Clan-Kriminalität: Lässt Essener Richter aus Angst Prozess ausfallen?

Wie unglaubwürdig macht sich dadurch eigentlich Herbert Reul (CDU), der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, wenn der 2017 bei seinem Amtsantritt noch erklärt hatte, eine „Null-Toleranz-Strategie“ gegen Clan-Kriminalität zu fahren?

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Wenn das Oberhaupt eines so genannten Familien-Clans (Mhallamiye-Kurden) mit einem Kleinkind in der Spielhalle sitzt und Automaten spielt, dann sollte es sich die Visite machende Dame vom Ordnungsamt beim nächsten Mal zwei mal überlegen, den vom Magazin Focus als „Berufsverbrecher“ bezeichneten „bulligen“ Clan-Mann auf sein Ordnungsvergehen (Zutritt in Spielhallen für Personen unter 18 verboten) anzusprechen.

Besagte Mitarbeiterin des Essener Ordnungsamtes jedenfalls muss seitdem um ihre Sicherheit fürchten, die Abwesenheit von posttraumatischen Symptomen wäre verwunderlich, dann, wenn einem der Boss eines auf mittlerweile mehrere tausend Personen angewachsenen Clans mit Mord und Totschlag droht, wenn der Mann mit erhobener Faust auf die zu Tode erschrockene Frau zustürmte und ihr dabei androhte: „Verpiss dich, wenn ich dich hier noch mal treffe, schlag ich Dich kaputt.“

Nur tollkühnen oder eben couragierten Kollegen der Angegriffenen ist es zu verdanken, dass die Sache glimpflich für sie ausging, als die sich zwischen den Angreifer und ihre Kollegin stellten und so Schlimmeres verhinderten.

Interessanter bzw. noch verstörender allerdings ist das Nachspiel dieser mehr als unerfreulichen Begegnung bzw. das Ausbleiben eines solchen, wenn ein Amtsrichter in einem Vermerk dafür plädierte, die Anklagen zu den Vorfällen „Spielhalle“ (Beleidigungen, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Bedrohung und vorsätzlicher Körperverletzung) nicht zu verhandeln.

Besagter Essener Richter begründete seinen Rückzieher damit, dass ihm das Sicherheits-Risiko zu hoch sei; dass zu befürchten sei, dass es beispielsweise Tumulte gäbe vom Angeklagten und der Familie. Käme es zum Prozess, müssten dafür etliche dutzend Justizwachmeister und Polizei aufgeboten werden, ebenso, wie sich die Begegnung mit der Familie zum Nachteil für Zeugen, Staatsanwälte und das Gericht herausstellen könnte, wenn also noch neue Bedrohungslagen zur hier eigentlich zur Verhandlung stehenden hinzu kämen.

Aber wie unglaubwürdig macht sich dadurch eigentlich Herbert Reul (CDU), der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, wenn der 2017 bei seinem Amtsantritt noch erklärt hatte, eine „Null-Toleranz-Strategie“ gegen Clan-Kriminalität zu fahren?

TE sprach mit dem Oberstaatsanwalt einer deutschen Großstadt über den Fall. Der empfand nun die Entscheidung des Essener Richters als durchaus mit der Aussage des Innenministers deckungsgleich. Warum? Immerhin, so der Oberstaatsanwalt weiter, hätte der Angeklagte einen Strafbefehl über siebeneinhalb Monate auf Bewährung bekommen. Angesichts der Delikte sei das keine aufregend niedrige oder zu hohe Strafe. Übrigens auch dann nicht, wenn ein anderer Richter vielleicht noch ein paar Monate draufgepackt hätte. Es gäbe da keine Preislisten. Seine Meinung: Ein Gerichtsverfahren hätte kaum ein anderes Ergebnis gehabt. Und zu dem würde es nur dann kommen, wenn gegen den Strafbefehl Einspruch erhoben würde.

Nun wirft dieser Fall noch eine interessante Frage auf, nämlich die, inwieweit der Bürger das Recht auf einen öffentlichen Prozess hat. Hat er? Nein, so ein Recht gibt es nicht. Ebenso wenig übrigens, wie ein Anrecht auf eine umfassende Presseberichterstattung.

Tatsächlich könnte man hier auch von einer durchaus gelungenen Essener Verfahrensökonomie sprechen. Denn der Öffentlichkeitsgrundsatz zahlt traditionell auf die Rechte des Angeklagten ein.

