Im Osten bleiben die Menschen öfter wegen Corona daheim

Wir legen die Infrastruktur lahm, um eine Lahmlegung der Infrastruktur zu verhindern. So lässt sich die deutsche Corona-Politik derzeit zusammenfassen. Entsprechend wirkt sich das Virus lokal sehr unterschiedlich aus, wie die DAK mitgeteilt hat.

IMAGO / Bihlmayerfotografie

In der Corona-Statistik gibt es einen auffälligen Effekt: Während die Fälle von Patienten auf der Intensivstation zurückgehen, steigen die Krankheitstage massiv. Die Fälle von Corona-Patienten auf den Intensivstationen sind rückläufig. Ende 2020 waren es noch mehr als 5000 Fälle, Ende 2021 weniger als 4000 Fälle. Mehr waren es im Verlauf dieses Jahres nicht mehr gewesen, zum Monatsanfang gab es weniger als 1500 Fälle. Die Zahlen stammen vom RKI. Wobei Deutschland nicht unterscheidet zwischen „mit“ und „wegen“ Corona – immer noch nicht.

Die Krankheitstage entwickelten sich gleichzeitig in die entgegengesetzte Richtung, wie die DAK mitteilt: 778-mal fehlten 100 Beschäftigte demnach allein im ersten Halbjahr an ihrem jeweiligen Arbeitsplatz. Das waren 115 Tage mehr als noch im ersten Halbjahr 2021. Damals kam die Zahl der Covid-Patienten auf den Intensivstationen erst von ihrem Allzeithoch runter. Jetzt, bei deutlich niedrigen Zahlen auf den Intensivstationen, ist die Pandemie aber der Treiber für Krankheitstage, wie die DAK mitteilt.

Auf 64 Corona-Fehltage pro 100 Versicherte brachten es deutsche Arbeitnehmer demnach allein im ersten Halbjahr wegen Corona. Doch der Virus schlägt vielleicht brutal zu – aber nicht gleichmäßig. Demnach kamen 100 Versicherte in Nordrhein-Westfalen auf 46 Fehltage durch Corona – in Mecklenburg-Vorpommern waren es doppelt so viel: 92 Fehltage. Damit ist das östliche Bundesland Spitzenreiter in der Fehlzeiten-Statistik, gefolgt von den anderen Ostländern Thüringen und Brandenburg. Wobei es auch in der alten Bundesrepublik Unterschiede gibt: Der Virus schlägt demnach im Süden deutlich härter zu als im Norden.

Vor allem den öffentlichen Dienst erwischt das Virus hart: In Berlin drohe Staatsversagen, warnt die Gewerkschaft Verdi in der Welt. Zu hoch sei dort jetzt der Krankenstand. Nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft belegt der öffentliche Dienst Platz drei der Berufsgruppen, in denen Krankheiten am verheerendsten wüten. Davor liegen nur die Versorgungsbetriebe Wasser und Abfall sowie Fahrer und Lageristen, die als eine Berufsgruppe gezählt werden. Sind es in diesen beiden Gruppen Erkrankungen der Muskulatur, die für einen hohen Ausfall sorgen, waren es im öffentlichen Dienst vor Corona Husten und Schnupfen, die durch die Flure zogen. Laut DAK lag der öffentliche Dienst 2013 sogar auf Platz zwei der Berufsgruppen mit den meisten Fehltagen, dicht hinter dem Gesundheitswesen.

Alarmzustände wie nun in Berlin gab es daher schon vorher. Etwa in der Stadt Frankfurt, wie die FAZ 2020 berichtete: Demnach war allein zwischen 2014 und 2018 die Zahl der täglichen Fehltage um fast drei pro Jahr und Person gestiegen. In einer Verwaltung wie der in Frankfurt bedeuten das über 40.000 zusätzliche Fehltage im Jahr.

