CSU-Parteitag: Die Zeiten der absoluten CSU-Mehrheit sind wohl Vergangenheit

Insgeheim richtet sich die CSU auf die neue parteipolitische Realität ein - auf Parlamente mit fünf oder sechs Parteien und ohne absolute Mehrheiten. Und das selbst in Bayern.

© Christof Stache/AFP/Getty Images

Wer kennt das nicht: Man steckt in Schwierigkeiten und hofft insgeheim, es möge plötzlich alles vorbei sein – wie ein schlechter Traum. So wünscht sich das mancher der 600 Delegierten auf dem heute beginnenden CSU-Parteitag: Dass die Kanzlerin eine Rede mit selbstkritischen Tönen hält, dass Horst Seehofer am Samstag mit einem respektablen Ergebnis im Amt des Vorsitzenden bestätigt wird und dass Markus Söder nach seiner Ausrufung zum Ministerpräsidenten-Kandidaten von allen einmütig bejubelt wird – selbst von seinen innerparteilichen Gegnern.

Selbst wenn der Parteitag so ablaufen sollte – die weiß-blaue CSU-Welt wird am Tag nach dem Parteitag nicht mehr so heil sein wie vorher. Zutiefst wurden die siegesgewissen Bayern von ihren nach eigenen Maßstäben katastrophalen Wahlergebnissen getroffen: 40,5 Prozent bei der Europawahl und noch schlimmere 38,8 Prozent bei der Bundestagswahl. Das alles wurde noch verschlimmert durch den nicht gerade mit feinen Mitteln geführten Machtkampf um die beiden höchsten Ämter in Staat und Partei.

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Die CSU steckt in Schwierigkeiten, obwohl das Land unverändert keinen Vergleich zu scheuen braucht. Ob bei der Beschäftigung oder dem Wachstum, ob bei Bildung oder Staatsfinanzen braucht Bayern Ländervergleiche nicht zu scheuen. Aber erstens gewöhnen sich die Leute an die vergleichsweise gute Lage, ohne lange darüber nachzudenken, wer dafür politisch verantwortlich ist. Zugleich spüren die Bayern auch, dass beispielsweise der Nahverkehr in den Ballungsräumen leistungsfähiger sein könnte, dass die umfassende Daseinsvorsorge in ländlichen Räumen bisweilen zu wünschen übrig läßt und dass Wohnraum in den Großstädten für Normalverdiener kaum noch erschwinglich ist, von eigenen vier Wänden ganz zu schweigen.

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Der CSU hilft, dass die in den Umfragen bei 15 Prozent dümpelnde SPD eine allenfalls schwächliche Opposition darstellt. Die eigentliche politische Gefahr droht dagegen von rechts. Seehofers Opposition gegen Merkels Flüchtlingspolitik der offenen Tür hat die AfD nicht klein halten können. Bei den Landtagswahl im Herbst 2018 könnten zudem die ebenfalls am rechten Rand agierenden Freien Wähler den Wiedereinzug in den Landtag schaffen. Auch wenn die CSU in den jüngsten Umfrage wieder bei 40 Prozent liegt, scheint die absolute Mehrheit in unerreichbarer Ferne zu liegen.

Markus Söder hat deshalb im Vorfeld des Parteitags die Messlatte schon mal niedriger gelegt. Er verwies darauf, dass die CSU seit 2003 nie mehr „das klassische Ergebnis von 50 Prozent plus X“ erreicht hat. Womit er die Erwartungen, er könne 2018 mal locker an die alte CSU-Herrlichkeit anknüpfen, zu dämpfen sucht. Das ist natürlich auch ein Stück vorbeugender Selbstverteidigung: Söder will sich nicht an unrealistischen Erwartungen messen lassen – und für zu leicht befunden werden.

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Franz Josef Strauß, der Übervater der Partei, hatte einst die Parole ausgegeben, rechts von der Union dürfe es niemals eine „demokratisch legitimierte Partei von Relevanz“ geben. Das haben seine Nach-Nachfolger nicht einhalten können. Sie beschwören dieses Ziel zwar weiterhin. Aber das klingt alles mehr nach Lippenbekenntnis denn nach Überzeugung. Insgeheim richtet sich die CSU wohl auf die neue parteipolitische Realität ein – auf Parlamente mit fünf oder sechs Parteien und ohne absolute Mehrheiten. Und das selbst in Bayern.

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Kommentare ( 58 )

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Michael M.
7 Jahre her

„Seehofers Opposition gegen Merkels Flüchtlingspolitik der offenen Tür…“

Welche opposition meinen sie denn? In der realität lässt sich die von ihnen herbeigeträumte opposition leider nicht beobachten…

Ghost
7 Jahre her

In Bayern läuft durchaus nicht alles ideal. Nicht nur bezüglich Wohnungsnot oder Ängste der Bürger vor Überfremdung durch Migranten……Die CSU ist nicht mehr zeitgemäss, Seehofer ein Politiker von Gestern. Möglich, dass sich der demonstrative Schmusekurs Seehofer/Söder bis zu den Landtagswahlen halten wird, es geht schliesslich um das Überleben der CSU. Aber es sieht irgendwie nach Dämmerung aus.