Und nach § 407 Absatz 2 der Strafprozessordnung ist es möglich, die Rechtsfolgen einer Tat durch schriftlichen Strafbefehl ohne Hauptverhandlung festzusetzen. So betrachtet ist der Strafbefehl das Surrogat eines Urteils. Zwingend wird eine Verhandlung tatsächlich erst, wenn das zu erwartende Strafmaß ein Jahr auf Bewährung übersteigt. Alles was darunter liegt, bedarf nicht einmal einer Anhörung des Angeschuldigten durch das Gericht (§ 33 Abs. 3).

Aber damit ist der Fall noch nicht zu Ende. So eine Bewährungsstrafe ist keine Kavaliersstrafe. Es dürfte in diesem Fall hoch interessant sein, ob die Bewährungsauflagen hier ebenso wirken und eingehalten werden, wie bei jedem anderen zur Bewährung verurteilten Kriminellen auch.

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Kommentare ( 123 )

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Thomas
5 Jahre her

Es hilft nur ein Kehraus. Das ganze Klein-Klein bringt gar nichts.

Denis Diderot 2018
5 Jahre her
Antworten an  Thomas

Den müssten alle westeuropäischen Staaten gleichzeitig durchführen. Wie realistisch ist das? Vergrämen halte ich für zielführend. Deutschland darf keine Beutegesellschaft mehrsein und der Spuk hört auf.

bfwied
5 Jahre her
Antworten an  Denis Diderot 2018

Es käme einer Kriegserklärung gleich, und wir untertänigen wachsweichen „Kartoffeln“ wären unterlegen! Die wollen Macht und alles, was an Folgen dazugehört, wie sie es aus ihren Ländern kennen – dem, der die Macht besitzt, gehört alles bzw. seinem Clan. Sie halten zusammen, ihr Recht steht vermeintlich höher, wie sie selbst, von ihnen hat kaum einer Skrupel und letztlich halten auch die Anständigen lieber zu ihrer Kultur als zu uns, weil es ihre Sozialisation ist. Wir sind verweichlicht, halten kaum zusammen, haben den Rechtsstaat verinnerlicht, haben Skrupel, etwas nicht mit gutem Willen zu lösen. Wir können auf ihr Auftreten nicht adäquat… Mehr

Fred Katz
5 Jahre her

Nachtrag zum eigenen Text: 2018 beschäftigte er die Polizei hauptsächlich, weil er Streit mit seiner Frau hat. Weil er eine Freundin der Frau so fest geschlagen hat, dass sie jetzt schwerhörig ist, aber auch, weil er, wie immer, Widerstand geleistet hat, gibt es diesmal eine Haftstrafe….nicht wirklich: „Bewährung gibt es nicht. Um in der Berufungsverhandlung Chancen darauf zu haben, so rät ihm die Richterin, sollte er sein Leben ändern, etwa einen festen Job bekommen. „Das mache ich auf jeden Fall, Frau Richterin“ verspricht er. (WAZ vom 8.8.18).“ Frage: Für wie blöd hält der Richter uns eigentlich? Da geht es doch… Mehr

Fred Katz
5 Jahre her

Die WAZ möchte sich das heute alles schönschreiben und meint, das alles sei schon 2014 passiert: einerseits verhinderte er die Festnahme seiner Frau, indem er die Polizei bedrohte, andererseits der hier geschilderte Vorfall in einer Spilothek. Aber alles kein Problem, weil mehr eh nicht drin sei. Dumm nur, dass die WAZ selber im Oktober 2017 über eben diesen Bilal H. berichtete, dass er in der Essener Notaufnahme randalierte. 14 Vorstrafen hatte er da angehäuft und das Gericht stellte sich schützend vor ihn, er sei in einer Ausnahmesituation gewesen. Er sollte sich bei den Opfern entschuldigen und gut. Ein Krankenpfleger verweigerte… Mehr

Portofino
5 Jahre her

In Verona – Italien – wird der Zugang zur Altstadt Tag u. Nacht durch das Militär mit Maschinenpistolen-Anschlag abgesichert.
Leif zu sehen: bei Webcam Verona

Ali
5 Jahre her
Antworten an  Portofino

Das ist korrekt, meine Großvater mütterlicherseits war Veronese und ich bin bis heute noch immer mehrmals im Jahr dort. Das seit gut zwei Jahren immer wieder an einen Ausnahmezustand erinnernden Klima dort hat nichts mehr mit dem Charme zu tun den diese Stadt früher einst hatte. Ein EUropa das keine Außengrenzen mehr kennt, sperrt sich gezwungenermaßen im Inland selbst ein. Dieser aufgezwungene Multikulturalismus , fadenscheinig als „unabwendbares Flüchtlingsproblem“ kommt in der Wirkung einem Krieg gegen die jeweils autochthone Bevölkerung gleich. In Italien wie in Deutschland, wie in Schweden, wie in…

Ali
5 Jahre her

Die „Polizei“ können Sie in den größeren Städten als potentiellen Schutz vor Clans ohnehin vergessen. Nicht nur Berlin stellt zwischenzeitlich immer mehr Nachwuchs aus besagten Familien in den Polizeidienst ein. Ganz einfach weil man die Mentalität dieser („Ehrenwerten Familien“ und die Beweggründe deren Kinder zu Polizisten auszubilden zu lassen noch immer noch nicht verstehen will. Früher nannte man so etwas ein trojanisches Pferd, heute nennt man es aber „gesellschaftliche Teilhabe“.