Corona sorgt nun für eine Eskalation im öffentlichen Dienst. So schlägt der niedersächsische Beamtenbund Alarm: Zoll, Justiz, Polizei, Steuerfahndung oder Gewerbeaufsicht seien überlastet und nicht mehr voll leistungsfähig. Dabei hat der Staat allein im vergangenen Jahr über 125.000 zusätzliche Stellen geschaffen und ist die Beschäftigung im öffentlichen Dienst insgesamt wieder auf über 5 Millionen Menschen gestiegen – nachdem sie zuvor wegen Auslagerungen eingebrochen war.

2020, zum Beginn der Pandemie, hat es noch eine Strategie gegeben. Die lautete: Die Infektionskurve müsse abgeflacht werden. So solle Zeit gewonnen werden, um mehr über den Virus zu erfahren, Arznei und Impfstoffe zu entwickeln und die öffentliche Daseinsversorgung auf Krisen vorzubereiten. Es mag Diskussionen darüber geben, wie sinnvoll oder wie erfolgreich diese Strategie war – aber es war eine.

Die Corona-Politik 2022 und speziell das Infektionsschutzgesetz definieren kein strategisches Ziel. Das einzige Ziel ist den Talkshow-Auftritten und dem Twitter-Account des zuständigen Ministers Karl Lauterbach (SPD) zu entnehmen: mehr Menschen impfen, Menschen öfters impfen. Wobei das RKI noch nicht einmal zu der Impfquote die Verlässlichkeit von Zahlen garantieren will.

So wie 2020 die Überlastung der Daseinsvorsorge zu vermeiden, ist indes als strategisches Ziel nicht mehr zu erkennen. Aber eben diese Überlastung zu erreichen, wird immer mehr das Ergebnis der planlosen deutschen Corona-Politik, zu der ausufernde Quarantäne-Zeiten für Menschen ohne Symptome ebenso gehören wie ein faktisches Berufsverbot für ungeimpfte Pfleger.

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Kommentare ( 18 )

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Dieter
2 Jahre her

Die Frage wäre eigentlich:
Wieviele von den Krankgeschriebenen sind wirklich krank?
Also nicht nur das leichte Halskratzen bei dem die heiße Zitrone mit Ingwer Wunder wirkt..

ktgund
2 Jahre her

Mir fällt auf, dass fast niemand mehr „normal“ krank ist, es ist immer gleich Corona. Entweder sind die Tests vollkommener Unfug und schlagen bei jedem normalen Erkältungsvirus an. Bekanntermaßen sind Coronaviren unter den Erkältungsviren weit verbreitet und Sars-CoV-2 ist inzwischen gegenüber seiner ursprünglichen Beschreibung sehr stark mutiert. Nun kommt die Krankschreibung per Telefon zurück, bereits zuvor waren die Arztpraxen nicht sonderlich erpicht darauf, bei Covid engen Kontakt mit dem Patienten zu haben und zu viele Fragen zu stellen. Man darf also unterstellen, dass man da flächendeckend nicht sonderlich genau hinschaut, da wird einfach Covid auf den Zettel geschrieben und alle… Mehr

Edwin
2 Jahre her
Antworten an  ktgund

Es ist bereits seit Sommer 2020 bekannt, ich meine, es war die Cochrane University, die damals bereits beschrieb, dass der PCR-Test nur dazu in der Lage ist, einen Virus zu identifizieren, aber nicht, um welchen Virus es sich handelt. Daher ist davon auszugehen, dass eine Masse der sog. Corona-Infizierten mit dem Grippevirus infiziert waren bzw. sind. Wie sonst, sollte die Grippe verschwunden sein?

Demokratius
2 Jahre her
Antworten an  Edwin

Der PCR-Test ist eben nicht in der Lage, tatächlich einen Virus zu identifizieren. Es werden nur Erbinformationen nachgewiesen und es ist nicht klar, ob diese Partikel zu einem aktiven Virus gehören oder einfach Abbauprodukte sind.

