„Das ist sooo deutsch.“

Das Werbeplakat in Großformat an einer Bushaltestelle einer Unistadt zeigt Männerbeine mit weißen Tennissocken in Sandalen steckend. Was will die Bundesregierung mit soooo einer Image(?)-Kampagne?

Bild: Die Bundesregierung

Aufgeweckte Facebook-Nutzer posten mitunter interessante Dinge frisch auf der Straße fotografiert. Und oft genug kann man sich im Deutschland von heute, das sich so gern die Hashtag-Bunte-Vielfalt oder das ominöse „4.0“ anhängt, über die Social Media-Nutzer nur noch wundern. In dem aktuellen Beispiel aber wundere ich mich als Autor vielmehr über die Image-Kampagne(?) der deutschen Bundesregierung und wofür das Geld so alles ausgegeben wird.

Das Werbeplakat in Großformat an einer Bushaltestelle einer Unistadt zeigt Männerbeine mit weißen Tennissocken in Sandalen steckend.

So weit, so gut, wer hat sich als deutscher Bürger nicht schon selbst, mit einer eigenen Portion Humor und Selbstironie über sich und andere lustig gemacht, die etwas weniger modeaffin und bieder, besonders im Urlaub als deutsche Touristen exakt so aufgefallen sind. Oder ist man eventuell nicht schon selbst schnell mal in Socken und Badelatschen vor die Tür getreten?

Hier aber, soll das Bild ganz klar etwas anderes symbolisieren – liest man die Kurztexte auf dem Plakat. Oben rechts etwas kleiner, „Deutschland ist eins: vieles.“ Und darunter schwarz auf weißem Balken: „Das ist sooo deutsch“ – so, als Feststellung und Bedeutung mit gleich drei „O“, extra in die Länge gezogen. Sooo für unmöglich für deutsch. Jede andere Interpretation, ins Positive gewendet, lässt dieses Werbeplakat einfach nicht zu.

Was ist also so falsch an diesem Bild und an dieser Art deutsch sein? Dass der deutsche Michel unmodisch ist? Dass man sich so – und wenigstens die Zuwanderer – bloß nicht sooo kleiden sollen? Erinnerungen an ein Spiegel-Cover aus 2015, welches für viel Empörung sorgte, kommen hoch. Auch hier der hässliche, fette Deutsche in kurzen Hosen, weißen Socken und Badelatschen.

Keine Sorge, die männlichen Zuwanderer im Alter unter 25 sind sehr stylish, gut frisiert und über Mode genauso bewandert wie die hiesige Generation. Also zielt das Plakat auf deutsche Männer, im Alter 55 Plus? Oder älter? Vielleicht ist die Helmut Kohl-Generation gemeint? Kohl, der Sandalen und Strickjacke in der Freizeit gut fand. Man kann viele Fragen und Vermutungen anstellen. Und über Geschmack und Mode-Stile lässt sich trefflich streiten.

Dass aber eine Bundesregierung Steuergelder in die Hand nimmt, um eine Kampagne gegen das eigene Land, dessen Kultur und deutsch sein zu starten, ist schon sehr befremdlich. Eine Regierung, die ein an sich harmloses Klischee bedient (Tennissocken in Sandalen), um auf etwas ganz anderes abzuzielen? Dieses Bild als Synonym dafür, dass Deutsch sein einfach out sei? Zumindest dieses bieder-konservativ-spießige?

Auch, wenn in dem Spot dann die Kamera hochfährt und einen Großstadt-Hipster mit Man-Bun offenbart. Das erfährt der geneigte Passant nicht, wenn er über die starren Nichtbewegtbild-Plakate in den Innenstädten stolpert.

Wenn Tennissocken in Sandalen für die Werbemacher der Regierung demnach „sooo deutsch“ sind, so fragen wir, ist das nun sooo schlimm, sind diejenigen, die sich dennoch sooo auf die Straße wagen, bereits verdächtig für irgendwas anderes, als nur spießig deutsch zu sein?

Wäre es demnach besser und „undeutsch“, wenn man wie manche Männer aus Afrika, Afghanistan und Syrien, auch in der ärgsten Kälte bei uns, weil wohl abgehärtet, barfuß in Badelatschen und Sandalen steigt? (Bereits mehrmals bei mir auf der Arbeit gesehen, aber kein Grund, tiefer nachzudenken).

Was also bezweckt diese ominöse Werbekampagne anderes, als dass Bürger diffamiert und lächerlich gemacht werden sollen, die „irgendwie“ zu deutsch wirken? Und diese Kampagne ausgerechnet zum 30-jährigen Bestehen der Wiedervereinigung?

