Ein neues Loch von 20 Milliarden Euro in der Staatskasse, ein Untersuchungsausschuss wegen des Wirecard-Bilanzskandals und vor allem die Hamburger Erblast durch den Cum/Ex-Skandal der Warburg-Bank: Wie Olaf Scholz unter diesen Bedingungen als Kanzlerkandidat einen Wahlkampf führen will, bleibt zweifelhaft.
Ein ungewöhnliches Szenario war in dieser Woche im Bundestag zu erleben: Abgesehen von der SPD prügelten alle Fraktionen auf Finanzminister Olaf Scholz ein. Besonders CDU und CSU taten sich mit Attacken auf den SPD-Kanzlerkandidaten hervor, einige Unionisten stellten mit ihrer Kritik Oppositionsredner in den Schatten. Das war mehr als Wahlkampf. Es waren Einblicke in das Innenleben eines völlig zerrütteten Regierungsbündnisses.
Es geht um eine Erblast aus der Zeit, als Scholz in Hamburg Erster Bürgermeister war, ehe er 2017 nach Berlin wechselte, um Bundesfinanzminister und Stellvertreter von Kanzlerin Angela Merkel zu werden. Die Erblast ist eher eine Bombe, trägt den seltsamen Titel Cum/Ex und pflegt vor allem in der Finanzindustrie für verheerende Schäden zu sorgen, seitdem Gerichte und Gesetzgeber klargestellt haben, dass die Rückerstattung gar nicht gezahlter Kapitalertragssteuern auf Dividenden eine Straftat ist, und zwar eine schwere. Der Schaden für den Fiskus dürfte einen zweistelligen Milliardenbetrag erreichen.
Die traditionsreiche Hamburger Warburg-Bank hatte sich auch mit Cum/Ex die Finger verbrannt; das Finanzamt forderte einen zweistelligen Millionenbetrag, die Bank sah sich existenziell bedroht. Was liegt da näher als den Kontakt mit der Politik zu suchen? Ein Treffen mit Warburg-Bankier Olearius gab Scholz schon früher zu, zwei weitere Treffen bestätigte er, nachdem sein Terminkalender noch einmal überprüft worden war. Von den Treffen war zuvor in Tagebucheinträgen des Bankiers zu lesen gewesen, die bei der Hamburger Justiz liegen und ihren Weg in die Öffentlichkeit fanden. Weder an Treffen mit dem Banker noch deren Inhalt hatte der Minister eine Erinnerung, als er im Finanzausschuss des Bundestages danach gefragt wurde. Jede Form der Beeinflussung stritt er ab. Die Mehrheit der Abgeordneten fühlte sich allerdings angesichts der kompletten Amnesie des Ministers hinter die Fichte geführt.
Dass in der Debatte Oppositionsabgeordnete wie Florian Toncar (FDP) loslegen, ist klar: Nichts von dem, was Scholz über die Bekämpfung von Steuerbetrug gesagt habe, „wurde in Hamburg zu Zeiten ihrer Verantwortung praktiziert, sondern das glatte Gegenteil“. Aber wenn dann Hans Michelbach (CSU), der Obmann der CDU/CSU im Finanzausschuss und wichtigster Gesprächspartner für Finanzministerium und SPD in Steuerfragen, vom Leder zieht, als sei er auch bei der Opposition, ist das sehr erstaunlich. Michelbach: „Es ist für mich unvorstellbar, dass der Spitzenmann der Warburg-Bank mehrfach über die Rückzahlung seiner Cum/Ex-Steuerschuld über 90 Millionen Euro im Rathaus verhandeln durfte. Ich denke, man hätte ihm besser den Staatsanwalt schicken müssen und nicht den Hinweis: ,Schicken Sie das Schreiben ohne weitere Bemerkung an den Finanzsenator‘, wie es im Tagebuch heißt. Dessen Finanzbehörde hat wenige Tage später auf 47 Millionen Euro Steuerforderung aus Cum/Ex-Geschäften der Warburg-Bank verzichtet. Warum diese Verjährung im Jahr 2016?“
Es war nicht das einsame Poltern eines bayerischen Politikers, der sich seit Zeiten von Franz Josef Strauß der deutlichen Aussprache verpflichtet sieht. Während der Minister auf der Regierungsbank sichtlich verdrossen immer tiefer in seinen Sitz rutschte, legten Koalitionspolitiker nach. Matthias Hauer (CDU) sprach den Minister direkt an: „Allein 2016 ging es um eine drohende Verjährung von circa 47 Millionen Euro. Dazu gab es die Treffen zwischen Ihnen und Vertretern der Banken, mindestens zwei persönliche Treffen, ein Telefonat. Das wurde bislang von Ihnen, Herr Scholz, verschwiegen. 2016 hat sich Hamburg dafür entschieden, das verjähren zu lassen. 2017 ging es weiter; es drohte eine erneute Verjährung, diesmal von 43 Millionen Euro. Da musste Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble eingreifen.“ Angesichts der hohen Summen hielt Hauer es für „wenig glaubhaft, dass Sie daran keine Erinnerung haben“. Auch Sepp Müller (CDU) wollte Scholz nicht glauben, „wenn ein Jahr nachdem die Hamburger Finanzbehörde auf 47 Millionen Euro verzichtet hat, 46.000 Euro als Spende an die Hamburger SPD fließen, von der Bank, die 47 Millionen Euro behalten durfte. Das ist eine Frage, die müssen wir klären. Herr Scholz, das ist in Ihre Zeit nicht nur als Hamburger Bürgermeister, sondern auch als Landesvorsitzender der Hamburger SPD gefallen.“
Durch Corona zerrüttete Staatsfinanzen, ein neues Loch von 20 Milliarden Euro in der Staatskasse, bald ein Untersuchungsausschuss wegen des Wirecard-Bilanzskandals und eine wachsende Hamburger Erblast: Olaf Scholz hat ein paar Probleme zu viel, als dass sich damit noch ein Wahlkampf halbwegs erfolgreich führen lassen könnte. Cum/Ex könnte zu Scholz-Ex werden.
