellschaft, die seit Jahren den Finger in die Wunde legt, ob bei Euro-, Migrations-, Klima-, Familien-, Gesellschafts- oder Corona-Politik. Doch offenbar gibt es keinerlei gesetzliche Handhabe gegen Staatskritiker – aus dem simplen Grund, weil die Väter und Mütter des Grundgesetzes in großer Zahl selbst „Staatskritiker“ waren, und unter dem Nationalsozialismus mit Verfolgung oder Exil dafür bezahlen durften. Das Grundgesetz hat mit seinen Grundrechten die Hürden daher verfassungsgemäß hoch angelegt. Der Staat will, kann aber nicht.
Das Papier zeigt demnach vor allem eins: Die Beschwörungsformel am Anfang des Gesetzentwurfes ist eine Selbsttäuschung. Deutschland hat offenbar keine „starke, wehrhafte Demokratie“. Eine Demokratie, die ein Gesetz braucht, weil sie Angst vor ein paar Corona-Demonstranten, „Wissenschaftsleugnern“, Staatskritikern oder anonymen Usern hat, die „Hass im Netz“ verbreiten, erinnert eher an eine wankende Republik in ihrer letzten Dekadenzphase, die sich mit letzten Kräften gegen einen Haufen Ameisen wehrt. Es passt in das Bild eines Staates, der die wirren Pläne einer Rentnerbande zum gerade noch abgewendeten Staatsstreich verklärt.
Das Demokratiefördergesetz ist damit ein Demokratieschwächegesetz. Einerseits, weil die kränkelnde Bundesrepublik darauf angewiesen ist, bezahlte Söldner anzuheuern, um unliebsame Kritiker loszuwerden; und andererseits, weil der Vorstoß als solcher zeigt, wie schwach die Demokratie in diesem Land wirklich ausgeprägt ist, wenn solche Entwürfe es in die Kabinettssitzung schaffen, während man unfähig ist, eine ordnungsgemäße Wahl in der Bundeshauptstadt durchzuführen.
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Politische Rede dient grundsätzlich der Verschleierung der wahren Absichten. Man nennt es auch im weitesten Sinne Propaganda. – Nur der Aufwand an Täuschung ist verschieden groß.
Am meisten Mühe geben sich wohl Diktaturen. Es hängt allerdings auch von den geistigen und sprachlichen Möglichkeiten der Autoren ab. Und davon, wie die Adressaten eingeschätzt werden.
Und da liegen die Verfasser des besagten Entwurfs durchaus richtig.
Egal, ob Denunziantenschutz-, Demografiefördergesetz oder Beweislastumkehr. Jede dieser Regelungen ist Teil eines Diktaturwerkzeugkastens und kann unter anderen Vorzeichen gegen diejenigen verwendet werden, die auf solche Ideen gekommen sind. So weit denkt man in der Ampel offensichtlich nicht … (kein Wunder, scheitert sie doch gefühlt oft schon an einfachen Rechenaufgaben …)
Kleiner Hinweis auf die „goldene Regel“:
Was Du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu. (bpb.de)
In meinem Umfeld haben die meisten noch nie von diesem Gesetz gehört und die anderen wissen gar nicht, um was es da geht. Trotz des harmlosen Namens und der Präsentation durch das harmlos wirkenden Familienministerium handelt es sich um ein bösartiges Ermächtigungsgesetz.
Die Regierung darf von nun an definieren, was Demokratie ist oder sein soll und entsprechend auch jeden Kritiker, jeden Oppositonen verfolgen. Es ist das Notstandsgesetz unserer Zeit. Wobei nun jeder verdächtig ist, der von der politischen Agenda abweicht.