Hippiemädchen54
7 Jahre her

Ich glaube es überhaupt nicht dass es für die CSU vorbei ist. Im Gegenteil! Söder ist der richtige Mann zur richtigen Zeit. Macht und Gestaltungswillen sind ihm nicht unbekannt und in Bayern gilt immer noch der Grundsatz A Hund is er scho! In Söders Fall das langfristig angelegte Networking in der CSU, dazu die klare Sprache, das gefällt den Bayern. Mag er auch aus Franken und nicht aus Oberbayern kommen, mag er auch evangelisch sein und nicht katholisch. Wichtig ist, er ist mit Haut und Haar für Bayern dabei und er will gewinnen. Die Rede auf dem CSU-Parteitag zeigte schon… Mehr

Andreas Donath
7 Jahre her
Antworten an  Hippiemädchen54

So leid es mir für die Partei eines Franz-Josef Strauß tut. Die CSU ist erneut mit Deutschlandabschafferin Merkel in die Kiste gesprungen. Anders vermag ich die Signale dieses Parteitags nicht zu deuten. Wo waren die kritischen Fragen, wo war die Junge Union? Keiner hat den Mund aufbekommen. Das ist unverzeihlich, erschütternd und ehrlos. Ich freue mich auf die langen Gesichter dieser „Amigos“ bei 17 Prozent AfD und 34 Prozent CSU im weiß-blauen Rautenland!

Peter Gramm
7 Jahre her

habe mir den Parteitag de rCSU auf Phoenix angesehen. War kein großer Unterschied zur AfD. Die bevorstehenden Landtagswahlen machen es möglich. Der Horsti läßt den Markus voll auflaufen um dann die Ilse, die auf diesem Parteitag überhaupt nicht zu sehen und hören war zu installieren. Wenn der Markus bei den Landtagswahlen nicht die absolute Mehrheit einfährt ist er fällig. Dafür wetzen die CSU Granden schon jetzt die Messer. Diese Partei ist weder christlich, noch sozial, sondern nur noch brutal. Liegt ein bisschen an den verschiednenen Stämmen. Die sind sich ja auch nicht sonderlich grün. Was sie sagen is das eine,… Mehr

Andreas Huber
7 Jahre her

Horst. Horst Seehofer.
Er arbeitet. Er arbeitet sich ab.
Er arbeitet sich ab an der 20%-Marke.
Völlig selbstlos.
Alles nur wegen der Landtagswahl 2018.
Sobald sich sein Erfolg abzeichnet, wird er sich „aus gesundheitlichen Gründen“ aus dem Politbetrieb verabschieden.
Vermutlich im Juni.
Noch werden Wetten angenommen.

Walter Knoch
7 Jahre her

Herrn Hugo Müller-Vogg mag ich einfach nicht mehr lesen: “ … mit den ebenfalls am rechten Rand agierenden Freien Wähler …“ Der Mann ist besessen. Wer sich rechts vom linken bis links-radikalisierten Spektrum einordnet, agiert am rechten „Rand“. Damit meint Herr Müller-Vogg keine empirische Zuordnung, sondern insuniiert mit Rand eine politisch unanständig-anrüchige Beheimatung. „Das Fehlen einer umfassenden Daseinsvorsorge.“ Das ist ja eine weitere Konstante auf dem Irrweg dieser Bundesrepublik. Dass nämlich aus dem sozialen Netz mittlerweile eine veritable Hängematte geworden ist. Selbstverantwortung und persönliche Freiheit – wenn überhaupt – als Quantitee negligeable“. Der Staat füttert mit „Wohltaten“ an und der… Mehr

Gero Hatz
7 Jahre her

Wir sollten die Geradlinigkeit und den Mut Seehofers bewundern. Während Merkel nicht erkennen kann, was sie hätte anders machen können, spricht Seehofer die dringendsten Probleme der CSU offen an und wird damit bei der nächsten Wahl mindestens 25% holen. Es könnten aber auch etwas weniger werden, denn die Leute wollen wieder ohne Angst den öffentlichen Raum benutzen.

Berggrün
7 Jahre her

Es ist wie es ist. Auch in Bayern wird die CSU zu mindestens der Hälfte ihrer Wähler von solchen gewählt, die dem Merkel-Spektrum zuzuordnen sind – also jenes moderat-grün gestimmte Bürgertum vor allem der Suburbia von München, Nürnberg und Augsburg sowie dem Speckgürtel um München, der ja bis Ingolstadt und an die südliche Landesgrenze reicht. Es war nicht Angela Merkel, auf die Seehofer immer in seiner tapsig-verkrampften Art Rücksicht nahm, sondern diese Wähler. Leute wie Scheurer oder Aigner sind ihre Repräsentanten, aber bei Bundestagswahlen wählen sie CSU wegen Merkel und nicht wegen Seehofer oder Söder. Daher stellt sich auch für… Mehr

Susi Sorgenvoll
7 Jahre her

Sie haben ein Wort vergessen, Herr Müller-Vogg: Seehofers VERBALE Opposition zu Merkels Flüchtlingspolitik. An mehr kann ich nicht erinnern.

Moni
7 Jahre her

“ Seehofers Opposition gegen Merkels Flüchtlingspolitik der offenen Tür hat die AfD nicht klein halten können.“

Logisch, denn kaum einer dürfte auf die Show hereingefallen sein.