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Och, nun hackt doch nicht alle immer so auf dem Olaf rum! Der ist eigentlich nicht mehr oder weniger unertäglich, wie andere auch. Namen? z.B.: U.v.L.
Der Scholz-Zug hat noch nicht mal den Bahnhof verlassen und schon ist er entgleist. Herrlich.
Bei Cum/Ex war der Staat der Bestohlene und insofern Partei. Es hat eine besondere Qualität wie, warum und durch wen sich der Staat so lange und in den genannten Größenordnungen hat bestehlen lassen. Angesichts der Zahlen kann man nicht restlos ausschließen, dass Millionenbeträge als Bestechungsgelder irgendwo geflossen sind, um die angebliche behördliche Inkompetenz gegen die Diebe möglichst lange bestehen zu lassen. Bei Wirecard erscheint es mir unwahrscheinlich, dass die Politik und selbst die Aufsichtsbehörden ( Bafin und Börsenaufsicht) etwas wissen konnten was weder die kreditgebenden Banken, die Wirtschaftsprüfer und selbst der Aufsichtsrat der Gesellschaft nicht gemerkt haben. Der Konkursverwalter und… Mehr
Das eine ist, wenn man nicht merkt, wenn man bestohlen wird. Das andere ist, wenn man es dann doch bemerkt und dann dem Dieb die Beute auf Kosten von uns allen schenkt und die Forderung verjähren läßt. Das ist eine ganz andere Qualität !
Der Auftritt Olafs bei der Fragestunde im BT hinterliess bei mir das Gefühl einen erwischten Dieb zu sehen. Ich bin sicher, da kommt noch was!
Liebe TE Redaktion. Der Artikel ist nicht gut recherchiert. 1. Scholz hat erst einmal überhaupt jegliche Treffen im Finanzausschuss abgestritten. Erst später hat er das eine Treffen, dann nach den Tagebucheinträgen das zweite Treffen zugegeben. So wie eigentlich immer das Politiker tun. Nur zugeben, was schon nachgewiesen ist. Im Februar als nur weniger Auszüge des Tagebuchs bekannt wurde, hat er das eine Treffen zugegeben, jetzt das Zweite. 2. Im Herbst 2016, also einige Monate vor der drohenden Verjährung, kommen die Betriebsprüfer des Finanzamtes zu dem Ergebnis, daß die Beträge nachzufordern seien. 3. Aus den Tagebüchern von Warburg-Chef Olearius und weiteren… Mehr
Ach… Also kann man für 2000€ Spende an die SPD, zum Hamburger Kurs, 2.000.000 Steuern straffrei hinterziehen? Man könnte das Steuersystem komplett umstellen, auf Parteispenden an die SPD. Das wäre günstiger.
Wenn der Scholz nichts mit dem Verjähren der 47 Mio zu tun hatte, müsste doch ein dafür verantwortlicher Spitzenbeamter zur Verantwortung gezogen werden, spätestens dann kommt Licht ins Dunkel
Wo bleiben da eigentlich die Hausdurchsuchungen bei Olaf Scholz durch die Staatsanwaltschaft, der Verdacht der Korruption ist hier doch offenkundig.
Aber die Justiz war ja das Erste was diese Parteien sich einverleibt haben.
Das Risiko belastendes Material zu finden war einfach zu gross.
Was sagt uns das? Das Berufsethos der Politiker heutzutage ist bei bzw. unter NULL!
Rücktritt wegen läppischer 20 Milliarden verschwendeter Steuergelder oder gar Schuldeingeständnis? Daß ich nicht lache! Verschwendung ist doch inzwischen karrierefördernd, siehe Merkel, v. d. Leyen und Co.