Deutschmichel
2 Jahre her

Im Artikel war zu lesen, dass inzwischen 5 Millionen im öffentlichen Dienst in Deutschland beschäftigt sind. Das sind bezogen auf die Gesamteinwohnerzahl, jeder Sechzehnte und bezogen auf die Zahl der versicherungspflichtig Beschäftigten, jeder Achte. Was für ein Irrsinn, das sind, abgeshen von operativen Diensten wie Polizei, Feuerwehr, Justiz, alles Bürokraten und größtenteils Verhinderer. Aber diese Leute sind halt wichtig, es sind Wähler von rot-grün.

Last edited 2 Jahre her by Deutschmichel
Maikmayer
2 Jahre her
Antworten an  Deutschmichel

Naturlich wer beißt die Hand die füttert? Der öffentliche Dienst ist schon seit langem berühmt für den freizügigen Umgang mit Krankschreibungen…inzwischen im Durchschnitt !!! 40 Krankheitstage in Berlin und im Umland wird es nicht viel besser aussehen. Brückentage, vor und nach dem Urlaub, bis hin zum Einkaufsbummel alles wird per Krankschreibung abgedeckt. Wenn ich, höchst selten, in der Arztpraxis wegen eines Rezeptes warten muss, dann sind gefühlt 30% der Anwesenden wegen einer Krankschreibung vorstellig und das wird meistens schon im Vorzimmer abgehandelt, weil sonst für die wirklich Kranken gar keine Zeit mehr verblieben würde! Corona ist da nur ein willfähriger… Mehr

rainer erich
2 Jahre her

Ich bin aktuell nicht in allen Fragen auf dem Laufenden, aber wenn die telefonische Krankmeldung immer noch moeglich ist, was ich glaube zu wissen, ist das Ergebnis klar. Allerdings ist es natuerlich etwas unangenehm, denn es behandelt das Verhalten nicht weniger Menschen, wenn es ihnen leicht gemacht wird und dabei auch das, was man frueher Pflicht – oder Verantwortungsgefuehl nannte. Der öffentliche Dienst, insbesondere die Beamtenscgsft, zeichnete sich schon immer durch „interessante“ Ausfallzeiten aus, vor allem in den mörderischen Buerojobs. Man weiss, gewisse Privilegien zu schätzen und zu nutzen. Dass es gewisse Unterschiede regionaler, man koennte auch von kultureller oder… Mehr

Wuehlmaus
2 Jahre her
Antworten an  rainer erich

Bei uns sind schon immer bis zu drei Krankheitstage ohne Arzt möglich, erst dann braucht es den Schein. Das wird trotzdem in der Masse nicht ausgenutzt.

eifelerjong
2 Jahre her

Dabei dürfte doch gerade der öffentliche „Dienst“ in Gänze gegen Corona gefeit sein, hat sich doch in den Ämtern,so meine Erfahrung in der niedersächsischen Provinz,C-19 als wahrer Segen entpuppt: Publikumsverkehr ist nur nach Anmeldung möglich.
Während ringsum die WERTSCHAFFENDE Bevölkerung wie gewohnt ihrer Arbeit nachgeht, verbunkern sich die leidgeprüften Sesself…r hinter Coronaregeln und lassen sich beim Nichtstun nicht durch Besucher stören.

RandolfderZweite
2 Jahre her

Wie bei all diesen „Auswertungen“ besteht immer die Möglichkeit sich seinen Teil zu denken oder besser, diesen zu interpretieren…. Meine Interpretation folgt aus der langen Zeit der verschiedenen Maßnahmen: Die öffentliche Dienst hat mit Hinblick auf Corona seine „Aktivitäten“ relativ zeitnah und konsequent umgestellt: Homeoffice und Schließung der Behörden für den Publikumsverkehr. Da diese Umstellung zu diversen Verwerfungen geführt hat (wer macht was und wer ist für was zuständig, dazu die technischen Probleme mit dem Routen von virtuellen Arbeitsplätzen, ergo Digitalisierungsversagen!), kam es zu „Bearbeitungsverzögerungen“! Nach dem man dann festgestellt hat, dass die telefonische Nicht-Erreichbarkeit und Nichterledigung zu keinerlei Konsequenzen… Mehr

