Compact-Verbot vorläufig aufgehoben: Das sagen die Anwälte

Das Magazin „Compact“ ist vorerst wieder erlaubt. Ein „wichtiger aber ambivalenter Erfolg für die Pressefreiheit“, sagt Anwalt Ulrich Vosgerau; er ist verwundert über die Begründung des Bundesverwaltungsgerichts. Faesers Versuch, mit dem Vereinsrecht ein Presseorgan zu verbieten, wurde nicht zurückgewiesen.

Bilder: picture alliance, Collage: Tichys Einblick

Das Magazin Compact darf vorerst wieder erscheinen. Das Bundesinnenministerium unter Nancy Faeser hatte die Compact GmbH und alle Teilorganisationen mit Berufung auf das Vereinsrecht verboten. Das Vereinsrecht erlaubt es dem Innenministerium, Unternehmen, Vereine und andere Gruppierungen zu verbieten, die eine „aggressiv-kämpferische“ Haltung gegen die Verfassung einnehmen.

Ulrich Vosgerau ist Teil des Anwälteteams, welches Compact vertritt. Gegenüber TE sagte er, es sei „erfreulich, dass es erfolgreich ausgegangen ist. Jedes andere Ergebnis wäre katastrophal gewesen.“ Er sei schon in den „Startlöchern“ gestanden, um einen Eilantrag am Bundesverfassungsgericht einzureichen.

„Dabei ist es aber schon sehr verwunderlich, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht klargestellt hat, dass es im geltenden Recht kein präventives Medienverbot gibt, sondern es scheint ein Medienverbot über das Vereinsrecht im Prinzip für möglich zu halten; es bezweifelt aber, dass die Compact GmbH ein Verein im Sinne von §2 Abs. 1. des Vereinsgesetzes ist.“

Medienverbote eigentlich kein Problem?

Das Gericht schreibt in seiner Pressemitteilung, es habe „keine Bedenken gegen die Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes auf die in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisierte und als Presse- und Medienunternehmen tätige Antragstellerin“. Vosgerau kritisiert das: Denn „eigentlich ist eine Zensur, also das Verbot eines einzelnen Artikels, grundgesetzlich verboten. Ein derart einfaches Medienverbot läuft auf eine zehntausendfache Zensur hinaus, da zehntausende Artikel verboten werden.“ Die Urteilsbegründung liegt noch nicht vor.

Das bedeutet nicht, dass das Verbot von Compact endgültig vom Tisch ist. Darüber wird im Hauptsacheverfahren verhandelt, welches sich noch Jahre hinziehen kann. Auch billigt das Gericht Einschränkungen der Tätigkeiten von Compact. In der Pressemitteilung nennt es explizit „presse- und medienrechtliche Maßnahmen, Veranstaltungsverbote, orts- und veranstaltungsbezogene Äußerungsverbote sowie Einschränkungen und Verbote von Versammlungen“, die als „mildere Mittel“ in den Blick zu nehmen seien.

Schlappe für Faeser und Haldenwang

Nicht nur Nancy Faeser, auch Bundesverfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang wird durch das Gericht bloßgestellt, denn „im übrigen bezweifelt es auch, dass die gesammelten Belege des Verfassungsschutzes [für eine aktiv-kämpferische Ablehnung des Rechtsstaats, Anm. d. Red.] ausreichend sind“, so Vosgerau.

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Kommentare ( 56 )

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56 Comments
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bfwied
27 Tage her

Wenn eine GmbH zu einem Verein erklärt werden kann, missliebige Artikel, sonstige Schriften u. Reden schlicht verboten werden können, leben wir dann tatsächlich im „besten Deutschland“ aller Zeiten, oder ist es nicht so, dass wir nach einer kurzen Pause wieder sehr schnell im erlebten Desaster-Deutschland leben, unfrei, jederzeit bestrafbar, gegängelt, mit aufoktroyierten Meinungen und Verhaltensweisen? Dazu passt Clérel de Tocqueville: In den demokratischen Republiken […]: Der Machthaber sagt hier nicht mehr: Du denkst wie ich, oder Du stirbst; er sagt: Du hast die Freiheit, nicht zu denken wie ich […], aber von dem Tag an bist Du ein Fremder unter… Mehr