Ali
5 Jahre her

Zitat: „Wie unglaubwürdig macht sich dadurch eigentlich Herbert Reul (CDU), der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, wenn der 2017 bei seinem Amtsantritt noch erklärt hatte, eine „Null-Toleranz-Strategie“ gegen Clan-Kriminalität zu fahren?“

Überhaupt nicht. Man übt doch eine Null-Toleranz Strategie aus. Diese richtet sich allerdings gegen eine mögliche Strafverfolgung und nicht gegen die von Staat explizit selbst importierte und bis heute per Sozialhilfe alimentierte Mafia, im Neuspeech auch Clans genannt.

Frage an die Juristen, ist das Vorgehen des Richters nicht beinahe schon als Begünstigung oder gar Strafvereitelung im Amt zu werten?

Ralf Poehling
5 Jahre her

Ich war in den 90ern mal in Süditalien. Da stand in jeder Bank ein Polizist mit Maschinenpistole. Was in italienischen Banken möglich ist, geht auch in deutschen Gerichten.
Wir haben es hier mit einem Täterkreis zu tun, der nach Einschüchterung förmlich schreit.
Lässt sich bewerkstelligen. Man muss es nur wollen.

Bernhard F.
5 Jahre her

Wenn ich im Zusammenhang mit Kriminalität die Begriffe „Clan“ oder „Familie“ lese oder höre, wird mir regelmäßig übel.

Das sind keine Familien oder Clans wie die Dasslers oder Porsches; die mit eigener Hände Arbeit es zu großem Wohlstand gebracht haben. Das sind Verbrecher, Betrüger, Diebe, Mörder. Das ist MAFIA. Mit den Bravehearts, auf die die Bezeichnung Clan zutreffen würde, haben die Nichts, aber auch überhaupt Nichts zu tun.“

Das sind Verbrecher. Das sind Gangster. Das sind Mobster. Und als solche bitte ich die auch zu bezeichnen. Und nicht verniedlichend als „Clan- oder Familienangehörige“.

Die Worte folgen den Gedanken.

Ali
5 Jahre her
Antworten an  Bernhard F.

Aber Bernhard, ich bitte Sie. Das nennt man (ehemalige) „Geflüchtete“. Vornehmlich aus dem Libanon. Aber keine Angst, Frau Merkel sorgt seit 2015 bereits dafür, das sich noch viele weitere Ethnien in Deutschlands als derartige StartUps generieren können.

AlNamrood
5 Jahre her

Diese Leute kriegt man ohne Gewalt nicht in die Schranken gewiesen und dafür fehlt Wille, Personal und Know-how.

Portofino
5 Jahre her

Schuld an der heutigen Clan Kriminalität ist unser unbelehrbarer Multi-Kulti-Staat. Unser Land ist uns dank unserer Multikulturalisten in Oberster-Gestalt der linksgrünen Nervensäge Claudia Roth total aus den Händen geglitten. Die Fanatiker der multikulturellen Gesinnungsethik und deren politische und mediale Macht hat die „Clans“ erst groß werden lassen und tatenlos weggeschaut. .Als in den 90 Jahren besorgte, konservative Bürger – u.a. die Professoren Dr. Schmitt-Thaler vor dem neuen deutschen Multikulturalismus warnten, würde sie wie immer, von unseren 68er-Linken in die rechte Ecke gestellt und als Horrorszenario abgetan. Es sind nicht mehr nur Parallel-, sondern Herrschaftsstrukturen entstanden und mit der Staatsmacht Wettstreiten,… Mehr

Sabine Ehrke
5 Jahre her
Antworten an  Portofino

Und… geht sonst noch wer auf die Straße und wehrt sich ob all dieser Kriminalität, welche schon bei der Bunderegierung beginnt, außer die ‚pösen‘ Recht(s)populisten? Wahlurne? So wie es aussieht, werden die Grünen einen fulminanten gesteuerte Demokratie Wahlsieg erst mal in Ostdeutschland hinlegen. Ganz abgesehen von den anstehenden ‚Wahlen‘ für die Ischiasmus Schon-Klod, Soros & Co. Diktatur.