alter weisser Mann
2 Jahre her

Ehrlich gesagt, wenn ich noch arbeiten gehen müsste und man mich auf dem Arbeitsweg und im Job beständig mit Corona-Einschränkungen belasten würde, dann würde ich auch sehr in mich hineinhorchen, ob ich nicht Grund fände, daheim zu bleiben.

Fieselsteinchen
2 Jahre her

Wunderbar, dass diese rein menschliche Entwicklung unter die Lupe genommen wird. Man nutzt einfach „Corona“, um einige Tage gemütlich auf dem Sofa zu chillen. Alle dreifachgeimpften Kollegen erkrankten, mindestens einmal, sind sonst auch nicht so fit, Die Ungeimpften müssen die Mehrarbeit übernehmen, da das in der Regel nicht honoriert, sondern als Selbstverständlichkeit betrachtet wird, dreht man den Spieß um und genehmigt sich im Gegenzug auch Freizeit beim kleinsten Nieser. Warum nicht? Bei den Steuern! Und den Äußerungen des GM! Work-Life-Balance! Die Leute merken doch selbst, wie verlogen und unnütz das ganze Quarantänesystem ist. Wer liegt einzig wegen Omikron auf der… Mehr

tyr777
2 Jahre her

wenn ich das vergangene Woche richtig mitbekommen habe, hat genau die DAK gefordert, dass ab sofort wieder telefonisch krank geschrieben werden soll und zwar dauerhaft; also ein Freibrief zum Krankfeiern (das hier auch noch der öffentliche Dienst besonders hervorsticht, bestätigt mal wieder alle meine Vorurteile).
Ganz nebenbei erwähnt hat die WHO Anfang 2021 eine Richtlinie zur Diagnose von Corona-Erkrankungen bekannt gegeben: an Corona erkrankt ist, wer einen positiven PCR-Test mit CT-Wert <=25 und Symptome aufweist;
die Richtlinie wird in der BRD wohl bewusst missachtet, sonst fänden sich nicht mehr genug Erkrankte, um die sogenannte Pandemie aufrecht zu erhalten.

Demokratius
2 Jahre her
Antworten an  tyr777

Die Ärzte sind sowieso nicht darauf erpicht, Patienten mit Erkältungssymptomen zu behandeln. Da muss man sich vorher in Ganzkörperkondeme zwängen und nachher die Praxisräume gründlichst desinfizieren. Deshalb werden auch die alten, multimorbiden, sogenannten „vulnerablen“ Patienten am Telefon mit dem freundlichen Tipp abgespeist, man möge Paracentamol-Tabletten einwerfen und den Husten und Schnupfen mit den bekannten, probaten Mitteln behandeln.

Harald Kampffmeyer
2 Jahre her

„Vor allem den öffentlichen Dienst erwischt das Virus hart: In Berlin drohe Staatsversagen…“
Nein Herr Thurnes, da schlägt das Virus nicht brutal zu. Als Berliner kann ich Ihnen versichern, dass in der hiesigen Verwaltung das ausufernde Krankmachen seit eh ein epidemischer Volkssport ist. Die Steuergeldverzehrer lieben es, per Kranksein sich der Anwesenheit in den Ämtern zu entziehen (arbeiten tun sie dort eh nicht). Das war immer so, auch ohne Corona.
Siehe: https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/krankenstand-berliner-beamte-fehlen-fast-zwei-monate-im-jahr-a-879814.html
Oder: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/107447/Berliner-Beamte-und-Angestellte-fast-40-Tage-krank-pro-Jahr