A.G.
28 Tage her

Pressemitteilung Nr. 39/2024 vom 14.08.2024: Bundesverwaltungsgericht setzt Sofortvollzug des COMPACT-Verbots teilweise aushttps://www.bverwg.de/de/pm/2024/39 ABER!!!! das Verbot durch den Winkelzug des Vereinsrechts wurde vom Bundesverwaltungsgericht NICHT gerügt..sondern als konform bestätigt: Zwar bestehen keine Bedenken gegen die Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes auf die in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisierte und als Presse- und Medienunternehmen tätige Antragstellerin zu 1. Alles spricht auch dafür, dass die Verbotsverfügung formell rechtmäßig ist. In materieller Hinsicht gibt es keine Zweifel daran, dass es sich bei der Antragstellerin zu 1 um einen Verein i.S.d. § 2 Abs. 1 VereinsG handelt, der sich die Aktivitäten der Antragstellerin zu 2 als seiner… Mehr

Brauer
28 Tage her

Die Anwälte sagen gar nichts!
Ansonsten hätte man diese Unperson längst angezeigt!

Juergen P. Schneider
28 Tage her

Es ist bereits zu ersehen, dass die Richter am Bundesverwaltungsgericht ihre Entscheidung gegen Faesers Willkürakt, mit einer durchaus bemerkenswerten Begründung versehen haben – sofern man die Pressemitteilung als Maßstab nehmen will -, die letztlich wohl willkürlichen Verboten von Medienunternehmen Tür und Tor öffnen könnte. Man darf auf die offizielle Begründung der Eilrechtsschutzentscheidung gespannt sein. Das Urteil in der Hauptsache wird wohl mindestens zwei Jahre auf sich warten lassen. Bei der heutigen deutschen Justiz muss man auf alles gefasst sein. Einige Entscheidungen des BVerfG haben da ja schon für Aufsehen gesorgt. Wenn man sich die Entscheidungen zum Klimaschutz und Corona-Maßnahmen ansieht,… Mehr

RauerMan
28 Tage her

Bei der Compact-Redaktion wurden alle Arbeitsmittel durch das Durchsuchungskommano mitgenommen.
Was ist damit geschehen, werden diese Sachen zurückgegeben ?
Wann erscheint Compact wieder?

Sonny
28 Tage her

Mit faesers Aktionen hat sich die Regierung mit ihren Anmaßungen endgültig als Regime geoutet. Wenn Corona daran noch Zweifel aufkommen ließ, hier ist die Richtung doch mittlerweile eindeutig erkennbar. Mit Winkeltricks, wie eine GmbH zum Verein zu erklären, sollen hier am Grundgesetz vorbei Fakten geschaffen werden und seien sie auch noch so verfassungswidrig.
Die Autokratie steht nicht nur vor Tür, sie schwebt bereits wenige Zentimeter bedrohlich über jedermans Kopf.
Mal sehen, wie oft Gerichte sich da noch trauen, reinzugrätschen.

Micha.hoff
28 Tage her

Dass es überhaupt eine rechtliche Konstruktion gibt, jede Vereinigung egal welcher Rechtsform als Verein anzusehen und über diesen Weg zu verbieten, ist ein Skandal. Damit ist eine zuverlässige Geschäftstätigkeit in D nicht mehr möglich. Der Staat hat erst mal die Möglichkeit, mit ggf. an den Haaren herbeigezogenen Argumenten die Geschäftstätigkeit zu unterbinden. Dem Betroffenen bleibt nur der unsichere und teure Klageweg. So leicht lassen sich Grundrechte aushebeln. Jetzt hat es wenigstens jeder mitbekommen. Hoffentlich auch ausländische Investoren.