Und das ist ja so schlimm. Die Bevölkerung merkt gar nicht, wie diese Sozialisten und Kommunisten auf dem Weg zur Diktatur sind. Und die Medien, deren Auftrag es wäre, die Bevölkerung aufzuklären, halten sich vornehm zurück. Trauen sich in der Mehrzahl noch nicht einmal kritische Fragen zu stellen. Dass das Parlament ausgeschaltet wird durch ein neues Ermächtigungsgesetz ist schon perfide. Rund 90 Jahre nach dem ersten Ermächtigungsgesetz der Nazis, welches mit ursächlich für das wohl dunkelste Kapitel dieses Deutschland war, wird diesmal durch die Sozialisten erneut ein Ermächtigungsgesetz erlassen. Der Begriff stammt übrigens nicht von mir, sondern ist im Wortlaut… Mehr
Dieses Gesetz in „light“ Ausführung ist die aktuelle Impfpflicht für Mitarbeiter in medizinischen Bereichen. Das Ergebnis ist nun in kürzester Zeit zu „bewundern“, Mitarbeitermangel in allen Krankenhäusern.
Vielleicht ist es auch ein „Gutes Einspargesetz“, nämlich bei Beamtenpensionen, wenn man versucht diese kurz vor der Pensionierung loszuwerden.
Wo soll es mit diesem Land noch enden???
Demokratieförderung für die linksgrüne Gesinnungsdemokratie!
Im Grunde läuft es auf das hinaus, was Bärbel Bohley prophezeit hat.
Es kommt aber noch die Demontage Deutschlands, also von allem, was als deutsches Kulturerbe identifiziert wird, hinzu. Letztlich mündet der ganze Irrsinn in der Abschaffung des deutschen Volkes und seiner geistigen Leistungen.
Nicht die Grünen sind alleine die gefährlichste Partei im Bundestag, sondern alle Politiker, die sich beim Deutschlandabschaffen engagieren oder dies stillschweigend tolerieren. Dort lauert die wirkliche Gefahr für unser Land. Frau Faeser ist da nur eine Protagonistin…
„Mit Schnüfflergesetz und faktischer Beweislastumkehr müssen Beamte nun jederzeit mit beruflichen Ängsten rechnen.“
„You‘ll never walk alone.“ Glasklar! Ab dem Tag der Rechtsgültigkeit des „Denunzianten Gesetzes“ wird jeder Beamte die unsichtbare Schere in seinem Kopf etabliert haben, die er für die Zensur seiner eigenen Meinung benötigt. Und schon ist eine für die Politik nicht unwichtige Bevölkerungsgruppe der ihr genehmen Konformität unterworfen.
Für mein Empfinden ist es ein Demokratieabschaffgesetz
Als aller erstes muss der Bundestag wieder verfassungmäßig funktionsmäßig gemacht werden, bevor er wieder ein verfassungkonformes Gesetz erlassen kann. Die Parteien überwachen und bestimmen das Abstimmverhalten von Bundestagsabgeordneten. Das ist verfassungswidrig und strafbar. GG Art. 42 (2) Zu einem Beschlusse des Bundestages ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich, .. „Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“ ist Recht UND Pflicht Wer zum Abstimmverhalten Aufträge und Weisungen erteilt, macht sich der Nötigung von Verfassungsorganen strafbar. (sh. Fraktionszwang) Im Moment können wir den Bundestag auf 6 Abgeordnete reduzieren CDU/CSU SPD FDP… Mehr
Auch bei dieser Konstellation befürchte ich, dass die Abstimmungen zumeist 5:1 gegen Vernunft und Physik (Energiepolitik) ausgehen würden. Das hat etwas mit dem Demokratieverständnis der Akteure zu tun.
Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Der Begriff NGO muss endlich durch GFO (Governmental Financed Organization) ersetzt werden, damit auch der letzt kapiert das diese „Zivilgesellschaflichen“ Organisation nicht für die Bürger sondern für die Regierung arbeiten.
Sozialisten und Demokratie, das dürfte die größte Volksverdummungsarie seit ihrem Bestehen bedeuten und wären die konservativen und liberalen Kräfte nich gewesen, dann hätten die Sozialisten auch bei uns ihr Unwesen schon viel früher getrieben, denn in der DDR hatten sie ja freie Hand und da hat man gesehen was Sozialistentum bedeutet, während sie heute bei uns zum Rundumschlag ansetzen, weil sich die Konservativen selbst überflüssig gemacht haben, als traurige Erkenntnis des Verlustes alter Zeiten, wo man nur hoffen kann, daß man es über entsprechenden Versand wieder gerade biegen kann.