Eine Sprecherin eines Bundesministers definiert Integration so: Hauptsache nicht rechtspopulistisch oder rechtsradikal. Und daneben sitzt ein führender SPD-Politiker und widerspricht nicht.
„Mein Vater ist ein frommer Muslim, spricht kaum Deutsch, kann weder lesen noch schreiben, ist aber integrierter als viele Funktionäre der AfD, die unsere Verfassung in Frage stellen.“ So einfach ist das mit der Integration – wenn man es sich so einfach macht wie Sawsan Chebli, 1978 in Deutschland geborene Tochter von palästinensischen Flüchtlingen, bekennende Muslima ohne Kopftuch, Politologin und seit Anfang 2014 stellvertretende Sprecherin von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), also ein wichtiges Glied im Berliner Politikapparat.
Natürlich hätte Chebli es sich noch einfacher machen können, ganz im Sinne der SPD, mit deren Hilfe sie Karriere gemacht hat. Sie hätte auch sagen können: Jeder Zuwanderer ist besser integriert als AfD-Funktionäre. Gut, so plump wollte sie in dem Gespräch dann doch nicht argumentieren, das sie zusammen mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), und zwei FAZ-Redakteuren führte. Es ging um Muslime und Integration.
Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen. Eine Sprecherin eines Bundesministers definiert Integration so: Hauptsache nicht rechtspopulistisch oder rechtsradikal. Und daneben sitzt ein führender SPD-Politiker und widerspricht nicht. Offenbar findet auch Müller muslimische Analphabeten, die kaum Deutsch sprechen, als bestens integriert. Und offenbar hält SPD-Müller es für ganz selbstverständlich, dass ein des Deutschen, des Lesens und Schreibens Unkundiger das Grundgesetz, das er gar nicht kennen kann, bejaht.
Eines hat Cheblis Vater erreicht: Seine Tochter – eines von dreizehn Kindern – konnte Abitur machen, studieren und in Deutschland Karriere machen. Sie würde zwar am liebsten Kopftuch tragen, tut es aber nicht, weil sie erkannt hat, dass man ohne Kopftuch in Deutschland weiter kommt. Die 38ig-Jährige ist nicht nur hier geboren und lebt hier – sie ist auch hier angekommen.
Dennoch muss ihre Definition von Integration, der der Regierende Bürgermeister nicht widersprach, erschrecken. Das Familienoberhaupt der Cheblis mag für seine Großfamilie im Rahmen seiner Möglichkeiten gut gesorgt haben. Er hat –zumindest diese Tochter – nicht unter Kopftuch und in eine Ehe gezwungen. Gleichwohl: Er lebt in einer Parallelgesellschaft.
Wer kaum Deutsch, wer weder Lesen noch Schreiben kann, der kann gar nicht integriert sein. So jemand kann noch nicht einmal einen Behördengang selbst erledigen, hat sicher keine deutschen Freunde und Bekannten, kann keine deutschen Zeitungen lesen und keine deutschen TV-Sendungen anschauen, kann gar nicht wissen, wie die Deutschen „ticken“, was sie unter Demokratie und Menschenwürde verstehen. Für so jemanden ist das Grundgesetz ein Buch mit sieben Siegeln. So jemand lebt in Deutschland – aber lebt nicht mit den Deutschen – und das seit 46 Jahren.
Sawsan Chebli, in vielen Medien als Vorzeige-Muslima gefeiert, beklagt in dem FAZ-Gespräch, Muslime würden in Deutschland „als schwer integrierbar wahrgenommen“. Da müssen wir also, politisch korrekt, umlernen: Muslime haben nach Ansicht von Sawsa Chebli offenbar per se als integriert zu gelten – selbst in Gestalt der deutschen Sprache kaum Mächtiger.
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