Kassandra
28 Tage her
Antworten an  Micha.hoff

Erkennen kann man daran, dass in Ministerien welche sitzen, die die Löcher im Gesetz suchen, um sie derart auszunutzen – statt sie zu flicken.
Scheint ja nicht nur bei Cumex auch so gewesen zu sein.

Uwe Jacobs
28 Tage her
Antworten an  Micha.hoff

Jetzt wird sehr, sehr deutlich warum wir auch nach mehr als 30 Jahren deutscher Wieder-Einheit immer noch keine wirklich freiheitliche Verfassung haben.
Eine Verfassung, die eine eindeutige, hieb- und stichfeste Garantie für die Grundrechte der Bürger bietet: Das wollen die politischen Kräfte der Systemparteien und ihre Machthaber einfach nicht. Die Gründe hierfür werden immer klarer.
Und wenn die Wähler sich weiterhin so verladen lassen wird sich dies auch niemals ändern. Leider, leider, leider!
Wir brauchen und wollen keine Parteien, die sich den Staat zur Beute und damit uns zu Untertanen machen.

bfwied
27 Tage her
Antworten an  Micha.hoff

Investoren werden subventioniert, das rechnet sich so lange, bis die Kosten trotz der Subventionen die der Konkurrenten übersteigen. Dann ist Schluss.

Martin Mueller
28 Tage her

Wer sich, wie in Katar, mit mit einer ideologisch eingefärbten Armbinde wie ein Gebieter über gut und böse auf eine Fussballtribüne setzt, der hat mit Demokratie und Meinungsfreiheit nicht viel am Hut, der huldig nur seine politische Gesinnung und personalisiert die dunkle deutsche Vergangenheit aus 2 Diktaturen. Und der greift natürlich die Pressefreiheit an und verbietet Zeitschriften und Bücher und Internetportale…

Last edited 28 Tage her by Martin Mueller
Ratax
28 Tage her

Vorausgesetzt, es gäbe die gesetzlich zulässige Möglichkeit, den Betrieb der GmbH zu verbieten, dann wären gleichwohl die sogenannten Verfahrensgrundrechte des Verwaltungsrechts grob verletzt worden: Anhörung Vor einer Entscheidung ist der Betroffene grundsätzlich anzuhören. Nur bei Gefahr im Verzug u. dgl. kann darauf zunächst verzichtet werden. Ein solcher Fall lag hier nicht vor, der Zeitpunkt des Verbotes war einigermaßen willkürlich gewählt, wohl mehr politisch an Wahlterminen orientiert. Wirksamkeit mit Bestandskraft Normalerweise verlangt ein Verwaltungsakt erst dann Befolgung, wenn er bestandskräftig wird, also idR nach einem Monat, wenn kein Widerspruch eingelegt wird. Hier wurde Sofortvollzug angeordnet. Dieser kann nur bei Unaufschiebbarkeit oder… Mehr

Sonny
27 Tage her
Antworten an  Ratax

Sie hat’s gemacht, weil sie es kann. Eine Bestrafung wird es kaum geben. Mit Demokratie, Recht und Ordnung hat das rein garnichts mehr zu tun. Das ist Willkür und pure Diktatur.

maps
28 Tage her

Wieder ein Beweis, dass es ein reiner Schein-Rechtsstaat ist! Das komplette Verbot war diesem Gericht wahrscheinlich zu heikel, trotzdem hält es die Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit für möglich, auch wenn keine Straftaten vorliegen. Auflagen und Verbote sind also möglich. Gleiches Spiel wie bei Corona. Alles möglich, das GG spielt keine begrenzende Rolle mehr, schon lange nicht mehr. Dieser Fall war eigentlich eineindeutig und ein funktionierendes und unabhängiges Gericht hätte dieses sofort klarstellen müssen, dass ein Presseorgan so auf keinen Fall verboten oder eingeschränkt werden darf. Ich erinnere daran, dass dieses Gericht schon den Impfzwang bei Soldaten bestätigt hat, obwohl… Mehr