Auf der Seite www.deutschland-ist-eins-vieles.de der Bundesregierung erfährt man dazu:

„Friedliche Revolution und Deutsche Einheit jähren sich 2019 und 2020 zum dreißigsten Mal. Die Jahrestage sollen als ein ganz Deutschland einendes Jubiläum gefeiert werden. Historische Meilensteine auf dem Weg zur Einheit sollen gewürdigt werden. Die Bundesregierung hat deshalb eine Kommission eingesetzt, die Empfehlungen für vielfältige Veranstaltungen zum Jubiläum gibt. Ihre 22 Mitglieder kommen aus Politik, Wirtschaft, Kunst, Kultur, Medien, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Herzstück sind Bürgerbegegnungen und -dialoge zwischen ost- und westdeutschen Partnerstädten.“

und weiter:

„Die Vorstellung der Filme zur Kampagne „Das ist sooo deutsch“ ließ die Zuschauer schmunzeln. Mit einem zwinkernden Auge wird hier aufgegriffen, was oft als „typisch deutsch“ gilt, beispielsweise Socken in Sandalen, Gartenzwerge, der Trabi oder Karneval. Zudem spiegelt die Diversität der Motive die Vielfältigkeit des Landes sowie das Motto des Jubiläumsjahres wider – Deutschland ist eins: vieles.“

In den weiteren Motiven und den kurzen Clips werden die plattesten Klischees bedient, u.a. das des Dackel und Gartenzwerg liebenden, mit der Nagelschere den Rasen trimmenden, das des Badeliegen mit -tüchern okkupierenden und die Lebensmittel mit „Warentrenner“ an der Supermarktkasse sortierenden Deutschen – als machten diese Eigenschaften tatsächlich das Deutschsein aus. Bitte ändern, wird suggeriert. (Und dabei weiß doch jeder, dass das typischste Motiv hier fehlt, welches selbst das Socken-in-Sandalen-Bild längst abgelöst hat: Das des bei jeder Gelegenheit Multifunktionskleidung tragenden Deutschen.)

Vielleicht sind es nur ganz einfache und durchschnittliche Bundesbürger? Nein, ab heute soll das Bild wohl das subtile Synonym des hässlichen Deutschseins zeigen, ohne Trendgespür und ohne Sinn für bunte Vielfalt. Unserem schnittigen Außenminister aber, der fast nur Mode kann (aber selbst da oft daneben greift), dürfte diese Kampagne ganz sicher gefallen.

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Kommentare ( 129 )

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129 Comments
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tiptop
5 Jahre her

Das ist sooo deutsch….wie manche hier kommentieren. ???

Manche Dinge kann man auch mit Humor nehmen. Oder wenn’s einem nicht gefällt, einfach ignorieren. Anstatt immer wieder den Untergang Deutschlands zu beschwören.? Herrlich.
(jaja. wird eh downgevotet?)

teanopos
5 Jahre her
Antworten an  tiptop

merken Sie was? ich meine Sie selbst?

Pegg Ida
5 Jahre her

Der Köder sollte dem Fisch schmecken und nicht dem Angler!

Martin W.
5 Jahre her

Es ist auch sooo deutsch brav seine Steuern und Parkknöllchen zu bezahlen und nicht korrupt sondern bis zum Lebensende treu und redlich zu sein. Vielleicht bedarf es ha da auch eines kulturellen Upgrades. Nebenbei bemerkt laufen meist Leute aus dem Kleinbürgertum in weissen Socken und Sandalen rum. Im Kern geht es daher wohl darum, dass all jene, die sich gegenüber dieser Bevölkerungsgruppe für etwas besseres halten, angeekelt abgrenzen wollen, aus Angst im sozialen Wettkampf am Ende nicht doch bei „denen“ zu landen

feinbein
5 Jahre her

Ich fühle mich zu tiefst beleidigt durch solch eine „Kampagne“!Was soll dann alternativ das neue Deutsch sein?Bärte tragende Muslime, Frauen mit Kopftuch oder verschleiert?Dunkelhäutige Männer, die Frauen „nachstellen“?Clans in vielen deutschen Städten?Bettelnde aus Rumänien, Albanien oder aus anderen Ländern?Tanzende Kinder , die angeblich das Klima retten wollen?
Gender -Toiletten, eine gegenderte deutsche Sprache,eine durch Windräder oder Solar-paneele zerstörte Landschaft?

