CSU: letzter Landesverband der CDU

Die CSU hat die Option des Ausstiegs aus der Union durch Seehofers Taktiererei lautlos versanden lassen. Den weiteren Abstieg der Union gehen CDU und CSU vereint.

© Christof Stache/AFP/Getty Images
Horst Seehofer reacts prior a board meeting of the German Christian Social Union party (CSU) in Munich on September 25, 2017, one day after the German general elections

Landtagswahl am 15. September 2013: CSU 47,7 Prozent. Momentaufnahme INSA für BILD am 28. August  2018: CSU 36 Prozent. Merkur.de dokumentiert die beeindruckenden 21 Stationen dieses demoskopischen Absturzes der bayrischen Staatspartei in diesem Jahr. Wer das politische Auf und Ab und Hin und Her und Hü und Hott von Horst Seehofer in der Einwanderungsfrage neben die Ziffernfolge seit Jahresbeginn legt, den wundert nichts. Die einzige Kontinuität Seehofers liegt in der Diskontinuität. Wer kann noch sagen, wo der Mann jeweils im Moment steht?

Für den aufmerksamen Beobachter gipfelt der Seehofer’sche Zickzack-Kurs in einer einzigen Fage: Warum hat Seehofer die Anweisung seines Vorgängers de Maizière vom September 2015, „Drittstaatsangehörige ohne aufenthaltslegitimierende Dokumente und mit Vorbringen eines Asylbegehrens, die Einreise“ zu gestatten, nicht durch eine neue Anweisung außer Kraft gesetzt? (Warum fragt eigentlich nie jemand öffentlich nach? Warum auch niemand nach dem Untersuchungsausschuss des Bundestages, den AfD und FDP beantragten?)

Nach der Niederlage der CSU am 15. Oktober werden viele Journalisten schreiben, diese sei die Folge der Anpassung an Positionen der AfD zur Einwanderung. Die kommende Niederlage der CSU wird das logische Ergebnis der Seehofer’schen Positionslosigkeit sein, die er der CSU als neue Marke verpasst hat, dem alten Spott folgend: Nagelt mal einen Pudding an die Wand.

Legt man die Momentaufnahme von INSA zugrunde, bleibt weiter offen, ob die FDP den Einzug in den bayrischen Landtag schafft: 6 Prozent demoskopisch kann am Wahltag genauso gut 4 wie 8 bedeuten. Bei der Bundestagswahl profitierte die FDP von einem Effekt „AfD-light“, weniger höflich „AfD für Feiglinge“. Diesen Bonus kassieren in Bayern die Freien Wähler (hier bei INSA 8 %) auf Kosten der AfD (14 %). Die Grünen (15 %) repräsentieren angesichts der Schwäche der SPD wie der Linkspartei die linke Opposition in Bayern ganz allein; kein Wunder, dass sich die „richtigen“ Linken bei ihr versammeln. Ob sie oder die AfD auf dem zweiten Platz landen, ist psychologisch von Bedeutung, für die Koalitionsbildung nicht. Kommt es in Bayern zu Schwarzgrün, hat Merkel doppelt gewonnen: die CSU dezimiert und ihre Lieblingskoalition installiert.

Dass auch in Bayern die politischen Pole AfD und Grüne sind, untermalt den Niedergang der einstigen Volksparteien und zugleich den Abstieg der CSU zum letzen Landesverband der CDU. Die CSU hat selbst die theoretische Option des Ausstiegs aus der Union und des bundesweiten Antritts als eigenständige konservative Partei durch Seehofers Taktiererei lautlos versanden lassen. Den weiteren Abstieg der Union gehen CDU und CSU vereint.

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Kommentare ( 114 )

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Marie-Jeanne Decourroux
6 Jahre her

Wäre die Größe der Schnittmenge beider Parteiprogramme (also die Menge der »Gemeinsamkeiten«) maßgeblich, müsste die CSU mit der AfD koalieren. Dies wäre die natürlichste und vernünftigste Option.

Da aber der Parteien-Egoismus (in der CSU wie in allen Parteien) strategisch an erster Stelle steht, verbietet sich das Vernünftigste.

Walter Knoch
6 Jahre her

Dass Merkel mittlerweile den Grünen näher steht als der CSU, pfeifen die Spatzen von den Dächern. Und die Spatzen dürften recht haben. Weit ist es gediehen mit unserer CDU. Die Spitze eines etwas zu groß gewordenen Landkreises muss Versuchsballone hochsteigen lassen. Es ist schon tunlich, mit der SED-Die Linke Koalitionen zu schließen oder muss dem niederen Partei- und Wählervolk noch Zeit gegeben werden, um sich an die neue, alte Lage, die Blockparteienlandschaft in spe zu gewöhnen. Es war 2010 als Merkel geb. Kasner auf dem Deutschlandtag der Jungen Union zu verkünden sich herabließ: Multi-Kulti ist gescheitert. Fundamental gescheitert. So steht… Mehr

Edu
6 Jahre her

lasst uns moal aus den Ferien dahoam san, dann schaun mer mal.