Roland Mueller
5 Jahre her

Diese Plakate sind sooo doof, das es der Sau graust.

H. Priess
5 Jahre her

Ich muß meinen Beitrag weiter unten relativieren. War heute an meiner Bushaltestelle in Stralsund dort ein Poster welches mir sehr gefallen hat. Ein Ostsseestrand Motiv, am Strand eine ausnehmend gut aussehenden gut gebauten Brünette mit schulterlangen Haaren stehend nackt halb von hinten abgelichetet, der Mann lag mit den Strandutensilien daneben. Es soll wohl ausdrücken FKK gehört zu DL also das unterschreibe ich. Ich würde das Foto ja hoch laden weis allerdings nicht wie das geht so müssen sie sich mit meiner Beschreibung begnügen.

Andreas aus E.
5 Jahre her

Das ist staatlich verordneter Alltagsrassismus in Buntland. Auch Alltagsgenderismus. Der weiße Mann ist medial das untere Ende der Hackordnung. Und wenn er dann noch deutsch und heterosexuell ist, gilt er als Müll, kann (soll) weg. Eine antideutsche Schmutzkampagne, die mich seitens der Bundesregierung nicht weiter verwundert. Mich wundert allenfalls, daß nicht schon längst viel mehr Männer „durchgeknallt“ sind und spektakulär den Notausgang suchten, was publikumswirksam ist erlebte man vergangene Tage. Mein Vorschlag für „soooo deutsch“: Ein Mann in Malocherklamotten, der eben seine Schicht hinter sich hat, über die Hälfte der Zeit davon für Buntland, am Bahnhof auf den verspäteten Pendlerzug… Mehr

daldner
5 Jahre her
Antworten an  Andreas aus E.

Ich hätte auch noch ein paar Fotomotive:

Massenschlägerei am Sprungturm im Freibad – mit Räumung durch Polizei.
Aufstand im Ankerzentrum – mit Räumung durch Polizei
In die Luft schießende Hochzeitsgäste an der Spitze eines Staus auf der Autobahn
Goldfolierter Lamborghini vor Shishabar
Burkaträgerin mit Kinderwagen an Aldi-Kasse
Dealer im Görli innerhalb seines mit rosa Sprühfarbe markierten Standplatzes
Prügelei zweier Großfamilien auf Straßenkreuzung

und, und, und….

Ja, und Alltagsrassismus gegen alte deutsche männlich Sandalenträger geht eigentlich immer. Da beschwert sich keiner, fühlt sich keiner diskriminiert oder begehrt auf.

mr.kruck
5 Jahre her

Mann, Mann ,Mann
Und für diesen Kokolores braucht es eine 22 Personen starke Kommission.
Hoffentlich haben diese Protagonisten des visualisierten Deutschseins wenigsten ohne Salär mitgewirkt.
Was hat dieser Clip mit soo Deutsch im Sinne von 30 Jahre Wiedervereinigung zu tun.
Und warum trägt dieser Angehörige eines arabischen Clans keinen Armani Anzug.
Und wer zum Teufel denkt sich so einen Schwachsinn aus.
Das Land wird immer irrer, beginnend an den Schaltstellen der Macht.

Jan
5 Jahre her

Weiße Socken, Handtuchkrieg am Pool usw. sind doch uralte Klischees einer mittlerweile weit entfernten Vergangenheit. Trekking-Kleidung, Fahradhelme und Klimaprotest sind für die heutigen Deutschen zeitgemäßer, als diese oben angesprochene Karikatur auf dem Spiegel-Titelbild von 2015. Das trifft auf das Jahr 1990 zu, aber nicht mehr auf die heutige Zeit.

Lu Ziffer
5 Jahre her

Es wäre nicht schlecht wenn wir Deutschen genug Selbstbewusstsein hätten, uns nicht über Socken in Sandalen und damit auch über dieses Plakat aufzuregen. Die dicksten Amerikaner ziehen zu kurzen Hosen Sportschuhe an, weil diese bequem sind und das Aussehen egal ist. Keiner dieser Sportschuhträger würde die Belustigung darüber persönlich nehmen, nur die Deutschen schämen sich ob ihrer ebenfalls praktischen und bequemen Trekkingsandalen und tragen irgendwann auch Turnschuhe, weil es alle anderen so machen. Gerade diese Marotten gruppieren doch nicht nur die deutsche Nation und dazu sollte man stehen und Steuergelder werden noch an ganz anderen Stellen und oft heimlich verschleudert.