Teide
6 Jahre her

Strategisch gesehen hat Merkel nichts gegen eine schwache CSU. Sie wird auf eine Koalition mit den Grünen drängen. Im Osten wird ja auch von einer Koalition mit den Linken geträumt. Ein paar Verluste interessieren sie nicht. Seehofer ist schon älter, der muß nichts mehr werden. Den Abgeordneten ist es auch relativ egal. In Bayern bekommt die CSU fast alle Direktmandate*. Ich glaube es gibt gar keine CSU Liste. Im Ergebnis wird der Landtag aufgeblasen. Söder wird auch mit den Grünen MP. Und bei der nächsten Wahl? Wird es die überhaupt noch geben? Ich bin davon überzeugt das die Bundesrepublik die… Mehr

benali
6 Jahre her

Nicht jede verpasste Gelegenheit ist ein Verlust und nicht jede genutzte Gelegenheit mündet in einen Gewinn. Ob sich Seehofer jemals an einer solchen Binsenweisheit orientiert hat ist nicht überliefert, sie könnte aber seinen Zickzack-Kurs befördert haben. Hätte er sich stets an seinem Bayrischen Amtseid orientiert, wäre er gar nicht in die Verlegenheit gekommen, über genutzte oder verpasste Gelegenheiten nachdenken zu müssen. Hätte er auf Gorbatschow gehört – wer zu spät kommt, den bestraft das Leben – müsste er sich auch keine Sorgen über den Zerfall seiner CSU machen. Seehofer wird derjenige sein, der leichtfertig eine großartige Partei in den Untergang… Mehr

Bernhard F.
6 Jahre her

Deutungsmöglichkeiten ohne Ende bieten sich da an. Meine Deutung: Die SPD in Bayern ist wird eher als „konservativ“ denn als progressiv links angesehen. Das bayrische Potential für wirklich linke, nah am Sozialismus und Kommunismus gebaute Parteien, dürfte allenfalls zwischen 10 und 12 % liegen. Um die 10 Punkte davon werden die Grünen auf sich vereinigen können. Die SPD wird verlieren. M.E. wandert deren Verlust aber nicht zu „grün“ sondern zu „blau“. Die CSU wird auch verlieren – aber nicht in dem Ausmaß, wie es jetzt von allen Seiten herbeigeschrieben wird. Dies immer unter der Voraussetzung, Alles bliebe auf der politischen… Mehr

Teide
6 Jahre her
Antworten an  Bernhard F.

„oder doch eher nur wünsche. Für nicht gänzlich ausgeschlossen halte ich daher, daß er 14 Tage vor der Bayernwahl die Maiziersche Anordnung widerruft“

und dann kommt die CSU auf über 50%.

Wenn das passieren sollte sind die Bayern wirklich so blöd wie sie von den Berlinern gehalten werden.

Hadrian17
6 Jahre her

Die AFD als „gäriger Haufen (Herr Gauland)“ steht noch vor der Belastungsprobe, die „Romantikerfraktion“ innerhalb der Partei nicht nach oben zu spülen. Solange das nicht ganz klar ist, wird eine wesentliche Beteiligung an Regierungen wohl nicht möglich sein. Niemand will eine „D’land, D’land über alles“ grölende Jugendorganisation, womöglich noch im Fackelzug, durch die Strassen marschieren sehen, auch nicht in den östlichen Bundesländern. Der Parteispitze ist zugute zu halten, dass sie den entsprechenden Antrag öffentlich missbilligt hat. Aber was ist daraus geworden? Hier muss viel mehr getan werden, um die Partei auch in den Augen der Mehrheiten „demokratiefähig“ erscheinen zu lassen.… Mehr

Landdrost
6 Jahre her

Diese ganze Geschichte in Chemnitz hat das Fass mal wieder zum Überlaufen gebracht. Da werden drei deutsche Staatsbürger von straffälligen, nur geduldeten Migranten massakriert, ************************** und was passiert hier, es wird nur auf die gegen Migrantenkriminalität protestierende Bevölkerung eingeschlagen. Was ein Wahnwitz hier herrscht. Es gibt ein gutes Laien-Interview auf Youtube, wo ein DJ aus Chemnitz, mit langer Rastamähne, also vom Äußeren eher als links einzustufen, glasklar die Probleme in Chemnitz benennt, die so auch in fast allen deutschen Städten existieren. Zusammenrottungen von kriminellen Migranten, Rumhängen, Kleinkriminalität, Frauenbelästigungen, abendliche NoGoAreas aber die Bösen sind natürlich dagegen aufbegehrende, unbescholtene Bürger. Ich… Mehr

Ruud
6 Jahre her

Ich kann diesen Unsinn, in Bayern würde es zu „Schwarz – Grün“ kommen, nicht mehr hören! Wie soll denn das gehen? Wenn die FDP heraus fliegt, wird es locker für eine Koalition mit den FW reichen. Wenn nicht, dann gibt es max. eine Dreierkoalition mit der FDP. Eine Schwarz – Grüne – Regierung in Bayern ist derzeit so etwas von absurd, hier ist wohl eher „Wunsch Vater des Gedanken“, dass es eine schallende Ohrfeige gibt für die CSU. Es wird sich also nicht all zu viel ändern, leider!

Ali
6 Jahre her

„Kommt es in Bayern zu Schwarzgrün, hat Merkel doppelt gewonnen: die CSU dezimiert und ihre Lieblingskoalition installiert.“ Und genau das ist des Pudels Kern. Seehofer hatte es 2017 in der Hand. Hätte er mit Di Fabios Gutachten ernst gemacht und die „Herrschaft des Unrechts“ juristisch vermutlich -und faktisch mit Koalitionsbruch sowieso- durchgesetzt hätte er glänzend da gestanden. Ich will überhaupt nicht wissen, wie viele Feiglinge in Merkels grüner CDU selbst klammheimlich über den Sturz der Chaos-Queen in feuchte Träume gefallen wären. Stattdessen stand er als Wendehals da und beteiligt sich in der neuen kleinen „großen Koalition“ auch aktiv Fortsetzung. Da… Mehr